Meine Damen und Herren! Die Steuereinnahmen, aus denen die Staatsregierung schöpft, erwirtschaftet sie nicht selbst. Viele erfolgreiche Unternehmen – darauf haben Sie verwiesen, Herr Unland – tragen dazu bei. Sie verweisen zum Beispiel mit Stolz darauf, 1,6 Milliarden Euro für die sächsischen Mikroelektronikprojekte zur Verfügung zu stellen. Das ist gut.
Aber nicht nur in diesem Bereich entscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen am gelingenden Transfer technischer Neuerungen. Wir Landespolitiker – der Wirtschaftsminister hat dies im Sommer ja auch versucht – müssen uns noch viel, viel mehr mit den Akteuren unmittelbar austauschen, welche Bedingungen sie für ihre Projekte und Innovationen tatsächlich benötigen und wie sie noch besser gefördert und unterstützt werden können. Zum Beispiel suchen viele KMU dringend Arbeitskräfte. Oftmals haben sie aber nicht die Ressourcen, all die komplizierten Hürden, beispielsweise bei der Integration von Asylbewerbern, zu überwinden. Ich hoffe, dass sowohl die Wissenschaftsinitiative „Integration“ als auch das Programm „Arbeitsmarktmentoren für Geflüchtete“ spätestens mit dem Doppelhaushalt in Gang kommen.
Gute Standort- und Ansiedlungsbedingungen entstehen nicht durch immer mehr Beton. Im Gegenteil: Beim Straßennetz gibt es kaum noch Nachholbedarf, umso mehr aber beim digitalen Netz. Es muss wesentlich mehr
getan werden, um die Unternehmen in den sächsischen Regionen mit schnellem Internet zu versorgen. Wir wollen nicht, dass die wirtschaftlichen Chancen der Digitalisierung an Sachsen vorüberziehen.
Meine Damen und Herren! Die Beschlüsse der Pariser Weltklimakonferenz haben unmittelbare Konsequenzen für das Handeln in Sachsen. Das hat die Staatsregierung meiner Einschätzung nach noch gar nicht richtig realisiert. Wie alle Regionen muss auch Sachsen in den nächsten drei Jahrzehnten aufhören, fossile Rohstoffe zu verbrennen. Das wurde in Paris vereinbart. Das heißt zum Beispiel, Gebäude ohne Öl und Erdgas zu heizen oder zu kühlen.
Schauen Sie sich einmal den Gebäudebestand an, von mir aus auch nur den von der Landesverwaltung. Wie wollen Sie das schaffen, wenn Sie damit jetzt nicht konsequent beginnen? Wie trägt denn dieser Haushaltsentwurf dazu bei, die CO2-Emissionen wirklich rasch zu senken? Dort ist es ähnlich wie bei dieser nicht vorausschauenden Personalplanung. Das, was Sie heute nicht bereit sind zu investieren, wird am Ende viel teurer. Wer keine Strategien zur schrittweisen CO2-Reduzierung hat, egal, ob es den Gebäudebestand, die Landwirtschaft, den Verkehr oder die Energieversorgung betrifft, kann natürlich auch nicht die notwendigen Haushaltsmittel systematisch einplanen.
Auch ein solide finanziertes Konzept für den Strukturwandel in den Kohleregionen müsste in den künftigen Haushalten regelmäßig eingeplant werden. Stattdessen wird auf wichtige Einnahmen durch Wasserentnahmeabgaben verzichtet und so die Kohle weiterhin subventioniert. Dem großen Thema Klimaschutz wird dieser Haushaltsentwurf nicht gerecht, Herr Unland.
Ähnlich verhält es sich bei den Zukunftsthemen Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutz. Wenn zum Beispiel wertvolle Arten vollständig verschwunden sind, wenn Ökosysteme so belastet sind, dass sie die für uns überlebenswichtigen Leistungen kaum noch erbringen, dann können die Probleme nicht mehr mit Haushaltsmitteln gelöst werden. Deshalb sage ich deutlich: Ohne ausreichende und rechtzeitige Vorsorge im Rahmen der aktuellen Haushalts- und Förderpolitik wird auch hier der Schaden am Ende erheblich größer sein.
Meine Damen und Herren! Für Kindertagesstätten und Schulen wollen Sie so viel Geld ausgeben wie angeblich noch nie. Doch warum jubelt niemand im Land? Weil spätestens mit der Einschulung ihrer Kinder in diesem Jahr auch den letzten Eltern klar ist, dass mehr Geld und mehr Stellen noch lange nicht dazu führen, dass vor jeder Klasse ein ausgebildeter Lehrer steht. Genau diese gut ausgebildeten Lehrkräfte sind inzwischen extrem rar geworden. Die Entwicklung war seit zehn Jahren absehbar. Wir haben Ihnen das immer wieder vorgerechnet. Selbst innerhalb der CDU-Fraktion haben Abgeordnete, zum Beispiel Thomas Colditz, immer und immer wieder
vor der Situation gewarnt, die hier eingetreten ist. Aber ein konsequentes Umdenken ist bei den Finanzpolitikern der CDU immer noch nicht erkennbar, weder im Ministerium noch in der Fraktion. Sie haben das über viele Jahre ignorant ausgesessen. Jetzt ist es eigentlich zu spät, Sie sind nicht mehr handlungsfähig.
Ich frage die Kollegen von der SPD: Was folgt daraus, wenn Sie so unglaublich unzufrieden damit sind? Wo sind die Grenzen der Koalitionsdisziplin?
Meine Damen und Herren! Die Ausgaben für Asyl und Integration sind mit einem eigenen Budget im Haushalt dargestellt. Der Sieben-Punkte-Plan von Ihnen, Frau Ministerin Köpping, enthält viele gute Ansätze, zum Beispiel bei der angekündigten Förderung regionaler und lokaler Initiativen, auch wenn wir wissen, dass es nicht allein ausreicht, mehr Fördermittel bereitzustellen. Gelingende Integration braucht Offenheit, und zwar auf allen Seiten. Gelingende Integration braucht vor allem eine klare gemeinsame Haltung der Koalition, und diese vermisse ich zuweilen.
Die Staatsregierung hat nach der Serie fremdenfeindlicher Übergriffe ein Paket von Maßnahmen für den kommenden Doppelhaushalt angekündigt. Auch hier steht fest, dass allein mehr Geld die Probleme noch nicht löst. Notwendig wäre ein Paradigmenwechsel, hin zu einer Politik auf Augenhöhe mit Bürgern und Zivilgesellschaft. Es reicht zum Beispiel nicht, die Förderrichtlinie „Weltoffenes Sachsen“ einfach nur finanziell besser auszustatten. Es müssen auch die unsinnigen bürokratischen Hürden und die gängelnden Auflagen abgebaut werden. Die Projekte brauchen zudem eine klare und mehrjährige Förderperspektive, meine Damen und Herren.
Auch Jugendarbeit, Schulsozialarbeit und Beratungs- und Unterstützungsangebote für Familien in schwierigen Lebenssituationen, alle präventiven Hilfen müssen verlässlich finanziert werden. Wenn es nicht gelingt, den sozialen Zusammenhalt in Sachsen zu stärken, werden nämlich auch hier die Folgekosten durch die Decke gehen.
In der Vergangenheit kamen zuweilen großartig angekündigte Fördermittel bei den Trägern nicht oder viel zu spät an. Dazu möchte ich ganz deutlich sagen: Erst mehr Mittel einplanen und sich dafür loben lassen, dann aber die Hürden so hoch aufbauen, dass die Mittel nicht abfließen und am Ende eingespart werden können – das ist ein schlechtes Spiel, meine Damen und Herren, und das muss wirklich ein Ende haben.
Meine Damen und Herren, die Staatsregierung gibt vor, sich den entscheidenden Zukunftsfragen zu stellen. Sie tun das aber nur inkonsequent und viel zu spät, und ob aus all den Ankündigungen am Ende auch Umsetzungen werden, das bleibt abzuwarten und vor allem öffentlich zu überprüfen.
Meine Damen und Herren, das war in der Aussprache die erste Runde. Es gibt Redebedarf für eine zweite Runde. Zunächst frage ich die Fraktion DIE LINKE, wird noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die CDU-Fraktion? – Herr Abg. Michel. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Noch nie hat es in Sachsen einen Doppelhaushalt mit einem so großen Haushaltsvolumen gegeben. Der Regierungsentwurf ist eine gute Grundlage für unsere Beratungen. Dafür auch meinen Dank an die Regierung, den Finanzminister und die mit der Aufstellung befassten Mitarbeiter.
In den nächsten Wochen wird der Sächsische Landtag über 37 Milliarden Euro auf die nächsten zwei Jahre verteilen können. Wir in Sachsen haben noch etwas zum Verteilen. Wir sprechen von der größten Investitionsquote in Deutschland, obwohl wir ein Nehmerland sind.
Wenn ich mir aber das Gejammer mancher Fachbruderschaft anhören muss, dann könnte man meinen, unsere schlimmsten Befürchtungen wären schon wahr geworden.
Teilweise werden Zehntausende Menschen in Unruhe versetzt und mit virtuellen Streckenschließungen im Nahverkehr beunruhigt. Es wird gejammert, als wären die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich schiefgegangen. Es wird gebarmt, als wären gleichzeitig Wirtschafts- und Finanzkrise II ausgebrochen.
Meine Damen und Herren, all das ist nicht der Fall. Wir können sogar dank der Konjunktur noch die zusätzliche Aufgabe Asyl schultern, ohne einschneidende Maßnahmen ergreifen zu müssen. Wir leben in einer Hochphase der freistaatlichen Einnahmen und diese Gelder werden auch wieder ausgegeben. Wer behauptet, das Geld verschwinde in Rücklagen, hat nicht recht. Im Gegenteil, es werden sogar viele Rücklagen, wie zum Beispiel die Bürgschaftsrücklage, aufgelöst. Nur die Haushaltsausgleichsrücklage bleibt nennenswert mit knapp einer Milliarde Euro bestehen. Erhöht wird sie aber leider nicht.
Wenn man schon so viel Geld wie noch nie zur Verfügung hat und trotzdem nicht zufrieden ist, meine Damen und Herren, dann stimmt meines Erachtens mit den Ansprüchen im Freistaat etwas nicht.
In einer solchen Situation sollten die Wünsche kritisch hinterfragt und besonders auf ihre Krisentauglichkeit geprüft werden. Was wäre denn, wenn der Länderfinanzausgleich nicht das gewünschte Ergebnis brächte; was wäre denn, wenn die nächste Wirtschaftskrise zeitnah
anstünde? Staatliche Finanzstrukturen werden in guten Zeiten verdorben. In den Zeiten, in denen die Einnahmen sprudeln, in denen es dem Fiskus gut geht, wird bei zu wenig struktureller Besonnenheit das Fundament solider Finanzpolitik untergraben.
Es wird die Aufgabe der nächsten Wochen sein, diese finanzpolitische Besonnenheit nicht aus dem Blick zu verlieren. Was ein maroder Staatshaushalt für die Bevölkerung bedeutet, das kann man in Südeuropa sehen. Dort büßt die Bevölkerung nun Jahre später für politisch ungedeckte Schecks, für Träumerein der Politiker.
Das will die CDU-Fraktion für Sachsen nicht. Wir wollen eine realistische, eine solide Haushaltspolitik im Interesse der Menschen und im Interesse der nachfolgenden Generationen.
Zunächst werden die zuständigen Gremien der Regierungsfraktion intern beraten. Mitte Oktober dieses Jahres beginnen dann die gemeinsamen Finanzberatungen mit der SPD. Vielleicht kommen CDU und SPD in manchen Themenfeldern von unterschiedlichen Ausgangspositionen; aber am Ende wird es wieder einen gemeinsamen Doppelhaushalt geben. Auch der Prüfungsablauf wird für jeden Antrag der gleiche sein: Jeder Antrag wird zunächst dahin gehend geprüft, ob es Reserven im System gibt bzw. im eigenen Einzelplan korrigiert werden kann.
Wettkämpfe – wer sich durchgesetzt hat –, das ist dann eher etwas für die Boulevardpresse oder die Generalsekretäre. Klar ist, wenn die CDU einen Antrag absolut nicht will, wird sie das in dem Haushalt nicht abbilden; das gilt für die SPD genauso. Insgesamt werden die Koalitionspartner gemeinsam zur Jahreswende einen Haushalt beschließen. Dessen bin ich mir ganz sicher.
Meine Damen und Herren, wir haben heute von den Oppositionsparteien viel Kritik zum Regierungsentwurf gehört.
Bei nüchterner Betrachtung und ohne Polemik aber kann man feststellen: Der Regierungsentwurf lässt eigentlich kaum einen Wunsch offen.
Die Regierung hat einen Haushaltsplanentwurf mit ganz konkreten Zahlen vorgelegt. Jetzt wurden hier Allgemeinplätze ausgetauscht. Ich hätte ja gedacht, es würde schon eine konkrete Zahl geben, wie viele Mehrstellen Sie schaffen, an welcher Stelle Sie wie viel Geld drauflegen
wollen. Vielleicht überrascht uns Kollege Scheel noch in der dritten Runde. Aber ich kann nicht einmal sagen, dass Sie nach dem Oppositionsmotto handeln,
man müsse einfach mehr fordern, als eine Regierung leisten kann – sondern Sie haben hier nur Allgemeinplätze gefordert.
Aber, meine Damen und Herren, schauen wir uns einmal den Bereich der Inneren Sicherheit an. Dieses Politikfeld wird unzweifelhaft einen Schwerpunkt des Doppelhaushalts darstellen. Die neuen Bedrohungen wie der internationale Terror erfordern auch in Sachsen eine Reaktion. Der Stellenabbau wird gestoppt,