Zur Gesundheit: Wo liegen denn diese Wege? Man weiß, dass es über den Darm in die Blutbahn kommt, dass es sich in alle Körperteile bewegt. Man weiß, dass es Spurenelemente wie Kupfer, Mangan oder Kobalt bindet. Die sind dann nicht mehr für den Körper verfügbar. Man weiß, dass es die Vermehrung von Enterokokken und anderen Bakterien behindert. Das heißt, es behindert, es wirkt sich aus auf eine gesunde Darmflora sowohl beim Menschen als auch bei den Tieren. Für viele Folgen gibt es viele Anzeigen, ob Krebs, Fruchtbarkeit, Embryonalentwicklung, Erbgut, also auch Missbildungen. Das ist alles nicht so leicht vom Tisch zu wischen, aber damit sind wir noch nicht fertig. Da gibt es die einen Studien, die Ja sagen, die anderen sagen Nein, aber es gibt auch nichts, bei dem wir sagen dürfen, hier können wir uns entspannt zurücklehnen.
Die Anzeichen für Auswirkungen auf das Ökosystem verdichten sich noch viel mehr. Da ist der Artenrückgang, den wir erleben. Mittlerweile sind 60 % aller heimischen Arten in den Abstufungen zwischen gefährdet bis ausgestorben. Das ist ein Alarmzeichen. Dabei spielt auch Glyphosat keine unwesentliche Rolle. Die Reste davon, die im Boden sind, reichern sich dort an, belasten Oberflächengewässer, Grundwasser und haben noch ganz vielfältige Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, also die Tiere und Pflanzen, die man eigentlich nicht bekämpfen wollte – ganz vorn etwa Amphibien und Fische.
Das weiß man schon recht genau; das ist auch ganz logisch. Wenn ich ein Totalherbizid einsetze, das alle Pflanzen plattmacht, dann räume ich alle Wildkräuter, die eigentlich in der Landschaft sind, ebenfalls weg. Die sind dann schlichtweg nicht mehr vorhanden. Das hat wiederum Folgen, weil sie Nahrungsgrundlage für weitere Tierarten sind. Wenn diese keine Nahrung finden, sind sie natürlich auch nicht mehr da. In unserem hochkomplexen Ökosystem gibt es viele Tierarten, die genau auf spezielle Pflanzen angewiesen sind. Sobald die Pflanze weg ist, ist auch die komplette Tierart verschwunden. Das ist genau das, was wir erleben.
Glyphosat ist dabei nur ein Stoff, der ausgespritzt wird. Ich möchte das Größenverhältnis verdeutlichen: Von unseren 1,4 Millionen Hektar Landesfläche sind knapp 1 Million Hektar Landwirtschaftsfläche. Das ist ein wirksamer Hebel, der dort ansetzt.
Das alles hat auch Auswirkungen auf Bodenmikroorganismen, Bakterien, Pilze. Da existiert ein ganz empfindliches Gleichgewicht. Es gibt Symbiosen von verschiedenen Organismen, in die eingegriffen wird. Das sind ganz komplexe chemische und biologische Prozesse. Dass dabei Dinge passieren können, die man vorher nicht
Es werden – das ist auch ein Nachteil für den Landwirt selbst – ganz natürliche Abwehrprozesse unterdrückt. Wenn ich ein Medikament nehme, dann gewöhne ich dem Körper ab, sich selbst gegen Dinge, die auf ihn zukommen, zu wehren. Das mache ich auch mit den Pflanzen. Ich setze das Totalherbizid ein. Da muss sich die Pflanze nicht mehr natürlich wehren. Dann muss man keine Symbiosen mit Nützlingen eingehen, die vielleicht Schädlinge abwehren oder andere Pflanzen unterdrücken. All das brauche ich dann nicht mehr und züchte es zurück.
Immer wenn ich ein Mittel einsetze, dann „mendele“ ich die Sachen raus, die dagegen immun sind. Dazu gibt es jedes Jahr eine neue Zahl. Aktuell sind wir schon bei 35 glyphosatresistenten Beikräutern. Das sind sogenannte Superunkräuter. Aus Kanada gibt es schon die Bilder, wo auf bestimmte Kräuter nicht mehr ausgesprüht, sondern 100 % Wirkstoff per Hand auf die Pflanzen ausgebracht wird. So weit müssen wir vielleicht nicht kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Redeeinstieg war toll gewählt. Man möchte zur Versachlichung beitragen. Wenn man sich den Tenor der Rede anhört, dann gab es Zweifel über Zweifel und Fragen, die sich so nicht beantworten lassen. Ich glaube nicht, dass damit irgendjemandem, der sich mit dem Thema nicht so richtig befasst hat, wirklich weitergeholfen wurde, um zu entscheiden, ob es nun gut oder schlecht ist.
Ich denke, Landwirte benutzen Pflanzenschutzmittel nicht aus Selbstzweck, sondern um Nahrungsmittel in hoher Qualität zu produzieren. Sie setzen sie nur ein, wenn es nötig ist, weil der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Regel Geld kostet.
Meine große Sorge ist, dass es bei uns nicht dazu kommen darf, wie man es im außereuropäischen Ausland erlebt, dass nicht so sehr mit der notwendigen Vorsicht vorgegangen wird, sondern man das als Allheilmittel sieht. Ich vergleiche das immer ein bisschen mit Penicillin. Am Anfang war das eine Wunderwaffe, die für alles gut war. Am Ende hat man aber festgestellt, dass sich durch den verstärkten Einsatz ein Selektionsdruck entwickelt hat, der zu Resistenzen führt. Genau das befürchte ich bei Glyphosat. Deshalb ist es völlig richtig, dass wir die Auswirkungen weiter beobachten.
Sie beschreiben Gefahren beim Menschen. Da kann ich eins und eins zusammenzählen. Glyphosat greift ein Enzym an, das es im menschlichen Körper überhaupt nicht gibt. Wenn man Glyphosat im Urin wiederfindet, bedeutet das, dass es so, wie man es oben hineinschüttet,
unten wieder herauskommt. Dann kann es also durch den Körper nicht verarbeitet worden sein und im Körper demzufolge auch keinen Schaden anrichten. Wenn ich auf die bewusste Bierstudie mit ihren tausend Litern Bier eingehe, dann bin ich vorher dreimal an Alkoholvergiftung gestorben, bis ich den notwendigen Grenzwert an Glyphosat getrunken habe. Der Alkohol wird durch den Körper aufgenommen und verarbeitet, und zwar mit all den schädlichen Nebenwirkungen.
Ich will an dieser Stelle nicht als Lobbyist für Monsanto gelten, sondern möchte weiterhin dafür werben, – –
Sie haben gerade die gesundheitlichen Auswirkungen angesprochen. Ist Ihnen die IG Botulismus bekannt, in der sich Landwirte zusammengeschlossen haben, die mittlerweile feststellen, dass Krankheiten nicht nur bei ihren Rindern auftreten, sondern auch bei ihnen? Das werden immer mehr Landwirte. Das wird auch in Leipzig von Prof. Krüger untersucht. Die Studien kennen Sie vielleicht auch.
Ich sage nicht, dass jeder automatisch krank wird. Es mag vielleicht auch Menschen geben, die das trinken und denen nichts passiert. Aber bei mehr Menschen gibt es statistische Wahrscheinlichkeiten.
Ich weiß, dass Botulismus ein Problem ist. Ich weiß, dass da noch viel zu Ursachen gesucht und geforscht wird. Wir hatten so einen Fall im Vogtland, wo eine ganze Familie sehr darunter gelitten hat und wo man bis heute noch nicht die wahren Ursachen kennt, warum sich der Botulismus dort so hochgeschaukelt hat. Im Körper der betroffenen Landwirte wurden Glyphosatrückstände gefunden, bei denen sich niemand erklären kann, woher sie gekommen sind. Ich teile daher Ihren Ansatz, dass das ordentlich beobachtet und weiter verfolgt werden muss. Ich warne aber in dem Fall vor Panikmache.
Ich war dabei stehengeblieben, dass ich mir wünsche, dass Glyphosat weiterhin ein Mittel ist, das Landwirte benutzen dürfen. Das betrifft nicht nur Landwirte, sondern auch die Landschaftspflege. Es spielt auch eine ganz gewichtige Rolle bei der Bekämpfung von Einwanderern, speziell aus dem Kaukasus, dem Himalaja oder aus
Ostasien. Bevor das jetzt fehlinterpretiert wird: Ich rede von Riesenbärenklau oder Drüsigem Springkraut oder Japanischem Staudenknöterich, wo die aus der grünen Szene empfohlenen Bekämpfungsmittel – wie Ausgraben und vielleicht den Rest der Wurzeln mit heißem Wasser verbrühen – nicht so helfen.
Zusammenfassend kann ich keine Versäumnisse der Staatsregierung bei der Beobachtung, beim Monitoring von Glyphosat feststellen. Ich erwarte, dass das weiterhin mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird, um entsprechend reagieren zu können, wenn sich Nebenwirkungen herausstellen, die bis jetzt noch nicht bekannt sind.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Der Berichtsantrag der GRÜNEN will einzelne Punkte aus dem gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN „Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insbesondere mit den Wirkstoffen Clomazone und Glyphosat stärker reglementieren und Auswirkungen weiter erforschen“ vom September vergangenen Jahres mit sächsischen Daten auffüllen. Das unterstützen wir. Inzwischen liegt die Stellungnahme der Staatsregierung vor.
DIE LINKE hat zum Thema bereits einiges an „Futter“ über zwei Kleine Anfragen beigesteuert. In diesen Anfragen habe ich mich allerdings mehr dem Problem der Ausnahmeregelungen für den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln auf sogenannten befestigten und sonstigen Freilandflächen zugewandt – also Flächen, die gerade nicht agrarwirtschaftlich genutzt werden und für die auch keine Anzeigepflicht besteht. Dies betrifft insbesondere Wege und Plätze, aber zum Beispiel auch Bahnhöfe und Gleisanlagen.
Immerhin 200 bis 300 solcher Ausnahmeregelungen werden jährlich beantragt. Da die Genehmigungen häufig für drei Jahre erteilt werden, kommen wir kumulativ auf mindestens 700 aktive Ausnahmegenehmigungen auf Nicht-Kulturland.
Während vor der Erteilung einer Ausnahmeregelung noch etwa die Hälfte der vorgesehenen Flächen vor Ort besichtigt wird, bricht die Kontrolldichte im Nachgang abrupt ab. Nur noch auf 10 % der genehmigten Flächen werden Nachkontrollen durchgeführt – möglicherweise auch deshalb, weil die staatlichen Kontrolleure zusätzlich noch auf zehn bis 30 Anzeigen pro Jahr auf Nicht-Kulturland reagieren müssen, die auf eine genehmigungswidrige Anwendung aufmerksam machen. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher ausfallen. Insofern scheint das staatliche Vertrauen deshalb so groß, weil mehr Kontrollen personell nicht zu stemmen sind.
Die Anfragen machen deutlich: Glyphosat ist tatsächlich nicht nur ein Problem der Agrarwirtschaft allein – ganz
abgesehen von der Anwendung im Privatbereich. Die Anhörung zum oben erwähnten gemeinsamen Antrag von LINKEN und GRÜNEN war hoch interessant und bestärkt uns darin, dass unsere Forderungen nach einer erheblichen Einschränkung des Glyphosateinsatzes richtig sind; denn das Pflanzenschutzmittel steht im Verdacht, hoch giftig zu sein und Krebs zu erzeugen. So kritisch wie wir sehen das auch eine halbe Million EU-Bürger, die sich gegen die Wiederzulassung von Glyphosat mithilfe von Demonstrationen und Petitionen wehren.
In den Gremien der EU ist man weiterhin zerrissen. Die Front der Zulassungsbefürworter bröckelt nach dem entschiedenen Nein aus Frankreich weiter. Dazu hat ohne Zweifel der sehr aufschlussreiche Expertenstreit im Vorfeld der Zulassungsentscheidung beigetragen, bei dem ausgerechnet das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung eine unrühmliche Rolle spielte. Dabei wurden wieder alle Vorbehalte zur – im wahrsten Sinne des Wortes – ungesunden Verflechtung von Wirtschaft und Forschung bestätigt.
In der Folge droht dem Monsanto-Flaggschiff unter den Pflanzenschutzmitteln eine Flaute gigantischen Ausmaßes, denn Glyphosat ist eines der zurzeit am häufigsten eingesetzten Herbizide in der EU überhaupt. Es geht also um richtig viel, zunächst um richtig viel Geld. Entsprechend hoch ist der Druck von Herstellern, aber auch von Anwendern auf die Politik. Darüber hinaus geht es um viel mehr: Es geht auch um die grundsätzliche Entscheidung, ob wir innerhalb der EU weiter am Vorsorgeprinzip festhalten oder künftig erst handeln wollen, wenn ein individueller Schaden zweifelsfrei nachgewiesen werden kann.
In der Anhörung wurde mehrfach betont, dass es gerade die Giftcocktails in Pflanzenschutzmitteln sind, die eine Risikobewertung erschweren; denn die beigemischten Hilfsstoffe sind häufig sogar gefährlicher als der enthaltene Hauptwirkstoff, und in der Mischung wird die toxische Wirkung unberechenbar potenziert. Tests auf Gesundheitsgefährdungen betrachten aber in der Regel die Wirkstoffe isoliert und außerdem unter Laborbedingungen.
Was draußen in Feld und Flur wirklich passiert, wie Rückstände von Glyphosat in unsere Lebensmittel und in unseren Körper kommen, obwohl der Wirkstoff angeblich nahezu vollständig von der Pflanze aufgenommen und dann schnell abgebaut wird, darüber weiß allenfalls Monsanto bestens Bescheid. Ansonsten ist die unabhängige Studienlage zu langfristigen Folgen auch Jahrzehnte nach der Einführung des Wirkstoffs immer noch dünn. Aber die wenigen, die es gibt, sind alarmierend.
Nichtsdestotrotz sind die Grenzwerte für Glyphosat sehr hoch, was Grenzwertüberschreitungen praktisch unmöglich macht. Angesichts solcher Widersprüche braucht man schon mehr als eine gehörige Portion Gottvertrauen, wenn man unbeirrt auf eine jahrzehntealte verantwortungsbewusste Anwendungspraxis als Ausweis der Unbedenklichkeit verweist.
Ich denke, es ist vielfach die blanke Angst der konventionellen Landwirtschaft, ihren wichtigsten chemischen Helfer zu verlieren. Ich sage auch: Diese Sorge muss ernsthaft mitgedacht werden, weil die durchaus vorhandenen Alternativen eine andere Produktionsweise erfordern und die Umsetzung solcher Anforderungen deshalb Zeit und Unterstützung braucht.
Das Ausweichen auf härtere chemische Keulen darf keine Option werden. Insofern muss die Debatte um die Wiederzulassung von Glyphosat der ultimative Weckruf an alle sein, grundsätzlich und ernsthaft über die Art von landwirtschaftlicher Produktion und den Konsum von morgen und die Wege dahin zu diskutieren. Denn inzwischen sollte die Erkenntnis gegriffen haben, dass mehr Chemie auf Feld und Flur auch die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung nicht sichern kann, dafür aber die aktuellen existenziellen Bedrohungen unverantwortlich verschärft. Insofern, meine Damen und Herren: Weniger ist manchmal mehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da es sich beim vorliegenden Antrag der Fraktion der GRÜNEN um einen reinen Berichtsantrag handelt, der sich mit den Auswirkungen des Herbizids Glyphosat befasst, möchte ich mich aufgrund der breiten Diskussion in der Öffentlichkeit zur Problematik nur mit allgemeinen Aussagen beschränken, so wie es meine Vorredner bereits getan haben. Ich möchte weniger auf den Antrag eingehen; das wird der Staatsminister tun.
Als ein der Landwirtschaft verbundener Politiker ist mir klar, dass der Einsatz von Glyphosat in der Landwirtschaft in bestimmten Bereichen derzeit ohne Alternativen ist. Persönlich halte ich den Einsatz in der Landwirtschaft daher weiterhin für geboten, aber: so wenig wie nötig.
Generell ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß zu beschränken. Eine regelmäßige Anwendung von Glyphosat allein aus Gründen der Arbeitserleichterung entspricht nicht der guten fachlichen Praxis. Es gibt Anwendungen, meine Damen und Herren, bei denen auch ich meine: Die braucht es nicht. Wenn zum Beispiel Getreide kurz vor der Ernte zur Abreifebeschleunigung gespritzt wird, dann das ist unnötig; denn es besteht die Gefahr, dass Rückstände in den Lebensmitteln verbleiben. Die gefundenen Mängel liegen zwar in der Regel nicht über dem zulässigen Rückstandshöchstgehalt, aber hier steht auch für mich der vorbeugende Verbraucherschutz an erster Stelle. Rückstände dieser Art sind meines Erachtens vermeidbar.