Wir beginnen mit der ersten Runde. Die Reihenfolge ist Ihnen geläufig: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einbringende Fraktion ergreift Frau Abg. Falken das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die amtierende Kultusministerin, Frau Kurth, war im Frühjahr 2012 ins Amt berufen worden, um die verfehlte Personalpolitik ihres Vorgängers, Herrn Prof. Wöller, zu beenden und den eklatanten Lehrermangel endlich zu beseitigen.
Frau Kurth, Ihnen ging der Ruf voraus, dass Sie eine Frau vom Fach sind. Das ist ja auch so. Das heißt, die Erwar
Nach einer vierjährigen Amtszeit, Frau Kurth – Sie sind jetzt schon vier Jahre im Amt –, zeigt sich, dass die Kultusministerin den Lehrermangel nicht in den Griff bekommt. Sie haben die Aufgabe, für die Sie angetreten sind, bis heute nicht im Ansatz erfüllen können. Eine Antwort auf die personalpolitischen Herausforderungen im Lehrerbereich sind Sie, Frau Ministerin, immer noch schuldig geblieben.
Das Einzige, was in der Personalpolitik im Lehrerbereich in den letzten Jahren und insbesondere in Ihrer Amtszeit passiert, ist, dass die Löcher gestopft werden. Das Ziel heißt nunmehr seit mindestens vier Jahren, aber auch schon zuvor: vor jeder Klasse ein Lehrer. Ja, es sollte ein Pädagoge sein. Inzwischen sind wir dabei, dass wir vor jeder Klasse eine Person haben, egal, ob es ein Lehrer ist oder nicht oder ob er eine pädagogische Ausbildung hat oder nicht. Inzwischen, Frau Staatsministerin, erfüllen Sie nicht einmal mehr diese Aufgabe. Das heißt, das Minimalziel – vor jeder Klasse eine Person – ist zurzeit nicht erfüllt.
Der Lehrermangel und die Situation im Lehrerbereich an unseren sächsischen Schulen haben zahlreiche Kritik hervorgerufen. Kritik kam von den Eltern, von den Schülern, aus den eigenen Reihen Ihrer CDU-Fraktion und Ihrer Partei, aber auch vom Sächsischen Rechnungshof. Im Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs von 2014 ist klar formuliert: Das sächsische Ministerium für Kultus verfügt über keine langfristige Lehrerpersonalplanung. Bis ins Jahr 2030 werden 23 700 Lehrerinnen und Lehrer den Schuldienst verlassen.
In der Koalitionsvereinbarung, die an diesen beiden Plenartagen eine besondere Rolle gespielt hat, steht ganz klar festgeschrieben, dass bis zum Jahr 2015 ein Lehrerpersonalentwicklungskonzept vorliegt. Dieses liegt bis heute nicht vor.
Frau Staatsministerin, kann es vielleicht sein, dass Sie sich gar nicht trauen, die Analyse des Iststandes dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzulegen, weil es so dramatisch ist, dass auch Sie Angst davor haben, dass es in der Bevölkerung mit klaren Zahlen sichtbar wird? Ich unterstelle ganz klar, dass Sie es deshalb nicht tun, weil die Analyse sehr schwierig ist. Eine Analyse ist aber die Voraussetzung, um ein gutes Personalentwicklungskonzept durchzuführen.
Auch für eine gute, saubere Planung der Lehramtsausbildung ist es notwendig, dass eine solide Grundlage zur Verfügung steht. Die Staatsministerin Frau Stange hat uns im Wissenschaftsausschuss mitgeteilt, dass ab dem Jahr 2020 für das Lehramt 2 000 Studienplätze für die Studienanfänger jährlich zur Verfügung stehen werden. Wir haben im Ausschuss gefragt, auf welcher Grundlage man jetzt auf die 2 000 gekommen ist. Die Ministerin hat uns erklärt, dass es Gespräche im Kultusministerium gegeben hat. Das ist für uns keine solide Grundlage für den Bedarf und die Notwendigkeit von auszubildenden Lehrerinnen und Lehrern.
2 000 Plätze für den Studienbeginn werden nicht ausreichen, um den nötigen Bedarf – vorausgesetzt, die jungen Leute bleiben auch in Sachsen – überhaupt zu decken. Bei einer Erfolgsquote – wir haben das gestern schon einmal gehört – im Lehramtsstudienbereich bei 63 % können Sie
Bei einem Ausscheiden der Lehrkräfte im Dienst Jahr für Jahr von circa 1 600, 1 700 bis 1 800 brauchen wir zwingend mehr Ausbildungsplätze im Studienbereich – dazu aber eine grundlegende Analyse.
Wir haben auch vorzeitig ausscheidende Lehrerinnen und Lehrer – schon mit dem 63. Lebensjahr –, die vorzeitig mit Abzügen in die Rente gehen. Über 33 % dieser Lehrerinnen und Lehrer, die vorzeitig ausscheiden, sind zurzeit benannt.
Diese gesamten Überlegungen sehen vor, dass wir ein Personalentwicklungskonzept zwingend brauchen; eine gute Analyse – wo soll es hingehen, welchen Bedarf haben wir, wie entwickeln wir die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer, die in Sachsens Schulen unterrichten werden? – und natürlich auch die Inhalte, die damit verbunden sind.
Aber was passiert zurzeit im Freistaat Sachsen? Über die Medien – auch wir als Abgeordnete –, nicht im parlamentarischen Geschäft, sondern über die Medien erfahren wir, was die Kultusministerin vorhat. Sie geht offensichtlich an die Stellschrauben, wo man Lehrerinnen und Lehrer einsparen kann. Das ist einmal die Stundentafel der Schüler.
Ich hoffe, Frau Ministerin, dass Sie uns hierzu heute ein bisschen mehr sagen können, welche Stellschrauben Sie ansetzen werden; denn lediglich zu informieren, dass Sie den Lehrplan entrümpeln und Fachwissen nicht mehr so stark verbreiten wollen, reicht nicht aus, um hier klare Positionen zu benennen.
Sie wollen – und haben es offensichtlich mit dem Finanzminister noch nicht hundertprozentig ausgehandelt, und es ist noch nicht sichergestellt – die Schülerobergrenze mit 28 Schülern. Wir wissen hier alle, dass 28 Schüler pro Klasse wirklich viel zu viel sind. Aber in Ihrem Interview mit der „LVZ“ am Montag konnte ich lesen, dass auch diese 28 Schüler – wie sie jetzt im Referentenentwurf stehen – noch nicht einmal sicher sind, das heißt, es ist möglicherweise zu erwarten, dass diese Grenze noch überschritten wird.
Heute lese ich in der „Sächsischen Zeitung“, dass Sie möglicherweise auch an die Pflichtstunden und die Anrechnungsstunden der Lehrerinnen und Lehrer heranwollen.
All diese Punkte sind Stellschrauben, um Lehrer einzusparen, nicht, um eine gute Personalpolitik durchzuführen. Dazu benötigen wir ein entsprechendes Konzept.
Wir fordern Sie heute mit unserem Antrag auf, das Lehrerpersonalentwicklungskonzept sofort und zügig vorzulegen.
Ihre Antwort auf unseren Antrag ist allerdings sehr, sehr bedenklich. Sie warten auf die 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose – die inzwischen schon vorliegt –; vielleicht könnten Sie uns heute auch gleich sagen, wann Sie das Konzept vorlegen, denn es kann ja nun nur noch ein paar Tage dauern. Ihre Antwort, dass Sie nicht wissen, wie viele Lehrkräfte ausscheiden werden und wie viele Lehrerinnen und Lehrer in die Elternzeit gehen, ist sehr haarsträubend mit dieser Begründung, es gibt kein Lehrerpersonalentwicklungskonzept. Was Sie hier aufgeschrieben haben, ist aus meiner Sicht sehr lächerlich.
Wir fordern Sie heute auf, unserem Antrag zuzustimmen; denn ich gehe davon aus, dass alle Abgeordneten hier im Sächsischen Landtag ein solches klares Konzept haben wollen und auch benötigen, um damit gezielt und langfristig arbeiten zu können.
Frau Staatsministerin, wir fordern Sie auf, uns heute zu sagen, wann dieses Konzept vorliegt, weil all das, was Sie in der Antwort geschrieben haben, nicht relevant oder schon vorhanden ist.
Frau Kollegin Falken brachte den Antrag ihrer Fraktion DIE LINKE ein. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion unser Kollege Lothar Bienst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Falken, ich muss ganz ehrlich sagen, ich hole mir mein politisches Wissen nicht unbedingt aus der Zeitung.
Ich informiere mich eigentlich im politischen Gespräch darüber, was die Regierungskoalition so vorhat, um dann auch dieses Wissen preiszugeben.
Herr Bienst, ich finde es ganz toll, dass Sie sich Ihre Informationen woanders herholen; aber meine Frage ist: Ich kann meine Informationen leider nur der Presse entnehmen, wo haben Sie denn Ihre her?
Ich komme in meiner Rede noch einmal darauf zu sprechen. Wir holen uns doch die Informationen im politischen Meinungsaustausch, wenn wir zusammen im Ausschuss sitzen bzw. uns im Plenum beraten. Sie hatten eingangs erwähnt und es in Ihrer Begründung auch so vorgelesen, dass es eine verfehlte Personalpolitik von Prof. Dr. Wöller gegeben hätte. Ich kann mich nicht an einen Urteilsspruch erinnern, der das so zum Inhalt gehabt hätte.
Die Position, die Sie immer wieder vertreten – wir würden sich auftuende Löcher stopfen –, haben wir schon mehrfach in diesem Hause ausdiskutiert. Ich kann mich daran erinnern, dass wir davon gesprochen haben, dass wir den Grundbedarf zu Schuljahresbeginn absichern. Die Löcher, die Sie meinen, gibt es, und darüber haben wir schon genügend diskutiert. Das sind Krankheitsfälle, die auftreten, und dadurch entstehen Löcher, die wir zu stopfen haben. Das tun wir mit Bravour und dafür haben wir auch die Mittel im System.
Was ich aber gerade nicht so gern gehört habe: Wenn Sie hier eine allgemeine Formulierung von sich geben, vor jeder Klasse steht eine Person. Ich kann mich daran erinnern, dass wir circa 30 000 ausgebildete Lehrer im System haben, die jeden Tag ihren Job machen, und das auch mit Bravour. An diese sollte man unbedingt denken und nicht von beliebigen Personen sprechen.
Dass der Landeselternrat zur Vorbereitung des Schuljahres eine große Aufregung artikuliert, ja,das ist den Leuten überlassen. Damit können wir politisch überhaupt nichts anfangen.
Ja, die Fakten sind bekannt. Ich zitiere noch einmal aus dem Koalitionsvertrag – für alle diejenigen, die ihn vielleicht nicht ganz so genau kennen. Darin steht: „Wir werden im Rahmen eines im Jahr 2015 vorzulegenden Lehrerpersonalentwicklungskonzepts 2020 die genauen Bedarfe ermitteln und für einen reibungslosen Generationswechsel in den Schulen sorgen. Wir werden dazu auch die Effizienz im System erhöhen.“