Protocol of the Session on September 29, 2016

(Beifall bei der CDU)

Ein zweites Vorab: Als ehemalige Lehrerin war ich sehr viele Jahre aktiv und sehr gern im Schuldienst tätig. Als Schulleiterin und nun als Kultusministerin weiß ich, dass Schulnoten bei uns im Freistaat nicht nach dem Geldbeutel der Eltern vergeben werden, wie so oft benannt,

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

sondern nach den Leistungen und Fähigkeiten unserer Schülerinnen und Schüler, unabhängig von sozialer Herkunft.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Unsere sächsischen Schulen sind dem Ziel verpflichtet, die Schüler auf ihrem Weg zu dem für sie bestmöglichen Schulabschluss zu führen,

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

und das unterstreiche ich aus meiner langjährigen praktischen Erfahrung in Schulen. Der Anspruch ist, jeden Schüler individuell, begabungs- und leistungsgerecht zu fördern. Unser Bildungssystem – es wird so oft anderes behauptet – ist durchlässig und anschlussfähig. Keinem Schüler wird der Übergang zu einer nächsten Bildungseinrichtung verwehrt. Eine individuelle Förderung erfolgt durch die gesamte Bildungsbiografie unserer Schülerinnen und Schüler. Ich werde dann noch Näheres benennen.

(Cornelia Falken, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte gern ausführen.

Bitte sehr.

Der Bildungsmonitor des Jahres 2016, den ich hier noch einmal bemühen möchte, bestätigt uns im Vergleich mit anderen Bundesländern einen sehr guten 2. Platz bei der Vermeidung von Bildungsarmut. Infolge der sehr guten

Förderinfrastruktur bei uns im Freistaat Sachsen ist der Einfluss der sozialen Herkunft der Kinder auf deren Bildungsergebnisse sehr gering. Wenn man die Kriterien im Bildungsmonitor einmal näher beleuchtet, dann zeigt sich, dass wir bei uns im Freistaat Sachsen den Kindern und Jugendlichen keinen sozialen Stempel aufdrücken. Sie haben alle Entwicklungsmöglichkeiten. Das heißt, dass mit dem bestehenden Bildungssystem Voraussetzungen für eine gute Entwicklung der Fähigkeiten unserer Kinder, unabhängig von der Herkunft gelegt werden.

Meine Damen und Herren! Wir werden in der CDUBildungspolitik und weit darüber hinaus Sorge dafür tragen, dass es bei uns im Freistaat Sachsen auch so bleibt, dass sich alle Kinder und Jugendlichen gut entwickeln und gute Abschlüsse erzielen können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der hohe Anteil an Ganztagsangeboten in den Kindertageseinrichtungen und Grundschulen. Ich möchte ein paar Zahlen dazu benennen: Im Freistaat Sachsen beträgt die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren 50,6 % und für Kinder von drei bis unter sechs Jahren 95,5 %. Schauen Sie in die Bundesländer, wo das noch nicht der Fall ist, außer in Sachsen! Knapp 83 % der Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren besuchen einen Hort. Allein mit diesen Bildungsangeboten können mögliche negative Einflüsse der sozialen Herkunft auf Bildungschancen sehr deutlich minimiert werden.

Selbstverständlich ruhen wir uns auf diesen Zahlen und Statistiken nicht aus. Mithilfe weiterer Maßnahmen wollen wir unsere sächsischen Schülerinnen und Schüler unterstützen. Im Entwurf des Doppelhaushaltes für die Jahre 2017/2018 – das wurde schon mehrfach benannt – stellt meine Kollegin Klepsch 15 Millionen Euro jährlich für Schulsozialarbeit zur Verfügung. Das ist genau die richtige Maßnahme für eine weitere Unterstützung dieser Kinder und Jugendlichen.

Im Bereich der Unterstützungssysteme baut mein Haus Angebote intensiv aus, und zwar wird ein Angebot „Praxisberater“ an unseren Oberschulen ausgebaut. Auch dazu einige Zahlen: Die Praxisberater hatten wir im Jahr 2014 an 49 Schulen. Seit August 2016 sind sie an 123 Schulen tätig. Zudem sind seit diesem Schuljahr an 174 Schulen im ganzen Land Inklusionsassistenten tätig. Dafür stehen bis zum Ablauf des Schuljahres 2020/2021 rund 51 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist ein wunderbares Unterstützungssystem, das von Lehrerinnen und Lehrern unserer Oberschulen außerordentlich begrüßt wird.

Weitere Maßnahmen sind: Schüler beim Erwerb von Schulabschlüssen zu unterstützen – das führe ich jetzt einmal exemplarisch aus. Förderunterricht: Frau Falken, Sie haben gesagt, dieser kann nicht in jedem Fall gewährleistet werden. Das ist zurzeit so. Wir haben neben Förderunterricht ein exzellent ausgebautes System von Ganztagsangeboten und liegen hierbei deutschlandweit auf einem Spitzenplatz. Ganztagsangebote sind flankierende Maßnahmen zur Förderung von Schülerinnen und Schülern.

Der Schulversuch „Produktives Lernen“ zeigt außerordentlich erfolgreich, wie Schülerinnen und Schüler, die eher praktisch orientiert sind, zu einem Abschluss geführt werden. Das fordert ja das Handwerk im Freistaat Sachsen immer wieder von uns – berechtigt.

Schulverweigerungsprojekte und Schülercamps möchte ich nennen. Schauen Sie in die Handwerkskammern, die Schülercamps durchführen. Zu nennen sind Projekte zur Erhöhung der Lernmotivation sowie Schulfremdenprüfung und der Besuch von Abendoberschulen und Abendgymnasien. Das sind Möglichkeiten, die von Jugendlichen intensiv genutzt werden.

Zum Abschluss möchte ich noch das Bildungs- und Teilhabepaket aufgreifen. Frau Saborowski-Richter hat das bereits sehr berechtigt getan – auch wenn es eine Bundesleistung ist –, denn das trägt zur Vermeidung von Kinderarmut bei. Durch die zum 1. Januar 2011 eingeführten Leistungen zur Bildung und Teilhabe für anspruchsberechtigte Kinder und Jugendliche bzw. deren Eltern werden deren Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe im Bildungs- und Kulturbereich verbessert.

Hier möchte ich noch einmal betonen, dass keinem Kind aus finanziellen Erwägungen heraus bestimmte Möglichkeiten verwehrt bleiben. Das Paket ermöglicht Zuschüsse zum Mittagessen in Kita und Schule, zur Schülerbeförderung und zu Schulausflügen. Kein Kind muss in seinem Stadtbezirk ein Leben lang verbleiben. Es bekommt Zuschüsse zu Schulausflügen. Wenn ich in unsere Schulen schaue, dann sind diese Schulausflüge immanenter Bestandteil des Schulalltags. Deshalb kann ich mir ein solches Beispiel, wie es vorhin benannt wurde, schlecht vorstellen.

Zur Lernförderung gibt es Zuschüsse. Auch dort muss kein Kind benachteiligt werden, wenn es die finanziellen Möglichkeiten aus dem Elternhaus nicht hat. Es gibt Zuschüsse zu Musikkursen, zu Sportvereinsmitgliedsbeiträgen – ich könnte die Palette noch weiterführen. Sicher, wir müssen Familien mitunter auch symbolisch an die Hand nehmen, einen Antrag zu stellen, ihn ausfüllen und abgeben, um zu der finanziellen Unterstützung zu kommen; denn gerade diese Familien kennen vielmals Angebote nicht oder realisieren sie nicht. Insofern ist dort unsere Unterstützung gefordert.

In diesem Sinne leistet unser Freistaat überdies ebenfalls einen wesentlichen Beitrag für anspruchsberechtigte Familien etwa im Rahmen des Landeserziehungsgeldes, des Landesfamilienpasses, durch Förderung von Schulfahrten, auch ins Ausland, und von Familienfeiern.

Meine Damen und Herren, mit meinen Ausführungen wird deutlich: Wir nehmen die Thematik in Sachsen sehr, sehr ernst. Kein Kind in Sachsen erleidet im System Kita und Schule Nachteile aufgrund der Einkommenssituation der Eltern. Dass wir selbst im Bereich der Einkommenssituation auf einem guten Weg sind, zeigen die aktuellen Zahlen der Bertelsmann-Stiftung. So sind die Zahlen bei der Kinderarmut nach Angaben der Stiftung in keinem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland stärker

gesunken als im Freistaat Sachsen. Hier muss ich einmal allen Beteiligten, die diese Familien und Kinder unterstützen und sie auf dem Weg an die Hand nehmen, ein Dankeschön sagen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Iris Raether-Lordieck, SPD)

Bis jetzt noch nicht benannt wurde, dass wir einen Rückgang der Kinderarmut um 3,2 % zu verzeichnen haben. Dieser Rückgang ist zum einen ein Erfolg, ja; er ist uns aber gleichzeitig Ansporn – wir werden nicht stehenbleiben –, auf diesem Weg weiter voranzugehen. Wir haben ein solides Fundament, auf dem wir aufbauen, und bei uns spielt Kinderarmut eine so geringe Rolle, dass keinem Kind im Freistaat Sachsen eine Bildungs- und Entwicklungschance vorenthalten wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE, Frau Abg. Falken. Bitte sehr, Frau Falken.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Staatsministerin, ich glaube, eine benannte Quote – egal wie klein oder wie groß sie ist – ist nicht das richtige Kriterium, darüber zu urteilen, ob wir etwas mehr oder anders, ob wir etwas gegen Kinderarmut tun müssen oder nicht. Selbst wenn wir nur noch ein einziges Kind haben, das einer Förderung bedarf, müssen wir auch für dieses eine Kind etwas tun.

Ich bin ja sehr froh, dass wir in Sachsen insgesamt einen guten Stand in diesem Bereich haben. Aber für diejenigen, die in Armut leben und nach wie vor benachteiligt sind, müssen wir etwas tun. Insofern ist es doch möglicherweise für Sachsen, für die Gesellschaft hier in Sachsen und für das Parlament sogar gut zu sagen, wir haben nur noch eine kleine Gruppe, und gerade für diese schauen wir uns jetzt an, was wir vielleicht noch zielgerichteter tun können.

Ich will in unserem Schlusswort noch ein paar Facetten benennen. Erstens, Frau Ministerin, es ging mir genauso wie Ihnen: Als ich in der Studie gelesen habe, dass Lehrer wirklich in Anbetracht der sozialen Herkunft von Schülern schlechtere Noten erteilen, habe ich gedacht, das gibt es doch gar nicht, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ich war ja selbst einmal Lehrerin, das geht ja gar nicht. Dann habe ich mir das ein bisschen tiefgründiger angeschaut, es ist so. Schauen Sie sich das bitte mal in Ruhe an. Man kann nicht einfach sagen, es ist nicht so, sondern man muss schauen, wie es wirklich ist und was

wir an den sächsischen Schulen tun können; denn es gibt sehr viele Möglichkeiten.

Sie haben gesagt, wir haben zwar fast keinen Förderunterricht mehr – wir haben aber dafür ein gutes Netz der GTA, aber auch individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern. Der Förderunterricht kann natürlich viel intensiver und gezielter durch pädagogisches Personal umgesetzt werden. In der GTA sind in der Regel keine pädagogisch ausgebildeten Personen. Ich kenne zumindest keine Schule mehr, wo das passiert – es sei denn, die Lehrer machen es kostenlos. Das heißt, der Förderunterricht hat dort schon eine wichtige und wesentliche Rolle.

Ich freue mich, dass Sie den niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützungssystemen für die Eltern auch so sehen. Es gibt ganz verschiedene Facetten – Sie haben sie alle aufgezählt; ich habe nicht so viel Zeit, es zu wiederholen. Wir müssen unbedingt noch etwas tun, um den Eltern dort die Hemmschwellen zu nehmen und ihnen ganz schnell, einfach und zügig die Möglichkeit zu geben, an diese Unterstützungssysteme zu kommen. Die Praxisberater und die Inklusionsassistenten sind zwar vorhanden – Sie haben die Zahlen benannt –, aber nicht flächendeckend. Sie sind auch nicht fester Bestandteil der Schule, denn sie wechseln ja immer wieder einmal, weil sie befristete Verträge und in der Regel Finanzierungen haben, die zum Teil nicht über den Freistaat laufen.

Bitte zum Ende kommen.

Aber sie müssen ein fester Bestandteil der Schule sein.

Ich sehe, wir haben Handlungsbedarf. Ich sehe auch und freue mich, dass das verschiedene Fraktionen so sehen – –

Frau Falken, Sie bitten um Zustimmung, oder?

– Ich bitte Sie daher, dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/6501 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, der zeige das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

Erste Beratung des Entwurfs

Gesetz über die kommunalen Migrationsbeauftragten im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/6371, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE