Protocol of the Session on March 15, 2017

(André Barth, AfD: Das sind Ausnahmefälle; das stimmt.)

Diese bestimmten Lebenslagen – das wissen Sie vielleicht, Kollege Barth – umfassen zum Beispiel Versicherungsleistungen, Immobilienkauf,

(André Barth, AfD: Nur selbst genutzte Immobilien!)

Erbschaft und Ähnliches. Das ist also ein selektiver Fakt, den die AfD mit ihrem Antrag ins Feld führt.

Angst ist kein guter Ratgeber. Insbesondere in finanzpolitischen Fragen gilt es, das zu beherzigen. Das bringt mich zum nächsten Punkt.

Wenn die AfD-Fraktion eine grundsätzlich höhere Summe der Einlagensicherung wegen der – Zitat – „Zahlung von Gehältern“ fordert, so ist dies keine schlüssige Argumentation, die für typische Verbraucherinnen und Verbraucher in Sachsen trägt, zu denen übrigens auch Kleingewerbetreibende zählen, die Sie im Antrag ansprechen und die in Sachsen eine große Gruppe sind.

Die Landesgeschäftsstelle für Verbraucherschutz konnte nach Rücksprache den Mehrwert des AfD-Antrages für sächsische Bürgerinnen und Bürger nicht erkennen. Im Gegenteil. Der Verbraucherschutz betrachtete eine Umsetzung des Antrags der AfD sogar als verbraucherschädigend. Er kam nämlich zu folgendem Ergebnis: Wenn eine Bank insolvent ist und die Guthaben – so wie Sie es vorschlagen – von Verbrauchergirokonten aus der Insolvenzmasse herausgenommen werden, dann wäre dadurch nicht automatisch garantiert, dass genügend Geld für alle Einlagen vorhanden wäre. Das ist eine fixe Idee. Die jetzige rechtliche Umsetzung regelt dies viel besser als der von Ihnen eingebrachte Vorschlag, den ich persönlich für eine fixe Idee halte, was ich noch einmal wiederholen möchte. Die Regelung, die wir jetzt haben, stellt sicher, dass die Einlagen gesichert sind. Der Antrag der AfDFraktion enthält wieder keine tauglichen Lösungsvorschläge. Der Wurf geht insgesamt auch nicht besonders weit. Das kennen wir schon.

Wenn wir im Parlament ernsthaft fachlich über Banken, Verbraucherschutz und Finanzpolitik reden wollen, dann sollten wir das anhand der drängenden Probleme in diesen Bereichen tun.

Lassen Sie uns angesichts der finanziellen Verluste durch falsche Anlageberatung über finanziellen Verbraucherschutz und unabhängige Anlageberatung reden. Das

kostet die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher nach Schätzungen circa 50 Milliarden Euro jährlich. Das ist nicht nur volkswirtschaftlicher Irrsinn, sondern das beraubt Sparerinnen und Sparer sowie die Versicherten und zerstört im schlimmsten Fall Existenzen.

Wir können aber auch über eine Schuldenbremse für Banken reden, meinetwegen gern auch über die Finanztransaktionssteuer oder auch darüber, dass es bei großen Banken sinnvoll ist, das Einlagengeschäft vom krisenanfälligen Handelsgeschäft zu trennen. Lassen Sie uns meinetwegen auch darüber sprechen, wie wir Banken und Großkonzerne auf das Gemeinwohl verpflichten können, um zum Beispiel einem ungehemmten Kapitalismus ökologische und soziale Zügel anzulegen.

Das sind doch die drängenden Probleme in diesem Bereich, die wir als GRÜNE sehen. Darüber wollen wir uns gern unterhalten.

Der hier vorliegende Antrag enthält für uns leider nur selektive Informationen und keinerlei Lösungsansätze. Er ist für uns nicht überzeugend. Wir lehnen ihn ab und sagen: Nein, nein, nein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Herr Barth, sind Sie auf dem Weg nach vorn?

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Patt, ich hatte den Eindruck, Sie haben den Antrag nicht einmal gelesen.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Nicht gelesen und verstanden!)

Sie haben hier über alles Mögliche geredet, aber kaum über diesen Antrag. Sie haben dann ein, zwei Themen angerissen, die Sie aber nicht erklärt haben. Das werde ich jetzt tun.

(Oh! von der CDU)

Die Qualität des Redebeitrags von Herrn Pecher war ähnlich. Lediglich Frau Schubert hat sich inhaltlich mit dem Antrag auseinandergesetzt. Ich muss Frau Schubert sogar recht geben. Wenn man das Thema komplex betreiben will, müsste man über eine europäische Einlagensicherung reden.

(Christian Piwarz, CDU: Hat sie aber nicht gemacht! Schade, nicht?! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Schade für Europa!)

Herr Piwarz, im Jahr 2024,

(Christian Piwarz, CDU: Aber jetzt!)

wenn der europäische Einlagensicherungsfonds seine volle Wirkung entfaltet, sind dort Barmittel in Höhe von 55 Milliarden Euro vorhanden.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Und Haftungszusagen! Mensch, erzählen Sie doch nicht so einen Mist!)

Ich sagte Barmittel, Herr Patt. Haftungszusagen sind etwas anderes.

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Noch einmal für Sie, Herr Patt: Barmittel!

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie sich vorstellen, dass zum Beispiel italienische Banken einen Rekapitalisierungs- oder einen Abschreibungsbedarf in Höhe von 360 Milliarden Euro haben, dann können Sie vielleicht verstehen, wie weit uns diese Haftung tragen wird. Deutschland hat ein Dreisäulenmodell, genau genommen ein Sechssäulenmodell. Wir haben eine gesetzliche Einlagensicherung von Privatbanken, von Sparkassen und von Genossenschaftsbanken.

Jeder dieser drei Bankenverbände hat darüber hinaus eine freiwillige gesetzliche Garantie in sehr astronomischer Höhe. Das Problem ist nur: Niemand veröffentlicht, welche Barmittel oder welche Zahlungsflüsse in die freiwilligen Verpflichtungen geflossen sind. Ich kann es Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Im Jahr 2014 waren in der gesetzlichen Einlagensicherung in Deutschland – in allen drei Systemen – insgesamt 1,2 Milliarden Euro. So viel Geld haben wir im letzten Jahr fast für unsere Flüchtlinge in Sachsen ausgegeben.

(Zuruf von der AfD: In Sachsen!)

Ja, in Sachsen. Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, dass dieser Betrag bei einer systemischen Bankenkrise ausreichend wäre, die Hunderttausend-Euro-Grenze für jeden Bankkunden zu gewährleisten.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Aber die unbeschränkte!)

Alles Weitere würde ich dann auf mein Schlusswort reduzieren. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Da es jetzt keinen Redebedarf von den Fraktionen mehr gibt, frage ich die Staatsregierung. Herr Minister, möchten Sie sprechen? – Bitte, Herr Staatsminister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die einbringende Fraktion strebt eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel an, den Einlagenschutz speziell für Girokonten zu verbessern.

Zu diesem Zweck sollen Einlagen auf Girokonten nicht mehr Bestandteil der Insolvenzmasse bei einer Bankeninsolvenz und der Gläubigerbeteiligung bei Bankenrettungen sein. Vielmehr sollen Guthaben auf Girokonten separat als Sondervermögen bei der Zentralbank, also der Deutschen Bundesbank, hinterlegt werden. Das Einlagensicherungsgesetz und das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz wären entsprechend zu ändern, so der Antrag.

Eine solche Bundesratsinitiative würde allerdings aus zwei Gründen scheitern: Erstens. Mit dem Einlagensicherungsgesetz und dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz sind Vorgaben aus EU-Richtlinien umgesetzt worden. Diese Vorgaben sind für die EU-Mitgliedsstaaten verbindlich. Ein Vorstoß zur Änderung der maßgeblichen EURichtlinien hätte keine Erfolgsaussichten.

Die Diskussion in Europa dreht sich derzeit allerdings um einen völlig anderen Punkt, nämlich um die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung. Ende des Jahres 2015 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Errichtung eines europäischen Einlagenversicherungssystems mit einem gemeinsamen Einlagenversicherungsfonds vorgelegt. Dies wird von der Bundesregierung wie auch vom Bundesrat richtigerweise abgelehnt.

Zweitens. Die Vorstellungen der einbringenden Fraktion sind mit dem Geschäftsmodell von Kreditinstituten nicht vereinbar. Gegen den Vorschlag spricht insbesondere auch folgender Gesichtspunkt: Der Vorschlag trägt dem Geschäftsmodell von Kreditinstituten keine Rechnung. Dieses Geschäftsmodell besteht besonders darin, erhaltene Einlagen als Kredite auszureichen. Das funktioniert nicht mehr, wenn erhaltene Einlagen vom Vermögen der Bank separiert und als Sondervermögen

(André Barth, AfD: Nur Girokonten!)

auch Girogelder – bei der Zentralbank geparkt werden. Diese separierten Gelder stehen für eine Kreditvergabe nicht mehr zu Verfügung, also nicht mehr für das Kerngeschäft der Banken.

Aus den genannten Gründen bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Barth, Sie haben das Schlusswort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Abwicklungsrichtlinie erlebt gerade ihre erste ernsthafte Bewährungsprobe in Italien. Nach EU-Regeln müsste nämlich erst eine private Verlustbeteiligung in Höhe von 8 % der Bilanzsumme vorliegen, bevor der Abwicklungsfonds eingreift.

Doch – oh, welche Überraschung – die italienische Staatsregierung und die EU-Kommission arbeiten schon fleißig daran, diese Regelung zu umgehen. Erneut stehen staatliche Rettungsgelder bereit, um die Inanspruchnahme von privaten Gläubigern zu verhindern. Das ist nichts Neues, und das muss ich Ihnen auch alles nicht erzählen. Der Maastricht-Vertrag ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Das Verbot von Staatsanleihenkäufen wird von der EZB unter Missachtung von Sinn und Zweck der Regelung tagtäglich umgangen.

Was interessieren mich also meine Regeln, die ich vor Jahren erlassen habe? Das scheint Konsens in der Eurozone zu sein. Ich wage daher zu vermuten: Im Krisenfall gilt dies auch in Deutschland.