Protocol of the Session on February 3, 2016

Jeder in diesem Haus weiß, dass Deutschland, dass Sachsen und sächsische Unternehmen viel Zeit und Geld investiert haben, um gute Wirtschaftsbeziehungen zu Russland aufzubauen, aber auch um die Zivilgesellschaft mitzugestalten. Wir sehen doch anhand der Flüchtlingsströme weltweit, wie wichtig eine funktionierende Wirtschaft ist, um den sozialen Frieden aufrechtzuerhalten.

Wohin aber führen die Sanktionen? Nach neuesten Erkenntnissen zu vier Millionen Obdachlosen in der russischen Bevölkerung, davon allein 100 000 in der Hauptstadt Moskau. Das geht aus einem aktuellen Bericht des britischen Nachrichtensenders SkyNews hervor.

In dem Bericht wurde auch eine Betroffene nach ihrer Lage befragt. Sie sagte: „Viele Leute erfrieren im Schlaf, weil sie von warmen Orten vertrieben werden. Mir ist ständig kalt. Ich habe immer Hunger.“ Dazu muss man wissen, dass in der gegenwärtigen Situation viele Obdachlose die eiskalten Nächte in den Schächten der Kanalisation verbringen, um – von Heizrohren gewärmt – sich vor dem Tod durch Erfrieren zu erretten.

Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind die hohe Inflation und die niedrigen Löhne für die steigende Armut in der russischen Bevölkerung mit verantwortlich. Die russische Wirtschaft leide dabei vor allem unter den

weltweit niedrigen Ölpreisen und den von der Europäischen Union auferlegten Sanktionen.

Ich bitte Sie deshalb an dieser Stelle ausdrücklich, die Parteibrille abzulegen und mitzuhelfen, diesen Armut schaffenden Zustand, für den wir durch unsere Sanktionspolitik mit verantwortlich sind, zu beenden.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)

Es geht hier nicht allein um wichtige Fragen der Wirtschaft und erst recht nicht um die Parteienpolitik, sondern mittlerweile um unsere Werte und hierbei vor allem darum, wie wir das Gut der Menschlichkeit glaubhaft repräsentieren.

Meine Damen und Herren! Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun. Also lassen Sie uns nicht untätig bleiben und stimmen Sie dem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war das Schlusswort der einbringenden AfD-Fraktion, vorgetragen durch Herrn Kollegen Beger.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/4007 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 6/4007 nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Qualitätssicherung und -entwicklung an sächsischen Schulen

Drucksache 6/3794, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: GRÜNE als Einbringerin, CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einbringende Fraktion GRÜNE ergreift Frau Kollegin Zais das Wort; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Schulgesetz ist für den Bildungsbereich eine der grundlegenden Rechtsnormen. Es trifft Aussagen zur Schulpflicht, zu den Schularten und zur Trägerschaft. Es regelt Rechte und Pflichten aller am großen Komplex Schule Beteiligten.

In § 59 a des geltenden Schulgesetzes ist eine solche Verpflichtung, in dem Fall der Schulaufsicht, formuliert. Dort heißt es: „Das Ergebnis der Erziehungs- und Bil

dungsarbeit und die Umsetzung des Schulprogramms werden regelmäßig überprüft. Wesentliche Bezugspunkte zur Überprüfung von Schülerleistungen und Unterrichtsqualität sind Bildungsstandards. Schule und Schulaufsichtsbehörden werden dabei durch das Sächsische Bildungsinstitut unterstützt, das Verfahren zur Feststellung der Qualität der schulischen Angebote entwickelt und durchführt.“

Verbindlich ist laut Schulgesetz die Erstellung eines Schulprogramms, die Vorlage eines Personalentwicklungs- und -fortbildungskonzeptes sowie die Durchführung von interner und externer Evaluation. Gleichzeitig soll das Unterstützungssystem Schulentwicklung, das bei der Sächsischen Bildungsagentur angesiedelt ist, Qualitätsentwicklungsprozesse an sächsischen Schulen befördern.

In Sachsen – so scheint es zumindest – ist es jedoch problem- und widerstandslos möglich, sich über gesetzliche Regelungen hinwegzusetzen. So war im September 2015 der Presse – ich sage: ausschließlich der Presse – zu entnehmen, dass die Kultusministerin, Frau Kurth, entschieden hatte, den Bereich Externe Evaluation am Sächsischen Bildungsinstitut vorübergehend aufzulösen. Seither findet sich auf der entsprechenden Website der Hinweis, dass die externe Evaluierung vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde. Die verbliebenen Lehrkräfte, die in der externen Evaluation tätig waren – 24 an der Zahl –, sollten vor die Klassen zurückgeholt werden, um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Das war die Begründung.

Jenseits der Frage, wie man zu diesem Instrument steht, macht mich und meine Fraktion das Vorgehen und die Selbstverständlichkeit dieser eigenmächtigen Entscheidung schlichtweg fassungslos. Ob Regelungen des Schulgesetzes ausgesetzt werden können, sollte die Kultusministerin nicht allein entscheiden. Es hätte viele Gelegenheiten gegeben, das mit uns, dem Sächsischen Landtag oder zumindest dem Ausschuss für Schule und Sport, zu besprechen. Das ist leider so nicht erfolgt.

Es kommt, was kommen muss: Ich höre schon von den verschiedenen Fraktionen – es hat ein paar Debatten im Vorfeld gegeben – das Totschlagargument schlechthin: Lehrermangel. Ja, man muss sagen, so ist es, der Lehrermarkt ist leer gefegt. Ja, der Unterrichtsausfall ist zu hoch. Und ja, die Absicherung des Unterrichtes genießt höchste Priorität.

Seit Monaten befassen wir uns im Ausschuss für Schule und Sport fast ausschließlich und sehr ausführlich mit dem Thema der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Aber wiederum lassen wir es zu – das möchten wir ausdrücklich betonen –, dass seit enorm langer Zeit im Mittelpunkt der politischen Debatte ausschließlich der Streit um die Ressourcen und nicht mehr die Frage der Qualität des sächsischen Schulsystems steht.

Wir sind der Auffassung, dass die Frage, was gute Schule und guten Unterricht ausmacht, wieder stärker in den Fokus dieser bildungspolitischen Debatte treten muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man anfängt, ein Instrument, das tatsächlich die Prozessqualität beobachtet, einfach außer Kraft zu setzen, dann fragen wir uns, wie es tatsächlich um den Willen der Staatsregierung bestellt ist, Qualitätssicherung stärker in den Fokus zu rücken. Die Diskussion um die Qualitätssicherung ist jedoch dringend nötig, auch mit Blick auf nationale und internationale Vergleichsstudien. Wir hören hier jedes Jahr aufs Neue – es gibt ja dieses „Und täglich grüßt das Murmeltier“, das Kollege Bienst hier immer anbringt – die gleiche Pressemitteilung, wie gut das sächsische Schulsystem aufgestellt wäre.

Auf der anderen Seite – das merke ich aus meinen Gesprächen vor Ort – sind es immer wieder Eltern sowie Schülerinnen und Schüler und deren Vertretungen, die

diese Debatte wollen. Sie sagen, es wird genau diese Debatte gebraucht, nämlich eine Debatte nicht nur um die Ressourcen, sondern auch um die Qualität des sächsischen Bildungssystems.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit unserem Antrag fordern wir, dass die Staatsregierung Farbe bekennt und Stellung bezieht. Es sollte nicht so schwer sein, diesem geforderten Bericht zuzustimmen, nämlich welche Instrumente und Maßnahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung dem gesetzlichen Auftrag aus dem Schulgesetz entsprechen, was man vorhat und wann die externe Evaluierung wieder aufgenommen werden soll.

Dass Schulen für ihre Entwicklung mehr Eigenständigkeit brauchen, ist erfreulicherweise inzwischen Konsens hier im Haus. Wichtig ist für uns GRÜNE, dass dieses Mehr an Eigenverantwortung nicht in einer Verwaltung des Mangels endet. Da wenig Ressourcen im System sind, wird man natürlich auch nicht ausreichend Zeit haben, interne Evaluierung/Selbstevaluierung durchzuführen.

Hier kann der Blick von außen helfen, Stärken und Schwächen zu erkennen und Entwicklungsziele zu formulieren.

Frau Kurth hat vor Kurzem im Rahmen einer Veranstaltung der GEW von einer mehrjährigen Durststrecke im sächsischen Bildungssystem gesprochen. Die Gründe dafür sind der Generationswechsel im Lehrerzimmer, die wachsende Zahl von Schülerinnen und Schülern in den Ballungszentren und natürlich die Anforderung zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

Ich habe mir den letzten Evaluierungsbericht, den man im Netz findet, angeschaut und ein Beispiel herausgezogen, das deutlich macht, warum wir diesen Handlungsbedarf haben. Dort wird nämlich formuliert für den Handlungsbedarf an sächsischen Mittelschulen – –

Frau Kollegin Zais, die Redezeit der Fraktion geht zu Ende.

Ja, aber jetzt habe ich 10 Sekunden schon wieder verloren.

Ich muss Sie trotzdem darauf hinweisen, und wenn Sie das ignorieren, erhalten Sie einen Ordnungsruf.

Ja. Handlungsbedarf an Mittelschulen zeigt sich jedoch deutlich bei der Differenzierung innerhalb des Unterrichts. An zwei Dritteln der Mittelschulen ist dringender Handlungsbedarf zu erkennen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Die Darstellung der – –

Ihre Redezeit ist zu Ende, Frau Kollegin!

Gleich, ich würde den Satz gern zu Ende bringen.

Bitte.

– An die Heterogenität – –

(Christian Piwarz, CDU: Es reicht dann auch mal! Wenn Schluss ist, ist Schluss! – Ja, er hat mir 10 Sekunden genommen. (Beifall bei den GRÜNEN)

Gut, jetzt ist Schluss. Das war Frau Kollegin Zais für die einbringende Fraktion GRÜNE. Für die CDU spricht nun Herr Kollege Bienst.

(Zwiegespräch zwischen den Abg. Christian Piwarz, CDU, und Valentin Lippmann, GRÜNE)

Haben Sie ein Problem, Herr Kollege Lippmann? Wollen Sie die Amtsführung des Präsidenten kritisieren, dann sagen Sie es laut!