Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wanderungsbewegung von jungen Lehrerinnen und Lehrern, die ihr Studium und Referendariat beendet haben, ist so gang und gäbe, wie sie in jeder Berufsgruppe gang und gäbe ist. Wir können keine Ost-West-Wanderung mehr feststellen. Wir haben in der KMK eine Statistikkommission. Diese hat festgestellt, dass wir in Gesamtdeutschland Lehrerinnen und Lehrer über Bedarf ausbilden, und zwar circa 8 000. Wir bilden zwar über Bedarf aus, haben aber einen Mangel an Lehrern für Mathematik und Naturwissenschaften. Wir haben einen besonders hohen Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern in den ostdeutschen Bundesländern. Der Markt in den alten Bundesländern ist weitestgehend – bis auf die Naturwissenschaftler, bei denen Ausnahmen bestehen – gesättigt, sodass wir keine Ost-WestWanderung von Lehrerinnen und Lehrern zu verzeichnen haben. Die Bundesländer sind vielmehr untereinander im Konkurrenzkampf.
Lehrerinnen und Lehrer werden gebraucht und schauen natürlich – wir sind mitten im Einstellungsverfahren – nach den Bedingungen. Da ist nicht nur das Geld wichtig. Da spielt sehr vieles mehr eine Rolle. Wir müssen dieses Thema mehrschichtig betrachten.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? Wir haben noch 2 Minuten. – Keine Frage. Möchte noch jemand eine Frage stellen? – Bitte sehr.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ereignisse im Herbst 1989 und der Prozess bis hin zur deutschen Wiedervereinigung haben für Sachsen eine epochale Bedeutung. Für den Freistaat Sachsen ist das ein Grund, diverse Projekte zu unterstützen, die die Demokratisierung Sachsens, den Weg zur deutschen Einheit, die Bildung des Freistaates
Können Sie, liebe Frau Staatsministerin Kurth, in diesem Zusammenhang bitte darstellen, wie die Erinnerungskultur 25 Jahre nach der deutschen Einheit an Sachsens Schulen konkret gepflegt wird und ob wir davon ausgehen können, dass es auch nach 25 Jahren nach wie vor ein großes Interesse an diesem Thema an den sächsischen Schulen gibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Jahr 1990 und diesen Zeitraum selbst an den Schulen miterlebt. Sie ist natürlich nicht mehr in der Intensität wie damals präsent. Aber unsere Schulen pflegen die Erinnerungskultur.
Ich könnte viele Beispiele anführen. Ganz spontan fällt mir die Schulmusikbegegnung ein. Es ist einmalig in Deutschland, dass zwischen Sachsen und BadenWürttemberg jedes Jahr um den 3. Oktober herum eine Schulmusikbegegnung durchgeführt wird. Sie hat sich inzwischen zur Schulkunstbegegnung ausgeweitet.
Hunderte Schülerinnen und Schüler treffen sich jedes Jahr im Wechsel. In diesem Jahr sind die Schüler um den 3. Oktober herum in Heidelberg in Familien zu Gast. Da treten Chöre auf. Es gibt Kunstwerkstätten, Malwerkstätten, die von jungen Menschen besucht werden. Es findet
eine große Festveranstaltung statt. Für mich ist das Gänsehaut pur, wenn ich erlebe, wie die jungen Menschen den Auftritt genießen. Viel wichtiger ist aber für die jungen Menschen, eine ganze Woche in der Familie zu leben. Sie tauschen sich dabei ganz unkompliziert darüber aus, wie es damals war, wo man noch Unterschiede spürt und wo es Gemeinsamkeiten gibt.
Ich könnte noch viel mehr Beispiele anführen. Das – Herr Präsident, damit komme ich zum Ende – ist nur ein kleiner Ausschnitt gewesen. Ja, die Erinnerungskultur zu 25 Jahren deutscher Einheit wird noch gepflegt.
Meine Damen und Herren! Die Zeit der Befragung der Staatsministerin ist abgelaufen. Ich bedanke mich bei Ihnen, Frau Staatsministerin, für Ihren Bericht und dafür, dass Sie sich den fragenden Abgeordneten zur Verfügung gestellt haben. Den Beteiligten danke ich auch sehr herzlich.
Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen haben sich im Vorfeld darauf verständigt, den Prioritätenantrag der Fraktionen CDU und SPD gemeinsam mit der von der Fraktion DIE LINKE gestellten Großen Anfrage zu behandeln. Die gemeinsame Behandlung mehrerer Beratungsgegenstände ist ohne Weiteres möglich, wenn dazu der Landtag nach § 79 Abs. 2 Satz 6 der Geschäftsordnung einen entsprechenden Beschluss fasst. Zunächst müssen wir also über die gemeinsame Behandlung beider Beratungsgegenstände abstimmen. Ist jemand dagegen? –
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache in der Reihenfolge CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn es gewünscht wird. Für die Fraktion der CDU Herr Abg. Nowak. Sie haben das Wort.
ausgeschrieben bedeutet? Ich weiß, wir sind hier im Hohen Haus und nicht im Klassenzimmer, deshalb hat Melden keinen Sinn. Ich gebe eine Zwischenfragemöglichkeit. – Diese will auch keiner nutzen. Ich verrate es Ihnen: Transatlantic Trade and Investment Partnership. Es geht also um Handel und Investitionen, und vor allem aber geht es um die Partnerschaft. Verfolgt man die Aktuelle Debatte dazu, dann kommt Partnerschaft regelmäßig zu kurz. Im Gegenteil, ganz oft entsteht der Eindruck, es gehe eher um eine feindliche Übernahme Europas. Das ist natürlich großer Quatsch. Für Europa ist das Abkommen vielmehr eine große Chance. Deshalb ist auch jeder ideologische Schaum vor dem Mund in Sachen TTIP völlig fehl am Platze.
Wenn TTIP gelingt, dann wird ein Wirtschaftsraum entstehen, der fast die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts umfasst. Die USA sind unser wichtigster Handelspartner außerhalb der EU. Es ist doch sonnenklar, dass uns TTIP Vorteile bringen wird; denn durch dieses Abkommen werden Hemmnisse abgebaut, die heute noch bestehen.
Bei TTIP geht es aber nicht nur um Zölle und Investorenschutz. Es geht auch um die Vereinheitlichung von Standards und Zertifizierungen sowie um den Abbau von Hemmnissen bei der öffentlichen Auftragsvergabe und bei Marktzugängen. In der öffentlichen Debatte um TTIP tummeln sich heute jede Menge Mythen und Legenden. Sie werden von interessierter Seite genährt; das macht sie aber nicht richtiger, deshalb einige Fakten.
Beispiel Zölle: Sie sind zwar bereits ziemlich niedrig, jedenfalls im Durchschnitt, aber auch durchschnittlich kleine Zölle haben große Wirkungen. Der Durchschnittszoll auf Industriegüter beträgt 2,8 %; aber das große Handelsvolumen macht das Kraut dann fett. Allein die deutsche Autoindustrie zahlt jährlich 1 Milliarde USDollar an Zöllen – 1 Milliarde! –, und die Autoindustrie ist für Sachsen ein ganz relevanter Wirtschaftsfaktor. Es gibt außerdem immer noch sogenannte Hochzölle, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Sie betragen zwischen 15 % bei elektrischen Maschinen und 55 % bei Schuhen.
Wichtig ist aber auch eine Vereinheitlichung von Standards und Zertifizierungen. Dies gilt vor allem für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die unterschiedlichen Test- und Zertifizierungsverfahren bedeuten unglaubliche Mehrkosten. Große Konzerne können das eher stemmen als die KMU. Die sächsische Wirtschaft besteht aber vor allem aus Klein- und mittelständischen Unternehmen, deswegen ist es unser vitales Interesse, hier Vereinfachungen zu schaffen.
Ein Beispiel: In Amerika müssen Blinker beim Auto rot blinken und in Europa orange. Das eine ist nicht sicherer als das andere, dennoch müssen die Autobauer alles doppelt machen und zulassen. Im Maschinenbau müssen deutsche Unternehmen Komponenten wie Gasrohre, Kabelbäume und Sicherheitsventile doppelt produzieren, testen und zulassen, und das nur, weil die europäischen
Genehmigungen in den USA nicht gelten; und wer mit seinem Unternehmen in der Chemie- und Pharmaindustrie oder in der Medizintechnik aktiv ist, muss dieselbe Produktionsanlage zweimal prüfen lassen: durch die European Medicine Agency und die US-amerikanische Food & Drug Administration.
Ist Ihnen eigentlich klar, wie viele Ressourcen all das verschwendet? TTIP kann hier Abhilfe schaffen. Wo es möglich ist, werden die Standards gegenseitig anerkannt, und wo die Standards nicht passen, muss harmonisiert werden. Das beste Beispiel ist die Chemikalienverordnung REACH auf europäischer Seite und die USamerikanische Toxic Substances Control Act. Sie sind einfach zu unterschiedlich, um sie gegenseitig anzuerkennen. Dort müssen wir harmonisieren.
Bei neuen Technologien können die Schutzstandards aber gleich gemeinsam entwickelt werden, und dies können dann Blaupausen für weitere Freihandelsabkommen sein. Unser gemeinsames hohes Niveau kann so weltweit Gültigkeit bekommen. Es ist übrigens keineswegs so, dass immer nur wir Europäer die höheren Standards haben. Bei den Amerikanern gibt es deutliche Sorgen, dass etwa ihre Regeln bei Pharmazeutika und Elektrogeräten auf EUNiveau sinken könnten.
TTIP ist nicht zuletzt wichtig für Marktzugänge und öffentliche Auftragsvergabe. Der Vergabemarkt der USA ist der zweitgrößte der Welt. Es gibt dort aktuell aber Diskriminierungen für Nicht-US-Unternehmen. Dies geschieht sowohl auf Bundesebene als auch in den Einzelstaaten. Auch hier kann TTIP die Markteintrittsbarrieren für deutsche Unternehmen nachhaltig senken und einen fairen Wettbewerb herbeiführen.
Und was ist eigentlich mit dem Verbraucherschutz, mit Daten und Urheberrechten? Zunächst: TTIP ist kein Datenschutzabkommen. Unsere Standards sind nicht Verhandlungsgegenstand und demzufolge auch nicht bedroht. Beim Verbraucherschutz geht es nicht selten zuerst um die Frage, was wir eigentlich essen wollen, und erst dann um die Produktsicherheit. Unverzichtbar ist natürlich ein Blick auf das sogenannte Chlorhühnchen. Das frisch geschlachtete Huhn hat eine Keimbelastung von einer Million Bakterien pro Quadratzentimeter. Reines Trinkwasser, wie es in Europa zur Behandlung eingesetzt wird, reduziert es dann auf 100 000 Bakterien und das Chlorbad auf 10 000. Dabei wird das Huhn in 2 bis 4 Grad kaltem Wasser gebadet, das 3 parts per million Chlordioxid enthält. Damit Sie das richtig einordnen können: 3 ppm entsprechen, in Zeit übersetzt, etwa 3 Minuten in knapp zwei Jahren. Jeder deutsche Schwimmbadbesuch verursacht beim Menschen mehr Chlorkontakt als diese Methode, und in dem Hühnerbad sind übrigens noch andere Substanzen enthalten. Man könnte es auch „Trinatriumphosphathuhn“ nennen, aber das ist natürlich ideologisch nicht so schön vermittelbar.
Das wirklich Verrückte an der Geschichte ist: Beim Salat stört das niemanden, auch nicht die üblichen Betroffenheitsaktivisten. Wenn Sie heute in den Supermarkt gehen
und eine küchenfertig gewaschene europäische Tüte Salat kaufen, so dürfte dieser Salat mit ziemlicher Sicherheit Chlorwasser gesehen haben; aber darüber spricht kein Mensch.
Sie sehen also, in Sachen TTIP ist viel Ideologie am Start. Das passt übrigens auch zur Großen Anfrage, die Sie von den LINKEN gestellt haben. Wenn man sie sich durchliest, bleibt ein zentraler Eindruck: Sie empfinden TTIP vor allem als Bedrohung. Das wundert mich nicht, schließlich ist es ja ein Abkommen mit den Amerikanern und nicht mit den Sowjets.