Natürlich ist die aktuelle Vergabepraxis nicht okay. Darin gebe ich Ihnen völlig recht. Mit ein bisschen analytischem Vorgehen lässt sich das wunderbar verdeutlichen.
Im Stiftungserlass heißt es – ich zitiere es noch ein drittes Mal –: „Verdiente Persönlichkeiten aus allen Teilen der Bevölkerung sollen möglichst gleichmäßig berücksichtigt werden.“ Dies geschieht gerade nicht.
Unter unseren drei Ministerpräsidenten wurden die Frauen durchaus unterschiedlich berücksichtigt. In den Anfangsjahren unter Ministerpräsident Biedenkopf waren es zu ca. 15 % Frauen. Unter Ministerpräsident Milbradt waren es 16 % und in den letzten neun Jahren unter unserem Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich bereits … Na?
Eine Datenanalyse der Liste der Ordensträger sowie deren Kurzvorstellung, die sich unter www.geschichte.sachsen.de befindet, gestattet aber noch tiefere Einblicke. Macht man sich die Mühe und ordnet den jeweiligen Laudationen Themengruppen zu, ergibt sich folgendes Bild: Kunst, Kultur und Geschichte machen ungefähr 30 % aller Leistungen aus. An zweiter Stelle rangiert der Bereich Wirtschaft und Arbeit mit ca. 20 %, gefolgt von
Politik mit 16 % und Wissenschaft mit 15 %. Erst dann – für mich völlig unverständlich und weit abgeschlagen – kommen Themen wie bürgerschaftliches Engagement mit 11 % sowie Medizin, Sport und Umwelt mit 10 %. Als letztes Merkmal in der Rangfolge findet sich die Zuerkennung des Sächsischen Verdienstordens qua Amt mit aktuell 2 %. Nur knapp darüber mit einem Anteil von knapp 5 % rangiert soziales Engagement.
Noch einmal zur Erinnerung: Im Stiftungserlass heißt es, verdiente Persönlichkeiten aus allen Teilen der Bevölkerung sollen möglichst gleichmäßig berücksichtigt werden.
Ich wollte jetzt Herrn Staatsminister Jaeckel ansprechen, weil ich natürlich dachte, dass er nachher die Stellungnahme der Staatsregierung abgibt. Ich stimme Ihnen keinesfalls zu, wie Sie in Ihrer Stellungnahme schrieben, es bestehe kein regulativer Handlungsbedarf und in der Verleihungspraxis werde konsequent darauf geachtet, dass eine gleichmäßige Berücksichtigung ordenswürdiger Persönlichkeiten gewährleistet sei.
Wirtschaftliches Wirken aktuell mit mehr als 60 Orden, soziales Engagement aber gerade einmal mit 14 Orden von aktuell 285 Verdienstorden zu würdigen, ist für mich keinesfalls Ausdruck gleichmäßiger Berücksichtigung.
Hierzu passt, dass im Jahr 2010 die Sächsische Staatskanzlei aus der Verleihung des Sächsischen Demokratiepreises ausgestiegen ist und seitdem alternativ einen Bürgerpreis ausgelobt, für den man ausschließlich Bürgermeistern und Oberbürgermeistern ein Vorschlagsrecht einräumt.
Ein wirklich guter erster Schritt wäre es meines Erachtens, die drei syrischen Geflüchteten, die Ende des letzten Jahres in Leipzig den Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr gestellt und den Behörden übergeben haben, mit einem Sächsischen Verdienstorden zu versehen.
Die Statuten lassen es zu, einmalige außergewöhnliche Leistungen auch ausländischer Mitbürger mit unserem „Allerheiligsten“ zu bedenken. Wer, wenn nicht sie? Mit dieser Forderung wird aber auch das Dilemma deutlich – –
Damit wird das Dilemma deutlich, in dem wir uns aktuell bei dem vorliegenden Antrag Ihrer Fraktion, liebe Kollegen der GRÜNEN, befinden. So sehr wir mit Ihrem grundsätzlichen Anliegen, Frauen als Vorbilder sichtbar machen zu wollen, sympathisieren – insbesondere die Forderung unter Punkt 3, vorerst überwiegend Frauen den Sächsischen Verdienstorden verleihen zu wollen, macht es
uns als SPD-Fraktion unmöglich, Ihrem Antrag zuzustimmen. In diesem Punkt sehen wir eine Form der positiven Diskriminierung, die wir nicht mittragen.
Insbesondere im zeitlichen Kontext zum Internationalen Frauentag lässt sich über das Thema Ungleichbehandlung öffentlichkeitswirksam diskutieren und dies kritisieren.
Ich setze darauf, dass bereits diese Diskussion innerhalb der Staatskanzlei einen Handlungsimpuls in Gang setzt, sodass sich mit etwas Zuversicht und natürlich unzähligen weiblichen Vorschlägen unsererseits bereits in wenigen Jahren unser erstes Etappenziel von 30 % erreichen lässt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wunderbar! Das ist wieder eine ganz tolle Sache! Das ist mir wie auf den Leib geschnitten. Ich muss sagen, ich habe solch einen Unsinn lange nicht gehört. Aber immerhin, wir können auch einmal über solche Sachen reden: Auszeichnungen und Ehrungen von Frauen, Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN.
Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie müssen in mächtig großer Not sein, um politische Aufmerksamkeit zu erreichen, dass Sie mit solch einem Thema hier hereinkommen.
Was sind denn die Gründe? Ich überlege mir gerade die Gründe. Ihre Damenklientel fühlt sich vermutlich ständig benachteiligt oder Ihre Männer müssen sich bei ihnen einschleimen, damit sie auf die Liste kommen. Das ist vermutlich auch schwierig, wobei Sie die Liste vielleicht gar nicht mehr brauchen.
Oder benutzen Sie den Frauentag als Aufhänger für dieses Thema? Es ist ein richtiger Treppenwitz, was Sie hier vorlegen. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich.
Sie haben bereits im Jahr 2015 eine Anfrage gestellt. Frau Meier hat es angesprochen. Es gab sehr ausführliche Zahlen. Es war auch die Frage dabei, wie viele Vorschläge eingegangen sind. Von 2009 bis 2015 gingen immer weniger Vorschläge für Frauen ein. Das ist merkwürdig; denn wir haben in Deutschland mehr Frauen als Männer. Da fragt man sich natürlich, warum so wenige Frauen
vorgeschlagen werden. Was sind die Gründe dafür, dass mehr Männer vorgeschlagen werden? Liegt es am mangelnden Interesse von Frauen? An weniger Engagement? Was sind die Gründe?
Herr Schreiber stellte, als ich damals gegen die Gleichstellungsbeauftragte loszog, eine sehr interessante Frage, die auch hier hineinpasst: Warum haben wir bei der AfD – nach seiner Meinung – nicht genug Frauen? – So ist das eben. Die Interessen sind unterschiedlich verteilt. Wenn wir nicht mehr Frauen haben, die wir aufstellen können, dann können wir auch nicht mehr in der Fraktion haben.
Eine Anfrage in Hessen – die gleiche Frage, die Sie hier gestellt haben, ist dort gestellt worden – hat ergeben, dass Frauen sich weniger in dem Bereich engagieren und deswegen weniger vorgeschlagen werden.
Sie können doch selbst ein bisschen Stimmung, ein bisschen Rummel machen. Die Frauen bilden doch in unserem Land die Mehrheit. Dann schlagen Sie sich doch vor! Sie wissen doch, dass Vorschläge kommen müssen. Es ist doch ganz einfach: Schlagen Sie sich vor! Ich weiß nicht, warum Sie hier wieder so eine komische Diskussion führen.
Noch etwas anderes: Bei dem Verdienstorden geht es um Verdienst, nicht um eine paritätische Entscheidung. Rein theoretisch könnte es sogar sein, dass in bestimmten Fällen nur Frauen vorgeschlagen werden können, weil keine Männer zur Verfügung stehen, oder umgekehrt. Es ist doch völliger Quatsch, einen Orden nach Parität aufzuteilen. Die Verleihung muss doch nach Verdienst erfolgen. Ich begreife nicht, wo Sie mit Ihrer Haltung überhaupt sind.
Außerdem nehmen Sie noch viel zu wenige Unterscheidungen vor. Frau Kuge hat schon einige genannt. Wir haben dicke Menschen und dünne Menschen, große Menschen und kleine Menschen. Sie müssten alle diese Gruppen unter dem Aspekt der Parität berücksichtigen.
Die einzige Frage, die Sie wirklich berechtigt stellen könnten, wäre – ich habe es bereits gesagt –, warum immer weniger Vorschläge eingehen.
Die Verleihung ist grundsätzlich an einen Vorschlag aus der Gesellschaft gebunden. Von allen Gruppen der Gesellschaft können Vorschläge eingereicht werden; insofern gibt es keine Begrenzung. Ich weiß nicht, warum die Frauen bei Ihnen – die Frauen, die ich kenne, haben nicht solche Ansichten – sich ständig diskriminiert fühlen; zumindest habe ich diesen Eindruck. Das ist fast schon lächerlich.
Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie haben auch das Thema „Ehrungen“ eingebracht. Also kann ich auch das einmal ansprechen. Wir haben zum Beispiel das Sächsische Lebensrettungsehrenzeichen. Es wird seit 1996 verliehen, bisher nur an – vier – Männer. Das ist aus der Sicht der GRÜNEN anscheinend ganz, ganz schlimm. Diese vier Männer haben Personen gerettet. Was sollen wir denn nach Ansicht der GRÜNEN nun machen? Dürfen wir Männern das Lebensrettungsehrenzeichen erst