Sonderabschreibung. Das ist ein Vorschlag des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen, welches vom Bundesumweltministerium initiiert wurde. Der Vorschlag stammt aus dem November letzten Jahres. Hierbei geht es darum, besondere Anreize für den Mietwohnungsneubau zu schaffen. Im Augenblick wurden wohl erste Eckpunkte zwischen den Bundesministerien, den obersten Finanzbehörden der Länder und dem Bundesfinanzministerium erörtert. Details dieser Maßnahme werden im Augenblick konkretisiert. Wir dürfen gespannt sein. Es scheint eine sehr wirksame Maßnahme zu sein, um insbesondere den privaten Mietwohnungsneubau anzukurbeln. Ebenfalls offen und in Klärung ist die Verlängerung von Belegungsrechten des Landes und der Kommunen.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, dass durch die Bundes- und Landesregierungen (CDU und SPD) bereits Maßnahmen ergriffen werden, um die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum zu sichern. Ihr Antrag, liebe Fraktion DIE LINKE, ist eine sehr gute Gelegenheit, diese wichtigen Fragen im Plenum zu diskutieren. Er hilft in der Sache im Augenblick aber nicht weiter. Die Staatsregierung setzt den von Ihnen richtig zitierten Teil des Koalitionsvertrages bereits um und bereitet die Sozialberichterstattung des Freistaates Sachsen vor. Deshalb werden wir Ihren Antrag leider ablehnen müssen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe Folgendes nicht ganz verstanden: Es handelt sich um einen Antrag, dessen Ziel es ist, zu wissen, an welchem Punkt wir überhaupt stehen. Die Regierungskoalition fängt schon an zu erzählen, was sie alles tut. Hierbei geht es erst einmal um den Antrag, eine Statistik zu erheben. In diesem Fall unterstützt die Fraktion der AfD den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Sie haben dieses Thema schon am 31. März 2010 angesprochen. Wir unterstützen die Forderung aus dem Koalitionsvertrag, dieses Thema anzugehen.
Es sollte eine Statistik sein, die objektiv ist und bei der Objektivität nicht hinterfragt werden muss. Wohnen ist eine Grundvoraussetzung. Menschenwürdiges Leben eines jeden Bürgers ist eines der wichtigsten Dinge. Es ist gravierender als zum Beispiel die Arbeitslosigkeit. Wohnungslosigkeit bedeutet, keinen Rückzugsraum zu haben. Die Privatsphäre ist ein unabdingbares Recht.
Die Statistik ist eine absolute Notwendigkeit für Lösungsansätze mit Ursachenbeschreibung. Darum geht es hier. Es besteht die Notwendigkeit, von staatlicher, objektiver Seite sachlich und insbesondere ohne Klientelbeeinflussung die Erhebungen durchzuführen. Dies ist auch wichtig, weil Fehlentscheidungen oftmals leider aus dem
politischen Bereich möglich sind und selten aus dem volkswirtschaftlichen Bereich erfolgen. Unerlässlich ist hierbei die Zusammenarbeit mit Sozialverbänden, die in diese Thematik involviert sind.
Inhalte dieses Berichts sind die Ursachen, der Sinn und Zweck sowie die Frage, warum Wohnungslosigkeit eintritt. Einiges wurde bereits genannt. Damit wissen wir, wovon wir reden. Originäre Ursachen sind zum Beispiel in familiärer Hinsicht: die Schulbildung, Scheidung, Insolvenz, Drogen oder die fehlende Ausbildung. Derivativ könnten folgende Ursachen möglich sein: Fehlen von Kleinwohnungen, fehlendes Angebot allgemein, Niedriglohnsektor, fehlende Beratung im Vorfeld vor dem Verlust einer Wohnung, fehlender bezahlbarer Wohnraum mit einfachen Ausstattungsstandards, Verkauf des kommunalen Wohnungsbestandes und, was bereits genannt wurde, falsche Anreize.
Hierbei kann ich auch die Mietpreisbremse nennen. Sie fördert das bevorzugte Wohnen in Ballungszentren und konterkariert die Stärkung des ländlichen Raumes. Es werden also falsche Anreize gesetzt. Natürlich spielen auch die Verteuerung durch den Staat, Energiesparverordnungen, die Erhöhung der Grundsteuer oder der Grunderwerbsteuer eine Rolle.
Die Statistik ist deshalb sehr wichtig, weil unterschiedliche Daten bei den Erhebungen der einzelnen Stellen vorliegen, die nicht staatlich sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe e. V., die bis zum Jahr 2018 eine Schätzung vorgenommen hat, spricht – bezogen auf Sachsen – von 5 000 Räumungen einschließlich der sogenannten kalten Räumungen. Kalte Räumungen liegen dann vor, wenn jemand freiwillig auszieht, weil er weiß, dass er bald rausgeschmissen wird, und zu Verwandten zieht. Sie sprechen bei von Wohnungslosigkeit Bedrohten allein von 8 600 Haushalten in Sachsen. Im Bund sind es wohl 172 000. Bis zum Jahr 2018 erwartet man über 20 000.
Die Diakonie macht sehr gute Erhebungen. Sie macht sie fortwährend. Sie spricht von rund 3 000 Wohnungsnotbetroffenen im Jahr 2014, tatsächlich wohnungslos sollen 1 500 sein. Sie sehen, dass die Zahlen sehr verschieden sind.
Ich weise darauf hin, dass wohnungslos nicht gleich obdachlos bedeutet. Viele wohnen bei Verwandten oder Bekannten und sind nicht auf der Straße. Sie leben deshalb auch nicht viel besser.
Meine Damen und Herren! Im Jahr 2008 gab es einen Bericht zu Wohnungslosen. In diesem Bericht wurde eine Zahl von 1 500 genannt. Der Sozialbericht aus dem Jahr 2006 mit dem Titel „Lebenslang in Sachsen“ führte auf der Seite 182 auch einige Zahlen auf. Dort spricht man von 1 300 Wohnungslosen zuzüglich Bedrohten. Jeder Zehnte kommt aus dem Niedrigeinkommenssegment. Er ist unterversorgt. Das wird wie folgt definiert: Unterversorgt ist man, wenn man die Hälfte des üblichen Wohnraumes hat oder kein Bad oder WC in der Wohnung zur
Meine Damen und Herren! Es geht nicht um die Maßnahmen, die ergriffen wurden. Es geht darum, an welchem Punkt wir stehen. Das Ergebnis dieses Berichts sollte also Folgendes sein: Haben die Erkenntnisse geholfen? Worin sind die Zahlen eingeflossen? Welche Entscheidungen möchten wir treffen? Sind die Maßnahmen hinterfragt worden? Wie hoch war der Aufwand? Die AfD-Fraktion hält diese Erhebung für entscheidungsrelevant, weil Wohnungslosigkeit einen absoluten, nicht zu überbietenden sozialen Abstieg bedeutet, dem unbedingt zu begegnen ist. In diesem Sinne stimmen wir dem Antrag zu.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute wieder einmal mit einem der vielen Prüfaufträge aus dem Koalitionsvertrag. Darin wurde festgelegt, die 2006 eingestellte Sozialberichterstattung wieder einzuführen. Ob bei der Datenerhebung auch die 2008 eingestellte Wohnungslosenstatistik wieder aufgenommen wird, will die Koalition prüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist eigentlich nicht ganz klar, aber offensichtlich – und da beziehe ich mich auf die Vorredner aus der Koalition – soll das jetzt irgendwie wieder geschehen.
Die SPD hat in ihrem Wahlprogramm auch klar formuliert, Armutsprävention und Armutsbekämpfung verstehe sie als Auftrag; aber um die Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit zielführend und effektiv zurückdrängen zu können, brauchen wir eben doch konkrete Zahlen für Sachsen. Da wird es höchste Zeit, die entsprechenden Zahlen zu erheben. Nur so können noch in dieser Legislaturperiode dann auch diejenigen sozialpolitischen Maßnahmen daraus abgeleitet werden, die dem Bedarf entsprechen. Das heißt: Bitte, liebe Vertreter der Koalition, treffen Sie schnellstmöglich die Entscheidung und schieben Sie die Prüfaufträge nicht weiter vor sich her. Ich gehe einmal davon aus, dass dies, wenn das stimmt, was Sie, Herr Pallas, sagen, jetzt auch geschehen wird.
Die Notwendigkeit einer Wohnungslosenstatistik liegt auf der Hand; denn in Deutschland gibt es keine nationale Statistik. Auch in den bisherigen Armuts- und Reichtumsberichten der Bundesregierung sind Erkenntnisse zur Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit mangels Datenbasis kaum vorhanden. Wir GRÜNE fordern wirklich schon seit Langem, auch bundesweit, dass es eine Erfassung von Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit gibt, um für die Ärmsten in unserer Gesellschaft auch einmal eine nationale Strategie entwickeln zu können, ebenso, wie die SPD das gefordert hat, bevor sie in die Regierungsverantwortung kam.
Nach Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe stieg die Zahl der Wohnungslosen zwischen 2010 und 2012 um 15 % an, auf nunmehr 285 000. Eine Trendwende ist da auch nicht in Sicht, im Gegenteil. Diese Bundesarbeitsgemeinschaft geht sogar davon aus, dass die Zahl im Jahr 2016 noch weiter ansteigen wird.
Laut Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes bleibt die Armutsquote in Sachsen mit 18,8 % ebenfalls konstant auf einem hohen Niveau. Besorgniserregend sind hierbei besonders die bundesweite Zunahme der Altersarmut, die hohe Armutsgefährdung bei Alleinerziehenden, die Kinderarmutsquote in Sachsen von fast 30 %, ein Mangel an Daten über die Armutsgefährdung von Menschen mit Migrationshintergrund, aber eben auch der Anstieg von Konsumenten illegaler Drogen, zum Beispiel Crystal – darüber haben wir hier schon oft debattiert –, in den Beratungsstellen und -einrichtungen. Erschwerend kommen jetzt noch steigende Mietpreise, ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Großstädten und ein zunehmender Mangel an Sozialwohnungen hinzu, obwohl ich natürlich weiß, dass die Ursachen von Wohnungslosigkeit weitaus komplexer sind, als dass sie allein in der Wohnraumversorgung gesucht werden könnten.
Frau Schaper hat es gesagt: In Nordrhein-Westfalen gibt es die angesprochene integrierte Wohnungsnotfallberichterstattung. Darin werden neben den kommunalrechtlich und ordnungsrechtlich untergebrachten wohnungslosen Personen bzw. Haushalten auch diejenigen Personen erfasst, die in den Einrichtungen der freien Träger sind. Das ist ein sehr guter Ansatz, und wenn Sie sagen, Herr Pallas, wir machen das, der Antrag ist nicht notwendig, so können Sie das ja sagen. Ich sage: Der Antrag ist deswegen notwendig, weil er richtig ist und weil er auch das umsetzt, was Sie im Koalitionsvertrag fordern. Wir GRÜNE halten es für dringend notwendig, das Thema Wohnungslosigkeit in die Sozialberichterstattung aufzunehmen. Deswegen stimmen wir zu und lehnen das nicht ab. Das ist für mich der logischere Schluss, dass man, wenn man etwas unterstützen will, dann auch zustimmt.
Mit Herrn Kollegen Zschocke, Fraktion GRÜNE, sind wir am Ende der Rednerrunde angelangt. Die einbringende Fraktion – ich sehe Kopfschütteln – möchte keine neue Rederunde eröffnen. Ansonsten gibt es auch keinen Redebedarf aus den Fraktionen. Daher erteile ich jetzt der Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Schmidt auch zu diesem Thema.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch hierzu möchte ich stellvertretend für meine Kollegin Barbara Klepsch das Wort ergreifen und gleich am Anfang sagen: Meines Erachtens brauchen wir keine zusätzlichen Anträge,
Herr Zschocke, wenn Sie sagen, ja, wir unterstützen das, dann hätten Sie doch einfach mit uns einen Koalitionsvertrag gemacht; dann brauchten Sie jetzt hier keine solchen Anträge zu stellen.
Außerdem wurde bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage mit der Drucksachennummer 6/3423 vom SMS im Dezember 2015 mitgeteilt, dass die Staatsregierung im Rahmen des Koalitionsvertrages prüft, ob die Statistik über wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen im Freistaat wieder aufgenommen wird. Darüber ist hier schon breit diskutiert worden. Natürlich, die Prüfung dauert an und wird berücksichtigen müssen, welche Daten zu welchem Zweck sinnvoll erhoben werden können.
Meines Erachtens klang es hier bei verschiedenen Rednern an: Es ist auch nicht ganz so einfach zu definieren, wie man diese Daten erfassen kann, wie man überhaupt Wohnungslosigkeit definiert. Sicherlich ist auch dies ein Grund, dass diese Prüfung sehr gewissenhaft vorgenommen werden muss und auch etwas länger dauert. Dazu werden die Gründe, die seinerzeit zur Einstellung der jährlichen Abfragen bei den Kommunen geführt haben, einem potenziellen Nutzen von Erhebungsergebnissen gegenübergestellt werden.
Vermeidung und Beseitigung von Wohnungslosigkeit sind Themen, die in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen als Sozialhilfeträger fallen. Es sind weisungsfreie Pflichtaufgaben in kommunaler Selbstverwaltung. Bei den Kommunen sind diese Themen sachgerecht verankert; davon bin ich überzeugt.
Das Sozialgesetzbuch, XII. bzw. II. Buch, sehen dafür Maßnahmen und Rahmenbedingungen vor, zum Beispiel Leistungen für Unterkunft und Heizung und sonstige Hilfen wie eine mögliche Schuldenübernahme. Dem örtlichen Träger der Sozialhilfe wird zum Beispiel auch mitgeteilt, wenn bei einem Gericht eine entsprechende Klage auf Räumung von Wohnraum eingeht.
Bis 2008 hatte das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz jährlich bei den Kommunen entsprechende Daten zur Wohnungslosigkeit erfragt. Die Ergebnisse wurden allerdings regelmäßig von den Wohlfahrtsverbänden angezweifelt. Sie verwiesen auf eigene Zahlen, die jeweils höher lagen. Das beruht nicht zuletzt darauf, dass es unterschiedliche Begriffsbestimmungen des Tatbestandes Wohnungslosigkeit gibt, verschiedene
Anlässe für die Erfassung durch verschiedene staatliche Stellen wie Sozialamt, Polizeibehörden usw., und dass es grundsätzlich keine Meldepflicht für die betroffenen Personen gibt. So sind derzeit Mehrfacherfassungen wie auch Erfassungslücken nicht zu vermeiden. Auch die
Wohlfahrtsverbände können nur jeweils diejenigen Personen erfassen, die im Rahmen einzelner Maßnahmen und Gelegenheiten dort Unterstützung suchen. Das fördert auch bei diesen einerseits Mehrfachzählungen; andererseits kann die Erfassung nicht vollständig sein.
Für eine verlässliche Statistik müssten schließlich all diese Faktoren berücksichtigt werden. Das heißt, Erfassungskriterien müssten klar definiert werden, Zuständigkeiten und Erfassungsanlässe eindeutig festgelegt werden, um Mehrfachzählungen zu vermeiden. Unabhängig davon bleibt eine Dunkelziffer; denn Wohnungslosigkeit ist für die Betroffenen nicht meldepflichtig.
Den Koalitionsvereinbarungen entsprechend, wird das SMS die Wiederaufnahme der statistischen Erfassung von wohnungslosen und der von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen unter Berücksichtigung der dargestellten Unsicherheiten und einer klaren Zielsetzung prüfen und gegebenenfalls natürlich eindeutige Rahmenbedingungen dazu definieren.
Wir nähern uns jetzt der Abstimmung über diesen Antrag. Aber vorher hat natürlich die Einreicherin die Möglichkeit, ein dreiminütiges Schlusswort zu halten, und das wird auch wahrgenommen von Frau Kollegin Schaper.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hochgeschätzter Minister Schmidt!
Es tut mir wirklich leid, dass wir Sie in Ihrem Glanz stören müssen; aber manchmal reicht auch der Koalitionsvertrag nicht aus, und in diesem Fall schätzen wir das so ein.