Mit Blick auf die Uhr – ich habe nicht mehr viel Zeit – werde ich in der zweiten Runde auf das Spannungsfeld Wirtschaft und Umwelt eingehen.
Herr Hippold sprach zu uns für die CDU-Fraktion. Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Böhme.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neben den vielen Krisen und Konflikten unserer Zeit, die menschenfeindlichen Tendenzen im Zuge der Asyldiskussion, die hier in Sachsen herrscht und vorhin im Gespräch war, der weltweiten Finanzkrise und Kriegen und Konflikten und damit einhergehenden Wirtschaftssanktionen, die auch Sachsen betreffen, usw. bin ich sehr dankbar, dass wir heute als aktuelles Thema über die Klima- und Energiekrise sprechen, die man nicht vernachlässigen darf. Denn auch hier in Sachsen besteht dafür ein dringender Handlungsbedarf.
Die gerade von mir genannten Konflikte werden in der Zukunft dazu führen, dass sie größer und zu einem der größten Probleme in Sachsen werden, wenn wir weiterhin zulassen, dass wir einer der größten CO2-Emittenten bleiben.
19 Jahre nach dem Klimagipfel, dem sogenannten COP 1 in Berlin, ist heute so viel CO2 in der Luft wie noch nie in der Menschheitsgeschichte. Der weltweite Kohlenstoffausstoß ist auf einem historischen Allzeithoch. 2013 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung.
Herr Krauß, wenn Sie den GRÜNEN vorwerfen, Deutschland habe beim Klimaschutz schon genug gemacht, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass Deutschland auf Platz 6 der Top-Ten-Länder mit dem größten Ausstoß an CO2 im
Jahr 2013 liegt. Eigentlich stimmt das nicht; denn wenn man sich die Zahlen genauer anschaut und auf die Einwohner herunterrechnet, sieht es noch viel schlimmer aus.
Momentan ist China beim Gesamtverbrauch zwar immer noch auf Platz 1 mit 9 977 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr, gefolgt von den Vereinigten Staaten mit 5 233 Millionen Tonnen, Indien mit 2 400 Millionen Tonnen, Russland mit 1 800 Millionen Tonnen und Japan mit 1 244 Millionen Tonnen. Deutschland liegt nur auf Platz 6 mit 780 Millionen Tonnen CO2. Rechnet man die Einwohner hinzu, sieht das ganz anders aus. Da überholen wir China sehr deutlich und sind auf Platz 4 mit 9,4 Tonnen pro Kopf CO2-Verbrauch im Jahr. Deutschland ist also der viertgrößte Verursacher der anthropogenen CO2Emissionen auf diesem Planeten und hat damit eine Hauptverantwortung, wenn es darum geht, den Klimawandel nicht zu verschärfen.
Schaut man auf Sachsen, ist der CO2-Verbrauch durch unsere Kohlekraftwerke noch sehr viel deutlicher höher als im Bundesdurchschnitt mit 11,2 Tonnen.
Nun gebe ich zu, dass solche Rechnungen auch verschiebbar sind. Wenn man Brandenburg betrachtet, stellt man fest, dass das ein weiterer Spitzenreiter mit 22 Tonnen pro Kopf ist. Man muss sicherlich bedenken, dass die hier verbrauchten oder erzeugten Energiemengen auch für andere Regionen genutzt werden und sich deswegen das Bild etwas verzerrt. Doch dann stelle ich die Frage: Entbindet uns das von der Verantwortung? – Ich denke nicht. Es ermöglicht uns meiner Meinung nach, hier einen Entscheidungsspielraum einzuführen, der dringend nötig ist.
Die Abschlussberatungen des Klimagipfels in Lima haben auch gezeigt, dass leider nur ein Minimalkonsens erbracht wurde und es kaum Auswirkungen auf die Reduzierung von CO2 weltweit geben kann bzw. wird. Darüber kann man wütend sein – vor allem auf die Staaten, die notwendige Veränderungen blockieren. Doch die Konsequenz kann doch dann nicht lauten, dass wir hier vor Ort in ebenso kleinen Schritten weitermachen und nicht die großen Probleme angehen, wie einen Strukturwandel in der Lausitz, worauf ich nachher noch zu sprechen komme.
Wir müssen uns also jetzt anstrengen, mehr CO2 zu reduzieren als geplant. Das heißt zum Beispiel, CO2 als Umweltschadstoff zu definieren und auch die Betriebszeiten von Kohlekraftwerken zu begrenzen. Wenn andere Staaten da nicht mithelfen wollen oder können, muss das thematisiert werden, und es müssen auch Konsequenzen in der Zusammenarbeit gezogen werden. Aber wir dürfen uns dann nicht zurücklehnen. Wir müssen dieses Defizit ausgleichen. Wir in Sachsen haben viel Potenzial, viele Innovationen und die möglichen Instrumente, um das zu ermöglichen. Darüber werden wir in der zweiten und dritten Runde sicherlich noch sprechen.
Gerade hatte die Linksfraktion das Wort. Es sprach Kollege Böhme. – Jetzt ergreift für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Lang das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Lima hat man sich auf einen Textentwurf für Paris für das Jahr 2015 verständigt. Auch wenn es hier nur um einen Minimalkonsens geht, ist er trotzdem Verhandlungsgrundlage, um in weltweiter Anstrengung gemeinsam das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu senken. Weltweite Anstrengungen bedeutet nicht nur, CO2-Minderungsziele im eigenen Land umzusetzen; hierbei müssen wir als Deutsche Vorbild sein. Die europäischen Partner haben sich auf ein Ziel von minus 40 % bis 2030 innerhalb der EU verständigt. In Deutschland wollen wir dieses Ziel 2020 erreichen.
Wir müssen jedoch nicht nur Vorbild sein, wir haben auch als eine der Industrienationen mit historischen Klimasünden eine Verantwortung gegenüber den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist richtig: Braunkohleverstromung ist ein großer CO2-Treiber. Wir hatten dazu eine Debatte im Plenum, als es um Vattenfall in der Lausitz ging. Vor dem Hintergrund des Atomausstiegs brauchen wir die Braunkohle weiterhin, um die Energiewende sicherzustellen. Solange erneuerbare Energien die Versorgungssicherheit nicht gewährleisten, brauchen wir die Braunkohleverstromung. Atomausstieg und Braunkohleausstieg gleichzeitig, das geht nicht. Deshalb wiederhole ich, was mein Kollege Dirk Panter ausführlich darlegte, als es um Vattenfall ging: Die sächsische SPD will den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung. Wir haben uns dafür 2050 zum Ziel gesetzt. Das ist realistisch, und das ist sozial.
Wir wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wenn wir hier so gut vorankommen, dass die Versorgung gesichert ist, dann ist ein Ausstieg auch eher möglich.
Für Sachsen sind wir mit dem Koalitionsvertrag einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Ich war zwar in der vorhergehenden Legislaturperiode noch nicht im Landtag, habe aber die Debatten zur Klima- und Energiepolitik gespannt verfolgt, insbesondere die Debatten darüber, dass ein Teil der damaligen Regierungskoalition den Klimawandel komplett leugnete. So sah dann auch das Energieprogramm des Freistaats aus.
Wir haben dieser Politik mit dem Koalitionsvertrag einen Riegel vorgeschoben. Wir werden uns an den Ausbauzielen für erneuerbare Energien am Bund orientieren. Das sind bis 2025 zwischen 40 und 45 % und bis 2035 zwischen 55 und 60 %. Jetzt müssen wir das Energie- und Klimaprogramm weiterentwickeln.
Wenn wir über Klimaschutzziele reden, reicht der Ausbau der erneuerbaren Energien jedoch nicht. Einerseits benötigen wir weiter die Braunkohleverstromung, andererseits müssen wir den gesamten Energieverbrauch im Blick haben, etwa die Wärmeversorgung und die Mobilität.
Wir haben uns in Deutschland im Jahr 2007 verpflichtet, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis 2020 um 40 % zu reduzieren. Auch damals war die SPD auf Bundesebene in der Großen Koalition. Das 40-%-Klimaziel schaffen wir nur, wenn wir weitere Anstrengungen unternehmen.
Ein wichtiges Stichwort dazu ist Energieeffizienz. Die Bundesregierung hat kürzlich ein umfassendes Klima- und Energiepaket beschlossen. Es enthält neben dem Aktionsprogramm „Klimaschutz 2020“ auch den „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“. Diese beschlossenen Maßnahmen umfassen unter anderem die steuerliche Förderung von energiesparender Gebäudesanierung und das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, welches um
200 Millionen Euro erhöht wird. Der Bund fördert es also mit 2 Milliarden Euro pro Jahr, und diese Mittel sollen nicht nur für Nicht-Wohngebäude eingesetzt werden können.
Insgesamt ergibt sich aus allen Maßnahmen dieses Klima- und Energiepakets ein Klimaschutzbeitrag von 87 bis 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Was der Bund im Vorfeld der Klimakonferenz in Lima beschlossen hat, muss in Sachsen Ansporn sein. Wir werden hier mit eigenen Maßnahmen und einem fortgeschriebenen Klima- und Energieprogramm nachziehen, –
Letzter Satz: Klimaschutz bedeutet Erhaltung unserer Lebensgrundlage und Schutz unserer Natur. Durch Industrialisierung – und jetzt auch Digitalisierung – haben wir fast das Gefühl dafür verloren, –
Herr Präsident! Ich möchte nicht im Raum stehen lassen, dass es tatsächlich niemanden im politischen Raum gibt – das kann man nur immer wieder sagen –, der tatsächlich verlangt, Deutschland möge gleichzeitig aus der Kernenergie und aus der Kohle aussteigen. Es gibt niemanden, der das verlangt, auch nicht die GRÜNEN; niemand verlangt das.
Wir wollen nicht gleichzeitig aus der Kernenergie bis 2022 und aus der Kohle aussteigen, Herr Krauß.
Der zweite Punkt ist: Niemand bestreitet, dass wir als Partner für die Energiewende selbstverständlich weiter thermische Kraftwerke brauchen. Nur hat das nicht – aber auch gar nichts – mit der mittelfristigen Unabdingbarkeit der schmutzigsten thermischen Kraftwerke, der Braunkohlekraftwerke, zu tun.
Das war eine Kurzintervention von Herrn Dr. Lippold. Möchten Sie darauf reagieren, Frau Kollegin Lang?
Gut. – Dann gehen wir jetzt in der Rednerrunde weiter. Nun hat wirklich Herr Kollege Urban das Wort.