Protocol of the Session on April 30, 2015

Eines ist klar: Wir benötigen die Gleichstellungsbeauftragten auf kommunaler Ebene weiterhin, egal, ob diese Stelle ein Mann oder eine Frau innehat. Die Gleichstel

lungsbeauftragten werden sich genau diesem Thema annehmen müssen, auf kommunaler Ebene und parteiunabhängig.

Ein Tipp von mir, Herr Spangenberg: Suchen Sie das Gespräch mit den Beauftragten.

(Enrico Stange, DIE LINKE: Die werden sich bedanken!)

Gestatten Sie mir noch kurz eine Bemerkung zu Ihrem Wort „Quotenfrau“. Eines steht fest: Ich bin keine politische Quotenfrau; denn ich stehe hier, weil ich ein Direktmandat habe. Aber auch eine Frau, die in der Wirtschaft den Weg nach oben über eine Quote geschafft hat, muss dafür hart arbeiten und wird es auch in Zukunft tun müssen.

Für meine Fraktion gibt es trotzdem keinen Grund, Ihrem Antrag zuzustimmen, und wir lehnen ihn daher ab.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Die Linksfraktion; Frau Abg. Buddeberg, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hurra! Das Jahr 2015 wird in die Geschichte eingehen. Nach Jahrzehnten des Kampfes der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, der kleinen Fortschritte und herben Rückschläge ist es endlich so weit: Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist erreicht. Hätten doch Vorkämpferinnen wie Clara Zetkin, Simone de Beauvoir und Emma Goldman das noch erleben dürfen!

(Zuruf von der CDU: Um Gottes willen!)

Nun ist es uns und allen Frauen vergönnt, in einer Gesellschaft zu leben, die frei von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist. Frauen erfahren nun endlich keine Nachteile mehr im Berufsleben. Sie können ihr Potenzial frei und selbstbestimmt zur Entfaltung bringen. Sie haben teil an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens und natürlich sind sie auch gleichberechtigt in den Parlamenten vertreten. Eine Utopie ist Wirklichkeit geworden.

So steht es im AfD-Antrag, mit dem wir uns heute beschäftigen – Pardon! –, beschäftigen müssen. Die Gleichstellung ist vollzogen. Ich als gleichstellungspolitische Sprecherin meiner Fraktion kann mich getrost einem anderen Thema zuwenden. Sie, Frau Köpping, können sich ganz der Integration widmen, und die Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen, ja, die können wir uns im wahrsten Sinne des Wortes sparen.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Genau!)

Wenn das kein Grund zum Feiern ist!

Traum beiseite; denn mit Blick auf die Realität lassen sich dafür nur zweieinhalb Worte finden: Schön wär‘s. Wenn ich mir die Begründung Ihres Antrages durchlese, kann ich mich selbst nur fragen: Habe ich was verpasst?

Die Gleichstellung von Frauen und Männern im Berufsalltag ist vollzogen. Vielleicht sind Sie es aber auch, meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion, die etwas verpasst haben? Zum Beispiel den Equal Pay Day, der seit Jahren auf einen Tag Ende März fällt. Dieses Jahr war es der 20. März.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Können Sie auch deutsch?)

Bis zu diesem Tag müssen Frauen statistisch gesehen – ich erkläre es Ihnen jetzt – über das Jahr 2014 hinaus arbeiten. Erst dann kommen sie auf das gleiche Lohnniveau wie ihre männlichen Kollegen. Anders formuliert: Drei Monate arbeiten Frauen quasi umsonst. Wenn Sie jetzt einwenden, dass die Ostbundesländer im Vergleich besser dastehen, weil der Lohnunterschied nur 9 % beträgt – Herr Spangenberg hat in seiner Rede ausgeführt, es seien nur 7 % –, dazu kann ich nur sagen: 7 % oder 9 % – das sind 7 % oder 9 % zu viel.

(Beifall bei den LINKEN)

Viel schlimmer: Die Tendenz ist steigend. Das Lohngefälle hat in unserem Bundesland in den letzten Jahren sogar zugenommen.

Bleiben wir doch mal beim Thema Gleichstellung im Beruf. In der Antragsbegründung wird darauf verwiesen, dass mehr Mädchen als Jungen die allgemeine Hochschulreife erlangen und dass sich dieses Bild beim Hochschulabschluss fortsetzt, auch hier mehr Frauen als Männer. Wie ungerecht, sagt die AfD, eine Benachteiligung der Jungen zeige sich hier.

Aber wir alle wissen: Von einem Abitur allein kann man sich noch nichts kaufen. Und auch für Statistik gilt: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Interessant wird es nämlich erst, wenn wir uns die Statistik zum weiteren beruflichen Werdegang anschauen. Hier sprechen die Zahlen Bände. Mit jeder akademischen Qualifikationsstufe gehen Frauen der Wissenschaft verloren, und auch jenseits des akademischen Bereichs zeigt sich dieses Bild. Genau hier liegt die eklatante Ungerechtigkeit. Die guten und sehr guten Qualifikationen von Hochschulabsolventinnen führen keineswegs automatisch zu guten und sehr guten beruflichen Positionen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Wippel, AfD)

Auch in der Kommune spiegeln sie sich nicht in den Spitzen der Verwaltung, der Eigenbetriebe und der kommunalen Krankenhäuser wider. Das ist ja der springende Punkt. Es reicht nicht, sich allein den Frauenanteil, zum Beispiel in der kommunalen Verwaltung, anzusehen. Für die Beurteilung der Benachteiligung müssen wir uns schon anschauen, wer welche Positionen innehat. Dabei kommt man immer wieder zu der Erkenntnis: Je höher die Position, desto geringer der Frauenanteil. Genau hier zeigt sich die Diskrepanz und die Notwendigkeit gleichstellungspolitischer Arbeit. Genau dafür brauchen wir Gleichstellungsbeauftragte.

Ein anderes Beispiel: Wussten Sie, dass der von Wirtschaftsminister Dulig mit großem Brimborium verliehene Preis an Sachsens Unternehmer des Jahres nur zwei Mal an eine Frau und elf Mal an einen Mann ging? Da scheint mir doch, dass wir froh sein können über den parallel existierenden Sächsischen Gründerinnenpreis. Dessen Ziel ist es, Existenzgründungen von Frauen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Das ist also auch ein Teil der Frauenförderung, der die AfD-Abgeordneten immer zum Hyperventilieren bringt. Merkwürdig ist nur, dass Ihre Fraktionsvorsitzende, Frau Petry, als Preisträgerin vor vier Jahren die Auszeichnung samt damit verbundener Dotierung dankend angenommen hat.

(Haha! von den LINKEN – Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich frage mich schon, ob die Abgeordneten der AfDFraktion überhaupt wissen, was die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen sind. Eines muss ich Ihnen leider sagen: Auch mit der Abschaffung, die von Ihnen gefordert ist, würde sich die hohe Schulabbrecherquote von Jungen nicht verändern und – Überraschung! – auch nicht die gegenüber Frauen geringere Lebenserwartung von Männern.

(Heiterkeit der Staatsministerin Petra Köpping)

Ich kann mich angesichts solch absurder Argumente des Eindrucks nicht erwehren, dass die Damen und Herren der AfD lediglich einen Aufhänger für ihren Feldzug gegen den sogenannten Gender-Wahn gesucht haben. Faktisch bedeutet das: Sie wollen einfach keine Gleichstellung.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der AfD)

Das belegen auch ihre Änderungsanträge in der Haushaltsdebatte. Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wären alle Landesmittel für Gleichstellungsprojekte gestrichen worden. Besonders absurd ist – ich weiß nicht, ob es allen aufgefallen ist –: In der Begründung der Änderungsanträge in der Haushaltsdebatte heißt es:

(Christian Piwarz, CDU: Wir haben ja Herrn Spangenberg zugehört!)

Die Mittel für Gleichstellungsprojekte können gestrichen werden, weil den Gemeindeverbänden ausreichende Mittel für Gleichstellungsbeauftragte zur Verfügung stehen – die Sie zwei Tage später, nämlich heute, abschaffen wollen.

Aber damit nicht genug. Ihr Antrag ist nichts anderes als die Aufforderung an die Staatsregierung zu Gesetzes- und Rechtsbruch.

(Dr. Stefan Dreher und Uwe Wurlitzer, AfD: Was?)

Die Umsetzung Ihres Antrages würde einen Eingriff in die durch die Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung bedeuten und § 64 der Sächsischen Gemeindeordnung sowie § 8 des Sächsischen Frauenfördergesetzes

unmittelbar verletzen. Gleichzeitig ist die Forderung Ihres Antrages ein blanker Verfassungsbruch. Zur Erinnerung: Artikel 8 der Verfassung des Freistaates Sachsen lautet: „Die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ist Aufgabe des Landes.“

Von Gleichstellung, insbesondere im Berufsleben, sind wir leider noch weit entfernt. Die von Ihnen vorgebrachten Argumente sind schlichtweg nicht zutreffend. Da kann ich Ihnen nur mit den Worten Erich Kästners sagen: „Wer sich hinstellt und behauptet, zwei mal zwei sei fünf, steht einzig da, aber das ist auch schon alles. Er kann sich mit seiner Originalität einpacken lassen.“ Dies gilt mit der Abweichung, dass ich Ihren Antrag nicht einmal originell finde. Wir als LINKE kämpfen weiter für die Gleichberechtigung und gegen Ungerechtigkeit.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Oh!)

Wir sehen es als unbedingt notwendig an, dass Gleichstellungsbeauftragte dazu beitragen, die Unfairness abzubauen, die Frauen im Berufsleben, in der Verwaltung und in Betrieben mit öffentlicher Beteiligung erfahren. Daher werden wir selbstverständlich Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei den LINKEN – Uwe Wurlitzer, AfD: War ja klar! – Zurufe von den LINKEN)

Die SPD-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Dafür bezahlen wir Geld. Ja, das habe ich mich vorhin auch gefragt in dieser Veranstaltung. Dafür bezahlen wir Geld, dass wir hier sitzen und uns solch einen Vortrag anhören.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Ihre Vorträge hören wir uns ja auch an – bei aller Liebe!)

Das ist ein Antrag, der zu nichts führt. Ich werde einen Redebeitrag dazu halten, möchte aber schon ankündigen, dass wir als SPD-Fraktion es bei einem Beitrag belassen werden, um dann wieder zu wichtigeren Themen zu kommen.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Zur Diätenerhöhung! – Unruhe im Saal)

In Ihrem heutigen Prioritätenantrag fordern Sie von der AfD-Fraktion die Abschaffung der geschlechterspezifischen Förderung,

(Uwe Wurlitzer, AfD: Genau!)

wie sie in Artikel 64 Abs. 2 der Sächsischen Städte- und Gemeindeordnung wie folgt beschrieben ist: „Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Mann und Frau haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.“

Sie von der AfD-Fraktion postulieren hier einfach mal so, die Geschlechtergerechtigkeit sei verwirklicht. Alles