Protocol of the Session on August 31, 2016

Ich halte neben der Frage der Personalausstattung drei Forderungen für zentral. Ich will sie noch einmal wiederholen, weil sie aus meiner Sicht wichtig sind.

Das Erste ist die Harmonisierung der Polizeigesetze zwischen den Ländern und dem Bundesrecht für einheitliche Eingriffsbefugnisse und Datentransfer.

Das Zweite ist die Frage des Trainings und der Fortbildungsoffensive der Polizeien der Länder und des Bundes, um sich gemeinschaftlich auf verschiedene Bedrohungsszenarien vorzubereiten. Wir brauchen im Bereich der Fort- und Ausbildung eine entsprechende Fokussierung auf die veränderten Herausforderungen durch das Training mit Instrumenten und Einsatzmitteln im Zusammenspiel der Kräfte. Der Amoklauf in München hat deutlich gezeigt, wie die Koordinierung und das Zusammenspiel funktionieren müssen.

Das Dritte sind Cybercrime-Einheiten bei Zoll und Polizei, weil sich insbesondere die Beschaffung im Schwarzbereich des Internets abspielt. Da müssen wir uns aufstellen. Hier werden wir unserer Aufgabe gerecht, indem wir beispielsweise in diesem Haushalt über 100 Millionen Euro in den IT-Bereich der sächsischen Polizei investieren.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Kurzum, wir sind am Anfang einer Diskussion, die ich gern intensiv mit Ihnen in der Zukunft weiterführe.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir sind in der dritten Runde. Möchte die einbringende SPD-Fraktion, vertreten durch Kollegen Pallas, noch einmal sprechen? – Dann sind Sie jetzt an der Reihe, Herr Kollege Stange, für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Hartmann, ja, ich bin in vielen Teilen bei Ihnen. Die Frage ist nur: Wenn Sie alles schon beschlossen haben, weshalb wollen Sie denn heute darüber debattieren

(Beifall des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

und kündigen über dpa an, dass Sie darstellen wollen, weshalb mehr junge Polizeianwärter eingestellt werden sollen und wie Sie damit auf die Sicherheitslage reagieren? Was soll denn das? Sie haben es doch schon beschlossen.

Meine Damen und Herren! Deshalb ist es eine Schaufensterdebatte. Wir verschieben die Diskussion über die Ursachen und die Früherkennung wieder auf den SanktNimmerleins-Tag. Das ist der Fehler. Wir diskutieren über das, worüber wir uns in vielen Teilen einig sind. In vielen Teilen, aber nicht in allen, das möchte ich klarstellen.

Das wäre mir wichtig. Wichtig wäre mir noch etwas anderes, Kollege Hartmann. Sie haben vorhin davon gesprochen, dass Sie keinen pauschalen Einsatz der Bundeswehr im Inneren wollen. Was ist denn das? Entweder wollen Sie keinen Einsatz der Bundeswehr, außer bei Katastrophen, oder Sie wollen keinen pauschalen Einsatz. Da machen Sie die Hintertür dafür auf, dass man eventuell noch einmal darüber nachdenken müsste. Was wollen Sie? Stellen Sie es klar! Das wäre für mich wichtig, um festzustellen, wofür wir eine sinnvolle Polizeiarbeit in diesem Land brauchen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Herr Stange für die Fraktion DIE LINKE. Wir könnten jetzt in der dritten Runde fortfahren. Gibt es noch Redebedarf bei der AfD? – GRÜNE? – Ich habe Sie so verstanden, dass wir keine vierte Runde eröffnen wollen. Damit hätte jetzt die Staatsregierung das Wort. Bitte, Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Während soeben der letzte Redner, Herr Stange, äußerte, dass diese Debatte überflüssig sei, habe ich den Schluss aus dieser Debatte gezogen, dass sie mehr als notwendig ist. Wir diskutieren nämlich darüber, wie wir für die Menschen in unserem Lande – wie es Christian Hartmann gesagt hat – Freiheit und Sicherheit gewährleisten. Dass das natürlich gegeneinander abgewogen werden muss, ist klar. Ich werde dazu gleich einiges sagen. Für mich ist das Bild „Freiheit in Sicherheit“ besser, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Eines ist klar: Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass sich der Staat gerade nach solchen furchtbaren Anschlägen, wie wir sie im Sommer hatten, schützend vor sie stellt, entschlossen handelt, Recht, Ordnung und Sicherheit gewährleistet. Natürlich, Herr Pallas, gehört dazu, dass wir die Werte des Grundgesetzes verteidigen.

Ich sehe keine Operation am offenen Herzen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber was ich hier wahrgenommen habe, sind teilweise sehr, sehr unterschiedliche Positionen,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Überraschend!)

wie Freiheit in Sicherheit gewährleistet werden soll.

Ich halte es für mehr als gerechtfertigt, danach zu fragen, ob die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen noch geeignet und ausreichend sind. Müssen wir nachjustieren? Ich halte es durchaus für gerechtfertigt, darüber zu sprechen, ob Videoüberwachung verstärkt in öffentlichen Bereichen eingesetzt wird oder ob wir moderne Systeme für die Polizeiarbeit, für die Arbeit von Sicherheitsbehörden einsetzen oder ob wir das jenen überlassen wollen, die unsere Freiheit beeinträchtigen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Deswegen möchte ich, bevor ich zu den konkreten Handlungsaktivitäten des Freistaates komme, doch noch ein paar Worte zur Berliner Erklärung sagen. Es war ja für einige wichtig, dies in den Mittelpunkt dieser Debatte zu stellen.

Ich würde Ihnen empfehlen, nicht nur einzelne Segmente daraus zu nehmen, sondern das ganze Papier durchzulesen. Es ist ein Bündel aktiven Handelns, einerseits polizeilich-sicherheitsbehördlich, andererseits auch im präventiven Bereich, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn darin auch etwas zum Thema „Einsatz der Bundeswehr im Inneren“ steht, dann will ich dazu Position beziehen, wie ich es derzeit verstehe.

Wir haben den Artikel 35 des Grundgesetzes. Darin stehen Regelungen, nach denen die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden kann. Die Bundesregierung hat dazu ein Weißbuch herausgebracht. Darin steht, unter welchen Bedingungen die Bundeswehr im Inneren eingesetzt werden kann, unter anderem bei katastrophenähnlichen Situationen, die auch solche Terrorsituationen sein können. Ich habe dazu deutlich gemacht, dass ich es nicht nur für richtig, sondern für notwendig erachte, dass innerhalb des vorgegebenen Rahmens Übungen durchgeführt werden, damit diejenigen, die in eine solche Situation kommen – was man sich weiß Gott nicht wünscht –, in der Lage sind, handlungs- und rechtssicher zu agieren. Ich habe überhaupt kein Problem damit, das hier noch einmal klar und deutlich auszusprechen.

Das zweite Thema, das hier eine Rolle gespielt hat, betrifft das Staatsangehörigkeitsrecht in der Berliner Erklärung. Schauen Sie es sich bitte an. Darin steht, dass der prägende Grundsatz unseres Staatsangehörigkeits

rechts die Vermeidung von Mehrstaatlichkeit ist. Das soll auch so bleiben. Es wird gelobt, dass sich viele Menschen einbürgern – wir machen das regelmäßig mit dem Ausländerbeauftragten hier im Plenum – und sich damit zu unserem Staat bekennen.

Wir haben gesagt – und das steht in der Berliner Erklärung –, dass die eingeführten Regelungen bezüglich der Mehrstaatlichkeit von Kindern, die hier geboren sind, bezogen auf ihre Integrationsleistung evaluiert werden sollen. Daran kann ich nichts Schlimmes erkennen.

Ein weiterer Punkt darin betrifft den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für Ausländer, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben, wenn sie zu Kampfhandlungen in Verbindung mit terroristischen Aktivitäten im Ausland gewesen sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt erzählen Sie mir einmal, was an dieser Position problematisch ist. Ich kann es nicht erkennen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Mario Pecher, SPD)

Das dritte Thema betrifft die Vollverschleierung. Auch dazu will ich, nachdem es darüber so eine große Diskussion gegeben hat, Position beziehen. Ich halte die Vollverschleierung für frauenfeindlich. Ich sehe es so, dass damit die Parallelgesellschaft befördert wird. Damit halte ich sie für demokratiefeindlich.

Deshalb habe ich mich in der Berliner Erklärung zu dieser Position durchgerungen und stehe dazu, dass ich sage: Unsere Gesellschaft lebt davon, dass wir Gesicht zeigen, und dazu gehört für mich, dass eine Vollverschleierung zumindest in öffentlichen Gebäuden in den Punkten, die aufgezählt wurden, nicht möglich sein soll.

(Beifall bei der CDU)

Wie geht der Freistaat Sachsen damit um? Dazu muss ich sagen: Ich kann in unserer Koalition überhaupt nicht erkennen, wo es unterschiedliche Positionen geben soll. Ich habe in der ersten Sitzung nach der Sommerpause im Kabinett berichtet und bin in die Kabinettspressekonferenz gegangen. Deshalb ist es auch gut, dass in der ersten Sitzung des Landtags heute noch einmal die Gelegenheit besteht, darüber kurz zu sprechen.

Es geht um eine genaue Lageeinschätzung, um gut ausgebildetes und ausreichendes Personal sowie um eine moderne Ausrüstung und die Kooperation auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene. Das sind die vier Grundpfeiler. Daher gilt für Sachsen gleichermaßen wie für die Bundesrepublik, dass wir eine hohe abstrakte Gefahr haben, aber konkrete Hinweise derzeit nicht vorhanden sind. Deswegen ist es notwendig, dass wir die Lage immer wieder analysieren und uns gerade beim Thema Großveranstaltungen auf die konkrete Situation einstellen, die Verantwortung des Veranstalters sehen müssen, aber gleichermaßen die Polizei mit mehr Kräften vor Ort ist. Dies haben wir in den letzten Großveranstaltungen deutlich zum Ausdruck gebracht.

Zum Thema Personalaufwuchs wurde bereits deutlich gesagt, dass die Entscheidungen dazu gefällt sind. Ich gehe davon aus, dass sie der Landtag mit dem Haushaltsbeschluss nachzeichnet, und werde sehen, was gegebenenfalls noch an sogenannten Verbesserungen kommt. Wir sind in der Lage und darauf vorbereitet, das, was darin steht, umzusetzen und damit schrittweise die personelle Lage zu verbessern.

An dieser Stelle möchte ich auf die Besonderheit eingehen, dass wir IT-Cops ausbilden; die ersten elf werden in Kürze verfügbar sein. Der zweite Ausbildungsgang ist schon vorbereitet: IT-Ingenieure, die einen Hochschulabschluss haben, ein Jahr Polizeiausbildung bekommen und damit für die Polizei zur Verfügung stehen. Andersherum sind wir bei den Polizisten, die sich forensische Kenntnisse aneignen wollen, derzeit dabei, mit der Fachhochschule Mittweida ein berufsbegleitendes Studium vorzubereiten.

Zum Thema Polizei und Ausrüstung ist aus meiner Sicht alles gesagt, aber ich möchte noch einmal deutlich machen: Dazu haben wir keine AfD gebraucht. Alles, was in der Pipeline ist, ist nicht erst seit dem Sommer, sondern von langer Hand vorbereitet worden, und die Umsetzung, die Beschaffung bzw. das Ausrollen läuft bei den Vorgängen, gerade was das Thema Schutzwesten und Waffen betrifft.

Dass ich als Staatsminister sage, nachdem mir andere Kollegen gesagt haben, dass sie mit dem Tragen von Körperkameras gute Erfahrungen gemacht haben, ich halte es für Sachsen für notwendig, dass wir zumindest ein Pilotprojekt starten, uns das anschauen und aus den Erfahrungen – natürlich wird der Datenschutzbeauftragte einbezogen – die notwendigen gesetzlichen Änderungen in der Koalition diskutieren werden; das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Aber ich halte es auch für notwendig, deutlich zu machen, dass die positiven Erfahrungen – wenn ich nach Rheinland-Pfalz oder nach Hamburg schaue; Hessen war, glaube ich, das dritte Land – auch in Richtung Sachsen transportiert werden.

Der letzte Punkt ist das Thema Kooperation. Auch hier bin ich meinen Kolleginnen und Kollegen dankbar, dass wir in Sachsen nicht nur in Richtung der harten polizeilichen Maßnahmen aktiv sind, sondern den gemeindepsychiatrischen Dienst stärken und die Beratungsangebote vor Ort ausbauen; Frau Köpping und Frau Klepsch haben dazu ihre Unterstützung angeboten. Deshalb möchte ich sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir sind auf einem guten Weg. Trotz alledem ist die Aufmerksamkeit und das harte Arbeiten das Gebot der Stunde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Es tut mir zwar leid, aber die Redezeit ist um einige Sekunden überschritten worden. Wir wissen, was das bedeutet: Wenn eine Fraktion den Antrag stellt, gibt es eine Verlängerung der Rede

zeit um 5 Minuten ohne Anrechnung. – Aber das kann ich nicht feststellen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wir machen es!)

Wenn es solche Anträge gibt, dann müssen sie natürlich gestellt werden.

Natürlich. Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir würden dieses Modell gern in Anspruch nehmen. – Danke.

Damit haben Sie 5 Minuten zusätzlich für die Fraktion DIE LINKE. – Nun bin ich gespannt, was Kollege Lippmann sagt.

Wir würden uns dem Ansinnen der Fraktion DIE LINKE anschließen und es ebenfalls beantragen. – Danke.