zusammen mit der Bundesagentur, zusammen mit der Wissenschaft und vor allem zusammen mit Praktikerinnen und Praktikern, mit den Unternehmen. Das ist eine Fachkräfteallianz, die uns tatsächlich hilft, uns auf das vorzubereiten, was die tatsächliche Herausforderung ist. Sachsen wird als Wirtschaftsstandort diesen neuen Strukturwandel, diese neue industrielle Revolution, die mit der Digitalisierung verbunden ist, in den nächsten fünf bis zehn Jahren bewältigen, wenn wir das Thema Fachkräftebedarf mit in den Mittelpunkt unserer Wirtschaftspolitik stellen, damit unsere Unternehmen wachsen können, damit sie innovativ sind und damit sie auf den internationalen Märkten konkurrenzfähig sind. Das ist unser Weg, das ist ein Teil unserer Fachkräfteallianz – aber nicht Ihr Antrag.
Die Staatsregierung hat mit ihrer Fachkräftestrategie einige Probleme angesprochen und auch Lösungsvorschläge unterbreitet. Die in diesem Strategiepapier genannten Probleme sind durchaus korrekt beschrieben, allerdings fehlen einige ursächliche Probleme, auf die ich hier noch einmal kurz eingehen möchte.
Erstens. Viele Unternehmer beschweren sich – ich kann aus eigener Erfahrung sagen, zu Recht – über mangelnde Umgangsformen und Qualifikationen, mit denen sich Schulabgänger heute für eine Ausbildung oder einen Studienplatz bewerben.
Meine Damen und Herren! Sie fordern eine Verringerung der Schulabbrecherquote. Bei einer faktisch sinkenden Lehrerzahl kann dies nur mit einer Senkung des Niveaus einhergehen. Eine solche Entwicklung kann man heute ja schon bundesweit beobachten. Was vor 30 Jahren für
einen Realschüler selbstverständlich war, ist heute für einen Gymnasiasten schwierig. Nein, das Niveau der Schulen muss grundsätzlich wieder angehoben werden; gleichzeitig muss die Reputation der Mittel- bzw. Oberschulen und die Durchlässigkeit gestärkt werden.
Zweitens. Das Gleiche gilt für die Hochschulen. Absolventenquoten, wie sie in Bayern eingeführt wurden, führen zwangsläufig dazu, dass bessere Noten gegeben werden als gerechtfertigt. Kein Professor möchte sich ständig beim Dekan rechtfertigen müssen, der Dekan sich nicht ständig beim Kultusministerium verantworten müssen. Also senkt man das Niveau oder gibt bessere Noten. In beiden Varianten gewinnt niemand.
Drittens. Wir müssen wieder gesellschaftliche Normen und Anforderungen festlegen. Leistungsbereitschaft darf nicht mehr als repressive Machtvorgabe der herrschenden Klasse wahrgenommen werden, sondern sollte als Grundvoraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft angesehen werden.
Viertens. Wir benötigen eine Strategie für fortschrittliche Technologien. Im gesamten Bereich der Kommunikationshardware zum Beispiel ist Deutschland völlig abgehängt. Kein Mobiltelefon, keine Netzwerkkarte, kein Router wird in Deutschland mehr entwickelt. Damit könnte man wirklich Fachkräfte ziehen.
Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Packen wir es an! Wir bitten um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag.
Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/1780 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und bei Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist nicht beschlossen.
Zu diesem Thema unterstützen uns wieder Gebärdensprachdolmetscher, die ich hiermit herzlich begrüße.
Auch sie haben schon einen langen Arbeitstag hinter sich. Insofern bitte ich alle Redner, ihre Redegeschwindigkeit angemessen zu gestalten.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Zunächst erhält die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort, sodann die CDU, DIE LINKE, die SPD, die AfD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufe ich jetzt Herrn Abg. Zschocke auf. – Sie haben das Wort, Herr Zschocke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Inklusion im Bildungsbereich erfordert einen konsequenten Wechsel der Perspektive. Die Frage lautet nicht, wie das Kind sein muss, damit es zur Schule passt, sondern sie lautet: Wie muss die Schule sein, damit alle Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen gefördert werden?
Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass der Aktions- und Maßnahmenplan zur Umsetzung der Inklusion im Schulbereich jetzt endlich fortgeschrieben wird. Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, sondern das einfordern, was der Landtag bereits im September 2013 fraktionsübergreifend beschlossen hat, was aber von der Staatsregierung bisher nur unzureichend umgesetzt wurde. Der damalige Beschluss zur Inklusion im sächsischen Schulwesen, meine Damen und Herren, wurde zu Recht als Sternstunde des Parlaments bezeichnet und als wichtiges gemeinsames Bekenntnis zur Inklusion gewertet. Parallel dazu tagte damals bereits ein Expertengremium zum Thema Inklusion, das der damalige Kultusminister Wöller eingesetzt hatte, kurz vor dem gemeinsamen Landtagsbeschluss.
Im März 2012 wurde, wie beschlossen, ein erster Aktions- und Maßnahmenplan zur Umsetzung der schulischen Inklusion vorgelegt. Darin heißt es: „Die Empfehlungen des Expertengremiums werden bei der Fortschreibung berücksichtigt.“ Diese Fortschreibung, meine Damen und Herren, ist nunmehr seit drei Jahren überfällig. Abgeordnete, die sich über den aktuellen Stand erkundigten, wurden immer wieder vertröstet. Da heißt es, zunächst müssten die Empfehlungen des Expertengremiums, die seit Dezember 2012 vorliegen, in den Aktions- und Maßnahmenplan eingearbeitet werden. Da frage ich mich: Ist das so schwierig, dass Sie dafür mehrere Jahre Zeit brauchen, oder passen die Empfehlungen vielleicht gar nicht ins Konzept? Soll die wertvolle Expertise von fast
30 Sachverständigen, die damals gearbeitet haben, wirklich ungenutzt bleiben? Einbezogen waren die Behindertenverbände, die Lehrerverbände, die Gewerkschaften, die Eltern- und die Schülervertretungen, die kommunalen Spitzenverbände, Wohlfahrtsverbände, Wirtschaftsverbände – kurzum, alle Akteure im Bereich der schulischen Inklusion.
Sehr geehrte Frau Klepsch, Sie haben jetzt diese interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt. Daher appelliere ich an Sie: Schieben Sie die schulische Inklusion nicht auf die lange Bank und ignorieren Sie auch nicht den gemeinsamen Landtagsbeschluss von 2011! Nutzen Sie die Arbeitsergebnisse der Expertenkommission, denn Fakt ist: Die Handlungsbedarfe zur Umsetzung der schulischen Inklusion sind bekannt. In unserem Antrag greifen wir die drängendsten davon auf.
Prof. Katzenbach vom Institut für Sonderpädagogik an der Goethe-Universität in Frankfurt hat fünf Faktoren für das Gelingen von Inklusion beschrieben: eine Vision, entsprechende Fähigkeiten der Akteure, gezielte Anreize, adäquate Ressourcen und diesen Aktionsplan. Fehlt einer dieser Faktoren, gefährdet dies den gesamten Prozess.
Als Erstes, meine Damen und Herren, muss die Vision von inklusiver Schule stimmen, und das Folgende sage ich ganz deutlich: Ohne einen im Sächsischen Schulgesetz verankerten Rechtsanspruch auf inklusive Bildung habe ich ernsthaft Zweifel, dass es mit der Inklusion vorwärts geht; denn dann müssen die Eltern weiterhin den Klageweg beschreiten, und dies ist wirklich nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar.
Zweitens dürfen wir es auch nicht verpassen, das Fachpersonal mitzunehmen, sowohl diejenigen, die wertvolles sonderpädagogisches Fachwissen bereits mitbringen, als auch diejenigen, die vor neuen Herausforderungen stehen. Alle müssen die Gelegenheit erhalten, inklusivpädagogische Kompetenzen zu erwerben und weiterzuentwickeln und damit auch Sicherheit zu gewinnen. Dafür muss es auch wirklich echte Freistellungen geben. Ansonsten wird nämlich Inklusion als zusätzliche Belastung empfunden, und das wäre hinderlich für diesen Prozess.
Drittens ist das Setzen von Anreizen nicht nur als finanzieller Aspekt zu verstehen. So könnten zum Beispiel die neuen, über ESF finanzierten Inklusionsassistenten eine ganz konkrete Hilfe im gemeinsamen Unterricht sein. Nur wissen wir eben nicht, wie diese Hilfestellung konkret aussehen wird, weil sie im Aktionsplan von 2012 noch gar nicht vorgesehen war. Hier muss also wirklich eine Fortschreibung erfolgen.
Viertens. Inklusion nur unter Ressourcenvorbehalt zu diskutieren, geht letztendlich zulasten aller. Wenn die Klassen trotz integrativer Unterrichtung übervoll sind, wenn für die individuelle Förderung kaum Zeit und Raum bleiben, wenn Barrierefreiheit in den Schulen vielerorts wirklich nur ein frommer Wunsch bleibt, das heißt, wenn die Rahmenbedingungen für Inklusion nicht stimmen, dann müssen alle darunter leiden, und die Erfahrung ist dann: Inklusion funktioniert nicht. Dies wäre ein riesengroßer Rückschritt.
Kurzum: Der Aktions- und Maßnahmenplan und die Empfehlungen des Expertengremiums bilden eine wirklich gute Grundlage für die Umsetzung der Inklusion. An Expertise fehlt es also nicht, wohl aber offenbar an politischem Willen. Das können Sie heute hier mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag ändern, und darum möchte ich Sie herzlich bitten und Sie dazu auffordern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Zschocke! Wir haben im April vergangenen Jahres schon einmal hier im Plenum über den gleichen Antrag debattiert, und Sie fordern wieder die Staatsregierung auf, den fortgeschriebenen Aktions- und Maßnahmenplan zur schulischen Integration endlich vorzulegen. Sie behaupten auch, Sachsen würde nichts oder zu wenig für die schulische Integration tun.
Aber dem ist bei Weitem nicht so. Das Anliegen ist uns wichtig, und das wissen Sie. Ich verweise nochmals auf den gemeinsamen fraktionsübergreifenden Antrag einiger Abgeordneten aus dem Jahr 2011, der den Auftakt zu einem Prozess hin zur Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft gebildet hat.
Das Ziel greift sehr viel weiter als die schulische Inklusion. Es ist in der Tat eine Aufgabe, der sich unsere ganze Gesellschaft stellen muss. CDU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, und ich möchte daraus zitieren: „Von hoher Bedeutung ist für uns ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft. Die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten ist für alle Menschen ohne Diskriminierung zu gewährleisten und zu fördern. Dies ist eine Querschnittsaufgabe in allen Handlungsfeldern.
Die Koalitionspartner bekennen sich zu einer inklusiven Gesellschaft. Wir streben an, Menschen mit und ohne Behinderung gleichwertige Teilhabechancen zu ermöglichen.“