Protocol of the Session on November 20, 2015

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wer verhandelt denn noch?)

Noch einmal, Herr Scheel: Es verhandelt der Gesetzgeber, das sind wir hier in diesem Haus, mit den Kommunen. Die sitzen auch zu den Beratungen zum FAG 2017/18 mit am Tisch.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wenn es um das FAG geht, werde ich Ihnen das sagen!)

Das können Sie gern. Das ist das Schöne an der Demokratie.

Was sind die Voraussetzungen gewesen, dass wir überhaupt dieses Paket schnüren konnten? Da komme ich zum Thema „Parlamentarische Beteiligung“. Ich habe versucht, beim Thema FAG darzustellen, dass wir verantwortlich sind. Die Voraussetzungen, dass wir über dieses Paket reden konnten, haben wir erstens mit dem Haushalt mit der Unterstützung des Bundes durch das Bundespaket geschaffen. Da haben wir aufgepasst, dass es nicht wie ein Eimer Wasser in die Wüste gekippt wird, sondern dass wir es veredeln können. Wir haben das nicht mit einem Regierungsantrag realisiert, sondern haben uns als Fraktionen, als Parlament einen Kopf gemacht. Dieses Gesetz ist eine Parlamentsinitiative. Das ist das Neue und Entscheidende. Das ist die Transparenz bei diesem Thema. Das bitte ich in der Debatte mehr zu würdigen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Kollege Pecher sprach für die SPD. Gibt es bei den LINKEN weiteren Redebedarf? – AfD? – Die GRÜNEN haben schon in der Vorrunde keinen Redebedarf mehr gehabt. Wir wären, wenn es keinen weiteren Redebedarf aus diesem Hohen Haus gäbe und nicht noch eine vierte Runde eröffnet werden sollte, jetzt in der Situation, dass die Staatsregierung das Wort ergreifen könnte. Bitte, Herr Staatsminister Prof. Unland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Brücken verbinden nicht nur die Ufer eines Flusses, sondern vor allem Menschen. Mit diesem Paket „Brücken in die Zukunft“ wird eine neue zusätzliche Brücke gebaut. Diese Brücke soll in der Zukunft wirken. Sie soll die Kommunen dabei unterstützen, weiterhin eine effektive, funktionierende und damit zukunftssichere öffentliche Infrastruktur vorzuhalten.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen für ein Gesetz zur Stärkung der kommunalen Investitions- und Finanzkraft sieht ein umfassendes Investitionspaket für die sächsischen Kommunen mit einem Volumen von 800 Millionen Euro bis zum Jahr 2020 vor. Dieses Investitionspaket ist Ausdruck des gemeinsamen Wunsches von Kommunen und Freistaat, das Land weiterzubringen. So ist es in einem gemeinsamen Kraftakt gelungen, ein Gesamtpaket zu schnüren, das in seiner Größenordnung bemerkenswert ist.

Ich darf davon ausgehen, dass die drei Bausteine des Gesamtpakets bereits hinreichend diskutiert worden sind. Ich möchte daher in meiner Rede auf eine detaillierte Darstellung dieses Paketes verzichten und lieber auf das eine oder andere Spezifikum eingehen und es in den Gesamtkontext einordnen.

Das Budget Bund, das aus den Mitteln des Kommunalinvestitionsförderungsfonds gespeist wird, weist, wie Sie wissen, eine vom Bund vorgesehene und definierte Verwendungsbreite auf. Das geht vor allem auf zwei Motive zurück.

Erstens. Zum einen beschränkt das Grundgesetz die Bereiche, für die der Bund Finanzhilfen bereitstellen darf und kann. Der Bund kann dies nur dort tun, wo er Gesetzgebungskompetenzen hat. Ich möchte auf das Grundgesetz verweisen, und zwar auf den Artikel 104 b. Vor diesem Hintergrund ist es ein Erfolg des Freistaates, dass er durch zwei Änderungsanträge im Bundesratsverfahren erwirkt hat, die Verwendungsbreite der Bundesmittel zu vergrößern bzw. klarzustellen.

Zweitens. Ein weiteres Motiv ergibt sich aus der Zielsetzung des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes. Mit den Finanzhilfen des Bundes sollen speziell Investitionen in finanzschwachen Kommunen gefördert werden. Die Länder waren daher aufgefordert, im Rahmen der landesinternen Umsetzung Ausschlusskriterien zu entwickeln, die sicherstellen, dass dieses Motiv des Bundes verwirklicht wird. In Sachsen hat man sich deshalb für den vorliegenden Gesetzentwurf darauf verständigt, dass die

Kommunen, die seit 2009 ununterbrochen Finanzausgleichsumlage gezahlt haben, nicht antragsberechtigt sein sollen. Für den einen oder anderen mag dies als Härte für die betroffenen Gemeinden erscheinen. Ich möchte aber auf ein wesentliches Korrektiv im Rahmen des Gesamtpaketes hinweisen, nämlich auf den zweiten Baustein, das Budget Sachsen.

Im Gegensatz zu den Bundesmitteln ist bezüglich des Budgets Sachsen grundsätzlich keine sächsische Kommune ausgeschlossen. Es bestehen mithin keine Einschränkungen beim Kreis der antragsberechtigten Kommunen. Auch die Verwendungsbreite ist deutlich größer.

Frau Schubert, ich möchte auf Ihren Einwand eingehen. Es werden zum Beispiel die Investitionen in Schulen im Budget Sachsen nicht auf die energetische Sanierung begrenzt.

Der zweite Baustein stockt somit die Bundesmittel nicht nur der Höhe nach auf, sondern trägt auch zu einer besseren regionalen und fachlichen Aussteuerung der Investitionsbedarfe in den Kommunen bei.

Der dritte Baustein, die Investitionspauschalen, berücksichtigt schließlich, dass die Kommunen über die erforderlichen Eigenmittel verfügen können, um Förderprogramme in Anspruch zu nehmen. Die Investitionspauschalen sollen daher in erster Linie der Finanzierung von Maßnahmen der infrastrukturellen Grundversorgung in den Kommunen dienen. Die Investitionspauschalen können aber auch als Ersatz von Eigenmitteln zur Kofinanzierung staatlicher Förderprogramme eingesetzt

werden. Dies unterstützt die Zielsetzung, dass durch das Investitionspaket auch zusätzliche Investitionen in Angriff genommen werden können.

Gleichzeitig – und das ist unsere große Hoffnung – erwarten wir positive Impulse für das Wirtschaftswachstum im Freistaat.

Meine Damen und Herren! Damit aus den Mitteln des Investitionspakets tatsächlich Brücken in die Zukunft gebaut werden können, müssen die Fördermittel intelligent eingesetzt werden. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf kommt den Kommunen dabei ein hohes Maß an Steuerungsmöglichkeiten, aber auch an Mitverantwortung zu. Die Gelder sollen gerade nicht mit der klassischen Gießkanne verteilt werden. Vielmehr sollen sie auf der Grundlage von regionalen Maßnahmenplänen gezielt dorthin gelenkt werden, wo sie für den Erhalt oder den Ausbau der kommunalen Infrastruktur von besonderer Bedeutung sind.

Dieser Entscheidungsprozess muss innerhalb der kommunalen Familie geführt werden. Ich appelliere an die kommunalen Entscheidungsträger, den übertragenen Freiraum verantwortungsvoll zu nutzen und den gesetzgeberischen Willen im Sinne einer strategischen und gesamtheitlichen Planung konsequent umzusetzen. Dazu gehört beispielsweise auch die Beantwortung folgender Fragen:

Welche Infrastruktur wird langfristig noch benötigt? Welche Folgekosten haben die Investitionen? Muss neu gebaut werden oder ist eher eine Sanierung sinnvoll? Welche Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation bestehen? All das sind wichtige Fragen, die auf der kommunalen Ebene geklärt werden müssen, um die Prioritäten dort festzulegen. Dabei kommt den Landkreisen eine besondere Verantwortung zu. Sie erstellen die Maßnahmenpläne auf Kreisebene für die Budgets „Bund“ und „Sachsen“. Damit stimmen sie die Investitionen mit der Gemeindeebene ab und koordinieren sie.

Meine Damen und Herren! Das Investitionspaket, das Freistaat und Kommunen gemeinsam geschnürt haben, trägt seinen Namen zu Recht. Mit diesem Paket werden die Rahmenbedingungen geschaffen, die die zukünftige Entwicklung im Freistaat entscheidend beeinflussen. Die sächsischen Gemeinden und Landkreise sowie die kreisfreien Städte werden unmittelbar von den Brücken in die Zukunft profitieren. Gleiches gilt aber auch für die Bürger und Unternehmen als Nutzer der kommunalen Infrastruktur.

Natürlich hat auch der Freistaat ein Interesse an einer leistungsfähigen und funktionierenden kommunalen

Infrastruktur. Dass dies so möglich war, ist nicht zuletzt der soliden Struktur der sächsischen Staatsfinanzen zu verdanken. Solide Finanzen, denen auch in diesem Haus immer hohe Bedeutung beigemessen wird, machen es möglich, jetzt handlungsfähig zu bleiben. Ich danke allen Beteiligten für die konstruktiven Anregungen und Gespräche, die letztendlich zu der Lösung in Form des vorliegenden Gesetzentwurfes geführt haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Abg. Franziska Schubert, GRÜNE)

Mit den Ausführungen des Herrn Staatsministers der Finanzen, Prof. Unland, ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen, und wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Hochschulfinanzierung: Viele Töpfe verderben den Brei?

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin ergreift zunächst Frau Kollegin Dr. Maicher für die einbringende Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Hochschulen leisten sehr viel: Sie sind Anziehungsmotoren für unsere Städte. Sie ziehen junge Menschen nach Sachsen, die hier leben wollen, hier studieren wollen, die Familien und Unternehmen gründen. Sie sorgen für Attraktivität und Lebendigkeit unserer Städte. Sie sind Wissensmotoren, sie bilden gute Fachkräfte und gute Wissenschaftler aus und sie wollen gute Perspektiven und Karrieren für Nachwuchswissenschaftler ermöglichen. Sie sichern die Lehrerausbildung an vielen Standorten ab, die wir dringend brauchen. Sie sind gleichzeitig Innovationsmotoren. Sie sorgen mit immer steigenden Drittmitteleinwerbungen und Forschungskooperationen dafür, dass wir überall in Sachsen exzellente Forschung haben, und sie sind – das ist in der heutigen Zeit besonders wichtig – echte Willkommensorte in Sachsen, und zwar für alle, die zu uns kommen: für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für Studierende. Sie wollen konsequent Integration und frühe Bildungschancen auch für Geflüchtete umsetzen. Ich habe das in den letzten Wochen in meinen vielen Gesprächen an den Hochschulen sehr eindrucksvoll erfahren können.

Für die Erfüllung dieser Aufgaben, die gesellschaftlich gewollt und wichtig sind, müssen die Hochschulen auch dauerhaft in die Lage versetzt werden. Langfristige Aufgaben brauchen stabile Finanzierung und planbare

Entwicklung. Deshalb lohnt heute einmal der Blick darauf, wo wir Ende 2015, nach Ablauf des ersten Haushaltsjahres dieses Doppelhaushalts und ein halbes Jahr vor den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt, eigentlich stehen. Wir sollten frühzeitig gemeinsam darüber diskutieren, wie wir unsere Hochschulen finanziell so ausstatten, dass sie diese Aufgaben erfüllen können, und das soll diese Aktuelle Debatte leisten.

Schauen wir uns die Situation an: Bei der Grundfinanzierung steht Sachsen weiterhin im letzten Drittel auf der bundesdeutschen Skala. Wir sind weit entfernt von den Spitzenreitern, zum Beispiel Baden-Württemberg. Stattdessen haben wir ein Potpourri von Programmen und Töpfen. Diese sind zugegebenermaßen alle gestartet, um die schlimmsten Strohfeuer der sächsischen Hochschulpolitik einzudämmen. Ich möchte einige Beispiele nennen:

Als Erstes das „Bildungspaket Sachsen 2020“. Es wurde aufgelegt, als nicht mehr zu leugnen war, dass wir in Sachsen auf einen akuten Lehrermangel hinsteuern und die Zahlen der Lehramtsstudierenden gesteigert werden sollten. Es ist eine gute Sache; diese Erkenntnis kam aber viel zu spät. Allerdings läuft es – das ist bekannt – 2020 aus. Jetzt schon schreiben wir in den Doppelhaushalt, dass diese Stellen auszulaufen haben. Das Personal, das auf diesen Stellen arbeitet, soll dann in den Stellenpool der Universitäten übergehen. Das sind aber gerade die Universitäten, liebe Koalition, die 2016 vor weiteren Stellenkürzungen stehen – vielleicht auch danach, je nachdem, wie die Verhandlungen zum Hochschulentwicklungsplan

laufen. Was glauben Sie, wie viele Stellen dieses Bildungspakets unbefristet sind? Natürlich haben die Hochschulen diese Stellen befristet.

Als Zweites das Überlastpaket I, gleichzeitig mit dem verordneten Stellenabbau in den letzten Jahren beschlossen, damit die Hochschulen die steigenden Studierendenzahlen absichern können. Das Problem ist auch hier: Es war von Anfang an bis 2016 befristet, also haben die Hochschulen auch diese Stellen befristet. Im kommenden Jahr laufen 300 Stellen davon aus.

Als Drittes das Überlastpaket II, das geschaffen wurde, um dies abzumildern. Es sind aber nur 100 Stellen, und – Sie ahnen es – auch diese wieder befristet bis 2020.

Natürlich sind das alles, zumindest für die SPD, Altlasten aus der schwarz-gelben Regierungszeit. Aber auch Schwarz-Rot setzt diese Programmfinanzierung weiter fort. Schauen wir uns – viertens – das Programm „Talente für Sachsen“ und den Punkt „Gute Lehrer – starke Mitte“ an: Auch darin – es wird sozusagen als Eier legende Wollmilchsau des Haushalts im Bereich Hochschulpolitik gesehen – sind sicherlich viele gute Dinge vorgesehen, wie zum Beispiel die Verbesserung der Lehre, die Inklusion an den Hochschulen, bessere Arbeitsbedingungen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler – alles wichtig und richtig, aber das Problem – deshalb ist es hier auch hoch aktuell – ist: Was ist denn nun im ersten Haushaltsjahr, in dem 13 Millionen Euro dafür im Haushalt standen, tatsächlich umgesetzt worden? Was ist an alle Hochschulen gegangen?

Uns ist bekannt, dass 2 Millionen Euro im Sommer – sehr plötzlich und mit der Maßgabe, sie in den nächsten Woche auszugeben – an die Hochschulen gegangen sind, um Inklusion umzusetzen. Aber was gibt es denn weiterhin? Ich erlebe gerade in vielen Gesprächen an den Hochschulen: Es ist offensichtlich von der Staatsregierung schlecht kommuniziert, was eigentlich damit erreicht werden soll. Wie sollen die Mittelzuwächse, zum Beispiel für die Verbesserung der prekären Situation von Nachwuchswissenschaftlern, erfolgen? Welche Bedingungen und Kriterien liegen für „Talente für Sachsen“ vor?

Die Redezeit geht zu Ende.

Über all den Fragen steht auch: Was soll nach 2016 werden? – Ich werde in der zweiten Runde weiter darauf eingehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit ist die einbringende Fraktion mit Frau Kollegin Dr. Maicher am Ende ihres Redebeitrages und wir treten in die Rednerrunde ein: CDU, SPD, AfD, Staatsregierung. Für die CDU spricht nun Herr Kollege Dr. Meyer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einmal kurz auf den Debattentitel eingehen, Frau Dr. Maicher, weil ich mich wirklich gefragt habe, was Sie damit meinen. „Viele Töpfe verderben den Brei“ kenne ich so nicht, ich kenne das mit Köchen. Aber wenn man beim Topf bleibt, muss man sich schon fragen, ob Sie alle Gerichte in einem Topf kochen. Oder kochen Sie Fisch und Fleisch gemeinsam mit dem Birnenkompott? Ich glaube nicht, und wenn man über ein solches Thema spricht, dann ist auch Brei das falsche Gericht; denn unsere Hochschulen sind eher in der intellektuellen Sterneküche angesiedelt.

(Beifall bei der CDU)