Protocol of the Session on December 16, 2015

Volksmund sagt: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Leider trifft das jedoch nicht auf jeden Gesetzentwurf zu, der in den Landtag eingebracht wird. Das gilt auch für den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes und anderer Gesetze.

Die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag steht einigen vorgesehenen Änderungen des Personalvertretungsgesetzes sehr kritisch gegenüber. In einer vom Innenausschuss anberaumten Sitzung, zu der Sachverständige geladen waren, traten durchaus sehr weit auseinandergehende Einzelmeinungen der Experten hervor. Viele davon sparten nicht mit Kritik am Entwurf und unterbreiteten Verbesserungsvorschläge. Dem schließen wir uns an. Wir vermögen darin kein zeitgemäß praktikables Personalvertretungsgesetz zu erkennen. Die AfD-Fraktion hat daher einen eigenen Änderungsantrag eingebracht, zu dem mein Kollege Sebastian Wippel nachher noch vortragen wird.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wo war der im Ausschuss?)

Ich möchte nun auf einige Punkte eingehen, die uns im eingebrachten Gesetzentwurf als nicht zielführend erscheinen.

Die im Entwurf vorgesehene Erweiterung der Möglichkeiten zur Bildung von Personalräten in Nebenstellen oder Teilen von Dienststellen ist auf keinen Fall tragbar. Wir müssen im Gegenteil erreichen, dass der einheitliche Dienststellenbegriff für die kommunalen Träger der Selbstverwaltung wieder vollumfänglich Geltung erlangt. Deshalb sind wir nicht nur gegen diese Erweiterung, sondern fordern darüber hinaus, die kommunalen Träger der Selbstverwaltung vollständig aus dem Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 des Personalvertretungsgesetzes herauszunehmen und hierzu die entsprechende Verweisungsnorm des § 6 Abs. 5 Satz 3 ersatzlos zu streichen. Es soll wieder gelten: eine Kommune, eine Behörde, ein Personalrat. Die Kreisgebietsneugliederung wurde unter anderem durchgeführt, um einzelne Verwaltungen effektiver zu gestalten. Zusätzliche Personalvertretungen in Teil- oder Nebenstellen würden die kommunalen Verwaltungen, die ohnehin schon mehrfach personell gestrafft wurden, unnötig weiter damit belasten, dass sie sich mit sich selbst beschäftigen. Insbesondere die kommunalen Verwaltungen sind aber unmittelbar für den Bürger da. Mehr Verwaltungsaufwand für das eigene Personal bedeutet hier zwangsläufig weniger Zeit für die Menschen vor Ort. Das kann nicht in unser aller Sinn sein.

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Ausweitung des Personenkreises der Beschäftigten um die studentischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte an den Hochschulen erzeugt zusätzlichen Aufwand und Bürokratie, ohne dass dies in der Sache angezeigt ist. Es ist das wesentliche Merkmal dieses Personenkreises, dass dort lediglich befristet Dienstleistungen in Forschung, Lehre oder künstlerischer Praxis erbracht werden.

Die im Gesetzentwurf beabsichtigte Übertragung von Befugnissen des Personalrates von diesem auf seinen Vorstand weisen wir ebenso zurück. Sämtliche Mitglieder einer Personalvertretung sind dazu gewählt, ihren Aufgaben in verantwortlicher Form nachzukommen. Die Möglichkeit der Übertragung von Befugnissen auf den Vorstand würde hingegen eine Mentalität des Delegierens fördern.

Die AfD-Fraktion wird daher den Gesetzentwurf in der vorgelegten Form ablehnen.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Lippmann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Hütter, ich bin etwas verwundert. Bisher bin ich noch davon ausgegangen, dass die AfD in Ihrem Wahlprogramm etwas von Demokratisierung stehen hat. Ihre Ausführungen haben das gerade als ziemlich hohle Phrase, wenn es um die Demokratisierung im Bereich der Personalvertretung geht, entlarvt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der AfD)

Ich möchte meine Rede zu Beginn nicht noch einmal mit dem Zitieren der entsprechenden Passage des Koalitionsvertrages beginnen. Diese haben wir heute schon mehrfach gehört. Klar ist, dem Koalitionsvertrag war zu entnehmen, dass man ein zeitgemäßes und praktikables Personalvertretungsrecht etablieren möchte.

Ich möchte jetzt nicht das Bild vom Tiger und dem Bettvorleger bemühen. Das wäre sicherlich unfair. Immerhin ist es – das muss man anerkennen – der SPD zusammen mit der CDU gelungen, hier Akzente zu setzen. Aber ich habe in diesem Hause heute, selbst bei den Koalitionspartnern, schon mehrfach gehört, dass eine gewisse Einigkeit darüber besteht, dass hier durchaus mehr drin gewesen wäre.

Sie haben sich um erweiterte Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung bemüht. Das ist anzuerkennen. Sie verbessern mit Ihrem Gesetzentwurf viel, so die Beteiligung der Personalvertretung bei der außerordentlichen Kündigung, bei der Erstellung von Personalentwicklungskonzepten, bei der Stufenzuordnung, bei Leistungsprämien und Stellenausschreibungen sowie bei den Grundsätzen der Gesundheitsförderung. Das ist etwas, das sich durchaus hören lässt.

Sehr gut finde ich auch, dass Sie mit dem Änderungsantrag nun die Möglichkeit der eingeschränkten Mitbestimmung im Falle der ordentlichen Kündigung auch ohne Antrag des Beschäftigten als Voraussetzung für die Beteiligung eingeführt haben und dass Sie mit Ihrem Änderungsantrag weitestgehend andere Vorschläge von Gewerkschaften und Berufsverbänden aufgenommen und

sich von Irrwegen, wie etwa der Übertragung von Befugnissen der Personalvertretung an Vorstände und Ausschüsse, verabschiedet haben.

Allerdings muss man sich mit Blick auf Ihren Änderungsantrag und vor allem mit Blick auf Ihren ursprünglichen Gesetzentwurf, der den Landtag erreichte, durchaus fragen: Kennt denn das Innenministerium überhaupt den Koalitionsvertrag? Was da vorgelegt wurde, kann wahrlich nicht der Ausfluss des Koalitionsvertrages gewesen sein. Von daher meine weihnachtliche Empfehlung: Tief im Keller des Landtages dürften sie noch das eine oder andere Exemplar des Koalitionsvertrages finden, der offensichtlich noch nicht überall in der Regierung bekannt ist. Tüten Sie es doch einfach ein. Machen Sie eine Grußkarte für den Herrn Innenminister daran und schicken Sie das Ganze als Weihnachtspost ab. Das erspart uns dann vielleicht die nachträgliche Korrektur mit derlei umfassenden Änderungsanträgen, wie sie die Koalition vorlegen musste.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genug zur Frage des Outputs der Koalition. Was hätten wir GRÜNE uns noch gewünscht?

Erstens. Schon angesprochen wurde eine weitgehende Angleichung an das Betriebsverfassungsgesetz, was beispielsweise Freistellungsstaffeln und Mitbestimmung angeht. Die Differenzen kann man schlicht nur schwer erklären. Da wäre mehr möglich gewesen.

Zweitens. Die Vereinfachung der Mitbestimmungstatbestände wäre insgesamt recht innovativ gewesen. Die Ausdifferenzierung und unterschiedliche Qualität der Beteiligung hätte vereinfacht werden können. Im Rahmen solcher Vereinfachungen hätte man sicherlich noch die eine oder andere Anregung aus der Anhörung aufnehmen können. Der DGB hat dazu hinreichend viele Vorschläge unterbreitet.

Drittens. Die Aufnahme der studentischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Hilfskräfte in den Geltungsbereich des Personalvertretungsgesetzes wird von uns ausdrücklich begrüßt. Dass sie allerdings nur auf Antrag vertreten sein sollen, erschließt sich uns indes als überflüssige Einschränkung nicht.

Ich spare mir an dieser Stelle umfassende Ausführungen zur Eile des Verfahrens. Klar ist: Die Koalition hat sich offensichtlich dagegen entschieden, erst das drängende Problem zu lösen und danach einen umfassenden Weg zu beschreiten, mit dem man das Personalvertretungsgesetz mit großer Beteiligung ändern kann. Das ist schade und hat auch hier im Hause an der einen oder anderen Stelle zu Verwirrung geführt. Mir hat sich zum Beispiel nicht erschlossen, warum sich der zuständige Wissenschaftsausschuss trotz der Einbeziehung der wissenschaftlichen studentischen Hilfskräfte nicht mit dieser Frage beschäftigt hat. Aber es ist offensichtlich so, dass es wieder einmal schnell gehen musste.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie vergeben sich mit dem Gesetzentwurf die Chance, ein

gutes Personalvertretungsgesetz zu schaffen. Ihr Ziel, ein zeitgemäßes und praktikables Gesetz zu gestalten, erreichen Sie aus unserer Sicht leider nicht. Es gibt gleichwohl sichtbare und offenkundige Verbesserungen. Mit dem von der Koalition im Ausschuss vorgelegten Änderungsantrag sind die größten Irrwege beseitigt. Von daher werden wir als GRÜNE uns beim Gesetzentwurf enthalten.

Vielen Dank

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Gesetzentwurf? – Mir liegt noch eine Wortmeldung der AfD-Fraktion vor. Wird das noch gewünscht? Der Herr Abg. Wippel ist mir gemeldet. – Wenn das nicht der Fall ist, dann erteile ich jetzt der Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich zunächst einmal bei allen ganz herzlich für die aus meiner Sicht großartige Mitarbeit an diesem Personalvertretungsgesetz bedanken. Natürlich muss bei einem solchen Gesetz dafür gesorgt werden, dass die sehr unterschiedlichen, teils diametral entgegenstehenden Interessen und Wünsche zum Ausgleich gebracht werden. Erfahrungsgemäß wollen beispielsweise die kommunalen Spitzen etwas anderes, als dies Gewerkschaften oder Personalräte tun.

Gleichzeitig ging es darum, diese Aufgabe in wirklich kurzer Zeit zu bewältigen. Wir haben uns ja selbst für die Anhörung einen kurzen Rahmen gesteckt; denn das Ziel war, rechtzeitig vor Beginn der anstehenden Personalratswahlen im Frühjahr 2016 damit fertig zu werden. Dennoch haben alle am vorliegenden Entwurf engagiert und konstruktiv mitgewirkt. Dies gilt für die angehörten Vertreter der Verbände ebenso wie für die Fraktionen und alle betroffenen Ressorts. Dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Naturgemäß fällt die Bewertung dessen, was im Koalitionsvertrag steht – nämlich ein zeitgemäßes, praktikables und flexibles Personalvertretungsgesetz auszuarbeiten –, unterschiedlich aus.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Ich will deutlich sagen: Ja, es ist uns gelungen. Dabei ist tatsächlich aus der zunächst vorgesehenen kleinen Novelle gleich der große Wurf geworden, weil wir uns letztendlich doch dafür entschieden haben, das Gesetz nicht zweimal anzupacken, sondern es in einem Ritt zu machen.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Deshalb möchte ich noch auf ein paar Neuerungen eingehen: Erstens sind es die erweiterten Mitbestimmungsrechte. Mit dem neuen Gesetz werden zum einen vorhandene

Beteiligungslücken geschlossen. Beispielsweise sollen die Hauptpersonalräte der Ressorts weit mehr als bisher bei ressortübergreifenden Maßnahmen einbezogen werden. Zum anderen gibt es jetzt eine Vielzahl neuer, teils eingeschränkter Beteiligungsrechte, zum Beispiel wenn es um Personalentwicklungskonzepte, Stufenzuordnungen, um Verzögerungen im Stufenaufstieg oder um die Vergabe von Leistungsprämien geht.

Der zweite wichtige Punkt betrifft die Verselbstständigung von Dienststellen. Dafür gibt es jetzt umfassende Regelungen und einfachere Möglichkeiten. Das ist ja gerade für die länderübergreifenden Dienststellen von Vorteil.

Gleichzeitig wurde noch einmal im Rahmen der Verhandlungen, der Beratungen klargestellt, dass vor allem für die Kommunen alles beim Alten bleibt, da dort in der Regel gewachsene zentrale Organisationsstrukturen mit räumlich nahen Teildienststellen gegeben sind. Eine Erweiterung als Ausgleich der zunehmenden Bündelung der Zuständigkeit für beteiligungspflichtige Maßnahmen ist gerade auf der kommunalen Ebene nicht erforderlich.

Drittens geht es um die Eigenständigkeit der Personalräte. Diese wird gestärkt. Sie können zukünftig Verfahren und Zuständigkeiten innerhalb des jeweiligen Personalrates flexibler gestalten. Dazu gehört unter anderem die Einrichtung von vorbereitenden Ausschüssen. Auch Umlaufbeschlüsse werden unter Sicherung der Verfahrensrechte der Schwerbehindertenvertretung und der Jugend- und Auszubildendenvertretung zugelassen. Das Gleiche gilt für Vorabzustimmungen, bei denen zusätzlich das Widerspruchsrecht jedes Mitglieds hinzukommt.

Alle diese Punkte sprechen für sich. Dieses Gesetz setzt ein weiteres Häkchen hinter ein wichtiges Koalitionsvorhaben. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich bei den Koalitionsfunktionären, Herrn Hartmann und Herrn Pallas, bedanken; denn wir haben gesehen, dass es gerade im parlamentarischen Bereich noch einmal notwendig war, aufgrund der Anhörung an der einen oder anderen Stelle anzupacken. Das ist zielstrebig erfolgt, es ist konstruktiv mitgearbeitet und der Entwurf ist entsprechend angepasst worden.

Aus Sicht der Staatsregierung kann ich deshalb sagen: Wir können zufrieden sein, zumal der vorliegende Entwurf in meinen Augen auch eine Würdigung für die gute Arbeit der Personalräte darstellt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Deshalb bitte ich aus Sicht der Staatsregierung um Zustimmung zu diesem Entwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Herr Wippel, Sie schauen mich so an. Möchten Sie Ihre Rede jetzt halten?

(Sebastian Wippel, AfD: Einen Änderungsantrag einbringen!)