Protocol of the Session on April 21, 2016

Herr Kollege Wurlitzer, Sie folgen Frau Friedel jetzt auf dem Fuße für die AfDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist sinnvoll und wird deshalb auch von uns vollumfänglich unterstützt.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Schade! – Heiterkeit bei den LINKEN)

Sehr geehrte Frau Ministerin Kurth! Sehr geehrte Kollegen der CDU! Sie sind seit 26 Jahren an der Regierung in Sachsen, haben einen hervorragend ausgebauten großen Mitarbeiterapparat im Ministerium und kennen die Situation an den Hochschulen, Universitäten und Schulen ganz genau. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Sie können nicht oder Sie wollen nicht.

Heute ist der 21. April 2016. Sie wollten das Lehrerpersonalentwicklungskonzept 2020 im Jahr 2015 vorlegen. Das haben Sie nicht getan. Noch am 21. Dezember haben Sie geantwortet, dass Sie unter anderem auf die 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose warteten.

Entweder das SMK kündigt nun ein genaues Datum für die Vorlage des Konzepts an – dann können wir immer noch harsche Kritik daran üben, dass es zu spät kommt – oder das SMK verweist weiterhin auf eine vage Zukunft. Dann können wir die Regierung weiterhin scharf kritisieren und ein gewisses Unvermögen unterstellen.

Aber wissen Sie was: Eigentlich können wir Ihnen dankbar sein. Offensichtlicher als Sie kann man gar nicht dafür sorgen, dass klar wird, warum man eine starke Opposition braucht. Sie scheinen sich daran gewöhnt zu haben, Menschen für dumm verkaufen zu können. Offensichtlich sind Sie dazu noch völlig beratungsresistent, beratungsresistenter als der schwerfälligste Schüler in unserem Schulsystem. Selbstverständlich hätten Sie im Jahr 2015 bereits ein Konzept vorlegen können und selbstverständlich hatten Sie alle Zahlen und Fakten, die man dazu braucht.

Frau Ministerin, wenn Ministerpräsident Tillich uns schon nicht gut zuhört, so hätten Sie uns doch zuhören können. In den Haushaltsverhandlungen vor ziemlich genau einem Jahr und auch in den anschließenden Plenardebatten – wie am 17. September 2015 zur Lehramtsausbildung – haben wir die Situation im Bildungswesen genau beschrieben und die Prognosen aufgezeigt. Frau Kurth, vielleicht hätten Sie Herrn Tillich besser informieren müssen. Dann hätte er vielleicht schon eher mit Herrn Unland gesprochen; denn Bildung gibt es nicht, wie Sie selbst festgestellt haben, zum Nulltarif.

Wenn Sie mit dem Ministerpräsidenten besser kommuniziert hätten oder er selbst besser zugehört hätte – was er offensichtlich nicht tat –, dann wäre das von Vorteil für unsere Bildungslandschaft und auch für Herrn Tillich selbst. Dann wären uns vielleicht Aussagen des Ministerpräsidenten wie die folgenden zwei erspart geblieben:

„Die AfD ist in der parlamentarischen Arbeit ohne Konzept.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ja!)

Da kommt gar nix. Es gibt keine inhaltliche Arbeit.“ Stanislaw Tillich, „Die Welt“, 18. Januar 2016.

(Widerspruch bei der CDU)

Dann hören Sie genauso wenig zu und können genauso wenig lesen. Das tut mir ja fürchterlich leid, aber das ist so.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Da wachen Sie plötzlich auf. Es ist nicht zu fassen! – Lothar Bienst, CDU, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Und wenn Sie eine Frage haben, gehen Sie ans Mikrofon.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Wurlitzer?

Bitte, Herr Bienst.

Herr Wurlitzer, ist Ihnen bekannt, dass die aktuellen StaLa-Prognosen in diesem Jahr Ende März/Anfang April erschienen sind?

Kennen Sie die vier Ausreden des Verkäufers? Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Sie finden immer eine Ausrede, warum Sie irgendetwas später abliefern.

Sie wären sicherlich ein guter Lehrer. Eine Frage beantwortet man nicht mit einer Gegenfrage.

Das sagen Sie! Das ist ja wunderbar.

Danke für die Antwort.

Gern geschehen.

Das zweite Zitat: „Die parlamentarische Arbeit der AfD ist jämmerlich. Die AfD schweigt, und wenn sie Anträge stellt, dann sind sie meist Wort für Wort abgeschrieben.“ Stanislaw Tillich, „Die Welt“, 31. März 2016.

Das ist eine Unverschämtheit. Sie sollten zählen können. Es ist ein Antrag gewesen. Wir haben selber gesagt, dass wir dort einen Fehler gemacht haben. Das würde ich mir von den anderen manchmal wünschen. Das wäre echt eine heiße Nummer.

Liebe Frau Kurth, Ihre CDU sitzt am längsten im Glastempel und wirft mit den größten Steinen. Aber wissen Sie was, lassen Sie uns ruhig weiter Zeit, am besten bis 2019. Ihr Ministerpräsident trägt die politische Verantwortung für sein Handeln. Und Sie wissen ja, am Wahltag bekommt man die Quittung.

Ich hoffe, wir werden 2020 das nächste Lehrerentwicklungskonzept schreiben. Auf jeden Fall werden wir unsere Bürger und Lehrer ernst nehmen. Dabei müssen wir auch nicht behaupten, dass Ihre Arbeit jämmerlich ist, denn das haben Sie selbst bewiesen.

Vielleicht sind die Oppositionsfraktionen nicht ganz so lernresistent wie die Regierung. Vielleicht haben diese bis dahin erkannt, dass man Anträge durchaus danach abstimmen kann, ob sie sinnvoll sind oder nicht, und nicht danach, von welcher Fraktion sie eingebracht wurden. Die AfD-Fraktion macht das jedenfalls mit dieser Zustimmung zum Antrag zum wiederholten Male.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Nach Herrn Wurlitzer spricht jetzt Frau Schubert für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als haushalts- und finanzpolitische Sprecherin meiner Fraktion bin ich für gewöhnlich nicht mit Debatten über Personalentwicklung in den einzelnen Ressorts befasst, aber bei den Lehrkräften sieht das anders aus. Hier fordern nicht nur der Landesschüler- und -elternrat, die Gewerkschaften oder auch die Opposition hier im Landtag ein Personalkonzept. Auch der Rechnungshof kritisiert – das hatte Frau Falken schon gesagt – die fehlende langfristige Personalbedarfsplanung im Jahresbericht 2014.

Das macht mich als Haushälterin hellhörig. Und ganz klar, die Debatte um die größte Angestelltengruppe des Freistaates ist seit Jahren ein Politikum – zu Recht. So schlicht die Forderung des Antrages ist, so irritiert sind wir in unserer Fraktion von der Stellungnahme der Staatsregierung, die gerade mal elf Zeilen umfasst.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Da sind Sie nicht allein!)

Ich möchte nicht spekulieren oder mutmaßen über irgendwelche Stellschrauben, die da im Gange sind, sondern ich möchte mich an die Kritik des Landesrechnungshofes halten. Diese verweist auf letztmalige Ansätze einer ernsthaften Lehrerpersonalplanung vor über sechs Jahren. Im August 2010 brachte die Regierungskoalition aus CDU und FDP einen Antrag mit dem Titel ein: Lehrernachwuchs sichern – Bedarfsprognosen als Grundlage einer verbesserten Studienorientierung. Die Forderung lautete vor sechs Jahren: Weiterentwicklung der Personalbedarfsermittlung zu einer öffentlich zugänglichen Personalentwicklungsprognose bis 2020 und Nutzung dieser Prognose für eine verbesserte Studienorientierung.

Die Zahlen aus dem Bericht des Kultusministeriums haben nach dem Beschluss des damaligen Antrags hohe Wellen geschlagen. Sechs Jahre später müssen wir feststellen, dass das Problem bis heute nichts an seiner Brisanz verloren hat und die Forderungen des damaligen Antrages auch heute noch aktuell sind. Im Grunde geht es

heute um eine Fortschreibung dieser Personalbedarfs- und -entwicklungsprognosen.

So war im Schuljahr 2010/2011 bereits mehr als jeder vierte Chemielehrer an Mittelschulen 55 Jahre und älter. Klar war damals demnach auch schon, die Betreffenden werden bis 2020 in Rente gehen, wenn nicht schon eher. Bis 2025, das war damals schon ersichtlich, sind nochmals Abgänge in ähnlicher Größenordnung zu erwarten. In anderen Fächern und auch an Gymnasien war und ist das Bild ähnlich. Insgesamt scheiden bis 2022 jährlich rund 1 500 Lehrkräfte aus dem Schuldienst aus und bis 2030 summieren sich die Altersabgänge auf fast 80 % des derzeitigen Personalbestandes. Das sind wohlgemerkt nur die Altersabgänge. Steigende Schülerzahlen, hohe Krankenstände oder Elternzeitvertretungen sind noch gar nicht eingerechnet, ebenso wenig Renteneintritte vor Erreichen der Regelaltersgrenze, was es auch gibt.

In Kenntnis dieser Zahlen irritiert die Stellungnahme der Staatsregierung umso mehr. War es 2010 auf Antrag von CDU und FDP möglich, den Bestand und Bedarf an Lehrkräften nach Schularten und nach Fächern aufzuschlüsseln, so will man nun erst einmal weitere Details klären. In der Stellungnahme zum damaligen Antrag hieß es: „Langfristige Prognosen zum Lehrkräftebedarf sind von einer Reihe von Parametern abhängig, die die generelle Unsicherheit von Prognosen wesentlich erhöhen. Ungeachtet dessen ist es notwendig, derartige Prognosen vorzulegen und insbesondere zum Zweck einer besseren Studienorientierung den sächsischen Hochschulen zur Verfügung zu stellen. Bei allen denkbaren Änderungen im Detail bleibt die erhebliche Dimension der notwendigen Nachwuchssicherung grundsätzlich unberührt.“

Mir ist unverständlich, weshalb der Verweis auf allseits bekannte Prognoseunsicherheiten heute dazu führt, eine erneute Aufstellung des Lehrerbestandes und -bedarfs weiter zu vertagen. Nutzen Sie einfach wie damals auch die Daten aus der Lehrerpersonaldatenbank, der Schulverwaltungssoftware und des Statistischen Landesamtes. Eckpunkte und Größenordnung dürften damit in jedem Fall darstellbar sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben schlichtweg keine Zeit mehr, um abzuwarten, bis auch die letzten Daten gesichert abschätzbar sind. Selbst wenn endlich ein Personalentwicklungskonzept vorliegt, müssen die künftigen Lehrerinnen und Lehrer auch noch ausgebildet werden. Wir können uns keine weiteren Verzögerungen bei der Nachwuchsgewinnung und -ausbildung erlauben. Wir brauchen das Konzept jetzt, damit die Zahlen rechtzeitig zu den Haushaltsverhandlungen vorliegen. Der enorme Bedarf an neuen Lehrerinnen und Lehrern und die damit verbundenen hohen Kosten, die auf den Freistaat zukommen, müssen endlich beziffert werden.

Lassen Sie mich als Haushälterin an dieser Stelle noch einmal anmerken: Wer mit seinem Personal über Jahre auf Verschleiß fährt, der darf sich nicht wundern, wenn irgendwann hohe Folgekosten zu begleichen und hohe Investitionen zu tätigen sind. Zum Nulltarif sind die

Lücken in der Personalversorgung jedenfalls nicht zu stopfen.

Der Antrag der Linksfraktion fordert letztlich nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung des Koalitionsvertrages. In der Stellungnahme wird darauf verwiesen, dass man auf die 6. aktualisierte und regionalisierte Bevölkerungsprognose warten wolle. Diese liegt seit Dienstag vor und auch meine Fraktion geht davon aus, dass Sie damit – und ich gebrauche das Wort von Herrn Bienst – zeitnah handeln können und werden. Der vorliegende Antrag legt den Finger in eine alte, aber noch immer offene Wunde und deshalb werden wir ihm zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Mit Frau Schubert sind wir am Ende dieser Rednerrunde angekommen. Frau Falken, haben Sie die Absicht, eine weitere Rednerrunde zu eröffnen?

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Ich komme noch einmal zum Schlusswort.)

Alles klar. Auch sonst sehe ich keinen Redebedarf mehr. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Frau Staatsministerin Kurth, bitte.