Protocol of the Session on June 11, 2015

Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung, bis zum Jahr 1999, waren die Nutzungsverhältnisse, die jetzt noch übrig bleiben, im Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes gar nicht kündbar. Ab Januar 2000 war eine Kündigung nur unter strengen Voraussetzungen möglich, und zwar nicht bei jedem Bauvorhaben, sondern nur beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern, sofern dies dem Nutzer noch zugemutet werden konnte. Dieser Schutz fiel 2005 weg. Die Zumutbarkeitsregelungen entfielen und stattdessen wurde auch ein Nutzungsinteresse des Grundeigentümers von Bedeutung. Was vorher im Bundestag, im Antrag der LINKEN ausgeführt, scheiterte, soll nunmehr auf Landesebene durch eine Beschränkung der eigenen Möglichkeiten für den Freistaat eingeführt werden. Die Kommunen, das wurde bereits gesagt, kann man dazu allerdings nicht verbindlich zwingen. Das ist das Recht der kommunalen Selbstverwaltung.

Sosehr der AfD-Fraktion der Schutz der Kleingärtner und der Kleingärten auch am Herzen liegt ob ihrer ökologischen und sozialen Bedeutung dieser Kleingärten, der Antrag der LINKEN ist unausgegoren – –

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Wochenendgrundstücke und Kleingärten sind zwei verschiedene Dinge!)

Hören Sie mal zu, dann können Sie etwas lernen.

Der Antrag der LINKEN ist unausgegoren, die Fraktion der AfD wird daher nicht zustimmen.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Sie wird sich enthalten. Mit dem Antrag der LINKEN wird sehenden Auges – –

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Von Ihren Kindern verlangen Sie in der Schule Disziplin und selbst können Sie Ihren Schnabel nicht halten. Das ist aber seltsam.

(Widerspruch bei den LINKEN)

Mit dem Antrag der LINKEN wird sehenden Auges die Ungleichbehandlung geschaffen. Gehört der Boden dem Freistaat Sachsen, soll für weitere zehn Jahre Kündigungsschutz bestehen – bei den Kommunen ist dies nicht durchsetzbar. Außerhalb Sachsens liegende Schrebergärten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sind nicht tangiert. Deutsche Rechtszersplitterung ist die Folge. Die Interessen der Grundeigentümer werden nicht berücksichtigt. Ein weiterer Aufschub des allgemeinen Kündigungsrechts um zehn Jahre ist also ein Schritt in Richtung „faktischer Enteignung“, auch wenn es sich um staatliches und kommunales Eigentum handelt.

Besser wäre es, der Nutzer erhielte die Möglichkeit, seinen Grund und Boden zu erwerben. Hier mag man durchaus für sozial Schwache ein Förderprogramm zur erleichterten Finanzierung fordern.

Eine letzte Bemerkung zur sprachlichen Gestaltung: Schutzschirm für Nutzerinnen und Nutzer. Wir regen an, sich an der alljährlichen Vorbemerkung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten zu orientieren: „Logisch ist zu unterscheiden zwischen biologischem und grammatischem Geschlecht (Sexus und Genus). Es wäre ein Verlust, diese Unterscheidung aufzugeben. Sie erleichtert das Verständnis von Texten und hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.“

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist an der Reihe. Es spricht Frau Abg. Schubert. Bitte sehr, Frau Schubert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir

haben als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein sehr großes Verständnis für die besondere Bedeutung von Erholungsgrundstücken, die auch oftmals weitervererbt werden inklusive des emotional doch stark empfundenen Datschenidylls. Wir haben auch Verständnis für diesen Antrag angesichts der Ballungszentren, wie Dresden und Leipzig, wo echter Platzdruck herrscht.

Wir GRÜNE haben allerdings auch schon in der letzten Legislaturperiode diesen Antrag abgelehnt und werden das auch heute tun. Die Gründe möchte ich gern ausführen. Erstens möchte ich auf die kommunale Ebene gehen, und zwar zu den Kommunen mit Schrumpfungsszenarien. Hier ist klar, dass der Antrag nicht den Bedürfnissen und Notwendigkeiten dieser schrumpfenden Kommunen

entspricht. Ich habe mir in den letzten Tagen einmal die Mühe gemacht, ein paar Kommunen abzutelefonieren. Als Fallbeispiel greife ich Zittau heraus. Dort ist es im Übrigen eine Initiative der LINKEN-Stadtratsfraktion, ein Konzept zu entwickeln, um die Flächen im Zuge des Hochwasserschutzes zurückzugewinnen. Auch Weißwasser hat mir klipp und klar gesagt, dass durch die demografiebedingt notwendigen Rückbau- und Konzentrationsmaßnahmen eine Verlängerung, wie Sie im Antrag fordern, ausdrücklich nicht unterstützt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens führen wir an, dass wir die bestehende Rechtslage für ausgewogen halten. Nach derzeit geltendem Recht endet am 3. Oktober 2015 der besondere Kündigungsschutz für Nutzer von Erholungsgrundstücken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Wir haben schon mehrfach gehört, dass die maßgebliche Rechtsgrundlage für den Übergang in das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches das sogenannte Schuldrechtsanpassungsgesetz ist, ein Gesetz, das in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Das Schuldrechtsanpassungsgesetz ist nach unserer Auffassung eine recht ausgewogene Regelung, auch zur Kündigung von Nutzungsverträgen für diese Erholungsgrundstücke. Bis 1999 durften diese Grundstücke gar nicht gekündigt werden. Einem Datscheninhaber, der zur Wendezeit bereits über 60 Jahre alt war, darf auch in diesem Jahr, wenn sich das ändert, nicht gekündigt werden.

Ab spätestens 2005 durften Grundstücke gekündigt werden, die der Eigentümer selbst bebauen bzw. kleingärtnerisch nutzen wollte oder für die ein Bebauungsplan erlassen wurde. Ab dem 4. Oktober 2015 gilt das Kündigungsrecht des BGB. Da die Regelung wirklich nur für Altverträge gilt, die zum 3. Oktober 1990 bestanden, und diese Verträge nur von Ehegatten, aber nicht von anderen Familienmitgliedern übernommen werden konnten,

können wir davon ausgehen, dass die Anzahl derer, die von der auslaufenden Frist nächstes Jahr betroffen sind, nicht allzu groß ist. 25 Jahre lang galt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR das Zivilgesetzbuch der DDR quasi weiter. Wir sehen keinen Grund, diese nur im Osten geltende Rechtslage noch weiter zu verlängern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Datschenbesitzer hatten 27 Jahre Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen, sich andere Grundstücke zu suchen, die Grundstücke zu erwerben bzw. den geschaffenen Wert abzuschreiben – Kollege Krasselt hat das ganz treffend formuliert – oder aber auch von ihrem Erholungsgrundstück gedanklich Abschied zu nehmen. Wir sollten zudem bedenken, dass die Möglichkeit der Kündigung nicht heißt, dass tatsächlich gekündigt wird. Auch das hatte Kollege Krasselt treffend ausgeführt.

Insgesamt sehe ich das Auslaufen der Frist nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz eher als Chance und die Antworten, die mir die Kommunen gegeben haben, bestärken mich darin.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung. – Das Wort wird gewünscht; Herr Staatsminister Prof. Unland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), ist Eigentümer von insgesamt nur noch rund 100 Erholungsgrundstücken, von denen die Mehrzahl auch noch unter das Bundeskleingartengesetz fällt. Erholungsgrundstücke mit Nutzungsverträgen nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz hat der SIB landesweit nur noch sehr wenige. Darüber hinaus befinden sich allerdings weitere Erholungsgrundstücke beim Sachsenforst. Für diese Nutzungsverträge schlagen Sie also nun vor, seitens des Freistaates ein Kündigungsschutzmoratorium zu erlassen.

Das ist meines Erachtens aus folgenden Gründen nicht nötig: Der SIB beabsichtigt keinesfalls für diese wenigen Fälle sofort von seinem Kündigungsrecht ab dem 4. Oktober 2015 Gebrauch zu machen. Der Sachsenforst beabsichtigt seinerseits, größere Einheiten mit mehreren bebauten Erholungsgrundstücken an den SIB zu übergeben. Hierzu finden zwischen den beiden Staatsbetrieben zurzeit Abstimmungen statt. Falls in Einzelfällen doch Nutzungsverträge beendet würden, müsste bei Kündigung vor dem Jahr 2022 – das ist eben schon thematisiert worden – dem Nutzer der Zeitwert der geschaffenen Aufbauten erstattet werden.

Grundsätzlich sind diese Grundstücke allerdings für den Freistaat in dem Sinne entbehrlich, da sie nicht für eine Verwaltungsnutzung benötigt werden. Daher ist die Strategie des SIB folgendermaßen: Zu gegebener Zeit wird in Sondierungsgesprächen mit dem Nutzer ausgelotet, ob dieser bereit ist, das Erholungsgrundstück zu interessengerechten Konditionen selbst zu erwerben. Dabei ist eine „freihändige“ Veräußerung an den Nutzer

nach Auffassung des SIB mit dem grundsätzlichen Ausschreibungsgebot vereinbar, wenn der Grundstückskaufpreis angemessen und keine Nachfrage von Dritten zu erwarten ist.

Seitens des Freistaates besteht jedoch kein zeitlicher Druck, Veräußerungen zu forcieren. Der SIB wird sich demzufolge erst zu gegebener Zeit mit dem jeweiligen Nutzer in Verbindung setzen. Für die vom SIB verwalteten landeseigenen Erholungsgrundstücke mit Nutzungsverträgen nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz – wir reden hierbei über 20 bis 30 Grundstücke – wird die Beendigung des besonderen Kündigungsschutzes mit Ablauf des 3. Oktober 2015 keine spürbaren Auswirkungen haben. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Kündigungen des Freistaates Sachsen, vertreten durch den SIB, sind im Zusammenhang mit dem wegfallenden Kündigungsschutz grundsätzlich nicht zu erwarten.

Im Bereich des Sachsenforst spielen zusätzlich noch forstliche und naturschutzrechtliche Belange eine Rolle. Nach sorgfältiger Abwägung mit den Interessen der Nutzer werden aber vermutlich lediglich Einzelobjekte im Wald oder in den Schutzgebieten nach angemessenen Übergangsfristen gekündigt, zurückgebaut oder renaturiert werden.

Ein Kündigungsschutzmoratorium für die wenigen landeseigenen Erholungsgrundstücke, die überhaupt von einer Kündigungsabsicht des Freistaates betroffen sind, ist daher schon aus rein praktischen Erwägungen entbehrlich. Daneben sind die Nutzer bereits durch den langen Kündigungsschutz gegenüber den Gebäudeeigentümern von anderen Grundstücksarten – das wurde ja vorhin hier auch thematisiert, beispielsweise Garagengrundstücken –

privilegiert worden. Durch die besonderen Regelungen bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses vor dem Jahr 2022 sind sie für eine weitere Übergangszeit zusätzlich hinreichend geschützt.

Weiterhin haben sie empfohlen, die Kommunen zu einem Kündigungsmoratorium anzuhalten und ihnen dazu Finanzsicherheit einzuräumen. Die Anzahl der bei den Kommunen betroffenen Grundstücke ist uns als Freistaat nicht bekannt. Die besonderen Schutzregelungen bis zum Jahr 2022 gelten aber in jedem Fall auch für die kommunalen Grundstücke. Die Entscheidung der Kommunen fällt in den verfassungsrechtlich garantierten Bereich der kommunalen Selbstverwaltung. Dieser ist staatlichen Eingriffen grundsätzlich entzogen.

Für die entsprechende Empfehlung im Sinne eines Kündigungsschutzmoratoriums wird ebenso kein Bedarf gesehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Kommunen im konkreten Einzelfall eine interessengerechte Lösung finden. Herr Krasselt hatte dies vorhin schon ausgeführt.

Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Mit der Rechtslage findet ein angemessener Ausgleich der Rechtsinteressen statt. Zudem handelt es sich um eine Rechtslage, auf die sich alle Seiten seit zwei Jahrzehnten einstellen konnten. Von daher sehe ich keinen Bedarf einer staatli

chen Regulierung oder eines finanziellen Ausgleichs durch den Freistaat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat das Schlusswort. Herr Abg. Bartl, bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich ausdrücklich für die sachliche Debatte. Das unterscheidet diese Debatte von denen aus den Jahren 2005, 2009 und anderen.

Zweitens möchte ich Folgendes sagen: Herr Staatsminister, Ihre Debatte war ebenso sachlich. Ich habe und vor allen Dingen die Betroffenen haben mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, wie Sie an die Fälle herangehen, in denen Baulichkeiten oder Anpflanzungen auf Landeseigentum vorgenommen wurden. Das ist mit Blick auf den Landesforst oder SIB der Fall.

Folgende Frage stellt sich mir jedoch: Wenn keine Schutzbedürftigkeit mehr vorhanden ist, warum hat vor einem Jahr der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, im Bundesrat dem Gesetz zugestimmt? Das frage ich ebenso diejenigen, die sagen, dass es nicht notwendig und angemessen ist. Herr Kollege Baumann-Hasske, ich frage Sie: Warum hat die SPD gemeinsam mit den Linken des Landes Brandenburg den Gesetzentwurf eingebracht, wenn es keines Schutzes bedarf? Weshalb haben die Länder im Bundesrat – mit Ausnahme von zwei Ländern – zugestimmt, sodass der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht wurde? Diese Fragen hätte ich gern unter dem Blickwinkel beantwortet, dass alles in Ordnung ist und es keinen Grund dafür gibt.

Drittens wollte ich das Thema nicht von vorneherein ideologisch angehen. In einem Punkt unterscheiden wir uns jedoch: Ich hatte es immer so verstanden, dass die Mehrheit von Ihnen der Auffassung ist, dass der Akt der deutschen Einheit kein Anschluss, sondern ein Beitritt gewesen ist. Erklären Sie mir einmal Folgendes: Es hatten nun mal etliche der 17 Millionen DDR-Bürger nur die Chance, eine Datsche zu bauen, wenn sie Nutzungsrechte erworben haben. Warum wurde das nicht geschützt? Warum mussten sie hinnehmen, dass vom 3. Oktober 1990 das Recht der Bundesrepublik Deutschland allein galt? Dies war im Einigungsvertrag anders vereinbart. Das sagte ich bereits. Herr de Maizière hatte sich damals ausbedungen, dass im Einigungsvertrag – konkret in Artikel 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BGB – Folgendes festgestellt wird: „Nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören Gebäude, Baulichkeiten, Anlagen, Anpflanzungen oder Einrichtungen, die gemäß dem am Tag vor dem Wirksamwerden des

Beitritts geltenden Recht vom Grundstückseigentum unabhängiges Eigentum sind.“

Damit sollten nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien DDR und Bundesrepublik die Eigentümer der Baulichkeit unbefristet und dauerhaft geschützt werden. Das war eine völkerrechtliche Abrede.