Protocol of the Session on September 29, 2016

Glücklicherweise gibt es heute eine andere, deutlich bessere Situation. Durch intensive Nachverhandlungen mit dem Bund bekommt der Osten – wie bekannt ist – 199 Millionen Euro, Sachsen davon mehr als 50 Millionen Euro, zuzüglich 1,8 % Dynamisierung. Damit konnte eine massive und folgenschwere Schlechterstellung für Sachsen im ÖPNV in letzter Minute verhindert werden. Für dieses beachtliche und sehr gute Verhandlungsergebnis aus sächsischer Sicht gebührt Ministerpräsident Tillich und dem Wirtschaftsminister Dulig ein großer Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Andreas Nowak, CDU – Gelächter bei der AfD)

Allerdings war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Regierungsentwurfs zum Doppelhaushalt 2017/2018 dieses Verhandlungsergebnis noch nicht absehbar. Die Staatsregierung hatte deshalb in verantwortlicher Weise entsprechende Sicherungsmechanismen eingebaut. Zugleich wurde den Zweckverbänden eine bessere Dynamisierung von 1,8 % jährlich bis zum Jahr 2031 zugesichert, und diese Sicherungsmechanismen waren dann nicht mehr in dem Maße erforderlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist aus meiner Sicht ein großer Erfolg, weil wir damit – wie Kollege Nowak schon sagte – Planungssicherheit bis zum Jahr 2031 für die Zweckverbände haben.

Zu dieser Planungssicherheit – das ist auch schon angesprochen worden – benötigen wir jedoch eine Rücklage,

die nun auch gebildet wird. Dieses Geld bleibt im System ÖPNV, es wird nur nicht sofort durchgereicht. Dabei entsteht quasi eine Zuweisungskurve, ein Buckel – das wissen Sie alle –, der bis zum Jahr 2031 gestreckt werden muss und der die Basis für die Rücklage bildet. Wir können also froh sein, dass wir den Aufgabenträgern bis zum Jahr 2031 insgesamt steigende Zuweisungen in Aussicht stellen können.

Das ist für mich nachhaltige Verkehrspolitik für Sachsen. Wir wollen den ÖPNV/SPNV fit machen für die Zukunft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall des Staatsministers Martin Dulig)

Kollege Baum vertrat die SPD-Fraktion. Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Frau Kollegin Grimm.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Im März dieses Jahres führten wir in diesem Hohen Hause auf Antrag der Linksfraktion die Debatte „Bahnland Sachsen auf dem Abstellgleis“. Frau Meier, auch Ihre Fraktion beteiligte sich damals an der Panikmache gemeinsam mit der Linksfraktion und den Zweckverbänden, dass Abbestellungen in großem Umfang stattfinden werden. Ohne die Entscheidung vom Bund abzuwarten, verunsicherten Sie die Bevölkerung in ganz Sachsen.

Heute nun, nachdem 199 Millionen Euro für die ostdeutschen Länder nachverhandelt wurden, stoßen Sie eine Debatte an. Sie möchten die Mittel im Nahverkehr im Gießkannenprinzip ausgeben und reden von einer großzügigen Bundesförderung.

Fakt ist: Die Fraktion GRÜNE hat die Ausgangslage nicht verstanden,

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ach!)

wenn Sie hier von einer großzügigen Bundesförderung sprechen. „Großzügig“ ist hier nicht das Wort der Wahl; denn Sie wissen: Es gab zwei unabhängige Gutachten, die belegen, dass in Deutschland für die Finanzierung des Nahverkehrs 8,5 Milliarden Euro und eine Dynamisierung von 2 % erforderlich sind. Jetzt haben wir 8,2 Milliarden Euro in Deutschland und eine Dynamisierung von 1,8 %.

Ich zitiere Herrn Tillich: „Mit dem jetzigen Ergebnis in Höhe von 3,2 Milliarden Euro ist eine Unterversorgung im Osten bis zum Jahre 2031 verhindert worden. Die Staatsregierung hat den Ansatz gewählt, mit diesen Mitteln eine Rücklage zu bilden, um den Verkehrsverbünden Planungssicherheit bis 2031 zu geben.“ Dieser Ansatz ist sinnvoll und zu begrüßen; denn wir sehen ja alle, was passiert, wenn Bahnausschreibungen nur für fünf oder zehn Jahre gemacht werden können. Dann fahren wieder alte Züge auf Sachsens Schienen. Die jetzigen Mittel mit einer Dynamisierung von 1,8 % reichen aus, um den Status quo 2016 bis 2031 zu garantieren.

Es kann also keine Rede von großzügiger Bundesförderung sein. Oder glauben Sie, Sie können jetzt mit mehr Geld eine Offensive für die Jahre 2017/2018 umsetzen? Frau Meier, Sie müssten aus der Strategiekommission wissen, dass wir an Handlungsempfehlungen arbeiten, die Ende 2017 erarbeitet sein werden und 2018 in den Landesverkehrsplan eingebracht werden sollen. Diese werden Veränderungen hervorbringen, vor allem für den ländlichen Raum und für die Ballungszentren.

Diese Debatte hätten Sie für den nächsten Doppelhaushalt 2019/2020 anstoßen sollen. Aber vielleicht denkt Frau Meier, dass dann die Fraktion GRÜNE nicht mehr im Sächsischen Landtag ist.

(Heiterkeit der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE – Andreas Nowak, CDU: 2018 gibt es die noch!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Frau Grimm sprach für die AfD-Fraktion, und wir sind damit am Ende der ersten Runde angelangt. Ich sehe schon, dass die Antragstellerin jetzt eine zweite Runde eröffnet, und die Rednerin ist wieder Frau Kollegin Meier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! So ein Haushalt ist ja Politik der nackten Zahlen. Dort kann man nichts deuteln, dort kann man nichts interpretieren, dort steht es schwarz auf weiß.

Wenn ich mir die Ergänzungsvorlage genau anschaue – und ich habe manchmal den Eindruck, das tun hier nicht alle; vielleicht ist es auch nicht jedermanns Sache –, dann sehe ich 50,2 Millionen Euro mehr, die nicht – oder nur zu einem minimalen Teil – bei den Zweckverbänden landen. 2017 erhalten die Zweckverbände 1,3 Millionen Euro mehr, in 2018 sind es 2,6 Millionen Euro mehr. Wenn ich dort einen Strich darunterziehe, dann sehe ich, dass Sie 72 % der Regionalisierungsmittel an die Zweckverbände weiterleiten. Das ist ein absoluter Negativrekord und das hat noch nicht einmal Sven Morlok zustande gebracht.

(Staatsminister Martin Dulig: Genau auf den Satz habe ich gewartet! – Andreas Nowak, CDU: Genau, ich auch! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Aber Sie, Herr Dulig – –

(Henning Homann, SPD: Das ist eine Milchmädchenrechnung, Frau Meier!)

Das ist keine Milchmädchenrechnung, Herr Homann, das sind die blanken Zahlen. – Ich komme jetzt zum Anfang meiner Rede zurück, als ich sagte, dass es um die Oberlausitz ging. Herr Baum und Herr Meyer haben damals auch Interviews gegeben; Herr Baum, ich darf Sie vom Anfang des Jahres zitieren: „Bisher hat Sachsen lediglich rund 80 % der Bundesmittel für die Bestellung

von Verkehrsleistungen ausgegeben; in anderen Bundesländern sind es 100 %. Wenn wir zum Beispiel beginnen würden, den Schülerverkehr selbst zu stemmen, könnten wir fast das gesamte Defizit durch den Kieler Schlüssel abfangen. 55 Millionen Euro fließen pro Jahr dorthin. Auf lange Sicht müssen wir zudem die bestellten Streckenkilometer wieder aufstocken. Auf keinen Fall dürfen wir weiter kürzen, weil uns dies in Zukunft wieder auf die Füße fallen wird.“

(Andreas Nowak, CDU: Es gibt doch aber kein Defizit nach dem Kieler Schlüssel!)

Das Problem ist, Sie machen genau das Gegenteil von dem, was Sie Anfang des Jahres gesagt haben. Herr Baum, Sie hatten ja recht mit Ihrem Interview, und das ist genau das, was ich immer erzähle: Das Land ist in der Pflicht bei dem Schülerverkehr. Unter Minister Jurk wurden lediglich 15 Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln für den Schülerverkehr verwendet. Jetzt geben Sie aus Landesmitteln null – null Euro Landesmittel –, noch nicht einmal diese 4 Millionen Euro, die obligatorisch in den letzten Jahren drin waren. Sie machen sich hier einen schlanken Fuß auf Kosten der Zweckverbände,

(Andreas Nowak, CDU: Das ist doch Quatsch! – Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)

und das ist das Gegenteil von dem, was Sie, Herr Baum erzählt haben.

Im letzten Doppelhaushalt haben Sie gesagt, Sie stellen 80 % zur Verfügung – andere wollen 100 % –, und jetzt sind wir bei 72 %, die weitergeleitet werden, und 10 % gehen in die Rücklage.

Ich habe die Rücklage immer für eine gute Sache gehalten – die Frage ist die Ausgestaltung. Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, ist kein gutes Zeichen für die Lausitz.

Was erwarten wir also von Ihnen? Schauen Sie sich noch einmal genau und kritisch die Ergänzungsvorlage an. An die Kollegen von SPD und CDU, die Interviews in den Regionen geben: Nehmen Sie sich wirklich ernst und setzen Sie sich mit der Ergänzungsvorlage auseinander, und dann handeln Sie. Handeln Sie! Wenn Sie sich nicht durchringen können zu handeln, dann werden wir hier die entsprechenden Änderungsanträge im Haushalt einbringen.

Also noch einmal: Geben Sie sich einen Ruck! Ermöglichen Sie, dass die Menschen jenseits der Ballungsräume endlich die Mobilität in einer Qualität erhalten, die ihnen lange vorenthalten wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Meier hat eine neue Runde eröffnet. Jetzt kommt die CDU zum Zuge. Das Wort hat erneut Herr Kollege Nowak.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grimm, den nächsten Doppelhaus

halt 2019/2020 verhandeln wir schon 2018, und dann werden die GRÜNEN auf jeden Fall noch im Parlament sitzen. Das als erste Bemerkung vornweg.

Herr Böhme, eine kleine technische Aufklärung: Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass auf der Regionalexpresslinie 50 die sogenannte Hamsterbacke fährt. Das ist ein Triebwagen, an den man nicht einfach so einen Wagen hinten dranhängen kann, weil der Triebwagen kurzgekuppelt ist.

Zum Thema Sonderzüge zu Fußballereignissen: Dafür ist die Deutsche Reichsbahn zuständig und nicht der Zweckverband. Das machen die Vereine nämlich mit der Bahn aus.

(André Schollbach, DIE LINKE: Wo leben Sie denn? – Weitere Zurufe – Unruhe)

Nun zum Thema zurück. Wir haben schon festgestellt, es gibt Planungssicherheit bis 2031. Was an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch fehlt, ist die Vernetzung zu Bus- und Stadtverkehren. Es gibt außerdem äußerst unterschiedliche Bedingungen für die fünf Zweckverbände. Ich finde, hier ist Harmonisierung dringend geboten.

Um einige Beispiele zu nennen: Von Zwickau bis Leipzig gibt es drei unterschiedliche Mitnahmeregeln beim Fahrrad: Mal ist es im Ticket enthalten, mal gibt es ein Zusatzticket und zwischendrin ist ein wenig Niemandsland. Zwischen Plauen und Görlitz gibt es völlig unterschiedliche Ticketvarianten. Man kann natürlich mit dem Bahntarif fahren, aber das ist nicht Denken in Reiseketten, sondern in Verkehrsträgern, und das macht heute kein Mensch mehr. Ich will, dass man mit demselben Ticket von Haustür zu Haustür kommt, und dort müssen wir hin.

(Beifall bei der CDU)

Zum Thema Information und IT: Jeder Verbund hat ein eigenes System; ich finde das nicht sinnvoll. Bei Fahrzeugbestellungen haben große Räume natürlich mehr Verhandlungsspielraum als kleine. Zu den Personenkilometerpreisen nur zwei Zahlen: In Metropolen kosten sie ungefähr 22 Cent und in Ostsachsen sind wir bei 88 Cent – um die Range zu zeigen, in der wir uns bewegen und mit der wir bei der Finanzierung Probleme haben.

Die Metropolen und der ländliche Raum: In Dresden und Leipzig wächst die Stadt, dort brauchen wir mehr Verkehre. In den Landkreisen haben wir bisweilen Schwierigkeiten, die üblichen Verkehre aufrechtzuerhalten. Das sind die Fragen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Es reicht nicht aus, einfach Geld hineinzuschütten, sondern wir müssen strukturell an das Thema heran.

Wir haben in der nächsten Zeit fünf große Bereiche, mit denen wir uns beschäftigen müssen: Erstens die Art und der Umfang der Verkehre in Stadt und Land. Was soll wann, wo und wie fahren und wie wird das bezahlt? Wir brauchen einen integralen Taktfahrplan, einen integrierten Tarif. Es gibt Leute, die sagen, das haben wir heute schon – ich gehöre nicht dazu, sondern an dieses Thema müssen wir auch heran. Damit beschäftigt sich auch eine Arbeitsgruppe in der ÖPNV-Strategiekommission.

Zweitens, natürlich müssen wir uns über die künftige Finanzierung von Schienenpersonennahverkehr und der Busverkehre verständigen. Dort müssen wir die