Ein weiteres Beispiel: Sprechen Sie einmal mit Bürgern aus der Gemeinde Hohndorf im Erzgebirge, denen unter anderem auch von der CDU schon vor Jahren eine Umgehungsstraße versprochen und nun als Zwischenlösung zur Geschwindigkeitsreduzierung des Durchgangsverkehrs und dessen Kontrolle eine fest installierte Messanlage
aufgestellt wurde. Das Abbremsen und Herunterschalten gerade in den Nachtstunden ist zwar nun unerträglich. Positiv ist jedoch, dass nun die Kasse damit gefüllt wird. Wenn wir vielleicht in ferner Zukunft ausschließlich EFahrzeuge besitzen, könnte die Situation in puncto Lärmbelästigung eine andere sein. Doch da sind wir noch lange nicht angelangt. Vielleicht stehen einmal alle Fraktionsmitglieder der GRÜNEN auf, die tagtäglich in ihrer Vorbildfunktion als GRÜNEN-Politiker mit einem EMobil fahren.
Ja, das ist eher übersichtlich. Na ja, Wasser predigen und Wein trinken. Das kennen wir. Der zu erwartende Schleichverkehr kostet zusätzlich Zeit und damit Geld. Diese Problematik wurde auch schon von der CDU erkannt. Sie forderte bereits im Jahre 2012 eine Erhöhung der innerörtlichen Geschwindigkeit auf geeigneten Straßen auf 60 Kilometer pro Stunde.
Der immer wieder genannte Sicherheitsaspekt muss genauer beleuchtet werden, da der Anteil der geschwindigkeitsabhängigen Personenschäden 15 % beträgt und sich die Anzahl der Personenschäden von 1995 bis 2009 auch ohne diese großflächigen geschwindigkeitsreduzierenden Maßnahmen halbiert hat. Quelle hierfür ist übrigens das Statistische Bundesamt aus dem Jahr 2009. Der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgelegte Gesetzentwurf wurde bisher nur zur Kenntnis genommen und bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Diese sollte zumindest abgewartet werden.
Die von Ihnen vorgebrachten allbekannten Argumente ziehen daher nur in geringem Umfang. Ein Vorpreschen mit der geforderten Tempo-30-Regelgeschwindigkeit in sächsischen Städten lehnen wir schon deshalb ab.
Es hat sich bestimmt schon bis zur GRÜNEN-Fraktion herumgesprochen, dass die AfD-Fraktion nicht nur meckert, sondern auch gute Einzellösungen anbietet. Hierzu ein Lösungsvorschlag von der AfD-Fraktion: intelligente digitale Verkehrswechselschilder einführen, die mitunter verschiedene Tempovorgaben in den Örtlichkeiten anzeigen. Diese sollten gleichfalls zeitlich begrenzt geschaltet werden, zum Beispiel bei Stau, bei starkem Regen, bei Wildwechsel, bei Schulbetrieb, bei verkehrsteilnehmenden Kindern und Senioren, also für konkrete Gefahren, welche für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer tatsächlich ein Tempo 30 oder sogar darunter erfordern; im günstigsten Fall aber auch eine Heraufsetzung der erlaubten Geschwindigkeit, um den Verkehrsfluss zu erhöhen.
Sonntagsfahrverbot, Motorrollerverbot, Glühbirnenverbot, Nachtflugverbot, Heizpilzverbot, Fleischverbot an Wochentagen in der Schule, Verbot von Tieren im Zirkus, Verbot von Weichmachern in Sexspielzeugen – Sie mögen
es wahrscheinlich etwas härter –, Verbot von Selbstbestimmung der Fahrgeschwindigkeit auf Autobahnen, Verbot von Ponyreiten auf öffentlichen Veranstaltungen, Veggieday, Fleischverbot an einem Tag, Verbot von Schusswaffen in Privathaushalten, Verbot von 1.-KlasseAbteilen in Zügen, Böllerverbot.
Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Das ist der Fall. Frau Abg. Meier, bitte, Sie haben noch eine Minute und 13 Sekunden Redezeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Nowak, das war ja ein Feuerwerk, und die Argumente waren eher eine ideologische Rumpelkammer.
Das können Sie mir wirklich nicht vorwerfen. Sie haben gefragt, wo diese Modellversuche stattfinden: In Rheinland-Pfalz finden sie statt, in Niedersachsen finden sie statt und in Hessen finden sie statt. Überall ist das kein Problem. Vielleicht sollte der Kollege Dulig einmal mit seinem Kollegen Lies – auch von der SPD – in Niedersachsen sprechen. Dort gibt es jetzt auch Modellversuche, und Sie sehen, wie sie das dort machen. Wir leben hier nicht auf einer Insel, sondern auch in anderen Ländern gibt es das.
Studien haben gezeigt, dass dadurch die Stickoxide tatsächlich gesenkt werden können. Aber für den Feinstaub sind nicht nur die Stickoxide entscheidend, sondern auch der Abrieb. Der ist besonders hoch, wenn man schnell fährt, weil sich dann auch eine größere Aufwirbelung ergibt. Tempo 30 ist dafür auf jeden Fall eine Lösung. Nirgendwo in diesem Antrag steht, dass wir das flächendeckend einführen wollen. Wir haben von einem Modellversuch gesprochen für die Kommunen, die das wirklich wollen. Niemand wird dazu gezwungen. Wir wollen es den Kommunen erleichtern, wenn sie Tempo30-Zonen einrichten wollen, –
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Meier, Regelgeschwindigkeit ist für mich keine Zone. Aber gut, dann haben wir offensichtlich Interpretationsunterschiede.
Noch einmal zu diesen Abgasen. Die Landesanstalt aus Baden-Württemberg hat sich die NOx-Emissionen angeschaut, und zwar in Berlin auf der Bornholmer Straße, der Osloer Straße, der Bornholmer Straße/Wisbyer Straße, und auf der B 31 in Hagnau am Bodensee und in Friedrichshaven/Fischbach. Das sind völlig unterschiedliche Gegenden. In keiner dieser Messzonen hat es signifikante Senkungen bei Tempo 30 gegeben. Im Gegenteil, je nach Motor ist es zum Teil bis zu 73 % nach oben gegangen. Bei CO2 gibt es auch keine Emissionsbeschränkungen. Also erzählen Sie bitte nicht, dass dies das Allheilmittel sei, sondern halten Sie sich auch an die Studien. Eine Studie ist sogar in Ihrem Antrag erwähnt. Ich verstehe nicht, wie Sie an dieser Stelle so argumentieren können. – Danke.
Meine Damen und Herren! Möchte noch jemand aus den Reihen der Fraktionen das Wort ergreifen? – Ich sehe keine Wortmeldungen. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Dulig, bitte. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ganz herzlich bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedanken für Ihren Beschlussantrag, denn Sie unterstützen uns bei unserer Arbeit. Die Opposition kontrolliert halt nicht nur, sondern sie unterstützt. Das finde ich gut. Die Staatsregierung ist sich nämlich einig mit Ihnen, dass Verkehrssicherheit und Minderung von Verkehrslärm wichtige Anliegen sind. Wir wollen die Verkehrssicherheit im Straßenverkehr weiter erhöhen, die Zahl der schweren Unfälle senken und natürlich Verkehrslärm reduzieren. Gerne sage ich Ihnen auch, was wir dafür tun.
Erstens. Gemäß unserem Koalitionsvertrag unterstützt die Staatsregierung faktisch die Kommunen bei der Aufstellung und Fortschreibung ihrer Lärmaktions- und Luftreinhaltepläne. Darin sind im Regelfall auch Maßnahmen im Straßenverkehrsrecht enthalten.
Zweitens. Ferner arbeitet das SMWA in der Arbeitsgemeinschaft „Verbesserung des Miteinanders von Mensch und Verkehr“ der Verkehrsministerkonferenz mit. Diese Arbeitsgemeinschaft befasst sich bereits genau mit dem Thema, wie sich innerorts leichter Geschwindigkeitsbeschränkungen anordnen lassen.
Sie fordern die Staatsregierung in Ihrem Beschlussantrag auf, für eine Annahme der 1. Änderungsverordnung zur Straßenverkehrsordnung im Bundesrat zu stimmen. Ich frage Sie nun: Warum sollte die Staatsregierung dies denn nicht tun? Schließlich habe ich doch selbst 2015 in der Verkehrsministerkonferenz zusammen mit meinen Kollegen aus den anderen Ländern den Bund aufgefordert, die
Regelungen zur Geschwindigkeitsbeschränkung in der StVO anzupassen. Wir haben gefordert, dass das RegelAusnahme-Verhältnis bei der Prüfung besonderer Gefahrenlagen vor Schulen und sozialen Einrichtungen umgekehrt wird. So kann Tempo 30 auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen vor diesen Einrichtungen leichter angeordnet werden. Das verbessert die Verkehrssicherheit. Diesem Anliegen ist der Bund mit der 1. Änderungsverordnung zur StVO nun nachgekommen. Insofern haben wir hier tatsächlich bereits einen Erfolg erzielt.
Sie fordern die Staatsregierung auf, eine Handreichung für die Behörden zur Anordnung von Tempo-30Regelungen zu erarbeiten. Hier darf ich Sie auch beruhigen. Eine derartige Handreichung ist bereits in Arbeit. Sie wird sich jedoch nicht nur, wie von Ihnen gefordert, auf die Wiedergabe der rechtlichen Voraussetzungen und baulichen Anpassungen beschränken, sondern wir werden darüber hinausgehende Hilfestellungen geben.
Sie fordern weiterhin, künftig die Förderung flankierender Maßnahmen zur Einrichtung von Tempo-30-Zonen zu ermöglichen. Dabei können diese Maßnahmen bereits gefördert werden. Erschließungsstraßen zum Beispiel, an denen die meisten Schulen und Kindertagesstätten liegen, fördern wir mit einem Satz von immerhin 70 %.
Sie fordern, die Staatsregierung solle sich für die Überarbeitung der Lärmschutzrichtlinien im Straßenverkehr einsetzen. Dabei soll sie die folgenden Ziele verfolgen – hier zitiere ich aus Ihrem Antrag –: „Lärmschutzaspekte besser zu berücksichtigen, Absenkung der derzeitig geltenden Richtwerte und erleichterte Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen“. Ich möchte Sie daran erinnern, dass sich diese Formulierungen Wort für Wort im bereits erwähnten Beschluss der Verkehrsministerkonferenz wiederfinden, den Sachsen bereits 2015 maßgeblich unterstützt hat.
Wozu, so frage ich, wollen Sie die Staatsregierung zu etwas auffordern, was sie bereits in Angriff genommen hat?
Wir werden auch ohne einen solchen Beschluss unsere erfolgreiche Arbeit zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, insbesondere vor Schulen und Kindertagesstätten, und des Lärmschutzes fortsetzen. Aber ich freue mich – da kann ich mich nur wiederholen –, dass diese Arbeit auch von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN honoriert wird.
Wenn wir in den ersten Punkten sagen, dass Sie dort etwas gefordert haben, was wir bereits tun, dann kommen wir doch zu dem Punkt, wo es tatsächlich etwas zum Abstimmen gibt, wo es tatsächlich darum geht: Wollen wir das oder wollen wir das nicht?
Sie schlagen vor, den Kommunen als Versuch die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts zu ermöglichen. Das müssen wir heute entscheiden. Ich sage Ihnen: Wir wollen das nicht. Das ist die Entscheidung, die wir hier zu treffen haben.
Sie wollen mit Ihrem Antrag in Sachsen nicht ein oder zwei Modellorte, in denen wir es probieren. Sie fordern auch nicht – das muss man deutlich sagen –, dass alle Gemeinden und Kommunen in Sachsen die Regelgeschwindigkeit 30 einführen müssen. Sie fordern aber, dass alle Kommunen das machen dürfen. Genau jetzt wird es problematisch. Das funktioniert nicht. Dann geht es eben nicht mehr um einen Modellversuch, sondern schlichtweg darum, die geltende StVO zu umgehen.
Die StVO lässt sogenannte Verkehrsversuche, die Ihnen offenbar vorschweben, nur zu Erforschungs- und Erprobungszwecken zu. Wir brauchen nichts zu erproben und zu erforschen, weil wir die Erkenntnisse aus diversen Studien haben.
Worum geht es Ihnen? Wenn wirklich alle Kommunen die Möglichkeit haben, dann kommen wir genau zu den Problemen, die meine Vorrednerinnen und Vorredner beschrieben haben. Wir haben hier eine Diskrepanz. In den letzten Jahren gab es die Philosophie, dass Straßen gebaut wurden und die StVO dazu da war, den Verkehrsfluss aufrechtzuerhalten. Die Frage des Lärmschutzes spielte dort keine Rolle. Inzwischen hat sich das verändert, weil Lärmschutz und Verkehrssicherheit jetzt beachtet werden. Wir dürfen nur nicht von dem einen Extrem in das andere rutschen. Die Frage des geordneten Verkehrsflusses ist genauso wichtig wie Verkehrssicherheit und Lärmschutz.
Nehmen wir einmal eine Stadt wie Dresden und überlegen, was es bedeuten würde, eine Landeshauptstadt wie Dresden mit der Regelgeschwindigkeit 30 Kilometer pro Stunde zu versehen. Schon die Vorstellung macht deutlich, dass Sie ein Chaos organisieren und das Gegenteil von dem erreichen würden, was Sie wollten. Es würde keine Verkehrsberuhigung geben.
Wir dürfen uns nicht der Vorstellung hingeben, dass wir über kleine Ortschaften reden. Sie fordern, dass es alle machen können. Sie haben in einem komplexen System wie einer Großstadt komplett andere Verhältnisse, andere Straßenzuführungen, bei denen Sie dann am Schluss zu den Problemlagen kommen, die beschrieben wurden und bei denen die von Ihnen gewollten Effekte beim Lärm- oder Emissionsschutz ins Gegenteil verkehrt werden, weil durch Stau und chaotische Verkehrssituationen sogar höhere Emissionen entstehen.
Deshalb wollen und können wir Ihrem Vorschlag nicht folgen, weil er komplett am Ziel vorbeigeht. Er bringt keine vernünftige Balance zwischen der Frage des Verkehrsflusses und den berechtigten Interessen beim Thema Lärm- und Emissionsschutz. Sie schießen mit Ihrem Antrag weit über das Ziel hinaus. Deshalb können wir nur sagen: Ja, genau das wollen wir nicht.
Über den Schilderwald und die Bürokratie, die damit verbunden ist, will ich gar nicht erst reden. Auch da müsste ich Sie etwas korrigieren. Sie haben den Eindruck erweckt, als müsste man nur einen Ort als Tempo-30Zone kennzeichnen, um dann nur die Straßen, in denen man 50 Kilometer pro Stunde fahren darf, beschildern zu
müssen. Wir reden aber gerade über einen Modellversuch. Das heißt, Sie müssten dem Autofahrer oder der Autofahrerin mitteilen, dass sie gerade in einem Ort sind, in dem man 30 Kilometer pro Stunde fährt. Das heißt, Sie müssten am Anfang sogar 30 Kilometer pro Stunde beschildern, um darauf hinzuweisen, dass in diesem Ort diese Geschwindigkeit gilt. Dazu noch einmal der Hinweis, dass wir nicht nur über Dörfer reden, bei denen es vielleicht reicht, ein Schild aufzustellen, dass dieser Ort eine Tempo-30-Zone ist. Wir reden genauso über Großstädte und Ähnliches. Von daher wird das nicht funktionieren.
Wir lehnen diesen Antrag ab, weil der Punkt, der wirklich zur Entscheidung steht, die Frage des Modellversuches nämlich, nicht praktikabel und von uns auch so nicht gewollt ist.
In der Frage mehr Lärm- und Emissionsschutz, in der Frage Erhöhung der Verkehrssicherheit, auch in der Frage, dass wir deutlich schneller zu Anordnungen vor sensiblen Bereichen wie Kitas, Schulen, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen kommen, sind wir uns einig. Aber da sind wir schon auf einem guten Weg, weil es auch unsere Initiativen auf der Verkehrsministerkonferenz waren, die das angeschoben haben.