Protocol of the Session on July 8, 2015

Das ist unsere Entscheidung. Wir haben entschieden, dass wir keinen Änderungsantrag einbringen, sondern dass wir über Ihren Antrag, die Zusammenlegung von Klassen, gern diskutieren.

Ich möchte es weiter fassen, wie ich es gerade dargestellt habe: Die Zusammenlegung von Klassen wird derzeit in Größenordnungen vorbereitet. Herr Bienst: Verantwortungsvolle Entscheidungen auf der Schulebene würde ich mir gern wünschen. In allen Schulen im Freistaat Sachsen, egal welcher Schulart, wird zurzeit durch die Bildungsagenturen geprüft, welche Klassen rechnerisch zusammengelegt werden können. Das wird massiv geprüft. Das geht bis in die Förderschulen hinein und besteht in der Zusammenlegung von Schwimmunterricht, von Sportunterricht in Förderschulen für Körperbehinderte. Das geht so weit, dass Zusammenlegungen in Bereichen durchgeführt werden, in denen nicht mehr gewähr

leistet ist, dass das Bildungsniveau im Freistaat Sachsen auf dem jetzigen Niveau gehalten werden kann.

Das heißt, die Zusammenlegung von Klassen ist ein Zeichen dafür, dass Sie seit Jahren eine total verfehlte Einstellungspolitik im Freistaat Sachsen verfolgen, obwohl die Signale klar und deutlich sind. Wir hatten im vergangenen Jahr – die Ministerin hat uns im Ausschuss darüber informiert, dafür noch einmal herzlichen Dank, Frau Ministerin – 335 Ausnahmegenehmigungen für Nichtzusammenlegungen von Klassen. Das war im Wahljahr.

Ich war an zahlreichen solcher Nichtzusammenlegungen von Klassen im Freistaat Sachsen beteiligt. Ich bin gespannt, wie hoch die Zahl nach den ersten sechs Wochen des neuen Schuljahres sein wird, die dann hoffentlich vorliegt. 1 000 Einstellungen reichen nicht aus, um den Bedarf für gute Bildung im Freistaat Sachsen zu sichern. Ich spreche von guter Bildung auf dem Niveau, das wir jetzt haben. Ich glaube, wir haben an verschiedenen Stellen die Möglichkeit und die Notwendigkeit, dort Veränderungen und Verbesserungen vorzunehmen.

Es gibt nach meinen Informationen bezüglich der Vorbereitung des Schuljahres weitere gravierende Einschnitte innerhalb des Systems, um die Unterrichtsversorgung einigermaßen realisieren zu können. Die Zusammenlegung an Förderschulen habe ich schon dargestellt. Auch an den Förderschulen gibt es Signale zu Beginn des Schuljahres, dass sowohl der Ergänzungsbereich als auch der Grundbereich an Förderschulen in größerem Maße nicht abgesichert werden kann. Die Integrationsstunden sollen im Grundschulbereich gekürzt werden. Ich muss noch „sollen“ sagen, obwohl die Schulleiter damit schon so planen. Es ist immer noch nicht endgültig.

Die Betreuung von Integrationskindern wird in wesentlich geringerem Maß stattfinden, als wir es in diesem Schuljahr bereits hatten. Das war eigentlich schon der untere Level. Die Erstellung von Gutachten für Förderschulen, die für die weitere Entwicklung der Schülerinnen und Schüler, auch für die Integration von Schülerinnen und Schülern in den allgemeinbildenden Schulen, zwingend notwendig sind, wird weitgehend gestrichen.

Ich nehme als Beispiel einmal Leipzig und sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich total entsetzt bin. Ich weiß nicht, wie die Unterrichtsabsicherung dort im kommenden Schuljahr aussehen wird. Circa 60 Lehrerinnen und Lehrer und pädagogische Unterrichtshilfen im Förderschulbereich könnten ausscheiden, weil sie das entsprechende Alter erreicht haben. Es wird kein einziger Förderschullehrer in der Regionalstelle der Bildungsagentur Leipzig eingestellt. Neun pädagogische Unterrichtshilfen werden eingestellt – die Zahlen haben wir vom Kultusministerium bekommen –, das sind in der Bildungsagentur Leipzig fast alles Entfristungen, also keine zusätzlichen Lehrkräfte, sondern es sind die, die bereits jetzt im System sind. Ich bin sehr dafür zu entfristen, aber es muss zusätzliches Personal eingestellt werden.

Die Frage ist: Wie gleichen wir den Bedarf, der in diesem Bereich vorhanden ist, aus? Klassenzusammenlegungen können es nicht wirklich sein. Das aber wird zurzeit in großem Maße praktiziert.

Ich frage Sie, Frau Ministerin: Wie werden Sie diesen Bedarf an klassischem Unterricht im kommenden Schuljahr gewährleisten können? Auf der anderen Seite – damit haben wir uns im Ausschuss schon beschäftigt – gibt es junge Lehrerinnen und Lehrer, die gern einen Arbeitsvertrag haben wollen, die aber keinen bekommen, die in die Unterrichtsversorgung geschoben werden und wieder einen befristeten Arbeitsvertrag erhalten. Inzwischen gibt es Lehrerinnen und Lehrer, die drei bis vier befristete Arbeitsverträge zur Unterrichtsversorgung hintereinander bekommen – der Bedarf ist vorhanden – und dann ein ganzes Jahr in ihrer Fachrichtung und in ihrer Schulart unterrichten, obwohl sie eigentlich nicht gebraucht werden.

Andererseits brauchen wir ein anderes und besseres Verfahren, wenn es um das Einstellungsverfahren geht. Wir haben in der Bildungsagentur Leipzig die Situation, dass über die Hälfte der Bewerber mit der klassischen Ausbildung Mittelschule das Angebot nicht angenommen hat. Hier müssen wir prüfen, was dort passiert ist. Wenn ich mich aber im März bewerbe und im Juni das erste Mal von der Bildungsagentur höre, dann ein Angebot bekomme und mich innerhalb von zwei Tagen entscheiden muss, ob ich das Angebot annehme oder nicht – das Angebot möglicherweise auch nicht besonders lukrativ ist, weil es für die Mittelschullehrer im Freistaat Sachsen nicht besonders lukrativ ist –, dann gehe ich woanders hin. Hier müssen wir im Verfahren unbedingt eine Veränderung erreichen.

Wenn jetzt tausend Stellen für Lehrerinnen und Lehrer geschaffen werden sollen, der Bedarf aber größer ist, dann möchte ich bitte den Ministerpräsidenten Herrn Tillich beim Wort nehmen, der hier vorn gestanden und gesagt hat: Wenn die Anzahl der Lehrer nicht ausreicht, dann müssen wir darüber hinaus welche einstellen. Ich fordere Sie heute auf: Stellen Sie weitere Lehrerstellen zur Verfügung, damit das Schuljahr 2015/2016 ordentlich und in vernünftigen Bahnen durchgeführt werden kann. Dabei spreche ich noch nicht von den Langzeitkranken und den sich daraus ergebenden Unterrichtsausfällen.

Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, auch noch die Zeit und vielleicht auch noch einige Lehrerinnen und Lehrer, die sich beworben haben, um hier in Sachsen zu arbeiten. Nehmen Sie es wahr und gehen Sie darauf ein.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Nun für die Fraktion der SPD Herr Abg. Mann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es widerstrebt mir ein

wenig, einem Antrag mehr Redezeit einzuräumen, als offensichtlich für seine Erstellung verwendet wurde.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD)

Letztendlich lässt sich die Forderung dieses Antrages mit einem Satz zusammenfassen. Dennoch will ich den Antragsteller fragen: Wieso ausgerechnet ein Moratorium nach der 9. Klasse und nicht in der für die Entwicklung unserer Kinder in den Schulen und ihrer Lebenschancen viel wichtigeren 3. Klasse?

Die Grenze, die Sie hier ziehen, erscheint mir aus bildungspolitischer Sicht relativ willkürlich und dünn begründet.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Sie haben offensichtlich nicht zugehört!)

Doch, ich habe die Begründung für die Sekundarstufe gehört. Ich sage dennoch: Ich glaube, eine bildungspolitische Kompetenz weist dieser Antrag nicht auf. Im Gegenteil: Ich unterstelle Ihnen Populismus, denn der Antrag gaukelt –

(Lachen bei der AfD)

Getroffene Hunde bellen! – eine einfache Lösung vor, verkennt aber, dass damit neue Probleme geschaffen werden.

(Dr. Stefan Dreher und Dr. Frauke Petry, AfD: Welche?)

Die hier vorgeschlagene generelle Unterschreitung der Mindestschülerzahl erfordert mehr Ressourcen – jedenfalls solange das Lehrpersonal pro gebildeter Lerngruppe und nicht pro Schüler zugewiesen wird –, denn hierbei wäre die Aufrechterhaltung dieser Klassen mit mehr Ressourcen verbunden.

Ein generelles Moratorium könnte dazu führen, dass im Rahmen der gerade im Haushalt beschlossenen Stellen der Ergänzungsbereich weiter gekürzt und ausgedünnt werden müsste, in der Folge die Ausfallstunden steigen und eben genau das Gegenteil von dem erreicht würde, was Sie hier vorgeben zu wollen. Kurzum: In der Bewertung dessen, ob das eine sinnvolle Maßnahme ist, sind wir nicht nur skeptisch, sondern denken, dieser Schuss geht nach hinten los.

Die in der Kleinen Anfrage vorgelegten Zahlen, die Sie ja zur Grundlage dieses Antrages machen, zeigen zudem, dass die sächsische Schulverwaltung mit den zugegebenermaßen nicht übermäßigen Ressourcen verantwortlich umgeht. Von den 80 Fällen, in denen die Mindestschülerzahl unterschritten würde und Klassenzusammenlegungen der Fall sind, sind bei 30 Fällen Ausnahmen gemacht worden. Diese Ausnahme von der Regel zeigt eben, dass hier dennoch mit Augenmaß vorgegangen wird und die von Herrn Bienst angesprochenen Freiheiten ausgenutzt werden.

Wir sind der Meinung: Es gibt keine Notwendigkeit für so ein Moratorium und wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Aline Fiedler, CDU, und Valentin Lippmann, GRÜNE)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abg. Zais. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist für mich schon außerordentlich erstaunlich, wie man aus solch einem kleinen, wirklich inhaltsleeren Antrag eine große Debatte über Bildungspolitik, liebe Conny Falken, im Allgemeinen und im Besonderen machen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Stefan Dreher, AfD: Sie haben den Antrag nicht verstanden!)

Dafür haben mir jetzt, ehrlich gesagt, ein wenig die Nerven gefehlt.

(Jörg Urban, AfD: Niemand zwingt Sie zu reden!)

Was steht denn wirklich in diesem Antrag?

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Da müssen Sie lesen!)

Es steht doch nichts weiter drin, als dass die AfD jetzt dem bunten Strauß der Ausnahmetatbestände und Provisorien, die wir haben – egal ob es die Schuljahresplanung, Klassenbildung oder Schulstandorte sind –, ein weiteres Moratorium hinzufügen möchte. Nun klingt „Moratorium“ gut und bringt im Wahlkampf Punkte.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Wir haben keinen Wahlkampf mehr!)

Das wissen einige von uns recht gut.

(Uwe Wurlitzer, AfD: … sehr gut!)

Jetzt haben wir keinen Wahlkampf, aber Punkte kann die AfD angesichts der Debatten zurzeit vielleicht auch gebrauchen. So schätzen wir diesen Antrag ein.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Verschätzen Sie sich mal nicht! – Zuruf des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD)

Wir müssen auch sagen: Klassenzusammenlegungen sind natürlich kein Teufelszeug. Man muss ja ein bisschen realistisch überlegen, welche Ressourcen wir im System haben, um das grundsätzlich abzulehnen. Es sind viele Gründe, auch vernünftige, schon genannt worden, die für Klassenzusammenlegung sprechen. Das halten wir für absolut verfehlt.

Zum Schluss sage ich Ihnen: Als ich Ihre Begründung gelesen habe, wusste ich nicht, ob ich lachen oder heulen soll.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Beides!)

Ja, eben. – Diese hanebüchene These – ich versuche es einmal, in Worte zu fassen, was in Ihrer Begründung steht:

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Sie müssen es nur vorlesen!)