Protocol of the Session on April 12, 2017

Digitale Entwicklung in der Schule fördern

Drucksache 6/9121, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird.

Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Abg. Ittershagen das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit der Verabschiedung des Schulgesetzes gestern ist der Rahmen für das Thema „Digitale Bildung“ nun auch gegeben. Dieses Thema wirkt sehr weit in die Zukunft hinein und muss nun auch programmatisch unterfüttert werden. Die Koalition legt dabei ein durchaus beträchtliches Tempo vor: die aktuelle Debatte im Dezember, die Dialogveranstaltungen, das Schulgesetz gestern, der Antrag zur inhaltlichen Untermauerung heute.

Liebe Frau Zais, ich nehme einmal ganz kurz Stellung zu dem, was Sie gestern gesagt haben. Die Aufnahme des Themas digitale Bildung ins Schulgesetz mag Ihnen vielleicht knapp vorkommen, dennoch hat es keinen akklamatorischen Charakter oder ist nur als Prosa gemeint gewesen. Nein, die Koalition zeigt damit deutlich den Willen, in dieser Frage etwas zu bewegen.

Über das Fortschreiten der digitalen Entwicklung wurde an dieser Stelle schon sehr oft gesprochen. Die Zukunftsfähigkeit im digitalen Zeitalter braucht Grundlagen. Die digitale Bildung ist eine zentrale Säule. Ohne sie verlieren wir den Anschluss an die globale Entwicklung, wir hasten der Entwicklung bereits jetzt hinterher. Wenn der Ministerpräsident gelegentlich hier vom Internet der Dinge oder von Industrie 4.0 spricht, sind das keine leeren Worthülsen, sondern zeigt die bestehenden Herausforderungen, die gemeistert werden müssen.

Zum Ziel des Antrages. Im Antrag beschreibt die Koalition die wichtigen zentralen Positionen beim Thema digitale Bildung und die anstehenden Aufgaben. Er gibt der Staatsregierung gleichermaßen den notwendigen parlamentarischen Rückenwind bei der Umsetzung der notwendigen Maßnahmen und dokumentiert zugleich auch, dass wir die Staatsregierung in Zukunft weiterhin so wie bisher aktiv in diesem Bereich unterstützen und begleiten werden.

Ich komme zu den Verantwortlichkeiten. Wir können eine vertikale Verantwortungskette identifizieren von Bund, Freistaat, Kommunen, Schulen bis hin zu den Eltern. Der Bund stellt die ersten finanziellen Mittel zur Verfügung, hat die KMK-Strategie Digitale Bildung entwickelt. Der Freistaat schafft die Rahmenbedingungen gesetzlicher und untergesetzlicher Natur und verteilt die in Aussicht gestellten Fördermittel über eine entsprechende Richtlinie. Die kommunale Familie ist genauso gefragt wie auch die Schulen und die Eltern. In Summe bleibt festzustellen: Es ist auf vielen Ebenen noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Eine weitere horizontale Verantwortungsebene kann man feststellen. In Sachsen ist es das Kultusministerium, welches die Hauptverantwortung trägt. Die Arbeit an einer digitalen Bildungsstrategie steht an oberster Stelle. Wichtig ist auch die zentrale Koordination mit den mitverantwortlichen Ressorts und das Bilden entsprechender Netzwerke. Weiterhin sind die Bedarfe an technischer Ausstattung zu ermitteln, die Lehrpläne anzupassen und die Lehrkräfte weiterzubilden.

Das Wirtschaftsministerium – das ist mittlerweile nichts Neues – muss dringend weiter für den Ausbau der digitalen Infrastruktur sorgen. Wenn eine Grundschule – ich habe darauf schon einmal verwiesen – nach der Sanierung mit 1,2 Mbit am Netz ist, dann ist das irgendwie prähistorisch.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ein wichtiger Punkt ist aber, dass auch das Finanzministerium Verantwortung übernehmen muss. 5 Milliarden Euro Bundesmittel über fünf Jahre verteilt, also 1 Milliarde Euro pro Jahr, wahrscheinlich verteilt nach dem Königsteiner Schlüssel – was da an unseren Schulen ankommt, kann man sich ausrechnen. Das ist nicht besonders viel und lässt nur einige Schwerpunktsetzungen zu. Beim nächsten Doppelhaushalt werden wir darüber reden müssen. Digitale Bildung kennt, wie wir alle wissen, keinen Endpunkt, sondern wird immer weiter entwickelt. Das heißt, die Verstetigung der Kosten ist eine absehbare Folge.

Auch das Wissenschaftsministerium trägt Verantwortung. Hier wird den Lehrern wie gewohnt das Handwerkszeug für die digitale Bildung im Lehramtsstudium mitzugeben sein. Aber digitale Bildung ist natürlich nicht begrenzt auf die Schul- und Vorschulzeit. Sie findet selbstverständlich eine Fortführung an den Universitäten.

Nun komme ich zu einem für mich sehr wichtigen Punkt. Die Hauptverantwortung für das Gelingen der digitalen Bildung liegt bei unseren Lehrern. Hier wird es sich entscheiden, ob digitale Bildung eine Erfolgsgeschichte wird. Dabei müssen die Lehrer selbstverständlich unterstützt werden. Aber die Lehrer müssen von der Wichtigkeit der digitalen Wissensvermittlung überzeugt und innerlich bereit sein, dies zu leisten. Wenn es jedoch Lehrer gibt – ich kenne einige Beispiele –, die eine Nutzung einheitlicher E-Mail-Adressen ablehnen und sich weigern, ihre Urlaubsplanung digital zu bearbeiten, von der Nutzung digitaler Endgeräte ganz zu schweigen, dann zeigt das deutlich die enorme Aufgabe, vor der wir hier noch stehen. Das hat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht immer etwas mit dem entsprechenden Alter zu tun.

Ich bin mir bewusst, dass hier noch einige emotionale Hürden genommen werden müssen. Wir werden alles unternehmen, um die Lehrer auf dieser Entwicklung mitzunehmen. Aber am Ende müssen wir die Bereitschaft der Lehrer auch einfordern.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema digitale Bildung ist kein Zukunftsthema. Das Thema digitale Bildung ist ein Thema der Gegenwart. Ich wünsche uns gemeinsam den Mut, den Weg hin zur digitalen Bildung zu beschreiten. Ich wünsche uns die Kraft, diesen Weg durchzuhalten. Wir dürfen keine Zeit verlieren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Nun die SPD-Fraktion, Frau Abg. Friedel. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Ittershagen hat es schon gesagt: Wenn wir über digitale Bildung reden, dann reden wir im Grunde über zwei Punkte. Wir reden auf der einen Seite über Dinge, auf der anderen über Menschen. An beiden Stellen müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass digitale Bildung an unseren Schulen und an allen anderen Bildungseinrichtungen funktioniert.

Wenn wir über Dinge reden, dann reden wir darüber: Haben wir WLAN an einer Schule oder nicht? Haben wir Lernplattformen, die auch genutzt werden können, oder nicht? Arbeiten Lehrer mit E-Mail-Adressen, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, und werden sie ihnen überhaupt zur Verfügung gestellt oder nicht? Das sind die Probleme der Dinge, die wir lösen müssen. Von diesen

Sachproblemen spricht der Antrag eine Menge an. Es ist sicherlich nicht zu forsch, wenn ich sage, dass viele davon schon angepackt werden. Wenn ich mir den Punkt 1 c anschaue, das Schulportal und die einheitlichen Mailadressen, dafür hat die Koalition im letzten Landeshaushalt die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, um genau hier entscheidende Schritte voranzukommen.

Die Voraussetzungen müssen wir aber genauso gut bei den Menschen schaffen. Herr Ittershagen hat es angesprochen. Lehrkräfte haben an vielen Stellen ein Interesse, sich mit digitaler Bildung, mit Medienbildung auseinanderzusetzen. An manchen Stellen haben sie es nicht, weil ihnen vielleicht die Erfahrung oder die Idee dazu fehlt. Es ist ein zweites Anliegen des Antrages, die Ideen, die Impulse an die Lehrkräfte weiterzugeben.

Ich fange mit einem kleinen praktischen Beispiel an. Manchmal kommt mir das Thema digitale Bildung oder Medienbildung ein bisschen vor wie das Thema Inklusion. Da steht eine große Aufgabe vor uns. Weil man denkt, dass die Aufgabe so riesig ist, weiß man nicht, wie man anfangen soll, und versucht, solange Konzepte zu machen, bis alles perfekt ist. Die Lösung besteht, glaube ich, darin, die kleinen Schritte zu gehen, die man jetzt schon gehen kann, und zu sehen, wohin man kommt, und dann weiterzugehen.

Wir haben alle vor anderthalb oder zwei Jahren einen Brief von der Oberschule Stauchitz im Postfach gehabt. Da hat uns die Schulleiterin geschrieben, dass sie gern ein medienpädagogisches Projekt machen wollen und dazu Spenden sammeln, damit sie das finanzieren können. Jeder, der gespendet hat, hat dann eine Einladung bekommen, sich das Ganze vor Ort einmal anzuschauen. Ich bin dahin gefahren. Sie haben sich zwei Medienpädagogen eingeladen. Diese haben eine ganze Woche an der Schule verbracht. Sie haben einen Elternabend durchgeführt, sie haben zweimal Lehrerfortbildung gemacht und drei Projekttage in den Klassen.

Das Ergebnis war, dass die Schule gesagt hat: Das ist a) total interessant und b) diskutieren wir jetzt einmal über unser Handyverbot, weil wir das nicht unbedingt brauchen. Wir können ja einmal schauen, ob wir im Unterricht die Geräte, die wir haben, sinnvoll einsetzen und nutzen können – für Gruppenarbeit, für Recherche, für das Lösen von Aufgaben. Da hat keiner gewartet, bis der große Klassensatz Tablets kommt. Da haben die Leute gesagt: Wir gehen einfach einmal los. Wenn wir an irgendeine Grenze kommen, dann schauen wir, ob wir diese aus dem Weg räumen können, und gehen weiter.

Ich glaube, das ist der richtige Weg, um Digitalisierung in den nächsten Jahren bei uns in die Schulen zu bringen. Wir müssen auf Landesebene die Voraussetzungen dafür schaffen und unsere Aufgaben erfüllen, um die Hardware auf der einen Seite und die Lehrkräfte auf der anderen Seite dafür fit zu machen und gleichzeitig Schulen zu ermuntern, die eigenen Wege zu suchen und zu gehen, selbst wenn sie am Anfang noch nicht perfekt sind. Darum geht es gar nicht. Bildung ist immer ein Auspro

bier- und Experimentierprozess, und das Einzige, das dabei falsch laufen kann, ist, dass man Dinge nicht ausprobiert. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und bin gespannt auf die weiteren Beiträge.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der CDU: Jetzt geht es um die Zukunft! Wir sind gespannt!)

Nun Frau Abg. Falken für die Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort.

Danke schön. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir haben einen Antrag im Geschäftsgang. Sie haben ihn sicherlich gesehen. Wir haben mit Herrn Belafi auch eine sehr umfangreiche Beratung im Arbeitskreis in der Fraktion durchgeführt, der im Kultusministerium für dieses Thema zuständig ist.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Vor der Bürgermeisterwahl!)

Daraus ist der Antrag entstanden, den wir eingereicht haben. Sie haben sicher auch gesehen – zumindest ich habe das –, dass Sie einige Punkte unseres Antrages in Ihren Antrag übernommen haben. Das freut uns sehr und es zeigt, dass wir an vielen Stellen ähnliche oder gleiche Vorstellungen haben. Wir werden unseren Antrag nochmals in die Anhörung geben, um die Diskussion noch zu vertiefen, so wie wir es auch im Wissenschaftsausschuss gemacht haben.

Wir haben großen Nachholbedarf, das ist überhaupt keine Frage. Das Konzept für das Kultusministerium bis zum Ende des Schuljahres zu erarbeiten, klingt erst einmal sehr ambitioniert. Das ist es aber, denke ich, gar nicht; denn wir wissen alle, dass bei der Frau Kultusministerin schon sehr, sehr viele Papiere zu diesem Thema liegen und schon sehr, sehr viel vorgearbeitet wurde, zum Beispiel auch, was wie viel kostet. Wir wissen, dass das alles eigentlich schon vorhanden ist; denn bezogen auf den Schulversuch Digitales Klassenzimmer der Zukunft, der ja leider gescheitert ist, gibt es natürlich schon sehr viel Material. Ich denke, dass das Kultusministerium in der Lage sein wird, dieses Konzept zeitnah vorzulegen.

Allerdings bitten wir darum, Frau Staatsministerin, dass nicht nur ein Konzept vorgelegt wird, sondern eine Strategie; denn wir haben gerade gehört: Es ist eine langfristige Sache, mit der wir uns ausführlich beschäftigen müssen. Das ist überhaupt keine Frage.

Aber wir brauchen Maßnahmen. Es bringt überhaupt nichts, wenn wir langfristig darüber reden und reden und reden, sondern es muss umgesetzt werden. Frau Friedel hat bereits die Problematik der Fort- und Weiterbildung angesprochen. Wir streben an, dass es schulinterne Fort- und Weiterbildungen gibt, insbesondere, um das gesamte Lehrerkollegium mitzunehmen. Es genügt nach unserer

Auffassung nicht, nur zu überzeugen, sondern man muss tätig werden. Ich denke, das ist die Lösung.

(Die Rednerin trinkt aus dem Wasserglas und begibt sich zurück zu ihrem Platz. – Beifall bei den LINKEN)

Das war der Beitrag? Aha!

(Christian Piwarz, CDU: Ich hatte mich gerade eingegroovt!)

Frau Falken, auch ich war etwas überrascht.

(Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, nun die AfD-Fraktion, Herr Abg. Wurlitzer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Was ist Ihnen lieber: vor jeder Klasse ein Lehrer oder in jeder Hand ein Tablet? Der vorliegende Antrag hat offensichtlich Letzteres zum Ziel, und es wird Sie daher nicht überraschen, dass wir Ihrem Antrag so nicht zustimmen können.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ein Ziel des Antrages soll es sein, Schulen bis zum Jahr 2018 mit Internet mit einer Übertragungsrate von 100 Megabit auszustatten. Das hört sich zunächst gut an, ist es dann aber letztendlich nicht, denn 100 Megabit müssen im Unterricht auf mehrere Personen verteilt werden, und für einen flüssigen Gebrauch des Internets braucht man wenigstens Übertragungsraten jenseits 6 Megabit.

Geht man also davon aus, dass Schüler hauptsächlich auf Internetseiten surfen und E-Mails schreiben, müsste für jeden Schüler eine Übertragungsleistung von 6 Megabit zur Verfügung stehen. Bei 100 Megabit und einer Klasse mit maximal 28 Schülern würden dann jedem Schüler maximal 3,5 Megabit zur Verfügung stehen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das sind Ihre üblichen Milchmädchenrechnungen! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Das ist ganz einfache Mathematik und hat mit Milchmädchenrechnung gar nichts zu tun. Dass Sie das nicht verstehen, ist mir total klar.

Das reicht gerade für einfache Anwendungen im Unterricht. In mehreren oder größeren Klassen und in anspruchsvollen Anwendungen funktioniert es eben nicht.