Leben kann im Ernstfall sogar ganz auf eine Kennzeichnung verzichtet werden. Wie gesagt, wir haben nahezu die kompletten Bedenken der letzten Jahre in diesen Gesetzentwurf aufgenommen und bringen daher einen Gesetzentwurf ein, der weit über die Schutzstandards vieler Länder hinausgeht – übrigens auch über jene Schutzstandards des Gesetzentwurfs, den die CDU in Brandenburg mitgetragen hat.
Sie sehen, wir haben uns über den Schutz der Polizeibediensteten genauso viele Gedanken gemacht wie über ihre Identifizierbarkeit. Mit diesem Gesetzentwurf schaffen wir eine gute Balance zwischen Transparenz und Fürsorge. Unser Gesetzentwurf ist kein Hexenwerk, sondern ein notwendiger Schritt hin zu mehr Rechtsstaatlichkeit, und ich bitte um Unterstützung im weiteren Verfahren.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz über die Ausweis- und Kennzeichnungspflicht der Bediensteten der Polizei an den Innenausschuss zu überweisen. Wer stimmt zu? – Vielen Dank. Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? –
Ich stelle fest, die Überweisung an den Innenausschuss ist beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Auch hier liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es spricht daher nur die einreichende Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Abg. Schollbach. Herr Schollbach, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommunalabgaben sind bekanntlich eine streitanfällige Rechtsmaterie. Seit Inkrafttreten des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes im Jahr 1993 ist eine Vielzahl an Verwaltungsrechtsstreitigkeiten, die das Kommunalabgabenrecht zum Gegenstand haben, zu beobachten. In der juristischen Datenbank Juris sind allein 233 Oberverwaltungsgerichtsentscheidungen, deren streitentscheidende Normen solche des sächsischen Kommunalabgabengesetzes waren, dokumentiert. Dazu kommen unzählige Verfahren vor den Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsgerichten. Mit diesen Verfahren sind nicht nur beträchtliche Kosten verbunden, und zwar
sowohl für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger als auch für die Behörden, sprich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Sie führten und führen zu einer nicht nur unerheblichen zeitlichen und personellen Belastung der zuständigen Gerichte und Behörden – das ist allein schon an der oft mehrjährigen Verfahrensdauer erkennbar –; aus unserer Sicht stellt dies eine unzumutbare Situation für alle Beteiligten dar.
Aus diesen Gründen schlagen wir von der LINKEN vor, in Sachsen Musterverfahren für Kommunalabgabenstreitigkeiten zuzulassen. Damit greifen wir die guten Erfahrungen mit Musterverfahren in Mecklenburg-Vorpommern auf. Das ist der Hintergrund unserer Gesetzesinitiative. Nach Erlass einer kommunalen Satzung, von der regelmäßig eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern betroffen sind, kommt es immer wieder zu einer Vielzahl von Widersprüchen, die in der Regel gleich gelagerte Rechtsfragen zum Gegenstand haben. An dieser Stelle,
meine Damen und Herren, setzt unser Gesetzentwurf an. Die unterschiedlichen Rechtspositionen sollen in einem Musterverfahren ausgestritten und einer Entscheidung zugeführt werden. Bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung dieses Musterverfahrens sollen alle anderen Verfahren zu dieser Problematik ruhen. Auf diesem Wege erreichen wir eine einheitliche Rechtsanwendung, eine Minimierung der Verfahrenskosten und eine Entlastung für Behörden und Gerichte. Zudem werden deutlich schneller Rechtssicherheit und Rechtsfrieden erreicht.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir aber nicht nur die Möglichkeit von Musterverfahren eröffnen. Wie immer hinkt der Freistaat Sachsen in puncto Demokratie und Bürgerfreundlichkeit den anderen Bundesländern hinterher. Das wollen wir gern ändern.
Deshalb schlagen wir vor, die Bürgerinnen und Bürger mit einem verbindlichen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht auszustatten. Damit soll gewährleistet werden, dass abweichend von der Abgabenordnung Einsicht in die der Abgabenfestsetzung zugrunde liegenden Unterlagen
gewährt wird. Der Gesetzentwurf der LINKEN stärkt die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, entlastet Behörden und Gerichte und trägt zur zügigen Erreichung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden bei. Es ist also ein hochvernünftiger Vorschlag und deshalb werbe ich um konstruktive Beratung im Fachausschuss und dann um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz über Musterverfahren in Kommunalabgabenstreitigkeiten im Freistaat Sachsen an den Innenausschuss federführend und an den Verfassungs- und Rechtsausschuss mitberatend zu überweisen. Wer stimmt dem Vorschlag zu? – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Fischer. Herr Fischer, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, dass Sie sich mit dem Thema Absatzförderung in der Tiefe befassen möchten. Wir erleben nämlich seitens der Verbraucher eine positive Entwicklung. Regionale Produkte werden neu entdeckt. Kochtraditionen werden weiterentwickelt. Diejenigen, die das interessiert, kann ich immer nur sensibilisieren: Wechseln Sie die Elbseite und gehen Sie in die Dresdner Neustadt. Dort haben Sie eine aktive und moderne Gastronomieszene, angefangen vom Barbecue bis hin zu veganen und vegetarischen Kochformen, die durchaus immer wieder mit Innovationen nach vorne gehen. Man wird sich in Zukunft auf das Wesentliche konzentrieren. Hierbei steht das Produkt im Mittelpunkt. Das zusammengenommen kennzeichnet einen Trend. Er ist nicht neu, sondern läuft schon seit einigen Jahren, übrigens auch weltweit.
Das ist im Prinzip die Rebellion gegen Massenware und Billigkauf, zu der der sächsische Verbraucher gefunden
hat. Ich begrüße das ausdrücklich. Der beste Ausdruck dieser neuen Trendentwicklung ist die Direktvermarktung ab Hof. Jeder von Ihnen, der sich schon einmal im ländlichen Raum umgetan hat, kann das erleben. Gemeinsam mit Herrn Staatsminister Schmidt waren wir erst kürzlich wieder im Erzgebirge zum Internationalen Tag der Milch. Wir konnten uns ansehen– das war sehr interessant –, wie ein Milchhof in der Nähe von Stollberg seine Buttervermarktung voranbringt, wie er auf den Verbraucher direkt zugeht und maßgeschneiderte Produkte für den Verbraucher auch im Bereich Molkerei und Käserei entwickelt.
Der Verbraucher schätzt regionale Produkte. Die Gründe liegen klar auf der Hand: Kurze Transportwege erlauben regionale Märkte. Der direkte Kontakt zum Erzeuger befriedigt eventuelle Nachfragen. Die Frische der Produkte ist unbestritten. Der regionale Geschmack der speziellen Rezepturen macht auch eine regionale Unterschiedlichkeit aus, die gefragt ist und gesucht wird. Es gibt ein Gesicht hinter dem Produkt. Es gibt ein Gesicht hinter dem Erzeugten und dem, was zum Schluss auf dem Teller liegt.
Es gibt regional ausgerichtete Vermarktungsformen. Ich bin dankbar, dass das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft hierbei sehr gut und sehr vielfältig unterstützt. Ich kann nur immer wieder an die Erzeugerinnen und Erzeuger und solche, die es werden möchten, appel
„Regio schlägt Bio“, so ist es kürzlich auf einem Symposium gesagt worden. Das sehe ich auch so. Deshalb halte ich den Schritt, den wir getan haben – übrigens auch im Koalitionsvertrag –, eine Gleichberechtigung zwischen biologisch erzeugten und konventionellen Lebensmitteln herzustellen, für genau den richtigen Weg. Bei der Förderung soll das natürlich auch gelten. Man möchte Heimat schmecken.
Wir erschließen mit der Direktvermarktung zusätzliche Einkommensquellen und erhalten so die Mehrwertschöpfung im ländlichen Umfeld. Das ist einer der wichtigsten Punkte, wenn wir junge und engagierte Menschen im ländlichen Raum halten möchten. Zudem gewinnt der ländliche Raum dadurch ein Image. Besonders gilt das auch für die städtische Bevölkerung. Als Beispiel sei hier der Elberadweg genannt, der auch hier am Hohen Haus vorbeiführt. Er ist besonders bei uns im Landkreis Meißen entlang der sächsischen Genussstraße im Elbland und Weinanbaugebiet Sachsen ein Wirtschaftsfaktor. Er wird sich auch weiter entwickeln.
Es gibt die konkrete Idee, Regionalregale im Einzelhandel einzuführen. Hierzu sei ein wunderbares Beispiel genannt: Gehen Sie einmal in einen Supermarkt im Landkreis Bautzen. Dort werden Sie in vielen Supermärkten ein Regal der Initiative „Lausitz schmeckt“ finden. Ich halte diese für eine der erfolgreichsten Initiativen in Sachsen. Ich wünsche mir das auch in anderen Landkreisen. Zur Klarstellung sei noch einmal Folgendes mit Blick auf die Lebensmittelwirtschaft gesagt: Die Regionalvermarktung ist Ergänzung und nicht Konkurrenz. Das sollte vermehrt betont werden.
Meine Damen und Herren! Ich möchte aber nicht verschweigen, dass es auch Probleme gibt. Die Probleme liegen auf der Hand. Sie wurden mehrfach klar benannt. Die Trennung von regionalen und überregionalen Rohstoffen ist oft nur schwer möglich. Ich erinnere an das Beispiel Milch. Sie können in Leppersdorf nicht auseinanderhalten, von welchem Milchbauern welcher Hektoliter kommt. Die gesonderte Verarbeitung kleinerer Mengen ist oft nicht möglich. Von den eben genannten Milchbauern wurde zum Beispiel auch dieses Problem benannt: Es gibt mobile Käsereien, die die Milchbauern anfahren. Natürlich sind die Produkte so teuer, dass sie mit den Großkäsereien nicht konkurrieren können. Hierbei wünsche ich mir auch eine stärkere Sensibilität des Verbrauchers für regionale Produkte.
Weil Herr Dr. Meyer so interessiert zuschaut, möchte ich das Beispiel Wittichenau im Landkreis Bautzen in Ostsachsen nennen. Eine Käserei dort hat es erkannt. Sie hat ihr Marketing gezielt darauf abgestellt.
Es gibt in Sachsen keinen Schlachthof mehr. Es gibt zu wenige mittelgroße Molkereien, um regionale Bedürfnisse zu befriedigen. Die genaue Definition eines regionalen Produkts erschließt sich leider nicht allen. Somit ist ein konkreter Marktanteil von regionalen Produkten nicht
messbar. Wir können von einigen Regionen im Freistaat Sachsen lernen, in diesem Fall auch. Das Bündnis „Land schafft Zukunft“ in der Sächsischen Schweiz hat in meinen Augen einen guten Schritt getan. Man definiert ländliche und vor allem regionale Produkte ganz einfach wie folgt: Das ist alles, was im Umkreis von 50 Kilometern rund um Pirna erzeugt worden ist. Vielleicht lässt sich dies auch für Sachsen anwenden.
Das Ziel unseres Antrages fasst sich natürlich neben der Lösung dieser Probleme auch noch weiter. Wir möchten eine Vernetzung der Produzenten untereinander sowie mit dem Verbraucher und dem Käufer stärken. In Sachsen haben wir über 6 200 Erzeugerbetriebe: 2 130 im Lebensmittelhandwerk, 680 Fleischer, 1 380 Bäcker und Konditoren. Wir möchten eine Qualitätssicherung auf den Weg bringen und weitere Marketingangebote für kleine und mittelständische Betriebe schaffen, die keine Marketingabteilung vorrätig halten können. Heimat, Geschmack und Identität sind eine Einheit und gehören zusammen. Sie sollten besonders im Lebensmittelbereich eine noch stärkere Rolle einnehmen.
Ihnen allen empfehle ich einen Klick auf die Seite der Agentur für Lebensmittel und Produkte aus Bayern unter www.alp-bayern.de. Sicherlich machen die Bayern nicht alles richtig. Sicherlich sind wir Sachsen auch anders als die Bayern. Wie man es dort macht, daran können wir uns durchaus anlehnen.
Ich komme zum Schluss. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsen ist ein Spezialitätenland. Sachsen ist ein Genussland. Sachsen schmeckt. Ich bitte um Zustimmung.