Protocol of the Session on December 16, 2016

In acht Tagen ist Weihnachten, und wir sind jetzt vier Tage hier zusammen. Ich denke, es ist alles dazu gesagt.

Gut. Sie brauchen nur Nein zu sagen.

Für die Strukturentwicklungen, die in den Regionen notwendig sind, brauchen die Menschen unsere Hilfe und unsere Unterstützung; denn genau wie der Klimaschutz und die Energiewende ist die Strukturentwicklung in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Was es braucht, ist die Unterstützung des Freistaates, vor allem des Bundes, um den perspektivischen Ausstieg aus der Kohleverstromung sozial verträglich zu gestalten.

Ich kann Ihnen versichern: Die Staatsregierung, Minister Dulig, und wir sind intensiv bei der Sache, um das Thema Strukturentwicklung auch und gerade mit unserem Nachbarland Brandenburg voranzubringen. Das Allerwichtigste dabei ist aber, die Menschen in den betroffenen Regionen mitzunehmen. Deshalb ist es falsch und unseriös, bei den Menschen vor Ort immer wieder neu und öffentlich zu hinterfragen: Bist du für den Klimaschutz oder bist du für die Braunkohle? Sie werden in den betroffenen Regionen kaum Menschen finden, denen der Klimaschutz für ihre Kinder und Enkel egal ist. Klimaschutz ist das Ziel aller vernünftigen Menschen.

Die Strategie, um dieses Ziel zu erreichen, heißt Energiewende. Zu jeder klugen Strategie gehören taktische Entscheidungen, gehören Maßnahmen und in diesem Fall die notwendigen Prozesse der Strukturentwicklung. Ohne die Menschen mitzunehmen, werden uns jedoch die notwendigen Strukturentwicklungen in den Braunkohleregionen nicht gelingen. Was die Menschen dort am

meisten brauchen, sind Rechtssicherheit und eine Perspektive. Deshalb halte ich es für falsch, bereits erteilte Genehmigungen wieder rückgängig machen zu wollen und sich der Gefahr von jahrelangen Rechtsstreitigkeiten auszusetzen. Damit wäre weder den Menschen geholfen, die umziehen wollen oder bereits umgesiedelt sind, noch den Menschen, die ihre Heimat nicht verlassen möchten. Im Gegenteil, es würde eine weitere Unsicherheit geschaffen werden, die völlig unnötig ist.

Andererseits liegt es auf der Hand, dass zusätzlich zu den bereits genehmigten Feldern kaum noch neue Tagebaue erschlossen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, sächsische Alleingänge helfen uns wenig. Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Anstrengung. Der Bund muss die Länder und Regionen unterstützen, um die Strukturentwicklung weiter zu befördern und gleichzeitig seinen klimapolitischen Verpflichtungen nachzukommen. Auch wir in Sachsen leisten dazu unseren Beitrag und werden unsere Anstrengungen in Zukunft noch intensivieren.

Unser sächsischer Wirtschaftsminister Martin Dulig hat in der vergangenen Woche auf zwei Veranstaltungen in der Lausitz dazu Stellung bezogen. Während er bei der traditionellen Barbara-Feier in Cottbus schwerpunktmäßig zu den Beschäftigten der Kohleindustrie gesprochen hat, trafen sich letzten Freitag in Schwarze Pumpe vor allem die Vertreter der Kommunen, die sich grenzüberschreitend zur sogenannten Lausitzrunde zusammengefunden haben und zum Thema „Reviertransfer Lausitz“ eine Auftaktveranstaltung organisiert haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allen muss klar sein, dass die Menschen in den Regionen zu Recht stolz auf ihre Arbeit und das Erreichte sind. Aber sie brauchen Sicherheit.

Martin Dulig hat nach wenigen Sätzen dort in Cottbus die Herzen der Zuhörer erreicht

(Oh-Rufe von den LINKEN)

und allen klargemacht, dass die Sächsische Staatsregierung die Regionen nicht im Stich lässt, dass die Koalition den Prozess der Strukturentwicklung gestalten will und die Interessen der Menschen vor Ort im Blick behält. Es ist falsch, bei jeder Gelegenheit Angst vor Veränderungen zu verbreiten.

Wir als SPD wollen die notwendigen Änderungen mit Vernunft vornehmen. Auch Klimaschutz kann Arbeitsplätze schaffen. Das ist unsere Botschaft. Die verbreiten wir auch. Sächsische Sonderwege werden von uns abgelehnt, deshalb auch dieser Antrag der GRÜNEN.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das war Kollege Baum für die SPD-Fraktion. Jetzt kommt für die AfD Kollege

Urban zu Wort. – Aber vorher noch eine Kurzintervention von Herrn Dr. Lippold.

Herr Kollege Baum, ich möchte das – auch für das Protokoll – noch einmal richtigstellen: Es gibt keine Genehmigung zur Tagebauerweiterung in Sachsen. Es gibt einen genehmigten Braunkohleplan für das Erweiterungsvorhaben Nochten II. Es gibt nicht einmal einen Braunkohleplan, der eine Erweiterung im Falle des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain ermöglicht. Es gibt keine Erweiterung für ein solches Vorhaben.

Selbst wenn es sie gäbe, so geht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Atomausstieg aus der letzten Woche ganz klar hervor, dass beim Erkennen neuer Gefahren für das Gemeinwohl – und wir haben hier neue Erkenntnisse zum Klimaschutz – selbstverständlich nachträglich Genehmigungen zurückgenommen werden dürfen. Wenn es nicht diese handwerklichen Fehler unter Philipp Rösler gegeben hätte, dann wäre an dieser Stelle nicht ein einziger Euro Entschädigung für die Atomkraftwerke fällig geworden.

Zum Schluss noch ganz kurz: Wenn Ihnen, Kollege Baum, irgendein anderes Szenario einfällt, mit dem wir 180 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 einsparen und die Versorgungssicherheit dabei gewährleisten können – außer in den Szenarien, die hier diskutiert worden sind –, dann gehen Sie damit nach Berlin, die fallen Ihnen um den Hals.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Das war eine Kurzintervention. Kollege Baum, wollen Sie reagieren? – Nein. Dann geht es jetzt weiter mit der AfD-Fraktion, Kollegen Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor einem Monat beschloss die Bundesregierung aus CDU und SPD den sogenannten Klimaschutzplan 2050. An der Stelle möchte ich Ihnen, Herr Hirche, sagen: Es ist sehr ehrenwert, dass Sie an den Weihnachtsfrieden denken und daran, dass wir uns vielleicht nicht streiten sollten. Aber ich muss sagen, dass es mir lieber ist und ich es ehrlicher finde, wenn die GRÜNEN mit offenem Visier ins Geschäft gehen, als wenn die CDU einen Klimaschutzplan beschließt, nicht darüber redet und die Wirkungen für die Menschen in der Region am Ende dieselben sind.

(Beifall bei der AfD)

Das Ziel dieses Planes ist es, bis Mitte dieses Jahrhunderts die weitgehende Treibhausgasneutralität Deutschlands zu erreichen, das heißt, eine Reduktion um 85 % gegenüber dem Jahr 1990.

Die grünen Bundestagesabgeordneten Bärbel Höhn und Oliver Krischer mussten das natürlich noch überbieten und verhöhnten diesen Klimaschutzplan als einen im

Entwurf gestarteten Tiger, der nun als Bettvorleger gelandet sei. Diesen Bettvorleger wollen nun die GRÜNEN-Kollegen im Sächsischen Landtag für einen erneuten Angriff auf die heimische Braunkohleindustrie ausschlachten.

(André Barth, AfD: Schämt euch! – Zuruf von der CDU: Genau! – Heiterkeit bei der AfD)

So wenig Inhalt ein Bettvorleger hat, so wenig Gehalt und inhaltliche Überraschung bringt der vorliegende GRÜNEN-Antrag. Sie wollen den Menschen Klarheit darüber geben, dass Ihre Regionen deindustrialisiert werden.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist doch Quatsch!)

Sie wollen der Region die wirtschaftliche Grundlage entziehen und nennen das euphemistisch Planungssicherheit und Rechtssicherheit. Es dürfte Sie, liebe Kollegen, nicht überraschen, dass die AfD-Fraktion den Antrag nicht unterstützen wird. Die Braunkohle ist und bleibt eine der wenigen Industrien, welche die marode Wirtschaft der DDR und die Treuhand überlebt haben. Bis heute ist die Braunkohleverstromung das ökonomische Herz der Lausitz. Das kann gar nicht stark genug betont werden. Ob und mit welchem Pulsschlag dieses Herz weiterschlägt, darf uns nicht gleichgültig sein.

(Beifall bei der AfD)

Die Tatsachen, dass mit der Braunkohle ein preiswerter heimischer Energieträger zur Verfügung steht, dass die Lausitzer Kraftwerke zu den modernsten ihrer Art gehören und dass die Braunkohleverstromung besonders vor dem Hintergrund des Atomausstiegs als Brückentechnologie noch auf lange Sicht gebraucht wird, diese Tatsachen dürfen nicht einfach einer postfaktischen Ideologie geopfert werden.

Ich sage „postfaktisch“ und sage Ihnen auch, warum. Nur 3 % der weltweiten CO2-Emissionen sind menschengemacht. Das bestätigt sogar einer der größten Klimahysteriker Deutschlands, Herr Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Der Anteil der Industrie und der Menschen in Deutschland an den gesamten weltweiten CO2-Emissionen beträgt ganze 0,07 %. Das ist weniger als ein Promille.

Die Braunkohlenutzung vorzeitig aufgeben zu wollen, nur um den klimapolitischen Alleingang Deutschland zu zementieren,

(Marco Böhme, DIE LINKE: Das ist kein Alleingang!)

ist keine verantwortungsvolle Politik – weder gegenüber der Wirtschaft noch gegenüber den Menschen in Sachsen.

(Beifall bei der AfD)

Werfern wir einen Blick in diesen sogenannten Klimaschutzplan 2050. Dort heißt es unter anderem: „Es liegt im europäischen Gesamtinteresse, dass Deutschland seine

überproportionalen Anteile am Klimaschutz Europas realisiert.“

Meine Damen und Herren! Es liegt also im europäischen Gesamtinteresse, dass Deutschland aufgrund irgendwelcher Klimaschutzziele mehr als alle anderen europäischen Staaten CO2 einspart, dass Deutschland seine Kraftwerke schließt und andere EU-Staaten ihre Kraftwerke weiter betreiben, dass die Strompreise in Deutschland stärker steigen als in anderen EU-Staaten, dass Deutschland energieintensive Unternehmen verliert und diese sich in Staaten mit geringeren Energiekosten ansiedeln. Das ist also im gesamteuropäischen Interesse?

An dieser Stelle frage ich mich schon, wessen Interessen die Abgeordneten von CDU und SPD im Bundestag vertreten.

(Dr. Gerd Lippold, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Urban?

Ja, gern.

Bitte, Herr Dr. Lippold.

Herr Kollege Urban, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass weder in unserem Antrag noch in meiner Rede irgendetwas über diese ganzen globalen europäischen usw. Bezüge gesagt worden ist? Es ging einfach nur darum: Was gibt es für einen beschlossenen Klimaschutzplan der Bundesregierung, und was bedeutet das für Sachsen? Das ist der Bezug.

Das ist mir völlig bewusst, ja.

Wir stehen in diesem Bezug, und wir haben jetzt darauf zu reagieren.

Herr Dr. Lippold, ich verstehe Ihre Frage. Aber das ist genau der Punkt. Dieser Klimaschutzplan 2050 ist eine politische Entscheidung, und diese politische Entscheidung ist natürlich jederzeit revidierbar. Diese Entscheidung geht weit über das hinaus, was alle anderen Staaten der EU machen, und auch noch weit über das hinaus, was andere Staaten auf der Welt machen.