Protocol of the Session on June 23, 2016

Das Bund-LänderUnternehmen nimmt staatliches Geld in die Hand, um die Sanierung – es handelt sich um eine Bergbaufolgelandschaft der DDR – durchzuführen. Es hat Weitsicht gehabt und festgestellt: Hier müssen wir handeln. Es ist Gefahr im Verzug für die Bevölkerung. Deshalb müssen wir sanieren.

Die DDR hätte diese Rückstellungen nie gebildet. Vattenfall hätte sie auch nicht gebildet. Das Unternehmen stellt einen Antrag nach dem bergrechtlichen Verfahren. Auch ein Abschlussbetriebsplan ist aufzustellen. Wenn eine Kippe aufgeschüttet wird, erfolgt die Abnahme. Die

Kippe kann stabil sein. Es ist aber auch möglich, dass sie – Knappenrode ist ein Beispiel – Jahrzehnte später ins Rutschen gerät. Das kann das Unternehmen im Moment nicht vorhersehen. Deshalb verfolgen wir und die GRÜNEN den Ansatz, dass sich der Freistaat für den Fall, dass Folgeschäden über den Zeitraum der Existenz des Abbauunternehmens hinaus bestehen, durch das Einfordern von Sicherheitsleistungen absichert.

Herr Minister Dulig, wir brauchen so einen Katalog mit Kriterien oder vielleicht ein nachvollziehbares Prozedere – er sprach es gerade an –, welche Gefahren aus der Braunkohle auf uns zukommen könnten, wie Sie das bewerten und absichern wollen. Reine buchhalterische Zahlen und eine Plausibilitätsprüfung werden uns wohl nicht weiterbringen. Ich bin gespannt, was Sie uns heute sagen werden, wie Sie agieren und uns gemeinsam auf einen richtigen Weg bringen werden. Mit dem Minister in Brandenburg habe ich schon gesprochen, denn die prüfen das im Moment auch.

(Beifall bei den LINKEN)

Wünscht die SPDFraktion noch das Wort? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die AfD-Fraktion. – Herr Abg. Barth, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch eine Minute Redezeit, deshalb will ich mich ganz kurzfassen.

Sowohl in der Asylpolitik als auch in der Energiepolitik geht Deutschland in Europa einen Sonderweg, meine Damen und Herren. In der Asylpolitik fordern wir als AfD seit Langem, dass der Freistaat Sachsen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland die Forderung aufmachen soll, dass die Asylkosten vollumfänglich durch den Bund bezahlt werden. Dasselbe, meine Damen und Herren, fordern wir im Hinblick auf die Folgekosten in der Braunkohle, denn die Bundesregierung hat durch ihre zweifache Kehrtwende die unternehmerischen Risiken bei Vattenfall erheblich verstärkt.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der LINKEN und der AfD)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht; dann gehen wir in eine neue Runde? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Herr Minister Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hatte mehrere inhaltliche und rhetorische Höhepunkte, aber was mich am meisten beeindruckt hat, ist der Kurswechsel der GRÜNEN.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Haha!)

Denn wenn wir jetzt ernsthaft darüber reden, dass wir durch den Vattenfall-Verkaufsprozess über die Frage der Sicherheitsarchitektur reden müssen, heißt das ja, Sie akzeptieren den Verkauf. Das heißt, Sie akzeptieren, dass jetzt mit EPH ein neuer Investor in die Betriebspläne einsteigt, damit auch die Laufzeiten laut Betriebsplänen bis mindestens 2042 gesichert sind, und dann wäre es tatsächlich das erste Mal, dass wir vernünftig nicht über die reine Energiepolitik im Sinne von schwarz-weiß, im Sinne von Ausstieg oder dergleichen reden, sondern Sie akzeptieren den Verkauf, und dann reden wir tatsächlich über eine Sicherheitsarchitektur. Den Kurswechsel, den Sie mit der Beantragung dieser Aktuellen Debatte hingelegt haben, finde ich bemerkenswert.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das haben Sie aber schön zusammengezimmert!)

Nein, Moment! Warum wollen Sie die Diskussion über Sicherheitsleistungen, wenn Sie eigentlich sagen, wir müssen so schnell wie möglich aus der Braunkohle aussteigen?

(Widerspruch bei den GRÜNEN)

Dann müssten Sie ja darauf setzen, dass der Verkaufsprozess nicht zustande kommt, um in einem ganz anderen, sehr ungeordneten Verfahren zu schnellen Lösungen des Ausstiegs zu kommen, bei denen die Frage der Sicherheitsleistungen ganz anders stehen würde. Oder habe ich Sie jetzt genau erwischt? Habe ich Sie genau erwischt bei der Frage, warum Sie zum heutigen Zeitpunkt die Debatte führen?

Ich unterstelle Ihnen nämlich nicht den Kurswechsel – das glaube ich Ihnen nun wirklich nicht –, ich unterstelle Ihnen aber, dass Sie den Zeitpunkt der Debatte nutzen wollen, um ein anderes Signal zu senden: nicht die Diskussion, welche Sicherheitsleistungen notwendig wären, um die Risiken abzudecken, und nicht die Frage, wer die Kosten der Rekultivierung übernimmt. Wir sind mitten im Verkaufsprozess und man achtet in Schweden sehr genau darauf, welche Signale aus Deutschland zur Energiepolitik, welche Signale aus Brandenburg und Sachsen kommen. Über dieses Stöckchen springe ich nicht.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Sie werden von uns in dieser Debatte keine Aussagen bekommen, die politisch instrumentalisiert werden können, um den Verkaufsprozess zu behindern.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Um das einmal ganz klar zu sagen: Über dieses Stöckchen springe ich nicht, weder über das Stöckchen, das Sie hingehalten haben, noch über das von Frau Pinka hingehaltene. Es ist eben keine rein politische Entscheidung, mit welchen Instrumenten wir arbeiten, sondern die Frage, wann ich in der Lage bin, mit bestimmten Instrumenten zu arbeiten, beantwortet unser Bergrecht. Das ist die Frage der – –

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Na? Falsche Karte!)

Na, na, na? Lieber falsche Karte als falscher Ton, Herr Scheel!

(Bravo-Rufe und lebhafter Beifall bei der SPD und der CDU)

Das ist die Frage der aller zwei Jahre stattfindenden Prüfung der Hauptbetriebspläne oder der Änderungszulassung von Betriebsplänen. Das sind die Anlässe, wo man das Instrument überhaupt nutzen kann. Also brauchen Sie doch nicht so zu tun, als sei das hier eine politische Entscheidung, ob wir es wollen oder nicht. Sie können sich vor allem sicher sein – und da brauchen wir keine Debatte von Ihnen –, dass wir in der Staatsregierung von Anfang an im Verkaufsprozess darauf geachtet haben, dass die Interessen des Freistaates gewahrt werden. Ich kann immer nur wiederholen, dass nicht wir die Akteure des Verkaufs sind, sondern zwei Unternehmen, die miteinander verhandeln. Wir können dementsprechend – –

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Wissen Sie, entweder haben Sie von der Sache Ahnung, dann können Sie Fragen stellen,

(Alexander Krauß, CDU: Das können Sie bei Herrn Scheel ausschließen!)

oder Sie wollen Polemik, dann können Sie gern weiter dazwischenquatschen. Aber ich versuche gerade sachlich die Dinge zu erklären.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Denn wir haben unsere Interessen in diversen Begleitgesprächen und regelmäßigen Jour fixes, die wir mit Vattenfall geführt haben, eingebracht, wo uns erklärt wurde, wie der Verkaufsprozess läuft, und zwar in dem Maße, was vertretbar war. Auch dort ging es um Betriebsgeheimnisse, sodass wir immer nur unsere Interessen hinterlegen konnten. Da geht es natürlich um die Verantwortung bei der Rekultivierung und bei den sozialen Kosten. Das ist notwendig, um gegenüber dem Verkäufer und dem Käufer zu signalisieren, dass wir diese Fragen an den Richtigen wieder stellen werden, wenn sie im Verkaufsprozess nicht adäquat beantwortet werden. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und wir werden unsere Interessen auch sicherstellen, darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall des Abg. Lars Rohwer, CDU)

Es geht darum, dass wir nicht – und da widerspreche ich Ihnen komplett – das Bergbauunternehmen aus der Verantwortung entlassen. Natürlich können wir auch gern darüber reden, welche Verantwortung der Bund hat, aber wir bleiben hier bei dem Verursacherprinzip. Derjenige, der etwas verursacht, muss dafür geradestehen, es wiedergutzumachen. Das ist eben nicht der Bund, sondern in dem Fall derjenige, der den Bergbau betreibt. Da muss ich Ihnen komplett widersprechen. Aber ich lasse auch nicht zu, dass wir diejenigen sind, die auf den Kosten sitzenbleiben. Da sind wir selbstbewusst als Sachsen gegenüber

allen Partnern, egal ob wir gegenüber dem Bergbau oder dem Bund auftreten, um klarzumachen was wir wollen und welche Rechte wir einfordern können.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Uns geht es darum, mit einer vernünftigen Sicherheitsarchitektur die Interessen von Sachsen zu wahren.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Nein.

In den nächsten Wochen werden wir Klarheit haben, damit dieser Verkaufsprozess abgeschlossen werden kann. Wir werden ihn nicht stören, sondern konstruktiv begleiten, um unsere Interessen zu wahren. Das sind wir dem Freistaat Sachsen und vor allem den Menschen in der Lausitz schuldig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Wird noch eine Kurzintervention gewünscht?

Nein, ich nehme die Minute.

Anderthalb Minuten noch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter

Herr Dulig! Wir haben im März über diese Verkaufsverhandlungen diskutiert. Da haben Sie im Prinzip dasselbe gesagt. Eigentlich sitzen Sie nicht am Katzentisch. Nun verweisen Sie darauf, dass es diesen Eigentumsübergang gibt und nichts weiter, als dass man in diesem Eigentumsübergang überprüft, ob Geld, das als Sicherheitsleistungen von Vattenfall nie eingefordert wird, aber dadurch, dass der schwedische Staat als Staatsunternehmen Eigentümer war, eine große Sicherheit bestand, dass da im Falle einer Unternehmensinsolvenz nichts passiert. Aber, dass wir schon davon ausgegangen sind, dass zwischenstaatliche Beziehungen existieren, die uns in die Lage versetzt hätten, eine Sanierung durchzuführen, da bin ich ganz bei Ihnen. Vielleicht hätte man das von Vattenfall auch nicht einfordern können.

Jetzt wird aber Geld übertragen. Es fließen Barmittel von einem Staatsunternehmen zu einem Privatunternehmen, das vielleicht – wir wissen, welche Zusammensetzung dieses Unternehmen hat – doch nicht die gleiche Konstellation hat wie Vattenfall. Wir wollen von Ihnen nichts weiter, als dass man im Zuge des Eigentumsübergangs oder, sagen wir einmal, bergrechtlicher Projekte, die dann angegangen werden – Abschlussbetriebspläne, Betriebspläne usw. –, Kriterien aufstellt, wonach man als Freistaat Finanzen, Bürgschaften oder Versicherungsleistungen einfordert. Nichts weiter wollen wir von Ihnen. Ich hoffe, Sie sind auf einem guten Weg.

(Beifall bei den LINKEN)

Wird noch weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.