Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen müssen neu geregelt werden. Über die letzten Jahre zeigt sich, dass eine an sich transparente und strukturell gut angelegte Regelung durch zunehmende Mischfinanzierung zwischen Bund und Ländern immer intransparenter gestaltet wird. Hier gilt es entgegenzuwirken – und nicht nur da. Wir erleben auch in der Stufe zwei und drei des Länderfinanzausgleichs, dass wir gegenläufige Finanzströme haben, dass es in der einen Stufe drei Geberländer sind, wenn wir die Umsatzsteuer einrechnen, es in der Tat weit mehr Geberländer sind und dass das Ungleichgewicht zwischen Gebern und Nehmern ein wenig relativiert werden kann.
Klar ist, dass Sachsen auch zukünftig von Ausgleichszahlungen abhängig sein wird, weil die Steuereinnahmen und die Finanzkraft der sächsischen Kommunen im Vergleich zu den westdeutschen Ländern nach wie vor sehr viel schwächer ausgeprägt sind. Richtig ist auch, dass wir in Sachsen dafür Sorge tragen müssen, dass konjunkturelle Ab- und Aufschwünge ausgeglichen werden können und
Es kann zum Beispiel nicht sein, wenn wir an die Mischfinanzierung denken, dass der Bund Leistungen beschließt und die Kommunen im Wesentlichen dafür zahlen lässt. Hier muss weiterhin das Prinzip gelten: Wer bestellt, bezahlt. Das ist nicht in ausgleichendem Maße gegeben.
Zusätzlich gibt es Fehlanreize, wie zum Beispiel die der Grenzsteuerbelastung bei den Lohnsteuermehreinnahmen, die dazu führen, dass Lohnsteuermehreinnahmen am Ende nur zu einem sehr geringen Teil bei der einnehmenden Untergliederung bleiben. Das ist für alle, die Leistung bringen, sehr frustrierend.
Wir fordern die Staatsregierung auf, den Landtag stärker einzubeziehen und zu berichten, damit wir gemeinsam Konzepte entwickeln können. Wir möchten wissen, Herr Finanzminister, was genau verhandelt wird. Wir möchten wissen, ob es einen großen mutigen Wurf zur kompletten Neuordnung geben wird, der selbstverständlich beinhalten muss, dass Mischfinanzierungen möglichst verringert werden. Oder machen wir weiter wie bisher und drehen gegebenenfalls an verschiedenen Stellschrauben im bestehenden System?
Wir möchten auch darüber aufgeklärt werden, wo in den Verhandlungen die Schwierigkeiten liegen und welche Zwischenergebnisse es gibt. Hier fühlen auch wir als AfD-Fraktion uns nicht ausreichend auf den aktuellen Stand gebracht. Klar für Sachsen bleibt, dass wir bereits jetzt sparsamer wirtschaften und Rücklagen bilden und nicht abbauen müssen. Wir erinnern in diesem Zusammenhang gern an das von meiner Fraktion geforderte Sondervermögen im Rahmen des Konjunkturausgleichsfonds in Sachsen, den wir gern weiterhin errichten und füllen möchten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion um die zukünftige Regelung der BundLänder-Finanzbeziehungen und auch um das Thema Solidarität ist doch stark emotionalisiert. Die sachliche Befassung mit diesem so wichtigen Thema ist daher wünschenswert und angebracht, und vielleicht wäre eine weitere Föderalismuskommission eine Möglichkeit
gewesen, diesem weitreichenden und komplexen Thema einen angemessenen Rahmen zu geben, allerdings unter Einbeziehung der Länderparlamente und natürlich der Kommunen, so wie das in der Föderalismuskommission II leider gefehlt hat.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nehmen dieses Thema sehr ernst, wohl wissend, dass wir hier in Sachsen ein Nehmer
land sind. Auch wir wünschen uns mehr Informationen zum Sachstand. Mit den Kolleginnen und Kollegen der ostdeutschen GRÜNEN-Fraktionen haben wir gemeinsame Vorstellungen zum zukünftigen Länderfinanzausgleich erarbeitet, auf die ich mich heute konzentrieren und die ich kurz anreißen möchte.
Besonders wichtig ist uns das Thema Umsatzsteuervorwegausgleich. Dieser soll in seiner Wirkung weiter bestehen. Allerdings ist hier für uns ganz klar zu prüfen, inwiefern das Verfahren vereinfacht und wesentlich transparenter gestaltet werden kann, als das im Moment der Fall ist.
Wir haben des Weiteren die Forderung, dass die kommunale Finanzkraft zu 100 % anzuerkennen ist, damit auch wirklich die tatsächliche Finanzkraft der Länder dargestellt wird.
Unser dritter wichtiger Punkt ist das Thema Soli bzw. Soli als Abgabe. Diese sollte auch nach 2019 beibehalten werden, wobei wir GRÜNEN eine sachgerechtere Bezeichnung – das halten wir wirklich für angebracht – und sinnvollere Verteilung begrüßen würden.
Ganz klar gilt es, bei dieser Abgabe die Prioritäten auf die demografischen Anpassungsbedarfe zu setzen. Bei den demografischen Verschiebungen, wie wir sie bundesweit erleben, gilt es, der besonderen Dimension von Bevölkerungsabnahme und -alterung höhere Bedeutung zuzumessen, weil sie auf der Einnahmenseite die Steuerbasis und auf der Ausgabenseite die Nutzung der kommunalen Infrastruktur beeinflussen. Da können wir nicht blind bleiben.
Unser vierter Punkt ist, dass wir uns dafür aussprechen, bei der Lohnsteuerzerlegung ganz klar das Wohnsitzprinzip beizubehalten. Wir sehen darin für uns in Ostdeutschland größere Vorteile als die, die sich vielleicht aus den Forderungen von anderen Seiten her ergeben.
Wichtig ist uns auch, dass wir im Rahmen des Länderfinanzausgleichs keinen Länderaltschuldenfonds wollen. Ob man das außerhalb macht, darüber kann man sicherlich diskutieren. Aber im Rahmen des Länderfinanzausgleichs wollen wir keinen Länderaltschuldenfonds.
Ich möchte in einem letzten Punkt noch einmal auf Sachsen zurückkommen. Sachsen wird weiterhin auf Ausgleichszahlungen angewiesen sein. Hier teile ich den Optimismus des Ministerpräsidenten aus dem Jahr 2012 nicht ganz, als er Sachsen schon als Geberland im Jahr 2020 sah.
Wir sind nicht das einzige Land, das strukturelle und besonders demografiebedingte Probleme hat. Aber gerade deshalb ist zu prüfen, ob und wie die Soliabgabe für eine Regional- und Strukturpolitik außerhalb des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinne eingesetzt werden kann.
Dem Begriff der Solidarität müssen wir unter Einbeziehung dieser strukturellen und demografiebedingten Aspekte neben einer emotionalen auch eine neue inhaltliche Dimension zuweisen.
Abschließen möchte ich mit der Bemerkung, dass wir im Länderfinanzausgleich – und ich wundere mich, dass das heute noch nicht gekommen ist – immer auch den kommunalen Finanzausgleich mitdenken müssen. Ich möchte hier als gutes Beispiel das Bundesland Bayern anführen, welches bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen seit 2012 einen Demografiefaktor einkalkuliert, welcher die Bevölkerungsentwicklung der letzten zehn Jahre einpreist. Das halte ich für sinnvoll, denn dadurch wird den Kommunen in Bayern finanzielle Planungssicherheit gegeben, um Konzepte zu entwickeln und Maßnahmen umzusetzen, wie mit der aktuellen demografiebedingten Situation umgegangen werden kann. Hier kann Sachsen noch lernen.
Wir GRÜNEN in Sachsen wünschen uns, dass wir hier im Parlament offen die verschiedenen Positionen sowie die komplexen Aspekte im Länderfinanzausgleich und seine Neuregelungen besprechen. Wir bieten uns natürlich wie immer an, unsere konstruktiven und fundierten Vorschläge mit einzubringen und zur Diskussion zu stellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich bin froh, dass Sachsen wieder in den Schoß der Ostdeutschen zurückgefunden hat. Man konnte zwischenzeitlich den Eindruck gewinnen, als wäre Sachsen schon auf der anderen Seite und würde zu den Gebern gehören, besonders, wenn man die Äußerungen von Kollegen Tillich gehört hat, die ich vorhin zitiert habe. Er hat sich gern als einer aufgespielt, der den anderen erklären müsste, wie man vernünftige Haushaltspolitik macht.
Ich möchte erst einmal mit einem kleinen Missverständnis aufräumen, da wir auch der Schimäre aufsitzen, dass es eine ungerechte Verteilung geben würde und die Lasten für die Geberländer immer größer werden würden. Nehmen wir nur das Beispiel Bayern. Vom Jahr 2005 an bis 2013 haben die Kollegen aus Bayern anfangs
2,2 Milliarden Euro bezahlt, jetzt 4,3 Milliarden Euro. Das waren anteilig an ihrem Steueraufkommen damals 4,2 %, jetzt sind es nur noch 3,8 %. Davon zu sprechen,
dass die Belastung höher geworden ist, ist Unfug, meine Damen und Herren. Die Schere zwischen den reichen und den armen Ländern ist einfach nur größer geworden. Das ist die Realität in Deutschland. Deshalb gibt es den Solidarbeitrag der Kollegen aus Bayern, um das auszugleichen.
Vielleicht wird dem einen oder anderen mittlerweile klar, dass der Freistaat Sachsen eben nicht nur kraft unserer eigenen Wassersuppe und der tollen Konzepte, die wir hatten, so gut dasteht, sondern weil wir einfach 2013 insgesamt 3,5 Milliarden Euro mit Umsatzsteuervorwegausgleich bekommen haben, im letzten Jahr sogar über 4 Milliarden Euro. Das liegt natürlich an der Einwohnerstärke Sachsens. Wenn man so gern nach Sachsen-Anhalt zeigt und sie fragt, warum sie so schlecht wirtschaften und so viele Schulden hätten, und das dann als MilbradtDividende bezeichnet, dann möchte ich zu bedenken geben, dass wir jedes Jahr 1,5 bis 2 Milliarden Euro Mehreinnahmen im Freistaat Sachsen bei ungefähr gleicher Fläche haben. Das heißt, dass die Solidarität, die wir in Sachsen erfahren, übermäßig ist. Wir haben damit bestimmt auch Gutes getan.
Aber es bringt nichts – und darauf verweise ich noch einmal –, mit dem nackten ausgestreckten Finger auf andere zu zeigen und ihnen vorzuwerfen, dass sie erstens nicht in der Lage sind, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen, und dass sie zweitens überschuldet sind und sich aus der Solidarität, gerade wenn es um die Schulden geht – sowohl der ostdeutschen als auch der westdeutschen Länder –, heraushalten zu wollen, liebe Kollegen von der Union.
Die Frage der Verschuldung wird neben der der Einnahmen eine der am dringendsten zu beantwortenden Fragen sein. Wir können angesichts der Schuldenbremse den anderen Ländern nicht sagen: Kommt einfach klar mit euren Schulden!
Jetzt komme ich noch einmal zu dem Punkt: Die Kollegen im Saarland, in Bremen, in Hamburg, in Niedersachsen, in Nordrhein-Westfalen haben uns jedes Jahr mitfinanziert. Wir sind Spitzenreiter, was die Solidarität anderer Länder angeht. Denen, die sich verschuldet haben, damit wir hier gut leben können, wollen Sie jetzt erzählen, dass Sie nicht bereit sind, die Solidarleistung aufzubringen, über einen Schuldenfonds zu reden. Das finde ich schäbig, liebe Kollegen von der Union, einfach nur schäbig! Nehmen, aber nicht zurückgeben wollen ist nicht der richtige Weg.
Natürlich ist es die richtige Position zu sagen, dass die kommunale Finanzkraft in jedem Land zu 100 % eingerechnet werden muss. Es ist doch ein Irrsinn, dass gerade die Länder, die starke Kommunen haben, also weniger in den kommunalen Finanzausgleich zahlen müssen, weniger eingerechnet werden, und die, die schwache Kommunen haben – das sind wir am Ende leider auch –, mehr in
den kommunalen Finanzausgleich zahlen müssen und das noch nicht einmal angerechnet bekommen. Das ist ein Irrsinn. Das muss repariert werden. Ich denke, dass das auch passieren wird.
Wir werden aber um die Frage nicht herumkommen, wie wir mit dem Solidaritätszuschlag umgehen. Davon habe ich bisher relativ wenig gehört. 20 Milliarden Euro wird der Bund ungefähr im Jahr 2019 aus dem Solidaritätszuschlag vereinnahmen. Im Moment zahlt er gerade einmal – glaube ich – etwas über 5 Milliarden Euro in den Solidarpakt ein. Das heißt, er hat jetzt schon ein großes Plus von 15 Milliarden Euro. Wenn ich mir den Bericht zur deutschen Einheit ansehe, dann ist die Aufgabe, die damit eigentlich abgearbeitet werden soll, mitnichten erfüllt.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hängt immer noch zurück, die Schere wird sogar größer. Die Steuereinnahmenkraft ist immer noch bei 50, 60 %, und wir haben ein riesiges Demografieproblem – nicht nur im Osten, sondern auch im Westen unseres Landes –, das die Regionen nicht aus eigener Kraft bewältigen können.
Wir brauchen also den Solidaritätszuschlag, weil wir die Finanzierung für einen Solidarpakt III brauchen, der aber nicht nach Himmelsrichtungen, sondern an Bedürftigkeit orientiert ist, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dafür brauchen wir vor allen Dingen auch die alten Bundesländer.