Daher ist es ein Fehlverhalten dieser Regierung, dass man sich in die Diskussion dazu nicht eingebracht hat. Jetzt geraten wir gänzlich in die Sackgasse, weil wir scheitern werden. In der Zwischenzeit werden sich vielleicht Bürgerinitiativen gründen, und wir werden eine Unsicherheit in diesem Land schaffen. Wir hätten lieber einmal darüber diskutieren sollen, wie wir das Beteiligungsverfahren verbessern und wie wir die Diskussion an den betroffenen Standorten führen. Jetzt haben wir sehr viele Standorte mit Veränderungssperre belegt. Halb Sachsen wird darunter fallen, und das ist ein richtiges Problem.
Nach einer ganzen Reihe von Kurzinterventionen und Reaktionen darauf setzen wir jetzt die Rederunde fort. Jetzt haben Sie, Herr Kollege Urban, für die AfD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte meine grundsätzliche Kritik an einer vermeintlichen
Endlagerlösung noch einmal aufgreifen. Die derzeitige Planung will eine Einlagerung von hoch radioaktivem Material für eine Million Jahre ohne Gefahren für die Umwelt. Das ist völlig unrealistisch, es ist unwissenschaftlich und es ist auch unverantwortlich.
Es gibt aber schon heute Technologien für die Weiternutzung von Brennelementen aus konventionellen Kernkraftreaktoren. Diese Brennelemente enthalten nämlich nach ihrer Nutzung noch 90 % des spaltbaren Materials. Nach der Wiederaufarbeitung kann Kernbrennstoff in sogenannten schnellen Brutreaktoren weiter genutzt werden. Der verbleibende Rest Atommüll hätte nur noch Halbwertszeiten von wenigen Hundert Jahren, wäre also aus heutiger Sicht sogar zugänglich und kontrolliert lagerbar. In Russland gibt es bereits zwei Kraftwerke, die Strom aus schnellen Brutreaktoren produzieren. Ein weiteres Kraftwerk ist im Bau. Auch in China und Indien werden solche Kraftwerke gebaut, und auch Australien plant den Bau eines solchen Kraftwerks.
Die deutsche Entscheidung für einen Ausstieg aus der Kernenergie ist ein weiterer deutscher Sonderweg. Kaum ein anderes Land folgt uns darin, die großen Volkswirtschaften ohnehin nicht. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie wurden auch die finanziellen Mittel für die Kernforschung in Deutschland drastisch reduziert. Forschung und Technologieentwicklungen gehen aber auf der ganzen Welt weiter. Es wird immer neue Technologien für den Umgang mit dem heutigen Atommüll geben. Ein großer Teil davon ist nämlich ein wertvoller Rohstoff und kein Müll.
Nach dem jetzigen Stand der Technik brauchen wir kein Endlager – wir brauchen sichere Lager, gegebenenfalls auch in Bergwerken, und wir brauchen sichere Behälter für die Zwischenlagerung. Vor allen Dingen brauchen wir wieder mehr Geld für die Forschung. Deutschland ist ein Forschungs- und Technologiestandort. Statt nach Endlagerstandorten mit einer utopischen Haltbarkeitsdauer von einer Million Jahren zu suchen, sollten deutsche Hochschulen und Unternehmen wieder an der Weiterentwicklung der Atomtechnologie mitwirken.
Wir könnten oder können – ich weiß nicht, ob es beim Konjunktiv bleibt – eine dritte Runde eröffnen. Ich frage die einbringenden Fraktionen. – Frau Kollegin Wissel ergreift nun noch einmal das Wort für die einbringende
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Es steht außer Frage, dass eine dauerhafte und sichere Lösung für den deutschen Atommüll gefunden werden muss. Wir sehen es als den richtigen Weg, diese Lösung als parteiübergreifenden Ansatz und unter Einbeziehung der Verbände und gesellschaftlichen Gruppen zu erarbeiten. Grundlage dafür muss eine fundierte wissenschaftliche Betrachtung sein. Deshalb fordern wir eine Gleichbehandlung bei der Auswahl möglicher Endlagerstandorte.
In dem nun vorliegenden Gesetzentwurf ist dies jedoch nicht gegeben; denn man verlässt den wissenschaftlichen Anspruch, wenn man bei zwei möglichen geologischen Formationen – Ton und Salz – nur die natürliche Hülle, sprich: die geologische Barriere, betrachtet und bei einer dritten möglichen Variante – Granit, also Kristallin – zusätzlich eine künstliche Hülle, sprich: eine technische Barriere, hinzugezogen wird.
Nein. – Dass Granit wegen seiner Durchlässigkeit weniger Sicherheit bietet als Ton und Salz, ist nicht neu. Bereits im Jahr 2007 hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in einem Gutachten dazu Folgendes festgestellt: „Aus den bisherigen Bergbauerfahrungen und geologischen Befunden geht hervor, dass in Deutschland homogene und ungeklüftete Bereiche im Kristallin in einer für die Errichtung eines Endlagerbergwerkes notwendigen räumlichen Ausdehnung nicht zu erwarten sind.“
Wenn es also allein um die Frage der Sicherheit geht, haben Salz und Ton eindeutig Vorrang vor Granit. Jede andere Bewertung ist nicht wissenschaftlich fundiert, sondern allein politisch motiviert.
Eine solche Vorgehensweise lehnen wir ab. Absoluten Vorrang muss eine natürliche und intakte Barriere haben, denn keiner kann die Haltbarkeit von Spezialbehältern einschätzen, die a) noch gar nicht entwickelt sind und b) im Granit definitiv einer stärkeren Feuchtigkeitsbelastung ausgesetzt wären. Bei einem Betrachtungszeitraum von – noch einmal – über einer Million Jahre sind diese Risiken nicht zu akzeptieren.
Lassen Sie mich also noch einmal zusammenfassend die Forderungen der CDU-Fraktion zum Endlagergesetz darstellen. Der langfristige Einschluss der Radioaktivität muss durch ein dichtes Wirtsgestein gewährleistet wer
den. Bei einer Betrachtung der infrage kommenden Gesteinsformationen muss es eine Gleichbehandlung zwischen Ton, Salz und Kristallinen geben. Die Anforderungen an die Dichtheit dürfen bei Kristallinen nicht geringer sein. Ebenso dürfen, wie gerade von meinem Kollegen Alexander Krauß deutlich benannt, Veränderungssperren über Erkundungsgebieten bestehende
Im Interesse der Menschen im Freistaat Sachsen hoffe ich, dass es zu diesen Standpunkten einen breiten Konsens in diesem Hause gibt.
Das war Kollegin Wissel, sie sprach für die einbringende CDU-Fraktion. Jetzt sehe ich eine weitere Kurzintervention. Wir haben pro Fraktion zwei Kurzinterventionen.
Die Kollegin Wissel gestattete ja keine Zwischenfrage. Ich hätte sie gefragt, ob sie denn weiß, was die Gründe für die unterschiedlichen Anforderungen an die Gesteinsformationen gewesen sind, warum die Kommission dazu gekommen ist, die unterschiedlichen Ansätze für Salze, Tone und Granite oder kristalline Gesteine zu suchen. Wenn Sie das wüssten, hätten Sie mir vielleicht auch antworten können, was die Motivation war.
Wenn ich das richtig verstanden habe, nimmt man also an, dass bei Tonen und Salzen gewisse Selbstheilungskräfte eintreten können: dass man also zum Beispiel quellfähige Tone hat, was zu einer höheren Verschließung der Poren führt, also die Permeabilität wird geringer usw. Beim Granit ist das mitnichten der Fall. Granit ist immer ein starres Gestein, und deshalb kommt man niemals ohne einen Behälter aus. Man geht aber davon aus – wenn ich das richtig verstanden habe –, dass zum Beispiel ein Tonmaterial wie Bentonit, also ein quellfähiger Ton, genau diese Ummantelung für den Granit darstellen kann. Deshalb geht man davon aus, dass es unterschiedliche Faktoren geben kann. Beim Salz hat man die Temperatur heruntergenommen und offensichtlich erkannt, dass in den Salzstöcken nicht nur reine wasserfreie Salze vorhanden sind wie Natriumchlorid, sondern dass darin andere salzhaltige Minerale sind, die dazu führen, dass das Mineral zusammenbricht und damit sozusagen die Standfestigkeit nicht mehr gegeben ist.
Das hätten Sie mir bestimmt alles beantworten können. Daher vielen Dank für die Nichtbeantwortung der Frage.
Jetzt könnten wir in der dritten Rederunde weitere Redebeiträge erleben. Möchte die einbringende SPD das Wort ergreifen? Herr Kollege Mann? – Nein. Die AfD noch einmal? – Auch nicht. GRÜNE auch nicht. – Wir könnten jetzt eine vierte Rederunde eröffnen. Möchte die einbringende CDU ein vierte Rederunde eröffnen? – Das kann ich nicht erkennen. Deshalb kommt jetzt die Staatsregierung zu Wort. Die 10 Minuten der Staatsregierung können sich zwei Staatsminister teilen, aber 10 Minuten sind die Begrenzung. – Bitte. Herr Kollege Staatsminister Schmidt ergreift das Wort zuerst.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Diskussion hat sich gezeigt, dass viele von gleichen Voraussetzungen und gleichen Herangehensweisen bei der Suche nach einem atomaren Endlager ausgehen, aber die Schlüsse sind drastisch unterschiedlich. Deshalb möchte ich eingangs noch einige Worte dazu sagen, was man hier eigentlich sucht.
Man sucht ein Endlager in einer Tiefe zwischen 300 und 1 500 Metern, damit kommen wir in den Bereich Altbergbau, der ja nicht immer eine Rolle spielt – also 300 bis 1 500 Meter mit einer Mindestmächtigkeit von 100 Metern und einem Temperaturkriterium von 100 °C, die ausgehalten werden müssen, sowie eine Zeitspanne der Standfestigkeit von einer Million Jahren. Das ist natürlich ein großer Zeitraum. – Das ist der Ausgangspunkt. Wir wollen das Material im Land lagern. Daraus resultiert also das Exportverbot.
Die vorgeschaltete Endlagerkommission hatte die Aufgabe, lediglich Kriterien für die Standortauswahl zu formulieren – und nicht etwa Standorte konkret zu suchen –, und nach diesen Kriterien wird letztendlich ausgewählt.
Die zweite Aufgabe ist, Vorschläge zu unterbreiten, um die Akzeptanz für das Endlager in der Region herzustellen, in der es dann einmal etabliert werden soll. Auch das spielt im Standortauswahlgesetz, das jetzt beschlossen werden soll, eine ganz große Rolle. Frau Dr. Pinka, ich möchte Ihre Ausführungen und Ihre Herangehensweise zurückweisen. Es gibt ein nationales Begleitgremium, es wird in den Regionen Versammlungen geben, es wird eine umfassende Beteiligung der Bevölkerung geben – das ist dort geregelt, es war schon im Bericht geregelt und ist hier auch wieder geregelt. Das ist ein ganz wichtiger Teil.
Nun geht man bei einer Suche nach einem bestmöglichen Standort meines Erachtens – wenn man das wissenschaftlich fundiert macht, wie das so viele fordern, Herr Mann, Herr Zschocke – natürlich von den gleichen Kriterien aus.
Diese Gleichbehandlung hat Niedersachsen bekommen. Diese haben eine Gleichbehandlung, weil es dort Temperaturkriterien für Salz gibt, wo es nicht unbedingt notwendig ist, wo es aber auch ein Sondervotum gibt von einem Wissenschaftler aus Freiberg, Prof. Kudla. Sie haben eine Gleichbehandlung bekommen, Sachsen hat dies nicht.
Man betrachtet beim Granit nur eine technische Barriere, wo es nicht einmal einen Behälter gibt, von dem man sagen kann, dass er für Tausende, geschweige denn für eine Million von Jahren hält. Das Kriterium gibt es nur im Granit.