Protocol of the Session on March 17, 2016

(Vereinzelt Beifall bei der LINKEN)

In diesem Zusammenhang kann ich zwar auch zum Teil verstehen, dass man sich hier – da beziehe ich mich auf den Antrag der GRÜNEN – Gedanken machen muss, ob die Betreiber der Tagebaue genug Rückstellungen gebildet haben, um die Folgeschäden und die BergbauFolgekosten zu tragen.

Sie können ruhig glauben – auch für mich sind diese Fragen sehr wichtig und bedeutend. Genauso wichtig ist für mich aber auch, dass die Menschen in dieser Region eine wirtschaftliche Perspektive und damit eine Lebensperspektive haben.

Herr Baum, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Dr. Pinka am Mikrofon 1, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Baum, können Sie sich, wenn Sie den Antrag für sich noch einmal verinnerlichen, vorstellen, dass wir, wenn wir über Verunreinigung von Trinkwasservorkommen sprechen, damit auch Menschen meinen könnten, die vielleicht dieses Trinkwasser trinken?

Ja, natürlich. Aber Sie wissen doch genau, worauf ich mich beziehe, und darauf sind Sie nicht eingegangen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Dann kennen Sie unseren Gesetzentwurf nicht!)

Es steht doch außer Frage, dass das, was Sie ansprechen, vom Grundsatz her nicht falsch ist. Aber Sie sehen nur die eine Seite. Deswegen spreche ich die andere Seite an.

Also, diese wirtschaftliche Perspektive ist – da müssen wir uns nichts vormachen – zurzeit nun einmal die Braunkohleindustrie. Diese wird hoffentlich noch einige Zeit der Jobgarant der Region sein. Deswegen ist es für mich außerordentlich wichtig, dass das Braunkohlenge

schäft, das von Vattenfall jetzt verkauft werden soll, in gute Hände gelangt.

Die Nachrichten der letzten Tage waren dabei alles andere als beruhigend. Mittlerweile ist bekannt, dass es tatsächlich nur zwei konkrete Angebote geben wird. Offensichtlich ist natürlich auch, dass die Risiken, in Braunkohle zu investieren, bereits heute recht hoch sind. Der für den Stromerzeuger erzielbare Preis ist zuletzt drastisch gesunken. Außerdem gibt es noch viele Unklarheiten über die künftigen politischen Rahmenbedingungen im Energiesektor in Deutschland.

In einer solchen Situation weitere, zum Teil drastische Verstärkungen der Auflagen zu fordern, wie es LINKE und GRÜNE in ihren Anträgen tun, ist meines Erachtens wenig zielführend und eher kontraproduktiv. Denn der Freistaat Sachsen, der den gesamten Verkaufsprozess intensiv begleitet, wird darüber wachen, dass die gesetzlichen Vorgaben zum Umweltschutz, zur Renaturierung und zur Bildung ausreichender Rücklagen eingehalten werden. Gleiches gilt natürlich auch für die Genehmigungspraxis. Auch dort werden wir die gesetzlichen Vorgaben erfüllen und deren Einhaltung überprüfen, ganz egal, wer am Ende den Zuschlag bekommt.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei Ihnen, lieber Herr Schramm, für Ihr Engagement für die Region bedanken. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zum Schluss zusammenfassen: Für mich und meine Fraktion sind sächsische Interessen gewahrt, wenn wir den Menschen in der Oberlausitz weiterhin eine wirtschaftliche Perspektive bieten können. Perspektiven für die Oberlausitz eröffnen heißt für mich, dass wir den Menschen vor Ort klarmachen, dass es keinen weiteren abrupten Strukturabbruch geben darf, sondern einen nachhaltigen Transformationsprozess geben muss, an dessen Ende tatsächlich keine Braunkohle mehr verstromt werden muss, um den Menschen in der Region zum Job zu verhelfen. Schließlich heißt potenzielle Folgen für Freistaat und Steuerzahler begrenzen für mich, dass wir eben nicht einen kompletten Industriezweig von heute auf morgen schließen dürfen,

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das will bei uns auch keiner!)

sondern uns auf den Weg des Strukturwandels machen, auf dem wir uns im Übrigen – das sei nur am Rande erwähnt – schon seit 25 bzw. 26 Jahren befinden.

Kurzum: Bei den Themen der Anträge von LINKEN und GRÜNEN sind wir uns einig, bei den Inhalten leider nicht. Deshalb werden wir beide Anträge ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das war Herr Baum für die SPD-Fraktion. Herr Dr. Lippold, Sie wünschen?

Eine Kurzintervention, bitte.

Bitte sehr.

Verehrter Herr Präsident! Herr Kollege Baum! Ich möchte ausdrücklich dem Eindruck der Stigmatisierung entgegentreten, wir kümmerten uns nicht um die Menschen in der Lausitz. Wir haben bereits im letzten Jahr in einem umfangreichen Workshop-Prozess mit Verbänden, Unternehmen und Agenturen in der Lausitz als GRÜNE ein umfangreiches Papier, ein Impulspapier für „Die Lausitz nach der Kohle“ erstellt. Das haben wir als GRÜNE auf dem Landesparteitag einstimmig beschlossen. Wir haben einen Plan für die Zeit nach der Kohle als GRÜNE entwickelt.

Aber in diesem Antrag ging es um die Interessen des Freistaates Sachsen und der öffentlichen Haushalte. Da ist es unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns darum zu kümmern, und darauf haben wir uns konzentriert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Kurzintervention von Herrn Dr. Lippold. Herr Baum, möchten Sie erwidern? – Das ist nicht der Fall. Dann setzen wir die Aussprache fort. Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abg. Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir behandeln in der heutigen Sitzung zwei Anträge, die sich in ihrer Konsequenz wie ein gemeinsamer Großangriff von GRÜNEN und LINKEN auf den Braunkohlentagebau und die Kraftwerke in der Lausitz lesen.

Mit der Versagung von Genehmigungen neuer Braunkohlentagebaue bzw. von Erweiterungen aktiver Braunkohlentagebaue in Ihrem Beschlusspunkt 5, liebe Linksfraktion, wird das Ziel schon sehr deutlich angesprochen: Ausstieg aus der Braunkohle so schnell wie möglich. Damit stellen Sie sich programmatisch in eine Front mit den GRÜNEN.

(Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Das ist nichts Schlechtes!)

Die Braunkohle ist jedoch das ökonomische Herz der Lausitz. Ein überhasteter Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung würde im Osten Sachsens schwerste soziale und wirtschaftliche Verwerfungen auslösen.

„Die Kohle gibt, die Kohle nimmt“, dies ist ein Spruch aus der Lausitz, der zeigt, wie sehr diese Gegend von der Braunkohle geprägt ist – im Guten wie im Schlechten. Insgesamt sind in Ostdeutschland 12 000 direkt und 11 600 indirekt Beschäftigte im Bergbau und in der Energiewirtschaft tätig. Diese Arbeitsplätze gefährden Sie nicht nur, nein, Sie wollen sie vernichten.

Ich sage Ihnen: Wenn in einem Land Tagebau betrieben wird, dann bin ich froh, wenn dies in Deutschland geschieht. In keinem anderen Land der Welt gibt es ein

derart gutes Kontrollsystem. In Deutschland wird kein rücksichtsloser Raubbau nach dem Prinzip „Nach mir die Sintflut!“ betrieben.

Was Sie, liebe LINKE und GRÜNE, hier hingegen betreiben, ist unverantwortliche Panikmache. Die LINKENFraktion glaubt, dass vor dem Hintergrund der laufenden Verkaufsverhandlungen von Vattenfall die bestehenden Kontrollen nicht ausreichen. So ein Unsinn! Der beabsichtigte Verkauf der Braunkohlensparte durch Vattenfall ist doch nicht ökonomisch, sondern politisch motiviert. Die rot-grüne schwedische Regierung, also Ihre Gesinnungsgenossen, möchte das unbedingt. Doch auch wenn der Betreiber der Anlagen wechselt, werden diese am Ende nicht anders betrieben. Ein Teil der Kontrollen bzw. auch die Erhebung der entsprechenden Messwerte ist vertraglich vereinbart und auch für den möglichen neuen Eigentümer bindend.

Interessant ist aber, dass Kleine Anfragen in Brandenburg ergeben haben, dass nicht mehr alle Messstellen beprobt werden, insbesondere diejenigen in direkter Nähe zu den Einleitstellen der Pumpwässer. Die in den wasserrechtlichen Genehmigungen festgelegten Grenzwerte, insbesondere für Eisen, sind in Brandenburg sehr hoch angesetzt. Der Grenzwert der Einleiterlaubnis für den Tagebau Welzow-Süd beträgt beispielsweise 5 Milligramm pro Liter und scheint trotzdem direkt an den Einleitstellen regelmäßig überschritten zu werden.

Dass Ihre Parteikollegen, liebe LINKE, in der brandenburgischen Landesregierung nicht imstande sind, Grenzwerte auch durchzusetzen, ist nun aber kein Indiz dafür, dass die Sächsische Landesregierung zu wenig kontrolliert. Kehren Sie lieber vor Ihrer brandenburgischen Haustür! Mit den Beschlusspunkten 6 und insbesondere 7 und 8 stellen Sie irreale Forderungen auf. Sie ergeben nur eine weitere Belastung der Braunkohlentagebaue und damit eine Gefährdung von Arbeitsplätzen. Eine deutlich höhere Rücklagenbildung ist kaum realisierbar und in diesem Umfang auch gar nicht verlässlich. Oder erklären Sie mir doch bitte, wie eine Gewährleistung der sicheren, krisenfesten und langfristig verfügbaren Bildung und Anlage von finanziellen Rücklagen aussehen soll in Zeiten, in denen die Spareinlagen von Millionen Kleinanlegern durch die Null-Zins-Politik der EZB inflationiert werden und auch die Investitionen in Aktien keine Sicherheit mehr gewährleisten. Die Ausschüttungen von Lebensversicherungen und Rentenfonds sind mittel- und langfristig bedroht. Da kommen Sie mit der Utopie von krisensicheren Rücklagen!

Ihr Ziel ist aber klar sichtbar: Die Fortsetzung des Braunkohlentagebaus soll so unattraktiv wie möglich gemacht werden. In ähnlicher Weise sind auch die Beschlusspunkte unter I. im Antrag der GRÜNEN zu sehen. Dort heißt es unter Punkt 3.: „… wie und durch wen die Ewigkeitslasten zukünftig gedeckt werden, wenn der Käufer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr hinreichend zahlungsfähig ist“.

Die Definition sogenannter Ewigkeitslasten ist heute eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Aber wenn durch rotgrüne Politik die Unternehmenskonzepte zerstört werden, dann ist es nur folgerichtig, dass der Bund und letztlich auch der Freistaat in die Pflicht kommen. Herr Lippold, ich darf Sie zitieren: „Wir müssen endlich eine Zukunftsvision für die Lausitz ohne Braunkohle entwickeln.“ Mit Visionen kann man eine Region aber auch zugrunde richten, oder, wie Helmut Schmidt einst sagte: „Wenn ich Visionen hätte, würde ich zum Arzt gehen.“ Nein, wir brauchen keine wolkigen Visionen. Solange der Lausitz der völlige wirtschaftliche Niedergang droht, wenn der Ausstieg aus der Braunkohle überstürzt und ideologisch motiviert vollzogen wird, verursachen Sie mit Ihren Visionen nur Schaden. Und Sie retten noch nicht einmal das Weltklima – von Sachsen aus, versteht sich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde? – Die GRÜNEN haben keine Redezeit mehr. DIE LINKE? – Da gibt es keine Meldung. Die CDU-Fraktion? – Herr Abg. Krauß. Herr Krauß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gern noch auf die Debatte eingehen; denn das ist ja auch Sinn und Zweck, dass wir hier ein bisschen ins Diskutieren kommen.

Voranstellen möchte ich, dass wir natürlich unsere Informationen, wenn wir hier darüber sprechen, alle aus den Zeitungen haben, und nicht mehr. Das zeigt schon einen Fakt, den man aber wahrnehmen sollte: Wir sind Zaungäste bei diesem Verfahren. Es geht darum, dass ein Unternehmen verkauft wird, und das ist keine Angelegenheit des Freistaates Sachsen. Das müssen wir auch einmal festhalten. Wenn Frau Pinka sagt, der Freistaat Sachsen müsse sich stärker einmischen, dann ist das schon ein bisschen weit hergeholt. Ich würde mich als Erstes fragen: Frau Pinka, was macht denn da eigentlich Brandenburg, was machen Ihre sozialistischen Genossen?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ich denke, wir sind nicht beteiligt? Was stimmt denn nun?)

Herr Krauß, gestatten Sie an dieser Stelle eine Zwischenfrage?

Ja, bitte schön.

Frau Dr. Pinka.

Ich darf Ihnen jetzt leider nicht darauf antworten, das können wir dann gerne draußen tun. Aber ich würde Sie gern fragen, ob Sie vorhin meinem Redebeitrag zugehört haben, in dem ich gefragt habe, ob im Bundesberggesetz nicht genau diese