Protocol of the Session on February 4, 2016

Wie muss man sich das praktisch vorstellen? Der Arbeitsmarktmentor setzt sich intensiv mit dem einzelnen Menschen auseinander, gleicht dessen Berufswünsche mit dem tatsächlich Machbaren ab, erarbeitet gemeinsam mit dem Flüchtling einen Fahrplan auf dem Weg in die Ausbildung und Beschäftigung und weist den Weg in erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen, Praktika, Sprachkurse oder Ähnliches. Er steht dem sächsischen Neubürger auf dem gesamten Weg der Arbeitsmarktintegration beratend zur Seite; denn diese Aufgabe können wir weder den Unternehmen auflegen, noch können wir die Flüchtlinge unserem komplexen Arbeitsmarktsystem aussetzen.

Das Ziel der Arbeitsmarktmentoren soll es sein, die betreuten Flüchtlinge möglichst rasch und nachhaltig in eine Berufsausbildung oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu integrieren. Dabei sollen die Mentoren Arbeitgebern und Ausbildungsbetrieben mit Rat und Tat zur Seite stehen, um eine möglichst reibungslose Eingliederung der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Azubis zu gewährleisten und Abbrüche zu vermeiden.

Für die Umsetzung des Programms wollen wir in den kommenden drei Jahren 9,5 Millionen Euro in die Hand nehmen. Das Kabinett hat am 13. Oktober 2015 einen Grundsatzbeschluss dazu gefasst, den wir nun rasch umsetzen werden.

Uns ist bewusst, dass wir mit diesem Budget nicht alle Flüchtlinge in Sachsen unterstützen können. Das ist auch nicht unsere Absicht. Vielmehr wollen wir einen Baustein bieten, mit dem wir die Angebote der Bundesagentur für Arbeit sowie der zahlreichen Bundesprogramme, die sich derzeit so dynamisch entwickeln, nutzen und sinnvoll miteinander verzahnen.

Es geht darum, die vor uns stehenden Herausforderungen aktiv anzugehen, auch wenn wir die weitere Entwicklung noch nicht im Detail kennen. Es wäre mehr als fahrlässig, sich über Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung zu beklagen und gleichzeitig die Chancen zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen nicht zu nutzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will noch einmal betonen: Wir brauchen einen realistischen Blick auf das Thema Integration. Hier gibt es ein Spannungsfeld zwischen der Ungeduld aller Beteiligten einerseits und der Tatsache, dass Integration Zeit braucht, andererseits. Um die große Zukunftsaufgabe erfolgreich bewältigen zu können, müssen wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam anpacken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will auf einige Aspekte eingehen, die jetzt in der Diskussion gekommen sind; denn ich glaube nach wie vor, dass es nicht das Thema ist, bei dem man die Unterschiede suchen sollte, sondern bei dem es darum geht, gemeinsam anzupacken. Deshalb danke für die Unterstützung, die aus allen Fraktionen signalisiert wurde.

Ich würde aber auch bei bestimmten Themen, die Sie angesprochen haben, noch einmal hinterfragen, ob Ihre Kritik an dieser Stelle berechtigt ist. Wenn Sie sich zum Beispiel echauffieren, als würden wir nicht die rechtlichen Strukturen kennen, dann verkennen Sie vielleicht, dass es nicht darum geht, ob wir etwas kennen, sondern wie zum Beispiel die Auslegungspraxis ist.

Gerade beim Thema des unterschiedlichen Status von Geduldeten, Geflüchteten, Asylsuchenden usw. haben wir völlig unterschiedliche rechtliche Bedingungen, wer arbeiten darf und wer nicht. Aber wir haben auch die Situation, dass zum Beispiel in einem Bereich Voraussetzung ist, dass ein Sprachkurs absolviert wird, und in dem anderen ist dies keine Voraussetzung. Ist das jetzt eine Frage des Rechtes oder eine Frage der Auslegung?

Genau das ist wichtig: dass wir einmal untersuchen, was die formalen Rahmenbedingungen sind. Von daher nützt Ihnen, wenn Sie es sich tatsächlich einmal in der Praxis anschauen, die Erkenntnis allein nicht, wie die Rahmenbedingungen sind, sondern entscheidend ist, ob sie anwendbar sind und wo dort die Hürden liegen.

Zum Zweiten. Es gibt einen großen Unterschied, wenn ich mir anschaue, wer hier in den letzten Jahren gerade als EU-Bürger eine Ausbildung gemacht hat. Da gibt es die Erfahrung zum Beispiel mit spanischen Jugendlichen. Das hat mit geflüchteten Jugendlichen nichts zu tun. Genau deshalb sind das zwei Punkte. Ich bitte darum, den Antrag auch so zu lesen. Da steht zweitens, wie sich die berufliche Ausbildung ausländischer Jugendlicher entwickelt hat, und drittens – das ist ein eigener Punkt –, welche praktischen Hindernisse bei der Aufnahme einer Berufsausbildung durch jugendliche Migranten entstehen – zwei völlig verschiedene Sachverhalte. Ich bitte einfach um Fairness, dass dies berücksichtigt wird.

Wenn ich von einem realistischen Blick auf Integration spreche, dann will ich noch einmal auf den Redebeitrag der AfD eingehen, weil er in sich komplett widersprüchlich ist: Wenn Ihre größte Sorge ist, dass wir die Menschen in die Sozialsysteme abgleiten lassen, dann müssten Sie der größte Verfechter aller unserer Integrationsmaßnahmen sein; denn es ist Sinn und Zweck von Integration, sie mit der Sprache, durch Teilhabe, durch Qualifizierung in den Arbeitsmarkt zu integrieren und eben nicht in die Sozialsysteme.

Trotz aller Unterschiede, die wir an Qualifikationsniveau haben – und da muss man wirklich auch ganz nüchtern und realistisch sein, denn wir haben vom Analphabeten bis zum Studierten alles da –, ist es unsere Aufgabe, die Integration zu fördern. Deshalb ist es eben nicht von heute auf morgen mit einer Maßnahme getan, sondern wir

brauchen den langen Atem und sollten in dieser Aufgabe zusammenstehen.

Wir sollten vor allem auch nicht die Menschen gegeneinander ausspielen. Es gibt nicht ein einziges Programm der BA, das Langzeitarbeitslosen oder anders am Arbeitsmarkt Benachteiligten nicht mehr zur Verfügung stünde; ganz im Gegenteil, alle Programme werden fortgesetzt. Tun Sie bitte nicht so, als würden wir jetzt für die Integration für Flüchtlinge etwas tun und für die anderen nichts. Spielen wir bitte die Leute nicht gegeneinander aus. Wir brauchen in dieser Frage wirklich den sozialen Frieden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema ist zu wichtig, als dass wir jetzt nur die Unterschiede suchen sollten, sondern wir müssen an dem anknüpfen, was uns hier zusammenführt. Integration ist eine gemeinsame langwierige Aufgabe. Wir müssen sie anpacken, und zwar gemeinsam.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, des Abg. Geert Mackenroth, CDU, und bei der Staatsregierung)

Ich rufe nun das Schlusswort auf; Herr Abg. Heidan, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war eine interessante Debatte – so interessant, dass die Fraktionen der LINKEN und der GRÜNEN schon sehr lange suchen mussten, um das Haar in der Suppe zu finden. Sie haben letztendlich nur unseren Antrag vorgelesen und nicht die notwendigen Ableitungen davon getroffen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ziehen Sie hier nicht wieder so ein Klein-Klein ab! – Weitere Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Wenn der Antrag so schlimm gewesen wäre, dann hätten Sie doch zumindest einen Änderungsantrag auf die Tagesordnung bringen können; das wäre das Mindeste gewesen. Ich kann Ihnen also nur zurufen: Machen Sie mit! Es ist ein guter Antrag, er bringt die Leute in Arbeit. Integration und Arbeit gehören eng zueinander. Vielleicht sollten Sie die Diskussion, die heute hier geführt wurde, ein Stück weit verinnerlichen.

Ich habe davon gesprochen, dass wir nicht die Überregulierung, sondern eine Deregulierung des Arbeitsmarktes brauchen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Darüber werden wir uns noch streiten!)

Fangen wir bei Ihnen an, was die Mindestlohndebatte betrifft, wenn wir jetzt über einen Mindestlohn von 10 oder 12 Euro sprechen, den Sie mittlerweile fordern. Oder – was die Damen und Herren von den GRÜNEN angeht – sprechen wir einmal über die Frauenquote bei muslimi

schen Familienstrukturen; das können wir gern einmal tun.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU – Unruhe – Zurufe)

Das ist dann unsere Aufgabe in diesem Haus. Machen Sie einfach mit, gehen Sie mit unserem Antrag konform – Sie haben es ja schon angekündigt. Stimmen Sie unserem guten Antrag zu – es bleibt Ihnen letztendlich keine andere Möglichkeit, als solchen guten Anträgen Ihre Zustimmung zu geben.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt gemeinsam über den Antrag abstimmen. Es war punktweise Abstimmung beantragt worden.

Ich beginne mit Punkt I.1. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Damit ist Punkt I.1 zugestimmt worden.

Ich rufe Punkt I.2 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen, ansonsten mit Mehrheit zugestimmt.

Punkt I.3 – Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch hier gibt es Stimmenthaltungen, dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Wer möchte Punkt I.4 zustimmen? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Diesmal kann ich Einstimmigkeit erkennen.

Wer gibt Punkt I.5 seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe Punkt II auf. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Wir kommen zu Punkt III. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier einige Stimmenthaltungen, dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Wer gibt Punkt IV seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Hier konnte ich Einstimmigkeit erkennen, damit zugestimmt.

Wer gibt Punkt V seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen dennoch mit großer Mehrheit zugestimmt.

Wer gibt Punkt VI seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier konnte ich Einstimmigkeit erkennen.

Ich lasse über den Antrag in Gänze abstimmen: Wer gibt dem Antrag „Integration fördern durch Teilhabe am Arbeitsmarkt“ seine Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, damit ist auch der Tagesordnungspunkt beendet.

Der ursprünglich beantragte

Tagesordnungspunkt 10

Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen – Schutz und Hilfen

für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt verbessern

Drucksache 6/4008, Antrag der Fraktion AfD

wurde abgesetzt. Meine Damen und Herren, wir kommen damit zu

Tagesordnungspunkt 11