Protocol of the Session on November 9, 2016

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mich nun nicht auf die Bewertung der Arbeit des SMGI beziehen. Das ist an anderer Stelle möglich und richtig. Kommen wir lieber zum Grundsatz der Arbeit des Ausländerbeauftragten.

Nicht nur einmal hörte ich auch in der vergangenen Zeit die Frage: Warum brauchen wir denn noch einen Ausländerbeauftragten, wenn wir doch eigens eine Staatsministerin für Integration haben? Ich glaube, wer diese Frage stellt, der kennt die Aufgabe des Ausländerbeauftragten nicht.

Es ist eben nicht seine Aufgabe, konkrete Integrationsmaßnahmen zu gestalten. Der Ausländerbeauftragte in Sachsen muss mehr als nur Beobachter und Bewerter sein. Er muss derjenige sein, der die Interessen der Ausländer mitnimmt, versteht und ihnen eine starke Stimme gibt, der die Gründe ihres Zuzugs nach Sachsen versteht, der ihre Fähigkeiten schätzt und fördert, der ihr Ankommen bestmöglich unterstützt und der im Härtefall um sie kämpft.

Beim Stichwort „Härtefall“ bediene ich mich gern des Verständnisses des vormaligen Beauftragten Herrn Gillo, denn dabei, so Gillo, entstehe Einzelfallgerechtigkeit.

Die Frage der Gerechtigkeit politischer Entscheidungsgänge kann in manchen Fällen mangelhaft sein und konträr zu menschlichen und sozialen Bedürfnissen stehen. Hierbei intervenieren zu können ist unglaublich wichtig und sollte wieder stärker in den Fokus der Arbeit rücken.

Die Frage nach Gerechtigkeit aus der Sicht der Betroffenen steht wohl sinnbildlich für die gesellschaftliche Aufgabe des Ausländerbeauftragten, zum Beispiel beim Thema Integration durch Sprache. Nicht die Form oder Anzahl der Kurse stehen bei ihm an erster Stelle, sondern die Frage: Ist es gerecht, wer sie nutzen kann?

Oder beim Thema Familienzusammenführung: Nicht das Ob und das Wie sind Aufgabe des Ausländerbeauftragten, sondern ob es gerecht ist, dass es vielen verwehrt bleibt. Ohne Frage ist das ein zentrales Thema und ein zentrales Interesse vieler Ausländer in Sachsen. Meiner Meinung nach ist es maßgeblich für eine gelingende Integration.

Auch beim Thema Arbeit und Ausbildung: Ist es gerecht, dass die Arbeitserlaubnis in der Ausländerbehörde oftmals zu spät oder gar nicht trotz Berechtigung erteilt wird, dass Menschen abgeschoben werden, weil die Bearbeitung in den Behörden zu lange dauert, oder gar Abschiebungen erfolgen trotz Arbeitsvertrag?

Thema Schule: Ist es gerecht, dass gerade unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, also Jugendliche, nach dem 18. Lebensjahr nur schwer einen Schulabschluss in Sachsen erlangen können?

Thema Ankommen und Akzeptiert-werden: Ist es gerecht, dass in Sachsen Flüchtlinge diskriminiert, verängstigt oder gar verletzt werden?

Im Jahresbericht 2013 konnten wir Folgendes lesen: „Sachsen hat, was den Ruf bezüglich Weltoffenheit angeht, noch eine deutliche Wegstrecke vor sich. Einen guten Ruf kann man schnell verlieren. Bei einem schlechten Ruf muss man sich über viele Jahre beweisen, ehe er vergessen wird.“

Herr Mackenroth, Ihre Aufgaben sind keine leichten, aber Sie haben das Privileg, für viele Neusächsinnen und -sachsen Hoffnungsträger zu sein. Ich wünsche Ihnen bei Ihrer Arbeit viel Kraft und ich wünsche Ihnen, dass Sie – getragen vom Vertrauen der Ausländer in Sachsen – diese schwere Aufgabe bewältigen können.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Nun die AfD-Fraktion. Herr Abg. Wippel. Bitte sehr, Herr Wippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Mackenroth! Im Jahr 2015 mussten wir uns alle wie noch nie mit der Asylpolitik beschäftigen. Bis weit in dieses Jahr

hinein war dies das Topthema aller Parteien. Das spiegelt sich selbstverständlich auch im Jahresbericht des Sächsischen Ausländerbeauftragten wider.

Herr Mackenroth schreibt davon, dass der Freistaat Sachsen die Probleme der Welt habe auffangen müssen, ohne dass dabei auch nur ein Einziger befragt worden sei, was er davon halte. Nach dieser Lesart kennen Hunger, Armut, Krieg, politische Verfolgung und religiöser Extremismus keine Grenzen. Zugleich konstatiert er auch, dass viele Bürger in Sachsen nicht bereit seien, diese Situation als etwas Unausweichliches zu akzeptieren. Die Asylkrise ist ihrer Meinung nach kein Naturphänomen, dem wir uns zwangsläufig stellen müssen, sondern das Resultat der gescheiterten Bundespolitik von CDU, SPD, GRÜNEN und LINKEN.

Der Ausländerbeauftragte ist seit dem Ausbruch der Asylkrise insbesondere als Kommunikator gefordert. Von ihm erwarten wir zum einen, dass er den in unserem Freistaat lebenden Ausländern vermittelt, welche Rechte und Pflichten sie haben. Zum anderen ist er aber auch Ansprechpartner für unser eigenes Volk, das viel zu häufig in Fassungslosigkeit erstarrt, wenn es die neuesten Meldungen über die deutsche Asylpolitik aus der Zeitung erfährt und dabei das Gefühl nicht loswird, diese Politik werde als alternativlos dargestellt.

Aufgrund der Fachkenntnis von Herrn Mackenroth erhoffe ich mir von ihm unabhängige Stellungnahmen und auch einmal den Mut, sich mit den Konsensparteien im Landtag anzulegen und den Finger stärker in die Wunde zu legen. Im Laufe des letzten Jahres hat er das durchaus hin und wieder gemacht, etwa als er im Januar die zu lasche Abschiebepraxis bei kriminellen Ausländern kritisiert hat.

Insgesamt wird jedoch sowohl in öffentlichen Stellungnahmen als auch im Jahresbericht 2015 des Ausländerbeauftragten zu häufig die rosarote Brille aufgesetzt. Das Wesentliche bleibt dabei auf der Strecke. Es ist die Frage, ob es Alternativen zur gescheiterten Asylpolitik der Bundesregierung gibt. Die gibt es tatsächlich. Wir sprachen auf unser Betreiben hin im Landtag darüber. Doch der Bericht kommt nicht nur im Kapitel „Parlamentarische Arbeit“, sondern gänzlich ohne die Erwähnung der AfD aus.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Echt? Oh!)

Der Bericht spricht davon, dass der Reparaturbetrieb der Politik bei der Bewältigung der Asylkrise kleine Fortschritte gemacht habe, um das Chaos aus dem letzten Jahr in den Griff zu bekommen. Das ist natürlich gut, aber mir fehlen die grundsätzliche Ebene und ein allumfassendes Problembewusstsein.

Ganz konkret: Herr Mackenroth gibt offen zu – ich zitiere wörtlich –, „dass die Weltthemen Flucht, Asyl, Zuwanderung und Integration in Sachsen angekommen sind“. Wenn das Weltthemen sind, dann müssen wir sie auch so behandeln, und zwar mit außenpolitischen Maßnahmen, die nicht primär die Aufgabe des Freistaates Sachsen sind.

Auch wenn wir uns hier im Parlament von CDU bis Linkspartei bemühen, das Einwanderungsasyl zu verteidigen, möchte ich Ihnen zum wiederholten Mal die bessere Alternative skizzieren. Was wir brauchen, ist ein Asyl vor Ort. In Jordanien gibt es erste vielversprechende Ansätze dafür, weshalb ich Ihnen auch ausrechnen kann, wie vielen Menschen wir zum Beispiel mit Exilstädten helfen könnten.

Bundesweit geben wir in diesem Jahr circa 21 Milliarden Euro für Asylbegehrende in Deutschland aus, Tendenz steigend. In jordanischen Flüchtlingslagern kostet der Platz für einen Flüchtling, der unmittelbar in Heimatnähe untergebracht ist, circa 2 000 Euro pro Jahr. Das heißt, wir können mit dem Geld, das wir in Deutschland einsetzen, 10,5 Millionen echten Flüchtlingen direkt in der Krisenregion helfen. Wenn alle wohlhabenden Staaten der Welt auch nur einen Bruchteil dieser 21 Milliarden Euro zur Verfügung stellen würden, dann wäre es kein Problem, die circa 65 Millionen Vertriebenen und Heimatlosen zu unterstützen.

Vom Sächsischen Ausländerbeauftragten können wir nun nicht erwarten, dass er die Asylpolitik des Westens allein neu erfindet, aber er kann und sollte die Alternative der Flüchtlingshilfe vor Ort ins Gespräch bringen und nicht weiter den Anschein erwecken, es gebe keine Alternativen. Das stimmt nämlich nicht.

Wir gehen dabei sogar noch weiter. Die chaotischen Verhältnisse und den massenhaften Asylmissbrauch werden wir langfristig nur hinter uns lassen können, wenn in Zukunft Asyl im Herkunftsland beantragt wird und Deutschland bzw. der Freistaat Sachsen danach nur einen Teil der vertriebenen Frauen, Kinder oder Greise aufnimmt.

Bei diesem Modell kann dies ohne Weiteres nach unseren selbstbestimmten Kapazitäten geschehen. Ich bin mir sicher, dass von diesem System vor allem eine Gruppe in Sachsen profitieren würde, nämlich die normalen, hart arbeitenden Ausländer, die sich längst integriert haben und in der Tat eine Bereicherung darstellen. Die Zahlen hierzu sind übrigens im Bericht des Ausländerbeauftragten aufgeführt. Im Dezember 2015 lebten in unserem Freistaat 50 182 ausländische EU-Bürger. Die etablierte Politik und auch der Bericht erwecken nun beim Volk den Eindruck, dass ausschließlich die Interessen der Asylbewerber im Mittelpunkt stehen, und das, obwohl unklar ist, ob sie überhaupt langfristig hier leben dürfen.

Hier erwarte ich, dass der Ausländerbeauftragte nach seinem gesetzlichen Auftrag als Korrektiv auftritt. Die lange hier lebenden Ausländer – Polen, Tschechen, Syrer, Kurden und andere, mit denen ich ins Gespräch kam – stehen eher auf der Seite des Realismus als aufseiten einer teils kindlich-naiven, teils krankhaft-manisch wirkenden Gutmenschengruppe, wobei ich Herrn Mackenroth an der Stelle ausdrücklich ausnehme. Nur wenn wir den Unterschied von Asyl und Einwanderung sowohl in Richtung der Ausländer als auch der Deutschen durchsetzen, werden wir das gute Miteinander von Sachsen und aus

ländischen Mitbürgern erhalten bzw. örtlich wiederherstellen.

Zur ganzen Wahrheit gehört jedoch auch, dass sich nicht alle Asylbewerber und Einwanderer angemessen in Deutschland verhalten und ihren Pflichten nachkommen und unserem Land aufgeschlossen gegenüberstehen. Wir haben in Sachsen ein Problem mit kriminellen Ausländern, die drei- bis viermal so häufig bei der Polizei auffallen wie der Durchschnittssachse. Da gibt es nichts zu beschönigen, weshalb ich mir auch im Bericht des Ausländerbeauftragten hierzu deutlichere Worte gewünscht hätte.

Ich möchte abschließend noch zur Stimmung in unserem Land kommen, die von Herrn Mackenroth in seinem Bericht auch ausführlich behandelt wird. Zwei Sätze erscheinen mir besonders problematisch, weshalb ich sie noch einmal zitieren möchte: „Die Proteste gegen Asylbewerberheime waren und sind Anlass zu großer Sorge. Manche Formulierungen der Rädelsführer enthalten zumindest zwischen den Zeilen Aufrufe zu Gewalt gegen Personen und Sachen, das ist inakzeptabel.“ Zunächst unterstütze ich diese Formulierungen voll und ganz dahin gehend, dass wir politische Gewalt, egal von welcher Seite, scharf verurteilen. Dies sollte ein Grundkonsens unter Demokraten sein. Eigentlich dachte ich aber auch, dass die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu unserem Grundkonsens gehört. Friedliche Proteste sind deshalb kein Grund zu großer Sorge. Sie sind nicht nur legitim, sondern sorgen erst für den nötigen Pluralismus, der über das Parlament hinausgeht. Wenn die etablierte Politik sich irrt, ist es gut, wenn von der Straße der Druck durch Anwesenheit ausgeübt wird. Dies ist ein Zeichen einer lebendigen Demokratie und ich bin froh, dass insbesondere die Sachsen ihre Meinung artikulieren. Viel schlimmer wäre es, sie würden sich politikverdrossen für gar nichts interessieren.

Sie alle hier in diesem Hohen Haus können daran mitwirken. Lassen Sie uns endlich damit aufhören, eine gescheiterte Politik beschönigen zu wollen, lassen Sie uns gemeinsam über Alternativen sprechen im gegenseitigen Respekt und mit dem Volk zusammen. Ich wünsche mir aufrichtig, dass endlich eine Debatte über richtige Flüchtlingshilfe, die meiner Meinung nach nur vor Ort geleistet werden muss, in Gang kommt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Und nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Zais. Bitte sehr, Frau Zais.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Mackenroth! Auch unsere Fraktion bedankt sich bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern für den vorgelegten Bericht. Auch wir möchten Sie ausdrücklich dafür loben, dass Sie in diesem Bericht insbesondere der Darstellung

einer Vielzahl von Flüchtlingsinitiativen sehr breiten Raum eingeräumt haben, Initiativen, die stellvertretend für Tausende von Ehrenamtlichen in Sachsen stehen. Diese Wertschätzung und Anerkennung, sehr verehrter Herr Kollege Mackenroth, ist wichtig, gerade in einer Zeit, in der sich Kälte und Gleichgültigkeit ausbreiten.

Während der Jahresbericht 2014 noch von Herrn Gillos Handschrift geprägt war, fällt der Bericht 2015 vollständig in Ihren Verantwortungs- und Handlungsbereich. Das fällt auf, obwohl Sie auf der gleichen gesetzlichen Grundlage tätig waren wie Ihr Vorgänger. Ich möchte die Unterschiede herausarbeiten. Sie werden sicher nachvollziehen können, dass ich das anhand der im Gesetz über den Sächsischen Ausländerbeauftragten formulierten Aufgaben und Befugnisse mache.

In § 3 Abs. 1 heißt es dazu: „Der Ausländerbeauftragte wird nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund eigener Entscheidungen tätig.“ Zum Weltflüchtlingstag am 15. Juni 2015 formulierten Sie in einer auch im Bericht zitierten Pressemitteilung, dass es derzeit kaum möglich sei, traumatisierten Flüchtlingen eine erste sozialpsychiatrische Behandlung anzubieten, und Sie forderten deshalb, diese Hilfen zu strukturieren und auszubauen. Ich habe sehr lange darauf gewartet, ob es ein Ergebnis gibt. Wie weit ist das Traumanetzwerk wirklich gediehen und was ist noch zu leisten? Die Antwort auf diese Frage habe ich leider vergeblich im Bericht gesucht.

Weiter wird formuliert, dass der Ausländerbeauftragte vom Staatsministerium des Innern und den sächsischen Ausländerbehörden Auskunft und Akteneinsicht verlangen kann. Die Antwort auf die Frage, wie oft Sie das getan haben und mit welchem Ergebnis, bleiben Sie im Bericht schuldig. Im gleichen § 3 Abs. 2 können wir lesen, dass der Ausländerbeauftragte dem Landtag einen jährlichen Bericht zur Situation der im Freistaat lebenden Ausländer erstattet. Einige meiner Vorredner sind darauf bereits eingegangen, dass genau dieser Fakt, die Situation von Ausländern in Sachsen, leider nicht nachzuvollziehen ist. Es geht in dem Bericht sehr viel um das Thema Asyl und die Stimmung in Sachsen, es geht um die Maßnahmen zur Erstunterbringung und der begonnenen sozialen Betreuung sowie ersten Ansätzen der Integration, aber wir erfahren tatsächlich nichts zur Lage der Ausländer in Sachsen.

Im Statistikteil gibt es eine Aneinanderreihung statistischer Angaben, diese werden aber weder kommentiert noch sonst irgendwie ausgewertet. Deshalb stellt sich uns die Frage, ob dieser Lagebericht zur Situation der Ausländer in Sachsen noch kommt.

In § 3 Abs. 3 wird Ihnen das Recht gegeben, Stellungnahmen und Empfehlungen zu Gesetzentwürfen mit ausländerrechtlichem Inhalt abzugeben. Auch beim Erlass von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die die Rechte und Pflichten der Ausländer in Sachsen maßgeblich berühren, sollen Sie gehört werden. Wie oft Sie für diese Aufgabe in Anspruch genommen wurden, erfährt man aus dem Bericht nicht. Ich selbst habe nur zu

zwei Vorhaben, die sich aktuell im Gesetzgebungsverfahren befinden, Kenntnis. Eines davon ist das Ausreisegewahrsam-Vollzugsgesetz, mit dem Sie offenbar kein Problem haben. Das haben Sie zumindest in Ihrer Stellungnahme zum Ausdruck gebracht. Sogar der Datenschutzbeauftragte, muss man sagen, sieht das Problem anders. Er hat kritisch angemerkt, dass der Gesetzentwurf hinsichtlich der Klarheit der Normen für die Adressaten – und das sind eben nicht nur die Bediensteten in den Ausreisegewahrsam-Vollzugseinrichtungen, sondern auch die Menschen, die dort für vier Tage festgehalten werden dürfen –, völlig unverständlich ist. Das, sehr verehrter Herr Kollege Mackenroth, hätte Ihnen mit Ihrem juristischen Background auffallen müssen.

Inwiefern Sie zu Petitionsangelegenheiten zurate gezogen wurden, wie es Abs. 4 vorsieht, ist Ihrem Bericht auch nicht zu entnehmen. Das Gleiche gilt für Abs. 5. Darin heißt es, dass Sie Bitten und Beschwerden entgegennehmen. Im Abschnitt Einzelfallbearbeitung auf Seite 131 gehen Sie kurz auf den angestiegenen Beratungsbedarf ein. Wie viele Anfragen bei Ihnen eingetroffen sind, welche Rückschlüsse sich daraus auf die Lage der Ausländer in Sachsen ziehen lassen, beantwortet der Bericht nicht und Sie bleiben damit die Antwort schuldig. Wir erfahren nichts darüber, inwiefern Sie von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, vorgetragene Sachverhalte als Petitionen an den Präsidenten des Landtags weiterzuleiten.

Jetzt komme ich zum vorletzten Abschnitt. Dieser betrifft die Frage der Benachteiligung von Ausländerinnen und Ausländern in Sachsen. Auch darüber ist im Bericht nichts zu erfahren. Wie sieht es denn aus mit struktureller Benachteiligung von Ausländern, zum Beispiel auf dem sächsischen Arbeitsmarkt? Welche Partizipationsmöglichkeiten haben diese Menschen in Sachsen? Warum sind Ausländerbeiräte nicht verpflichtend für die Kommunalvertretungen? Wie sieht es an unseren Schulen aus? Geht es dort tatsächlich diskriminierungsfrei zu?

Das sind Fragen, mit denen wir uns befassen. Ich hätte erwartet, dass Sie auch zu diesem Thema Position beziehen. Wenn ich die im Anhang befindlichen statistischen Daten zurate ziehe, besonders ab Seite 193, erfahre ich zwar, wie viele zugewanderte Menschen straffällig geworden sind – was insbesondere den Kollegen von der AfD erfreut hat, zumal es relativ breiten Raum einnimmt –, ich erfahre aber nicht, wie oft zugewanderte Menschen Opfer von rassistisch motivierten Straftaten geworden sind. Da geht es nicht nur um Geflüchtete, da geht es nicht nur um – wie Sie es formulieren – politisch motivierte Übergriffe auf Asylbewerber, da geht es um Übergriffe, die in Straßenbahnen, die auf offener Straße stattfinden. Da geht es um Übergriffe im Zusammenhang mit Pegida-Demonstrationen, eine Vielzahl, die hier im letzten Jahr zu verzeichnen war. Leider erfahren wir darüber nichts im Bericht.

„In den Plenardebatten des Jahres 2015 im Sächsischen Landtag schlugen sich die Herausforderungen durch den

Zustrom von Asylsuchenden und die Reaktion der Bevölkerung nieder“, schreiben Sie. Alsdann erfolgt eine Aufzählung von parlamentarischen Initiativen, nicht etwa aller Fraktionen, nein, der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der Initiativen der Regierungsfraktionen. Man könnte den Eindruck gewinnen, nur CDU und SPD seien aktiv gewesen. Das ist eine absolute Verzerrung der Realität. Neben dem einziggenannten GRÜNEN-Antrag – danke dafür – haben Sie vier weitere Initiativen im Bereich Asyl, Rassismus, Integration, die im Plenum debattiert wurden, einfach unterschlagen. Für den Bericht für das Jahr 2016 fordern wir deshalb eine differenziertere Darstellung.

Schließlich, sehr geehrter Kollege Mackenroth, sind Sie nicht der Beauftragte der Regierungsfraktionen, sondern der Beauftragte des gesamten Landtages. Ich kann Ihnen nur raten: Emanzipieren Sie sich.