Protocol of the Session on November 12, 2014

Präsident Dr. Matthias Rößler überreicht

Ministerpräsident Stanislaw Tillich einen

Blumenstrauß. – Übergabe von Blumen

durch Frank Kupfer, CDU, Martin Dulig, SPD, Volkmar Zschocke, GRÜNE, Dr. Frauke Petry,

AfD, und Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt 2 ist beendet. Ich unterbreche die Sitzung für die Gratulation für zehn Minuten.

(Unterbrechung von 10:34 bis 10:49 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir treten wieder in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Aussprache und Beschlussfassung zur

Geschäftsordnung des 6. Sächsischen Landtags

Drucksache 6/222, Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Es findet zunächst eine allgemeine Aussprache statt. Folgende Redezeiten wurden vereinbart: CDU 20 Minu

ten, DIE LINKE 15 Minuten, SPD 13 Minuten, AfD 12 Minuten, GRÜNE 10 Minuten.

Für Änderungsanträge gilt eine Redezeit von 3 Minuten pro Antrag und Fraktion. Für die Gegenrede gilt das Entsprechende.

Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Den kann ich nicht feststellen. Wir kommen damit zur ersten Runde, beginnend mit der CDU und der SPD als Einreicher. Es folgen DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die einreichende CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Piwarz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass offensichtlich die nahezu ungeteilte Aufmerksamkeit jetzt wieder der Debatte hier im Hohen Hause gehört; denn es ist eine wichtige Debatte, die wir heute führen. Wir geben uns mit der Geschäftsordnung für die kommenden fünf Jahre quasi eine Art Verfassung, die regelt, wie wir miteinander arbeiten wollen.

Ich möchte in der nötigen Kürze skizzieren, was uns bei der Erarbeitung dieser Geschäftsordnung wichtig gewesen ist. Es war ein sehr intensiver Erarbeitungsprozess, den wir in den letzten Wochen miteinander bewältigt haben. Ich möchte da alle Fraktionen einschließen, die sich in diesen Prozess sehr intensiv, sehr konstruktiv eingebracht haben. Der CDU-Fraktion, aber ich glaube ebenso der SPD-Fraktion war wichtig, dass wir einerseits die bisherige Geschäftsordnung fortschreiben, weil sie sich in vielen Punkten und über viele Jahre bewährt hat, dass wir aber auch neue Elemente hineinbringen.

Was ist aus unserer Sicht das Bewährte? Wir stehen dafür, dass wir eine stringente, eine schnelle Abarbeitung insbesondere der Gesetzesvorhaben im Sächsischen Landtag gewährleisten können. Eine 1. Lesung findet nur dann statt, wenn sie gewünscht ist. Wir wollen direkt in die Ausschussbearbeitung hineingehen und dann schnell mit der 2. Lesung ins Plenum kommen. Das wird auch weiterhin der Fall sein. Wir werden uns weiterhin gemeinsam bemühen, unsere Tagesordnung so zu straffen, dass wir regelmäßig an zwei Plenartagen alle Punkte abarbeiten können, die uns aufgegeben wurden.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode die Kurzintervention als belebendes Element – damit erwähne ich diesen Begriff, der uns alle eint, als Erster –

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

eingeführt. Die Kurzintervention hat sich bewährt, und wir halten sie auch in dieser Geschäftsordnung weiterhin für sinnvoll und notwendig. Die freie Rede in Aktuellen Debatten – das freut unseren Präsidenten sicherlich am meisten – ist selbstverständlich Pflicht. Auch den Auftrag an uns alle, auch andere Debatten in freier Rede zu führen, haben wir in der Geschäftsordnung festgehalten.

Was gibt es Neues? Ich möchte auf die zwei aus unserer Sicht zentralen Punkte eingehen; der Kollege Brangs wird weitere Punkte aus Sicht der SPD beisteuern.

Zum einen möchten wir als Sächsischer Landtag konsequent den Weg in die elektronische Vorgangsbearbeitung

gehen. Wir haben uns eine kurze Übergangsfrist von sechs Monaten gegeben, aber spätestens danach möchten wir im Sächsischen Landtag ausschließlich elektronische und digital signierte Dokumente bearbeiten. Wir wollen die Papierflut, die uns alle in den letzten Jahren immer wieder vermeintlich erschlagen hat, eindämmen. Wir möchten das Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren. War es bislang so, dass man alles in Papierform bekommen hat und nur im Ausnahmefall per E-Mail, wird sich das künftig umdrehen: Im Regelfall werden es E-Mails mit entsprechenden Dokumenten im PDF-Format sein, und nur derjenige, der es zusätzlich wünscht, wird die Dokumente auch in Papierform bekommen. Die gesamte Verarbeitung von der Einreichung bis zur Bearbeitung in den Ausschüssen sowie auch Einladungen zu Ausschüssen und Plenartagungen werden zukünftig elektronisch erfolgen. Damit wollen wir hier im öffentlichen Bereich ganz klar Vorreiter sein. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Signal, das wir als Sächsischer Landtag aussenden.

Der zweite Punkt, der uns wichtig ist: Wir möchten das Fragerecht der Abgeordneten einerseits zwar stärken, aber die etwas in die Jahre gekommene Fragestunde, die wir alle miteinander immer wieder erleben durften, aufwerten, verbessern, lebhafter gestalten und an eine etwas prominentere Stelle in der Tagesordnung setzen. Deswegen wird es zukünftig eine Befragung der Staatsregierung mit einer Dauer von 45 Minuten geben, jeweils am zweiten Plenartag in der Mittagszeit.

Bei unserem Modell haben wir uns für eine Mischung aus dem entschieden, was der Bayerische Landtag gemacht hat, und dem, was der Deutsche Bundestag aktuell tut. Einerseits wird es für die Staatsregierung die Möglichkeit geben, ein Thema zu benennen, in das der jeweilige Fachminister jeweils 10 Minuten lang einführt. Anschließend besteht weitere 35 Minuten lang die Möglichkeit, zu diesem Thema Fragen zu stellen. Als Zweites – das ist sozusagen das bayerische Element in unserer Regelung – steht jeder Fraktion abwechselnd die Möglichkeit zu, ein weiteres Thema zu benennen, zu dem ebenfalls Fragen gestellt werden können.

Die klassische Fragestunde bleibt erhalten; wir haben sie allerdings auf 30 Minuten reduziert. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre sollte das ausreichend sein.

Wir denken, dass wir mit dieser Befragung der Staatsregierung eine Belebung der Debatte und der Diskussion zwischen Parlament und Staatsregierung bewerkstelligen können. Ich halte das für einen sehr guten Vorschlag, auf den wir uns geeinigt haben.

Weitere Punkte möchte ich nur kurz anreißen. Wir haben beispielsweise geregelt, dass neben dem Datenschutzbeauftragten und dem Präsidenten des Rechnungshofs zukünftig auch der Landesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheitsbehörden ein Zutrittsrecht zu den Ausschusssitzungen bekommt. Damit werden wir eine Gleichstellung einführen.

Auch wenn es deklaratorischer Art ist – es war uns trotzdem wichtig –, haben wir die Rechte des Rates für sorbi

sche Angelegenheiten nun auch in der Geschäftsordnung geregelt. Hinzu kommen viele kleinere Punkte, die wir im Konsens miteinander besprechen konnten. Sie werden den Parlamentsbetrieb vereinfachen. An Punkten, bei denen wir in den letzten fünf Jahren gemerkt haben, dass es vielleicht kleinere Reibereien gegeben hat, konnten wir Einigung erzielen, sodass einiges besser wird. Auf die Details möchte ich jetzt nicht eingehen.

Auch wenn wir diesen Punkt jetzt nicht zusammen mit der Geschäftsordnung beschließen, möchte ich – da dann keine Aussprache vorgesehen ist – noch darauf hinweisen, dass wir im Sächsischen Landtag einen Europaausschuss einrichten werden. Damit machen wir deutlich, dass wir das Thema Europa auch in unserer Arbeit als Landesparlament deutlich stärker gewichten wollen. Das halten wir für einen wichtigen Vorschlag.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Abg. Horst Wehner, DIE LINKE)

Ganz zum Schluss – ich werde meine Redezeit bei Weitem nicht ausreizen – möchte ich Danke sagen. Ich danke all denjenigen, die sich bei der Erarbeitung dieser Geschäftsordnung eingebracht haben, zuallererst der Landtagsverwaltung, die einen ersten Entwurf vorgelegt hat, mit dem wir uns kritisch-konstruktiv auseinandersetzen konnten. Herzlichen Dank an unseren Koalitionspartner, die SPD, mit dem wir lange gemeinsam gesessen, diskutiert und Inhalte erarbeitet haben. Einen ausdrücklichen Dank möchte ich aber auch an die anderen Fraktionen hier in diesem Hohen Haus richten, die sich ebenso konstruktiv und fair in diese Debatte eingebracht haben.

Es liegt ein Ergebnis vor, das einen klassischen Kompromiss darstellt. Nicht alle Wünsche und Forderungen jeder Fraktion finden sich in diesem Entwurf der Geschäftsordnung. Jeder musste an der einen oder anderen Stelle nachgeben, auch wir. Nicht jeder wird zu 100 % zufrieden sein, aber jeder findet sich in diesem Entwurf der Geschäftsordnung in dem einen oder anderen Punkt wieder. Ich denke, es wäre ein wichtiges Zeichen und eine gute Grundlage für die kommenden fünf Jahre, wenn wir mit übergroßer Mehrheit dieser Geschäftsordnung, quasi unserer „Verfassung“, des Landtages für die kommenden fünf Jahre zustimmen könnten.

Dafür werbe ich und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der AfD)

Herr Kollege Piwarz sprach für die einbringende CDU-Fraktion. Jetzt schreitet Kollege Brangs zum Rednerpult. Er spricht für die einbringende SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos dort anschließen, wo mein Kollege Piwarz geendet hat. Ich denke, dass wir mit der Debatte um die Geschäftsordnung bereits gezeigt haben, dass wir darum bemüht waren, als neue Koalition

eine neue Kultur im Umgang miteinander zu pflegen. Wir sind dabei sehr transparent miteinander zu Werke gegangen. Das war für den einen oder anderen vielleicht etwas Neuland, aber ich glaube, das ist der richtige Weg, und wir sollten auch weiter auf diesem Weg bleiben.

Ich denke auch, dass es richtig war, dass wir sehr früh alle gemeinsam versucht haben, darüber nachzudenken, wie wir eine lebendigere Debattenkultur im Landtag etablieren können. Das Problem ist aber: Das ist nicht so einfach, weil wir wahrscheinlich nicht die Ersten sind, die sich über die Bedingungen, die wir hier vorfinden – sowohl die rechtlichen als auch die Frage, was man überhaupt noch ausgestalten kann –, Gedanken gemacht haben, und wir werden auch nicht die Letzten sein, die das tun. Viele andere Landesparlamente haben ähnliche Debatten geführt, und es ist nun einmal nicht so einfach, am Ende einen Weg, ein neues Element zu finden. Mein Kollege hat schon zwei, drei dieser Punkte genannt, die sich in dieser Geschäftsordnung neu wiederfinden, und ich denke, dass das richtig und gut so ist.

Ich möchte noch zwei, drei andere Punkte anführen. Ich meine, dass es gut und richtig ist, dass wir mit dem Mittel eines prioritären Antrages nach einer Aktuellen Debatte dazu beitragen werden, dass man ein wenig lebendiger und aktueller diskutieren kann. Dadurch werden der gesamte Tagesordnungspunkt „Aktuelle Debatte“ und im Anschluss noch ein Antrag, der prioritär ist, dazu führen – das hoffe ich zumindest –, dass auch die Öffentlichkeit stärker von unseren Debatten Notiz nimmt. Ich hoffe auch, dass wir durch diese Möglichkeit eines zusätzlichen Antrages dazu beitragen, dass wir uns hier miteinander ganz aktuell über Probleme auseinandersetzen, die das Land bewegen.

Wir haben darüber hinaus eine Regelung gefunden, die sich aus unserer Sicht ebenfalls mit dem demokratischen Grundverständnis sowie dem politischen Selbstverständnis beschäftigt, das wir in diesem Hause haben sollten. Das ist die Frage, wie wir mit der Position der Vizepräsidenten umgehen. Wir haben als Koalition damit ein deutliches Zeichen gesetzt, dass wir gesagt haben, dass die zweitstärkste Fraktion einen Anspruch darauf erhält. Das ist, denke ich, gut und richtig so, und ich hoffe, dass es dazu beiträgt, dass die Gesamtwürdigung dieses vorliegenden Vorschlages im Kontext all dieser Punkte gesehen wird, die wir verändert haben, und es nicht dazu kommt, dass man einzelne Punkte herausgreift, die man nicht umsetzen konnte, und das zum Anlass nimmt, der Geschäftsordnung dann vielleicht doch nicht seine Zustimmung zu geben.

Ich weiß, es gibt eine Vielzahl von Änderungsanträgen. Diese sind alle in den Runden mit den Parlamentarischen Geschäftsführern diskutiert worden, an denen auch die Verwaltung teilgenommen hat. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle anschließen und bedanke mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen für die gute Atmosphäre, die wir in den Gesprächen hatten.

Wir haben, was die Vizepräsidenten betrifft, natürlich auch hier die Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir 2004 einen Sonderfall hatten: Wir hatten sechs Fraktionen in diesem Landtag, und wir sollten daraus lernen, dass man, wenn sich die Fraktionsanzahl verkleinert, auch über die Aufgaben sprechen muss, ob sich deren Umfang ebenfalls verkleinert, sodass es dann nicht nur noch zwei Repräsentanten unseres Hauses gibt, sondern zwei Vizepräsidenten und den Präsidenten, der natürlich unbestritten ohnehin der Erste Mann im Staate ist.

Darüber hinaus haben wir eine Regelung gefunden, was das Thema Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragte(r) betrifft. Wir haben dort bereits das Thema Integrationsbeauftragte(r) eingeführt. Das ist uns wichtig. Es ist ein Anliegen, das wir auch im Koalitionsvertrag formuliert haben, und ich will deutlich sagen: Das ist keine Geringschätzung und keine Abkehr von der bisherigen Arbeit des Ausländerbeauftragten, ganz im Gegenteil. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich beim Kollegen Dr. Gillo für die geleistete Arbeit als Ausländerbeauftragter bedanken.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, der AfD und den GRÜNEN)

Wir werden das Gesetz anfassen und dazu übergehen, dass wir aus dem Ausländerbeauftragten einen Integrationsbeauftragten machen; damit ist die Geschäftsordnung schon auf diesen Fall eingestellt. Deshalb haben wir diesen Weg gewählt, und ich denke auch, dass es richtig ist, dass wir ihn so gehen, zumal wir mit der neuen Zuordnung der Staatsministerien beim Thema Gleichstellung und Integration einen Staatsminister/eine Staatsministerin haben werden. Wir sind hier das Parlament, das ist die erste Gewalt, drüben ist die zweite Gewalt, und diese müssen miteinander ein so wichtiges Thema bearbeiten. Ich denke, das ist eines der wesentlichen Zukunftsthemen, auch für Sachsen. Wir müssen alle gemeinsam ein Interesse daran haben, dass wir in diesem Land eine Willkommenskultur schaffen, die Menschen hier willkommen heißen und das Thema Integration für uns ein Zukunftsthema sein sollte.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Jetzt wird es darum gehen, das sowohl von meinem Kollegen als auch von mir Gesagte mit Leben zu erfüllen. Ich fordere Sie alle herzlich auf, dazu beizutragen, dass es hier etwas lebendiger wird, und ich hoffe, dass wir mit diesem Vorschlag der Koalition einen Beitrag dazu leisten konnten.