Wir wollen keine Schnellverfahren, sondern eine ordentliche Prüfung der Asylansprüche in ausreichend hoher Qualität und mit genügend rechtlichem und tatsächlichem Gehör für die Flüchtlinge. Das ist für uns ein Wert der modernen europäischen Gesellschaft und der deutschen Verfassung, und diese halten wir hoch.
Wenn Sie sich ein wenig mit diesen Dingen beschäftigt und nicht einfach nur das wiedergegeben hätten, mit dem Herr Kupfer einmal zitiert wurde, dann hätten Sie gesehen, dass die Gesamtverfahrensdauer der Flüchtlingsverfahren beim Bundesamt seit 2011 trotz der gestiegenen Verfahrenszahlen stabil ist, nämlich im Schnitt 12,2 Monate – faktisch zu 60 % unter einem Jahr. Die 300 zusätzlich eingerichteten Stellen, denen dann Personal folgen muss, sind dazu geeignet, die Verfahrensdauer stabil zu halten und vielleicht auch zu verkürzen. Aber ich sagte schon: Uns geht es um die Qualität der Verfahren. Uns geht es darum, die vorgebrachten Asylgründe ernsthaft zu prüfen, und dabei verbietet die Verfassung ein Schnellverfahren. Es muss eine Einzelfallprüfung stattfinden.
Kommen wir zu den Verwaltungsgerichten, mit denen Sie sich beschäftigt haben. Aktuelle Zahlen zeigt die heutige Beantwortung einer Anfrage des Kollegen Schollbach von den LINKEN. Die Verfahrensdauer der Asylverfahren ist mit die niedrigste an den Verwaltungsgerichten überhaupt im Hauptsacheverfahren, nämlich 11,2 Monate.
Ja, ich sage gleich etwas zu anderen Verfahren. Schneller gehen nur Verfahren zum Numerus clausus. Die allgemeinen Verfahren an den Verwaltungsgerichten sind leider wieder gestiegen: von 16,4 Monaten im Jahr 2011 auf jetzt 18,1 Monate.
Damit muss man sich sicher beschäftigen; denn das ist ein altes Problem der sächsischen Justiz, das wir schon aus Zeiten kennen, als es noch nicht so viele Asylverfahren gab.
Welche Verfahren sind es, die besonders lange dauern? Zum Beispiel dauern Rehabilitierungsverfahren nach
DDR-Unrecht in der Regel zwei Jahre. Aber das interessiert Sie ja alles nicht. Sie wollen allein die Flüchtlinge für die zu langen Verfahrensdauern an den Verwaltungsgerichten verantwortlich machen; denn Sie thematisieren nur das.
Hätten Sie sich mit diesem Thema beschäftigt, dann würden Sie sich auch einmal mit dem Sozialgericht beschäftigen, wo Arbeitslose in sehr langen Verfahrensdauern um ihre Rechte klagen müssen. Aber das interessiert Sie alles nicht. Sie interessieren sich – –
(Uwe Wurlitzer, AfD: Aber jetzt vergleichen Sie Äpfel mit Birnen! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Warum haben Sie das Thema ausgesucht? – Dr. Stefan Dreher, AfD: Weil es den Bürger bedrückt!)
Ich vergleiche überhaupt nichts. Ich sage nur, dass uns die Gerichte wichtig sind; denn sie betreffen das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat, und gerade die Sozialgerichte, die seit Jahr und Tag unter zu geringen personellen und räumlichen Kapazitäten leiden, sind uns GRÜNEN sehr wichtig, weil sie die Rechte von Bedürftigen betreffen.
Hätten Sie sich also mit den Sozialgerichten beschäftigt, dann würden Sie sehen: Wir brauchen mehr Richterinnen und Richter für viele Gerichte. Wir müssen uns ernsthaft mit der Situation gerade der Verwaltungs- und Sozialgerichte beschäftigen und nicht – wie von Ihnen vorgeschoben – allein mit Asylverfahren. Das brauchen wir, und das wird unsere Fraktion auch weiter tun. Wir haben sicherlich keine Anträge wie diese, die denen der NPD sehr ähneln und die wir hier nicht vermissen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Die AfD? – Nein. Die CDU? – Herr Abg. Modschiedler. Das war bereits angekündigt. Bitte, Sie haben das Wort.
Herren Kollegen! Verkürzung der Bearbeitungsdauer im Asylverfahren – das ist scheinbar das Thema, das die AfD am meisten bewegt. Hintergründe, politische Schicksale oder sinnvolle Verbesserungsvorschläge kommen nicht. Stattdessen heißt es zusammengefasst in zwei Punkten lapidar: Mehr Personal!
Das ist für eine Partei, die selbst ernannte Verbündete der Pegida ist, inhaltlich nicht wirklich viel. Schaut man in die Begründung des Antrags, findet man als Grund für den Anstieg der Asylbewerber- und Flüchtlingszahlen die besondere Attraktivität der Geldleistungen des deutschen Sozialrechts. Es wird also klar – darin sind wir uns einig, Frau Jähnigen: Der Antrag ist schlichtweg populistisch. Er fördert die bestehenden Ressentiments.
Danke. – Ich möchte das an einem konkreten Beispiel erläutern. In einem Gespräch am vergangenen Wochenende ging es – wie könnte es derzeit anders in Dresden sein? – um die Pegida-Demonstrationen. Auf die Frage an meinen Gesprächspartner, wieso er denn zu dieser Demo gehe, kam die Antwort: Es kann doch nicht sein, dass Hartz-IV-Empfänger mit 390 Euro monatlich auskommen müssten, während Asylbewerber ein Vielfaches bekämen. Den Irrtum konnte ich relativ schnell aufklären. Aber daran sieht man, wohin Populismus führt. Da werden Vorurteile bestärkt, und ohne nachzufragen werden noch so absurde Unwahrheiten weiterverbreitet, die nicht ansatzweise der Realität entsprechen.
(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Dr. Frauke Petry, AfD: Sprechen Sie mal zum Thema, Herr Modschiedler!)
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich plädiere dafür, die Sorgen der Menschen, die in großer Zahl von der Pegida zu den Demonstrationen gelockt werden, ernst zu nehmen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um Ängste und Vorurteile abzubauen und auch Missverständnisse auszuräumen; denn eines ist klar: Es sind keine 15 000 Neonazis oder Rechte, die in Dresden auf die Straße gehen. Wer das behauptet, macht es sich viel zu einfach. Zu einfach wäre es auch, diesen Bürgerinnen und Bürgern das Demonstrieren zu verbieten, wie dies sicherlich einige der Gegendemonstranten und wahrscheinlich auch einige Teile dieses Hohen Hauses gern täten. Das Recht auf Versammlung und Demonstration – das haben wir immer wieder gesagt – kennt keine Unterscheidung zwischen gut und schlecht, es kennt nur die Unterscheidung zwischen rechtmäßig und rechtswidrig.
Wir haben zum Glück Meinungsfreiheit, und diese gilt für jeden. Jeder darf sagen, was er denkt, solange er andere damit nicht diskreditiert, und das soll auch so bleiben.
Das war das Thema des heutigen Tages, und das wird auch morgen – wie man es der Tagesordnung entnehmen kann – noch einmal Thema in diesem Haus sein.
Deshalb möchte ich jetzt konkret auf den vorliegenden Antrag und als rechtspolitischer Sprecher auf Punkt 2 des Antrags zu sprechen kommen. Dort wird pauschal die Schaffung von zwölf Richterplanstellen bei den Verwaltungsgerichten im Freistaat Sachsen gefordert. Dies ist aus Sicht der CDU-Fraktion der völlig falsche Ansatz. Auch wir wollen zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte schaffen. Dazu haben wir uns sowohl in unserem Wahlprogramm als auch sehr aktiv im Koalitionsvertrag bekannt. Der konkrete Einsatz von Richtern ist jedoch zunächst Aufgabe der Justizverwaltung bzw. der Gerichte und nicht der AfD-Fraktion.
Dies wäre ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Gerichte, Herr Dr. Dreher. Das ist mit uns nicht zu machen.
Ja, das haben Sie gesagt. Sie haben gesagt, Sie brauchen für die Asylverfahren Verwaltungsrichter. Das ist aber nicht Ihre Aufgabe. Das machen allein die Justizverwaltung und die Gerichte. Das wollen wir denen auch überlassen und nicht Ihnen.
Klar ist auch, dass die Zahl der gerichtlichen Asylverfahren deutlich gestiegen ist – das ist leider der Fall – und mit Blick auf die beim BAMF offenen Verfahren sicherlich noch weiter ansteigen wird.
Man sollte jedoch nicht denken, man sei besser gerüstet, wenn man pauschal zwölf Stellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit schafft, um Asylverfahren schneller zu erledigen. Es stellt sich überhaupt die Frage, wie die einreichende Fraktion in Ziffer 2 des Antrags gerade auf zwölf Stellen kommt. Eine Begründung habe ich trotz mehrmaligen Lesens des Antrags nicht finden können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um die Qualität aller gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren zu erhalten oder zu steigern und die Dauer der Verfahren in allen Bereichen der Justiz angemessen zu halten, ist die aktionistische Schaffung von Planstellen bei den Verwaltungsgerichtsbarkeiten der falsche Weg. Denn allein die Umschichtung von Personal innerhalb der Justiz hin zu den Verwaltungsgerichten könnte anderswo Lücken reißen, die gegebenenfalls schwerer wiegen.
Ich spreche mich dafür aus – vor der Aufstellung von Forderungen –, das gesamte personelle Gebilde der Justiz zu überprüfen. Neben den beachtlichen Verfahrenszahlen und Beständen bei den Staatsanwaltschaften, den Sozialgerichten, den Verwaltungsgerichten und auch bei den
Strafkammern ist die Altersstruktur zu beachten. In den nächsten Jahren wird sich verstärkt der Generationswechsel in der sächsischen Justiz durchsetzen. Allein ab dem Jahre 2025 geht innerhalb weniger Jahre circa ein Drittel der Richter und Staatsanwälte in Pension. Daran denkt der Antragsteller überhaupt nicht.
Die Koalition wird sich diesem Thema in den kommenden Jahren intensiv widmen. Wir wollen gemeinsam mit unserem Justizminister – dabei unterstützen wir Sie, Herr Justizminister Gemkow intensiv – in ganzheitlicher Betrachtung eine Lösung finden. Das wird einer unserer Schwerpunkte in den kommenden Jahren in der Rechtspolitik sein. Den Schnellschussantrag der AfD-Fraktion, Herr Dr. Dreher, brauchen wir nicht.
Ich frage nun die Fraktion DIE LINKE, ob das Wort noch gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall. Die SPD-Fraktion hat noch Redebedarf angemeldet. Herr Abg. Pallas, bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Barth, dass die SPDFraktion diesen Antrag ablehnen wird, klang bereits an. Ich möchte, ansetzend bei den Redebeiträgen meiner Vorredner, auch für meine Fraktion kurz begründen, weshalb wir das für richtig halten.
Dieser Antrag ist nicht nur unnötig, sondern in Teilen für den Freistaat Sachsen wirklich schädlich. Zur Problembeschreibung der langen Asylverfahren wurde heute schon einiges gesagt. Ich selbst habe heute Vormittag deutlich gemacht, dass die SPD für eine Beschleunigung der Asylverfahren ist, vor allem, um den betroffenen Menschen schnell Klarheit zu verschaffen. Zuständig für das Verfahren – das klang heute auch schon bei Herrn Abg. Hartmann an – in den Erstaufnahmeeinrichtungen ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das BAMF. Die Verantwortung für die Stellenausstattung hat somit der Bund. So weit, so gut.