Protocol of the Session on September 29, 2016

obwohl wir in diesem Prozess sehr weit vorangeschritten sind.

Ich möchte Ihnen ebenfalls sagen, dass Ihre Besorgnisse hinsichtlich der Rechte des Haushaltsgesetzgebers aus der Sicht meiner Fraktion nicht geteilt werden können. Die Staatsregierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt. Sie hat an dieser Stelle nicht nur die Höhe der Kosten sondern auch die Zweckbestimmung entsprechend definiert. Es obliegt diesem Hohen Haus, über die Mittelbereitstellung zu entscheiden oder zu einer anderen Entscheidung zu kommen. Insoweit wird, unabhängig von der Frage, wie sich dieses Hohe Haus entscheidet, meine Fraktion diesen Prozess weiter begleiten. Dies gilt auch für die entsprechende finanzielle Ressourcenbereitstellung, um dieses Projekt zu einem Erfolg zu führen. Das Haushaltsrecht des Parlaments ist nicht betroffen.

Herr Lippmann, Sie können natürlich weiter so Politik machen: groß auf den Putz hauen. Das klingt ein bisschen nach „Viel Lärm um nichts“ – liebe Grüße von William Shakespeare.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE ist nun an der Reihe. Herr Abg. Stange, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hartmann, es ist schön, wenn Sie aufgrund der Ihnen vorliegenden Informationen wissen, dass sich die Arbeiten an dem Staatsvertrag usw. dem Ende zuneigen. Unser Problem ist folgendes: Wir sind ebenfalls Teil dieses Hohen Hauses, und genau diese Informationen werden uns kontinuierlich vorenthalten. Das ist der Unterschied in einem aufgeklärt absolutistischen Freistaat Sachsen, indem man sagt, dass das Parlament nicht vollständig bedient werden muss.

(Heiterkeit bei der AfD)

Die einen bedienen wir mit Informationen. Die anderen lassen wir im Grunde am langen Arm hängen, verhungern sagt man eigentlich. Das ist sehr schade. Das beschreibt auch das Problem, welches Kollege Lippmann ausgemacht hat.

Gegen das Projekt, meine Damen und Herren, bestehen seitens der LINKEN erhebliche Bedenken. Dies gilt sowohl bei dem Projekt an sich als auch mit Blick auf das Gebaren der Staatsregierung hinsichtlich der Informationen für die Öffentlichkeit und des Hohen Hauses über dieses Projekt. Die Aufgabe des Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums zur Telekommunikationsüberwachung lautet nach § 4 des Entwurfs des betreffenden Staatsvertrages folgendermaßen: „Diese liegt“ – ich zitiere – „in der Unterstützung der Polizeien der Trägerländer für polizeiliche Telekommunikationsüber

wachung durch technische Hilfstätigkeiten mittels des Einsatzes von fortschrittlicher IuK-Technologie. Die Verantwortlichkeit und Durchführung der originär hoheitlichen Tätigkeiten verbleiben bei den Polizeien der Länder. Vollzugspolizeiliche Aufgaben nimmt die Anstalt nicht wahr.“ Wenn also keine volkspolizeilichen Aufgaben – Entschuldigung! –,

(Heiterkeit)

wenn also keine vollzugspolizeilichen Aufgaben wahrgenommen werden, warum machen Sie dann eigentlich so ein Geheimnis aus dem ganzen Laden? Das verstehen wir nicht.

In einer Präsentation des Staatsministeriums – Sie beide haben bereits auf diese Veranstaltung hingewiesen – im April 2015 ist auf einer Folie Seite 16 „Aktueller Stand“ zu lesen – ich zitiere –: „Thematisierung in verschiedenen Pressemedien und im parlamentarischen Raum“.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Schön!)

Oh, das muss aus der Abteilung Humor des SMI entsprungen sein.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Die haben keinen Humor!)

Doch, doch!

Denn die Thematisierung in den Pressemedien und im parlamentarischen Raum erfolgt nicht durch das SMI, sondern durch investigative Recherchen, geleakte Dokumente sowie durch die Antrags- und Anfragetätigkeit der Opposition und die renitente Verweigerung in der Stellungnahme zum Antrag sowie auf Kleine Anfragen, um das einmal ganz deutlich festzuhalten.

Ebenso fraglich ist, weshalb ein Gutachten über die Kosten beziehungsweise Einsparungen durch diese länderübergreifende Einrichtung – das war ja wohl ein wichtiger Grund bei der ganzen Geschichte – nicht veröffentlicht wird. Sollen hier Fakten geschaffen werden, ehe man Informationen bekannt gibt, Herr Staatsminister? Das ist die Frage.

Die Einsichtnahme in ein Rechtsgutachten zu diesem Projekt wurde abgelehnt. Ich darf wie Kollege Lippmann von der Homepage netzpolitik.org – für die Kollegen der AfD: auf deutsch – zitieren: „Für den Aufbau des GKDZ holte Sachsen als federführendes Bundesland externe Gutachten ein. Auch diese sollen geheim bleiben. Das betrifft sogar eine Expertise des Rechtswissenschaftlers und netzpolitischen Beraters der CSU Dirk Heckmann. Über die Plattform ‚Fragt den Staat‘ hatte ein Petent das Heckmann-Gutachten nach dem Informationsfreiheitsgesetz beim Berliner Senat angefordert. Mit wackliger Begründung wurde der IFG-Antrag abgelehnt.

Unter anderem handele es sich demnach nicht um ein Gutachten für alle Bundesländer, sondern es gehöre Sachsen. Dort existiert kein Informationsfreiheitsgesetz. Nun wurde auch der Widerspruch gegen die Heimlichtuerei abgelehnt. Verfasst ist die Mitteilung vom Berliner

Datenschutzbeauftragten Alexander Dix. Dix begründet die Zurückweisung damit, dass es sich formal nicht um ein Gutachten handelt, sondern dass das Dokument zu einer Mitteilung der beauftragenden Behörde geworden sei. Die Herausgabe solcher Mitteilungen sei aber nicht vom Berliner Informationsfreiheitsgesetz abgedeckt. Überdies sei das Gutachten gemeinschaftlich beauftragt worden. Also sei es nunmehr eine gemeinschaftliche Mitteilung auch der anderen Bundesländer. Dort gilt das Berliner IFG ebenfalls nicht.“

Weiter an anderer Stelle: „IFG-Anfragen müssen innerhalb von vier Wochen beantwortet werden. Erst nach weiteren zwei Monaten sah sich das Land Berlin jedoch in der Lage, dem Petenten mit einer Ablehnung zu antworten. Es bestehe demnach kein Recht auf Akteneinsicht, da Sachsen im Gegensatz zu Berlin noch kein Informationsfreiheitsgesetz erlassen hat. Zwar ist die Umsetzung im sächsischen Koalitionsvertrag von CDU und SPD angekündigt, passiert ist aber noch nichts. Auf diese Weise behält Sachsen das Recht, gegen die Veröffentlichung des gemeinsam beauftragten Gutachtens ein Veto einzulegen.“

Informationen zu diesem Punkt werden offenbar dauerhaft unter Verweis auf den laufenden Willensbildungs- und Entscheidungsprozess verweigert. Ich darf hierzu an die Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag erinnern. Ich will das jetzt nicht zitieren.

Es stellt sich also die Frage, warum der Landtag nun zum zweiten Mal Gelder im Haushalt für ein Projekt bewilligen soll, über das er nicht informiert wird. Nach unserer Auffassung soll die Staatsregierung erst einmal mit den anderen Landesregierungen den Willensbildungs- und Entscheidungsprozess abschließen und den Landtag informieren, bevor die Gelder überhaupt beantragt werden.

Angemerkt sei, dass es offenbar eine eigene Stellungnahme des Sächsischen Datenschutzbeauftragten – Kollege Hartmann hat darauf hingewiesen – gibt. Man ist sich noch nicht sicher, ob sie herausgegeben werden darf. Bei mir stellt sich die Frage, warum Sie das alles so unter dem Deckel halten.

Weitere Kritikpunkte zum Projekt an sich treiben uns um, das wissen Sie. Die Zugriffsbefugnisse sowie die Aufgabenstellung an sich sind offenbar nicht ausreichend geregelt. So heißt es in der Stellungnahme des Berliner Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit – ich zitiere –: „Daher sollte nicht nur deutlich herausgestellt werden, dass die jeweiligen Polizeibehörden der Trägerländer nur auf ihre eigenen Datensätze zugreifen dürfen, sondern dass auch der direkte Zugriff weiterer Dritter auf die Daten, die im GKDZ verarbeitet werden, unzulässig ist.“ Weiter heißt es: „Unklar bleibt bislang auch der Aufgabenumfang des GKDZ.“ Nach § 4 GKDZ-Staatsvertragsentwurf soll die Anstalt zentraler Dienstleister auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung sein. Nach allgemeinem Verständnis bezieht sich die Aufgabe somit auf Maßnahmen

nach § 100a Strafprozessordnung sowie nach § 25 ASOG, nicht jedoch zum Beispiel auf solche nach den §§ 100g und j Strafprozessordnung.

In der Informationsveranstaltung zum GKDZ am 14. April 2015 in Dresden teilte hingegen der Landespolizeipräsident, Herr Georgie, mit, dass die Anstalt auch in den Bereichen der Bestands- und Verkehrsdatenabfrage tätig werden soll und wiederum nicht bei der Durchführung von Funkzellenabfragen oder einer Quellentelekommunikationsüberwachung.

Nicht zuletzt der Bestimmtheitsgrundsatz macht es unabdingbar, dass im Staatsvertrag die konkreten Aufgabenfelder des GKDZ benannt werden.

Aus einer Kleinen Anfrage der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus aus diesem Jahr ging hervor, dass stille SMS hingegen sehr wohl in den Aufgabenbereich des GKDZ fallen sollen. Die konkrete technische Umsetzung würde aber erst in der Feinplanung festgelegt.

Zwar sollen wir als Landtag Geld zur Verfügung stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, um das Projekt umsetzen zu können, aber die Kosten- und Gesamtwirtschaftlichkeitsbetrachtungen – in diesem Fall durchaus auch eine wichtige Geschichte – bekommen wir eben nicht zu Gesicht. Aus dem Vertragsentwurf erfährt man zur Anschubfinanzierung, dass 5,7 Millionen Euro im ersten Jahr und 9,9 Millionen Euro im zweiten Jahr durch die Länder zu teilen wären. Offenbar sollte Sachsen mit 1,5 Millionen Euro im ersten und 2,6 Millionen Euro im zweiten Jahr den größten Anteil tragen. Berlin sollte in den ersten beiden Jahren 4,1 Millionen Euro investieren.

Das GKDZ ist ein sächsisches Projekt. Haupt- und Nebensitz sollen nach unserer Kenntnis Leipzig und Dresden sein. Berlin verweigert die Auskunft dazu mit dem Hinweis, dass es sich beim Staatsvertragsentwurf um einen Entwurf aus Sachsen handelt.

So heißt es im § 1 Abs. 4 des Staatsvertragsentwurfs – ich darf zitieren –: „Für die Einrichtung und den Betrieb findet das sächsische Landesrecht Anwendung, soweit sich nicht“, ich muss schneller werden, „aus den nachfolgenden Bestimmungen etwas anderes ergibt.“ Dass vor diesem Hintergrund Sachsen noch kein Informationsfreiheitsgesetz hat, ist besonders bedenklich.

Meine Damen und Herren! Abgesehen von unseren grundsätzlichen Bedenken zur Telekommunikationsüberwachung im Lichte der wieder für den Haushalt beantragten Mittel steht für uns eines fest: Das Innenministerium sollte erst einmal alle benannten Probleme lösen, ehe wieder Geld beantragt wird. Für das Projekt fehlt die Rechtsgrundlage. Deshalb sollte die Arbeit daran folgerichtig eingestellt werden.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Und nun die SPDFraktion, Herr Abg. Baumann-Hasske. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, das ist nicht so leicht. So ein Antrag wird in der Annahme gestellt, dass man stets den Missbrauch von personenbezogenen Daten durch öffentliche Stellen fürchten muss.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Das ist das Recht des Bürgers!)

Schon das Stichwort Telekommunikationsüberwachung führt zu erheblicher Aufmerksamkeit und Abwehrreflexen bei vielen Juristen, die Datenschutz und Freiheitsrechte bedroht sehen. Ich will offen sagen: Davon bin ich auch nicht frei.

(Beifall des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Ich muss sagen, ich halte diesen Vorgang für ausgesprochen schwierig.

Herr Staatsminister, wir haben Informationen über dieses Vorhaben bekommen, die mich nicht so richtig zufriedengestellt haben, wie Sie sich vorstellen können. Ich bin, Herr Kollege Hartmann, mit etwas Überraschung Ihren Ausführungen gefolgt, weil ich sagen muss, dass Sie uns eben viel mehr berichtet haben, als uns in der Antwort der Staatsregierung vorher in Schriftform zugearbeitet worden war.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Sie haben Informationen von oben! – Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Wir haben uns damit beschäftigt!)

Das ist für uns etwas problematisch.

Ich gehe davon aus, dass wir im Anschluss von der Staatsregierung weitere Informationen bekommen. Ich glaube, dass das Misstrauen insgesamt auch gar nicht mal so gerechtfertigt ist. Ich gebe aber zu, dass mich die Informationspolitik auch nicht gerade beglückt hat.

Meine Damen und Herren, die Einrichtung, für sich genommen, scheint mir keinen großen Anlass zu erheblichen Bedenken zu geben – erst einmal, wenn ich mir ansehe, dass es eine Einrichtung geben soll, die von fünf Bundesländern getragen und in der Telekommunikationsüberwachung zusammengeführt werden soll. Das kann für sich durchaus sinnvoll sein, es kann kostensparend sein, es soll wohl zu organisatorischen, personellen und technologischen Synergien führen. Das ist nachvollziehbar; es sollte natürlich auch nachvollziehbar sein.

Dass – wie hier vielfach vorgetragen wurde – angeblich zu befürchten sei, dass Gesetze nicht beachtet würden, dass das Bundesdatenschutzgesetz nicht beachtet würde, dass Landesdatenschutzgesetze nicht beachtet würden, dafür gibt es meines Erachtens keinerlei Anzeichen. Ich wüsste nicht, wer sich darüber aufregen würde, wenn wir in diesen fünf Bundesländern getrennte derartige Einrichtungen vorsehen würden. Niemand würde dann die Unterstellung wagen, dass sich diese Einrichtungen nicht an Gesetze halten. Im Zweifel müsste man das im Einzelfall überprüfen; das ist völlig klar. Wenn es Vorkommnis

se gibt, dann wäre das natürlich auch der gerichtlichen Überprüfung zugänglich, aber im Grundsatz würde – glaube ich – bei der anstehenden Gesetzeslage niemand zunächst einmal unterstellen, dass diese Einrichtungen gesetzeswidrig wären oder darauf angelegt wären, gesetzwidrig zu handeln. Das ist aber vorhin hier ganz breit unterstellt worden, und das halte ich auch für problematisch.