Protocol of the Session on November 19, 2015

Beseitigung von Armut und Desintegration – gleichzeitig

ein Beitrag zur Aufhebung von Migrationsursachen

Drucksache 6/3058, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Aussprache erfolgt wie folgt: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn das Wort gewünscht wird. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Klotzbücher; bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die europäische Zusammenarbeit fand bisher vor allem auf wirtschaftspolitischer Ebene statt. Mit dem vorliegenden Antrag zur Stärkung der sozialen Union bekräftigen wir, die Fraktion DIE LINKE, dass die Europäische Union nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Sozialunion sein muss. Nur durch die Ausgestaltung der EU zu einer Sozialunion können die innereuropäischen Ungleichheiten verringert und momentan stattfindende Ungleichheit fördernde Prozesse aufgehalten werden. Nur so kann ein

Zerfall der EU in Arm und Reich verhindert werden und nur so kann europäische Integration gelingen.

Was heißt das konkret? Innerhalb der EU herrscht ein immenses Wohlstandsgefälle. Die sozialen Standards klaffen zwischen einem eher reichen Nordwesten und einem eher armen Südosten weit auseinander. Die Mindestlöhne in Bulgarien, Rumänien, Litauen und Ungarn beispielsweise betrugen im Januar 2015 unter 2 Euro. Besonders deutlich wird diese Diskrepanz auch zwischen Sachsen und den angrenzenden Staaten, in welchen die Mindestlöhne aktuell 2 Euro in Tschechien und 2,42 Euro in Polen betragen. Gesamteuropäisch bietet sich ein eindeutiges Bild: Insgesamt 122 Millionen Menschen in der EU waren laut einer Eurostat-Studie von 2014 von Armut oder von sozialer Ausgrenzung bedroht. Das ist jeder vierte Europäer oder jede vierte Europäerin.

Was auch gesagt werden muss: Die EU selbst hat freilich diese Missstände mit ihrer Austeritätspolitik noch deutlich verschärft. Die Folgen sind weitreichend: ungleiche soziale Verhältnisse, unterschiedliche Niveaus sozialer Sicherheit, Perspektivlosigkeit und Sozialneid. Da in einigen Ländern nicht einmal die sozialen Mindeststandards erfüllt werden können, gibt es bereits jetzt eine rege innereuropäische Migration. Junge Menschen und Fachkräfte wandern aus eher armen und strukturschwachen Regionen in reichere Länder und Regionen ab. Das ist nur verständlich; denn keiner Person ist es zu verdenken, wenn sie sich eine gesicherte und bessere Zukunft für sich und ihre Kinder wünscht und deswegen den Wohnort wechselt.

Als Folge nimmt die Zahl der jungen, gut ausgebildeten Menschen in südlichen und östlichen Ländern Europas stetig ab – die Zahl derer also, die für das wirtschaftliche Erstarken der jeweiligen Länder unabdingbar wären.

Die EU hat die Aufgabe, soziale Standards anzugleichen und auch das Leben von Menschen in schwächeren Mitgliedsstaaten zu verbessern und überall eine soziale Grundsicherung zu gewährleisten. Doch solange wirtschaftliche Aspekte als wichtiger gelten als die sozialen Folgeentwicklungen, die sie mit sich bringen, müssen wir in Zukunft sogar noch mit einer vehementen Verstärkung der innereuropäischen Migration rechnen.

Bei der Ausgestaltung der EU zu einer Sozialuniion handelt es sich also nicht um ein abstraktes Konzept, das von Politikerinnen und Politikern entworfen wurde, aber für die europäische Bevölkerung keinerlei Relevanz besitzt. Im Gegenteil: Eine aktuelle europaweite Eurobarometer-Studie ermittelte, dass Arbeitslosigkeit für EUBürgerinnen und -Bürger weithin der größte Grund zur Sorge ist. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass sich in allen befragten Ländern große Mehrheiten der Bevölkerung wünschen, dass die EU verbindliche Mindeststandards zur sozialen Sicherheit für alle Mitgliedsstaaten durchsetzen solle. In Deutschland haben sich dafür 77 % der gesamten Bevölkerung ausgesprochen.

Die Menschen in der Europäischen Union erwarten also explizit ein größeres Engagement der EU im sozialen Bereich. Wie das konkret aussehen kann, hat die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag formuliert; lassen Sie mich noch kurz auf einige Punkte eingehen.

Wir brauchen eine stärkere EU-weite Zusammenarbeit von Gewerkschaften und anderen sozialpolitischen Akteurinnen und Akteuren. So könnte sich beispielsweise der Europäische Gewerkschaftsbund für einen europaweiten Mindestlohn und eine europaweite Arbeitslosenversicherung einsetzen. Auch international agierende Unternehmen könnten sich durch die Einrichtung von europäischen Betriebsräten dafür aussprechen, Arbeitsbedingungen europaweit zu verbessern. Außerdem braucht es europäische Investitionen, um Arbeitslosigkeit abzubauen und die Integration von Migrantinnen und Migranten zu unterstützen. Es müssen also rechtlich verbindliche

europäische arbeitsmarkt- und sozialpolitische Maßnahmen als Folge des sozialen Dialogs ergriffen werden, die die Unverbindlichkeit der in den letzten Jahren dominanten offenen Methode der Koordinierung ablösen.

Susanne Schaper wird unsere Argumentation in der nächsten Runde vertiefen und dabei aufzeigen, welche weiteren negativen Folgen die andauernde Vernachlässigung der sozialen Dimension hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Abg. Schiemann. Bitte sehr, Herr Schiemann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soziale Verantwortung muss immer zentraler Bestandteil staatlichen Handelns sein. Aber auch und besonders die Bürger müssen dazu ihren eigenen Anteil leisten. Dies trifft für den Freistaat Sachsen, für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt und in gleicher Weise für die Europäische Union zu.

Dabei bleibt die soziale Marktwirtschaft ein bedeutender Eckpfeiler, ja gleichsam die Grundlage für die Umsetzung des Sozialstaatsgebots in unserem Land. Der Rechtsstaat, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann sich nur in sozialer Ausgewogenheit entwickeln und ist seinerseits die Grundlage dafür, dass es diese Ausgewogenheit geben kann.

Mehrfach wurde in den vergangenen Tagen in tiefer Trauer, aber auch verbunden mit starker Hoffnung an die französische Nationalhymne erinnert. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das sind wichtige Grundsätze, die die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Europa beschreiben. Diese Trias kann in jedem Staat in Europa die eigene Demokratie stärken. Eigene Demokratien in Europa sind untrennbar verbunden mit subsidiärem Handeln. Gleichzeitig wird deutlich, wie notwendig starke Nationalstaaten sind, um für ein Gleichgewicht in Europa zu sorgen.

Deshalb muss Europa auch künftig in Vielfalt existieren. Dazu braucht Europa, wie gesagt, starke Nationalstaaten, die in der Lage sind, jeweils bei sich für eine ausgewogene Entwicklung zu sorgen. Subsidiarität bleibt dabei der entscheidende Faktor für eine sich weiterentwickelnde Europäische Union, die den Zielen Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes und Bekämpfung der Armut verpflichtet ist. Recht sichert Freiheit. Freiheit gibt es nur in Verantwortung für den demokratischen Staat. Dieser muss und kann das Soziale fortentwickeln. Garant dafür ist der starke Nationalstaat. Staaten, die nicht in der Lage sind, Rechtsstaatlichkeit voll umzusetzen, und die stark korruptionsgefährdet sind, zum Beispiel Bulgarien, Rumänien und – nach dem EU-Bericht – immer wieder

die Länder des Baltikums, können nicht allein auf die Solidarität Europas setzen. Sie müssen auch aus eigenen Kräften ihren Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit leisten.

Die gewachsene Bedeutung einer europäischen Sozialpolitik zeigt sich immer bei der Umsetzung in den Nationalstaaten und dem gemeinsamen Handeln der Europäischen Union. Gerechtigkeit, Solidarität und Nichtdiskriminierung gehören zur Werteordnung des jüdisch-christlichen Europas. Auf der Grundlage von Artikel 3 des EUVertrages wirkt die Europäische Union auf eine in hohem Maße wettbewerbsfähige Marktwirtschaft hin, die wiederum zu Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt führt. Dazu müssen soziale Ausgrenzung und Diskriminierung bekämpft sowie soziale Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Frauen und Männern vor dem Gesetz und die Solidarität zwischen den Generationen eingefordert werden. Der Schutz der Rechte von Kindern muss weiter im Mittelpunkt stehen. Die Lebensrealität zeigt uns, dass wir an diesen Stellen noch vieles zu leisten haben, um das Recht und die Realität in Einklang zu bringen. Wirtschaftliche Entwicklung wird dabei immer im Fokus sozialer Realität und Begleitung bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bedanke mich zunächst für Ihre Aufmerksamkeit. In der zweiten Runde werde ich mich nochmals dazu äußern.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Nun für die SPDFraktion Herr Abg. Baumann-Hasske. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir bekommen auf Antrag der LINKEN heute Gelegenheit, über die europäische Sozialpolitik zu debattieren. Das ist ein spannendes und – im Rahmen der uns nach dem Vertrag von Lissabon zustehenden Mitwirkungsmöglichkeiten – durchaus auch auf regionaler Ebene anzusprechendes Thema.

Welche Auswirkungen strukturell begründete soziale Ungleichheit in Europa hat, können wir aktuell bei der Bewältigung der Aufgaben beobachten, die die große Zahl von Flüchtlingen uns stellt.

Hatten wir vor einigen Jahren darüber nachgedacht, welche Probleme wir durch die Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb des SchengenRaumes bekommen würden, und hatten gerade wir Deutsche deshalb erhebliche Übergangszeiten vor der Freizügigkeit verlangt, so konnten wir zuletzt feststellen, dass daraus keine schwerwiegenden grundsätzlichen Probleme entstanden sind. Zwar waren in der Sächsischen Schweiz und anderswo genug Rechtsradikale herumgelaufen und hatten die Angst vor Fremden geschürt; doch nichts geschah. Eher hatten Fremde Angst vor diesen Hetzern. Trotzdem kamen sogar Touristen in diese Gebiete. In Dresden hieß man alle Ausländer, nicht nur die aus der EU, willkommen.

Meine Damen und Herren! Wir lebten in Sachsen an einer sozialen Grenze, an einer Wohlstandsgrenze zu Polen und zu Tschechien. Das führte schon vor Schengen zu bestimmten Formen von Eigentumskriminalität, die inzwischen aber durch polizeiliche Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg bekämpft werden konnte. Als wir noch darüber diskutierten, glich sich – schneller als gedacht – der grenznahe Raum so weit an, dass heute nichts davon bekannt ist, dass Tschechen und Polen deshalb zu uns kämen, um in unsere sozialen Systeme einzuwandern. Und wenn – sollen sie! Sie haben Arbeit und zahlen in unsere Systeme ein. Dann sollen sie auch gern irgendwann in den Genuss der Sozialsysteme kommen.

Zu einer zusätzlichen Aufgabe für unsere sozialen Systeme werden im Moment viele, die als Flüchtlinge und Asylsuchende zu uns kommen. Niemand wird leugnen, dass Deutschland neben Schweden und Österreich zu den beliebtesten Zielländern für Flüchtlinge zählt. Dabei spielt eine Rolle, dass wir in Deutschland verfassungsgerichtlich abgesicherte soziale Mindeststandards haben.

Nun komme ich wieder zur Notwendigkeit einer Harmonisierung der europäischen Sozialpolitik. In Griechenland, Spanien und Italien gibt es keine Sozialhilfe, wie wir sie kennen. Deshalb können wir nicht ohne Weiteres finanziell dafür sorgen, dass die Flüchtlinge hier wie dort gleich versorgt werden. Denn es entstehen neue Spannungen, wenn dort bedürftige Flüchtlinge bessergestellt werden als einheimische Bedürftige. Kurzfristig brauchen wir dafür pragmatische Lösungen. Wir müssen helfen; das ist überhaupt keine Frage. Langfristig aber brauchen wir eine europäische harmonisierte Sozialpolitik.

Meine Damen und Herren! Wir müssen feststellen, dass wir die Gefahren, die aus der sozialen Ungleichheit innerhalb Europas entstehen können, unterschätzt haben. Das Soziale blieb in der EU nationale oder sogar kommunale Kompetenz. Das ist im Grundsatz auch vollkommen richtig; denn im Sinne der Subsidiarität sollten die Menschen und ihre Volksvertreter schon auf diesen Ebenen die Möglichkeit haben, ihre soziale Sicherheit selbst auszugestalten. Was wir aber benötigen werden – dazu muss die EU im Sinne dieser Subsidiarität die Kompetenz haben –, sind bestimmte soziale Mindeststandards, die in allen Ländern nach einer Übergangsfrist zu erreichen sind und die von allen, die der EU in Zukunft beitreten wollen, auch zu erfüllen sind.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen in Europa so ein Netz. Das sind wir nicht nur der europäischen Grundrechte-Charta schuldig, sondern es ist, wie man aktuell ganz konkret sehen kann, eine Notwendigkeit der Tagespolitik.

Meine Damen und Herren! Nun zu den Inhalten dieses Antrages. Wir sollen die Staatsregierung auffordern, sich in der EU rundum dafür einzusetzen, dass die Welt sozialer wird. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, ich freue mich immer, wenn in Anträgen – auch gerade wenn sie nicht von uns kommen –

Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung zitiert werden und Persönlichkeiten wie Eva Högl, die ja nicht nur Vorsitzende der Europa-Union ist, sondern auch stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag. So sind auch die meisten Ihrer Wünsche gut und richtig. Nur weiß ich nicht, ob die Staatsregierung der richtige Adressat dafür ist. Würden wir das beschließen, wäre der Beschluss entweder eine ziemlich hohle Phrase, weil symbolisch, oder es würde zu einer völligen Überforderung der Staatsregierung führen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Letzteres glaube ich eher!)

Zur Weiterentwicklung der sozialen Dimension verlangen Sie von der Staatsregierung konkret die Förderung der Sozialpartnerschaft, also der Zusammenarbeit der Tarifparteien in Europa, mehr innerbetriebliche Mitbestimmung, Koordinierung von Gewerkschaften verschiedener Nationen – erlauben Sie mir an dieser Stelle die Anmerkung, dass ich nicht glaube, dass das staatliche Aufgabe ist, Arbeitgeberverbände oder Gewerkschaften in Europa zu koordinieren –, die Gleichstellung sozialer mit ökologischen und wirtschaftspolitischen Indikatoren im europäischen Semester, drängen auf Gleichstellung der Geschlechter, Forderung nach Verbesserung von Arbeitsbedingungen, Integration von Langzeitarbeitslosen und Migranten mithilfe eines Investitionspakets. Die Staatsregierung soll über die sogenannte offene Koordinierung berichten, und sie soll Handlungsbedarf bei der sozialen Angleichung im Verhältnis zu Tschechien und Polen so aufzeigen, dass sie sich vielleicht für die EU verallgemeinern ließen.

Das alles soll die Staatsregierung in Europa bewegen. Ich vermisse übrigens in Ihrer Aufstellung einen Korridor europäischer Mindestlöhne, den ich für sozialpolitisch geboten halte, also die Forderung, dass es zumindest überall einen Mindestlohn geben sollte, der in das nationale und regionale Lohngefüge passen muss. Eine solche Verpflichtung wäre das Pendant zum vorhin genannten europäischen Mindeststandard für Sozialhilfe, eine Forderung, die Sie in der mündlichen Begründung genannt hatten; aber sie steht nicht im Antrag. Ich vermisse auch dringend die Forderung nach Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Das ist ein Kernproblem der europäischen Sozialpolitik. Wir haben immer noch einige Staaten mit mehr als 50 % Jugendarbeitslosigkeit.

Meine Damen und Herren! Die Liste weiterer Forderungen an ein soziales Europa wäre lang. Wir werden sie gern an die europäischen Institutionen richten. Die Möglichkeiten der Staatsregierung, dies alles im Rahmen der offenen Koordinierung zu lösen, halten wir für überzogen. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Für die AfD-Fraktion spricht Frau Abg. Dr. Petry. Frau Dr. Petry, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag vorgelegt, bei dem – wäre er von der AfD gekommen – das Geschrei darüber, dass er nicht in diesen Landtag gehört, laut gewesen wäre. Gleiches ist aber über den Antrag der LINKEN zu sagen; denn einen Antrag im Landtag für mehr Europäisierung zu stellen wäre im Bundestag oder im EU-Parlament besser aufgehoben gewesen, zumal die LINKE das tut, was sie immer tut: Sie fordert mehr Staat und mehr Eingriffe, was letztlich mehr staatliche Kosten und in der Konsequenz mehr Kosten für den Steuerzahler bedeutet.

Ich frage mich auch, wenn über Migrationsursachen gesprochen wird, welche Länder dabei im Blick gewesen sind; denn wir haben keinerlei größere Probleme mit Migration aus den EU-Staaten, wo wir ein Freizügigkeitsgebot zu befolgen haben. Oder schlagen Sie vor, dass Länder wie Syrien, Afghanistan oder Teile Nordafrikas zukünftig zu Europa gehören?

(Widerspruch bei den LINKEN)

Migrationsursachen an dieser Stelle aufzuführen zeugt nicht von der Ernsthaftigkeit dieses Antrages. Weiterhin darf man sich fragen, was Sie damit wirtschaftlich bezwecken. Wir wissen, dass soziale Stärke nur von wirtschaftlich starken Staaten geleistet werden kann. Wollen Sie also mehr soziale Stärke in der EU? Dann sollten wir uns darum kümmern, dass die EU-Staaten wirtschaftlich gestärkt werden. Wie das geht, wissen wir, indem wir eine ordentliche Währungspolitik machen oder auch eine Energiepolitik, die Ihnen ja so oft am Herzen liegt, auch wenn Ihnen nichts weiter einfällt, als die konventionellen Energieträger zu verdammen – was gerade die anderen Staaten trifft.

Insofern wäre ein Antrag zu einer vernünftigen, ökonomisch sinnvollen Energiepolitik eher angebracht gewesen oder vernünftige Äußerungen zur Eurokrise, um schwächeren europäischen Staaten zu helfen. Aber das scheint nicht Ihre Domäne zu sein.

Herr Baumann-Hasske, Sie beziehen sich auf Freiheit, Verantwortung in Europa und beklagen, dass keine Äußerungen zum Mindestlohn kamen. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass das EU-Parlament vor wenigen Wochen dazu einen Beschluss gefasst hat. Mit Mehrheiten, auch Ihrer Fraktion, wurde beschlossen, dass es europaweite Mindeststandards für Löhne geben soll.