Protocol of the Session on October 8, 2015

Frau Dr. Muster, Sie möchten erwidern.

Vielen Dank, Herr Lippmann. Ich habe schon gedacht, dass Sie sich noch einmal melden würden. Wir dürfen aber darauf hinweisen, dass der Vorsitzende des Verfassungs- und Rechtsausschusses die Tagesordnung immer als Entwurf an die Obleute geschickt hat und dass man die Möglichkeit hatte, die Anträge auf der Tagesordnung zu behalten oder sie davon herunterzunehmen. Von daher halte ich das, was Sie sagen, für richtig. Trotzdem hätte man es vielleicht etwas perfekter gestalten können. – Vielen Dank.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Über die parlamentarische Perfektion Ihrer Fraktion wäre noch sehr viel zu sagen!)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde in der Aussprache.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Schaufensterantrag!)

Gibt es noch Redebedarf für eine zweite Runde? – Herr Hartmann.

(Unruhe – Christian Hartmann, CDU: Wir haben doch Zeit!)

Natürlich haben Sie alle Zeit dieser Welt, Herr Hartmann, und jetzt das Wort.

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Blick auf den letzten Tagesordnungspunkt und die Zeit möchte ich es doch in der gebotenen Kürze machen, zumal Herr Baumann-Hasske schon einen wesentlichen Teil dessen vorweggenommen hat, was ich zu dem Thema durchaus zu sagen hätte. Es ist nämlich nicht die Frage, wie die Bürgerbeteiligung in diesem Land ausgestaltet ist, sondern die Frage ist, wie sie genutzt wird.

Bevor wir immer wieder darüber diskutieren, neue Instrumente und neue Mechanismen auszuprobieren, sie zu ergänzen und zu erweitern, liegt es, glaube ich, in der Mitverantwortung dieses Hohen Hauses, darauf hinzuwirken, dass die bestehenden Instrumente und Mechanismen tatsächlich genutzt werden.

Das, was wir durchaus alle, zum Teil auch zu Recht, beklagen, ist das Gefühl, dass sich ein Teil der Bevölkerung an den Diskussionsprozessen nicht beteiligt. Das werde ich mit Sicherheit nicht dadurch bekämpfen, dass ich die Matrix von Internetforen verändere. Insoweit verweise ich gern auf die aktuelle Studie des Instituts für Sicherheit in der Kommunikation, das eigentlich zu der Feststellung kommt, dass ein Großteil der Bevölkerung die Angebote an Online-Beteiligungsmöglichkeiten aus unterschiedlichen Gründen eher skeptisch begleitet, während ein geringer Teil sie sehr intensiv nutzt und es damit auch in der Wahrnehmung und Struktur zu unterschiedlichen Betrachtungen kommt.

In der Tat sind wir dann bei der Verantwortung, die auch in diesem Hohen Haus bei den einzelnen Fraktionen liegt: Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit. Insoweit hat jeder Einzelne von Ihnen die Möglichkeit und die Verantwortung, diese Themen und Positionen in Gesprächen mit der Bürgerschaft aufzunehmen.

Im Weiteren ist es insbesondere eine Frage der kommunalen Beteiligungsmechanismen, von denen es eine ganze Reihe gibt, und eine Frage der frühzeitigen Bürgerbeteiligung. Ich möchte Herrn Baumann-Hasske durchaus recht geben, dass es eine Frage ist, wie die Ausgestaltung vor Ort tatsächlich passiert und wie die entsprechenden Beteiligungsmöglichkeiten durch die Bürgerschaft wahrgenommen werden.

Ich bin selbst Ortsvorsteher in einer Ortschaft und kann Ihnen sagen, dass Sie sehr oft eine frühzeitige Bürgerbeteiligung vornehmen, eine äußerst geringe Resonanz erleben und dann ein Jahr später eine große Überraschung bei einigen eintritt, weil sie sagen, davon haben wir nichts gewusst, obwohl die Beteiligungsmöglichkeiten bestanden haben, was Ihnen dann von Bürgern, die das genutzt

haben, auch attestiert wird. Sie werden damit also keinen Bürger mehr erreichen.

Das Argument zu bedienen, dann müssten wir nur einmal ordentlich Werbung dafür machen, zieht, glaube ich, an dieser Stelle auch nicht. Es geht hierbei um einen tiefer sitzenden Prozess bürgerschaftlichen Engagements und um eine Diskussion darüber, wie aktiv ich mich in die Demokratie einbringe.

Kurzum: Ich halte das Bürgerbeteiligungsportal für eine gute Ergänzung und glaube, der Fokus sollte darauf liegen, die bestehenden Mechanismen auf kommunaler und Landesebene intensiver zu nutzen und zu beleben. Dabei sollte jeder in diesem Hohen Haus seiner Verantwortung auch innerhalb seiner Partei Rechnung tragen.

Wenn wir das erreicht haben – nämlich eine tatsächliche Auslastung der bestehenden Beteiligungsmechanismen – ,bin ich gern bereit, einen vertiefenden Diskurs über ergänzende und weitere Strukturen zu führen. Das, was ich jetzt wahrnehme – und ich bitte Sie, das zu entschuldigen –, ist für mich das Gefühl, dass Sie eine mangelnde Beteiligung, die Sie feststellen, dadurch kompensieren wollen, dass Sie mit neuen Mechanismen etwas zu erreichen glauben, was mit den bestehenden zurzeit mangels Interesse oder Beteiligungsmöglichkeiten nicht funktioniert.

Insoweit werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Mir liegen weiter keine Wortmeldungen vor. Wünscht dennoch jemand aus den Reihen der Fraktionen das Wort zu ergreifen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage jetzt die Staatsregierung. – Das Wort wird gewünscht. Herr Staatsminister Ulbig, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Aus der Sicht der Staatsregierung kann ich zuallererst klar und deutlich erklären, dass das Thema Bürgerbeteiligung nicht nur für mich, sondern für alle Kollegen wichtig ist. Wir leben es tatsächlich auch. Natürlich ist uns klar, dass Demokratie von Teilhabe, Mitgestalten und Verantwortungsübernahme lebt. Im Hinblick darauf haben wir ganz unterschiedliche Themenbereiche wie Energie, weltoffenes Sachsen, innovative und bürgernahe Verwaltung und vieles mehr.

Herr Richter, in diesem Kontext fällt mir ein, dass ich nichts Problematisches empfinde; ich begrüße es eher, wenn mein Kollege Unland im Rahmen einer solchen Diskussion auch einmal einen Vorschlag macht und anregt, einen Straßennamen zu überdenken. Dass das natürlich eine Diskussion bei den Bürgern vor Ort auslöst, ist klar. Das aber passt zum Tagesordnungspunkt.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Was hat er denn gegen Clara Zetkin?)

Ich möchte zumindest daran erinnern, dass wir zwei umfangreiche Beteiligungsverfahren im Vorfeld unseres Landesentwicklungsplanes durchgeführt haben. Damit haben wir nun wahrlich gute Erfahrungen gemacht, weil es auch online angeboten wurde. Befragt wurden dabei alle sächsischen Städte und Gemeinden, die Landkreise, die öffentlichen Planungsträger, Vereine, Verbände und der Landtag sowie die Bürgerinnen und Bürger. Sie wissen, dass die Resonanz groß war: 2 000 Stellungnahmen mit nahezu 10 000 Hinweisen. Über die Hälfte stammte von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Bürgerinitiativen. Jede Achte ging über das Internet ein. Man kann also sagen, dass eine solche Möglichkeit, wenn sie gut gemacht wird, angenommen wird. Das ist durchaus ein gutes Beispiel für eine gelungene Bürgerbeteiligung.

Es gibt ebenfalls eine ganze Reihe anderer Beteiligungsmöglichkeiten. Herr Baumann-Hasske hatte es angesprochen. Es besteht die Möglichkeit, im Hinblick auf die Stadt- und Straßenbauplanung oder auch beim Haushalt Unterlagen auszulegen, Herr Scheel. Das möchte ich einmal deutlich machen. Partizipation ist möglich. Es geht aber an dieser Stelle tatsächlich darum, dass es leider häufig nur in Anspruch genommen wird, wenn jemand Schwierigkeiten damit hat und es problematisch ist.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Kennen Sie das Konzept eines Bürgerhaushaltes?)

Das möchte ich an dieser Stelle dazu sagen. Es geht eben nicht nur darum, etwas zu verändern, sondern sich aktiv an solchen Prozessen zu beteiligen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister?

Ja.

Herr Scheel, bitte.

Vielen Dank für die Gelegenheit, Herr Staatsminister. Können Sie mir sagen, in welcher sächsischen Stadt der Prozess eines Bürgerhaushaltes schon einmal genutzt und umgesetzt wurde?

(Mario Pecher, SPD: Zwickau!)

Sie haben gerade gehört, dass es einige Städte gibt.

(Mario Pecher, SPD: Mit 300 000 Euro!)

Die Zwischenfrage ist an den Staatsminister gerichtet.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Der Koalitionspartner beantwortet die Frage!)

Herr Präsident, ich möchte zumindest fragen, ob ich darauf einge

hen soll. Offenkundig gibt es in Zwickau einen solchen Haushalt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Es handelt sich um ein positives Beispiel, wie man auf kommunaler Ebene so etwas einsetzen kann.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Kann man doch weiter machen. Das ist eine gute Sache!)

Ja. Ich habe persönlich überhaupt keine Schwierigkeiten damit, solche Möglichkeiten entsprechend auszugestalten. Ich möchte nur Folgendes deutlich machen, um auf die aktuellen Diskussionen einzugehen: Bürgerbeteiligung hat für mich etwas mit Mitgestaltung und nicht mit Verhinderung zu tun, also wenn man etwas dagegen hat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bürgerbeteiligung braucht eine politische Kultur. Das ist wichtig. Diese Sprache spricht unser Bürgerportal. Es ist seit Februar online erreichbar. Das Portal basiert auf guten Erfahrungen mit der Dialogplattform jenes Landesentwicklungsplanes, über den ich gerade gesprochen habe. Hierzu ist die Teilnahme an Diskussionen möglich.

Wir haben einen Rahmen geschaffen, der die Beteiligung mit wenigen Mausklicks oder auch wenigen „Touches“ auf dem Smartphone ermöglicht. Dort können wichtige Entscheidungen konstruktiv diskutiert und mitgestaltet werden. Kollegin Klepsch hatte gerade gezeigt, dass es uns wichtig ist. Uns ist natürlich Folgendes klar: Wenn es Verbesserungspotenzial gibt, dann sind wir daran auch interessiert. Ein solches Portal lebt vom Mitmachen und von den Hinweisen. Wenn es Hinweise gibt, werden wir das natürlich verbessern und entsprechend nachjustieren. Erfahrungen der kommunalen Stellen, die es für ihre Verfahren einsetzen, werden dafür durchaus eine wichtige Hilfe sein. Aktuell wird auf Landesebene das Portal durch die Kollegen des Sozialministeriums genutzt. Andere Stellen planen den Einsatz. Diese Möglichkeit sollte von allen anderen genutzt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Abg. Meier. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht in Abrede gestellt, dass das Portal nicht gut ist. Das Gegenteil ist der Fall: Ich finde es wirklich gut. Dafür ist es aber notwendig, dass dort Sachen eingestellt werden. Wir haben es gerade gehört, momentan ist nur das Sozialministerium mit einem eher unzureichenden – es ist nicht barrierefrei – Projekt vertreten. Es sind keine anderen Ministerien vertreten. Gut ist, dass sich Kommunen und Landkreise