Frau Jähnigen, vielen Dank. Die NPD-Fraktion hat keinen Redebedarf. Ich frage die Staatsregierung: Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Herr Staatsminister Ulbig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch vonseiten der Staatsregierung möchte ich Herrn Schurig für die Arbeit, aber auch für die gute Zusammenarbeit herzlich danken. Ich freue mich, dass es mittlerweile einen regen und echt konstruktiven Gedankenaustausch gibt. – Alles Weitere können Sie auch vonseiten der Staatsregierung im Protokoll nachlesen.
Vielen Dank. Ich frage noch einmal die Berichterstatterin, Frau Köditz, ob sie das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, wir stimmen nun als Erstes über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 5/14538 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist damit mehrheitlich der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/14538 zugestimmt.
Meine Damen und Herren, wir stimmen als Zweites über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 5/14537 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Dann ist einstimmig der Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/14537 gefolgt.
Die Fraktion GRÜNE hatte noch zwei Entschließungsanträge eingebracht. Wünscht noch jemand zu dem Entschließungsantrag das Wort? – Herr Biesok, Sie können gleich zu beiden Entschließungsanträgen sprechen, wenn Sie möchten.
che 5/14648 möchte ich anmerken: Die personelle Ausstattung des Datenschutzbeauftragten wird eine Diskussion sein, die wir im Rahmen der Haushaltsverhandlungen zu führen haben. Ich denke, es ist jetzt nicht der richtige Ort, hier eine Festlegung zu treffen, ob vier Stellen mehr notwendig sind oder nicht. Das muss Gegenstand einer ausführlichen Beratung sein. Das Anliegen des Datenschutzbeauftragten haben wir auch vernommen, und wir werden entsprechend in den Haushaltsverhandlungen darüber beraten, wie wir dem nachkommen.
Der weitere Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 5/14647 listet noch einmal auf, welche datenschutzrechtlichen Probleme wir in diesem Hause in den letzten Jahren behandelt haben, worüber wir hier diskutiert haben. Das ist ausführlich diskutiert und dokumentiert worden, sodass es keinerlei Veranlassung gibt, einen erneuten Entschließungsantrag zu fassen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Wir als Fraktion DIE LINKE stimmen beiden Entschließungsanträgen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu. Insbesondere die Frage der Personalausstattung für den Bereich des Sächsischen Datenschutzbeauftragten halten wir für dringend notwendig; denn die Diskussionen dazu laufen bereits und es wäre Augenwischerei, jetzt zu tun, als hätten wir nicht bereits darüber diskutiert.
Die Diskussion im Innenausschuss ging leider sogar in die Richtung: Müsste man nicht schauen, ob der Datenschutzbeauftragte vielleicht zu viel macht? Müsste man ihn nicht auffordern, dass er nur noch risikobehaftete Bereiche überprüft und nicht allem, was an ihn herangetragen wird, nachzugehen?
Insofern halten wir den Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für den richtigen Weg, heute hier ein Signal zu senden.
Meine Damen und Herren! Ich lasse zuerst abstimmen über den Entschließungsantrag, Drucksachennummer 5/14647, zu Drucksache 5/14538 der Fraktion GRÜNE. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke. Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen Dafür-Stimmen ist dem Entschließungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt.
che 5/14537. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Gleiches Stimmverhalten: Bei einigen Stimmenthaltungen und zahlreichen DafürStimmen ist dem Entschließungsantrag mehrheitlich nicht gefolgt.
Im Namen der CDU-Fraktion möchte ich auch von dieser Stelle nochmals meinen Dank an den Sächsischen Datenschutzbeauftragten zum Ausdruck
bringen. Er hat mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfassende Berichte vorgelegt und ist dabei an die Grenzen des Machbaren gegangen.
Herr Schurig hat in den Berichten vielfältige Dinge im nicht öffentlichen Bereich beleuchtet. So weist der Bericht eine Steigerung bei den anlassbedingten Kontrollen und den eingegangenen Beratungsanliegen aus. Dabei wurden zum Beispiel mehr als 36 % Datenschutzverstöße bei den Kontrollen festgestellt.
Zu kämpfen hatte er mit der Erteilung von Auskünften, Herr Schurig habe förmliche Mittel anwenden müssen, um diese zu erhalten. Dennoch die Bewertung: „Das Datenschutzniveau in sächsischen Unternehmen ist wohl nicht ganz so schlecht, wie die Zahlen zunächst vermuten lassen, denn ein nicht unerheblicher Anteil der durchgeführten Verfahren wie auch der Ordnungswidrigkeitenverfahren konzentriert sich auf wenige Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen.“ – So ein Resümee. Es konnten also Veränderungen zugunsten des Datenschutzes bewirkt werden.
Hinsichtlich der Berichtsschwerpunkte des Sächsischen Datenschutzbeauftragten sowie der Stellungnahme der Staatsregierung im öffentlich-rechtlichen Bereich ist festzustellen, dass es nur wenige abweichende Positionen unserseits gibt.
Die unterschiedlichen Auffassungen zum Beispiel zur Funkzellenabfrage sind sicher nachvollziehbar. Die Funkzellenabfragen stellen nach unserer Meinung ein wichtiges Instrument dar und werden weiter dort zur Anwendung kommen, wo es erforderlich und verhältnismäßig ist. Diesbezüglich stützen wir hierbei auch ganz klar die Positionierung von Staatsminister Ulbig.
Was die Hinweise des Datenschutzbeauftragten in Bezug auf die Personalausstattung seiner Behörde betrifft, so sollte dies nicht losgelöst diskutiert werden, sondern als Teil der kommenden Haushaltsverhandlungen.
Bezüglich der manuellen Nachbereitung durch öffentlichrechtliche Stellen im Bereich der Melderegister – speziell hier die Korrekturen von Daten auf einem privaten Portal – sollte unserer Meinung nach eine bundeseinheitliche Lösung, unter Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten der Länder, gefunden werden. Wir sind sicher, dass es dazu eine einvernehmliche Regelung geben wird.
Am 12. Dezember des letzten Jahres erreichten den Sächsischen Landtag die beiden Berichte des Sächsischen Datenschutzbeauftragten: einerseits mit Drucksachennummer 5/13032 der 6. Tätigkeitsbericht zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im nicht öffentlichen Bereich für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. März 2013 und andererseits mit der Drucksachennummer 5/13033 der 16. Tätigkeitsbericht zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im öffentlichen Bereich für den Zeitraum 1. April 2011 bis 31. März 2013.
Die Medien berichteten dann sehr umfangreich Mitte Dezember. Die Themenpalette reichte von Videoüberwachung auf Weihnachtsmärkten über heimliche Telefonmitschnitte und Überwachung von Mitarbeitern bis hin zur Personalausstattung beim Sächsischen Datenschutzbeauftragten und auch zum Eigenschutz der Sächsischen Staatsregierung angesichts der NSA-Affäre.
Bezüglich des Letztgenannten möchte ich die „Dresdner Morgenpost“ vom 17.12.2013 noch einmal zitieren: „Angesichts der NSA-Affäre hat Schurig der Staatsregierung auf die Finger geklopft. Zwar habe es Gespräche mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) gegeben. Passiert sei bei der Datensicherheit aber nichts.“
Wir als Fraktion DIE LINKE haben dafür kein Verständnis. In diesem Zusammenhang teilen wir die Einschätzung des Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig schon, wenn er sagt: „Der Schutz persönlicher Daten ist das wichtigste Grundrecht des 21. Jahrhunderts“, wobei wir eine Hierarchisierung der Grundrechte allerdings ablehnen. Dies wäre jetzt eine völlig andere Debatte und deshalb komme ich zum Thema zurück.
Die Staatsregierung ist sehr wohl in der Pflicht bei der Datensicherheit; denn in ihrer Verantwortung werden Unmengen an personenbezogenen Daten gespeichert, und diese müssen vor fremden Zugriffen gesichert sein. Ansonsten brauchen wir uns auch keine Gedanken zu machen, wie wir die Menschen für die Thematik sensibilisieren, wenn es um Informationsweitergaben, Offenlegung von privaten Daten im Internet und Ähnlichem geht.
Die beiden Berichte umfassen über 350 Seiten. Allein der 16. Tätigkeitsbericht, in dem es um den Schutz des Persönlichkeitsrechts im öffentlichen Bereich geht und zu dem die Staatsregierung Stellung beziehen muss, umfasst über 200 Seiten. Die eben erwähnte Stellungnahme der Staatsregierung erreichte den Sächsischen Landtag im Mai dieses Jahres und war mit 13 inhaltlichen Seiten recht übersichtlich. So mancher Fall fand keine Kommentierung durch die Staatsregierung, obwohl er sich aus unserer Sicht keineswegs erledigt hat.
Wir könnten hier mit Sicherheit auch über viele Einzelfälle diskutieren, die der Bericht erwähnt und die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme betrachtet, aber dafür ist einerseits die Zeit nicht ausreichend genug und andererseits würde die Sicht des Datenschutzbeauftragten sowieso fehlen, da er nach unserer Geschäftsordnung kein Rederecht hat. Das kann aber demnächst geändert werden.
Einen Fall aus dem Bericht möchte ich doch herausgreifen, um Ihnen die Tragweite der bei sächsischen Behörden gespeicherten Daten vor Augen zu führen. Es geht um den Punkt 5.9.3: „Ermittlungsverfahren aufgrund ungenauer Recherche in polizeilichen Auskunftssystemen“. Die Daten einer Person sind gespeichert, weil gegen seine Freundin ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gerichtet war! Sein Namen wird im Datensystem im Zusammenhang mit einem völlig anderen Vorgang gesucht, ohne Abgleich mit weiteren relevanten Daten, und im Endeffekt wird der Betreffende zu einer Beschuldigtenvernehmung vorgeladen. So einfach ladet man im polizeilichen Datensystem und eben bei einer Beschuldigtenvernehmung! Dass der Betreffende dann die Löschung seiner Daten vorfristig beantragt hat, ist nachvollziehbar; aber wem so etwas noch nicht passiert ist, der kommt wahrscheinlich überhaupt nicht auf solche Beantragung.
Neben der Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger zum Umgang mit ihren Daten im Internet brauchten wir auch dringend eine umfassende Informierung aller darüber, welche Daten warum vom Einzelnen durch welche Behörde erfasst sind und welche Rechte die Bürgerinnen und Bürger dabei haben – wie in diesem Beispiel eben Beantragung einer vorfristigen Löschung.
Der Datenschutzbeauftragte verweist in seinem Bericht auch darauf, dass es sich bei Verfahren wegen ordnungswidrigen Handlungen im Datenschutzbereich häufig um Verfahren gegen Bedienstete der Polizei handelt. Diesbezüglich wird Folgendes ausgeführt: „Neben der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen sind Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen nach wie vor in hohem Maße geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtmäßigkeit des Umgangs mit personenbezogenen Daten durch den Polizeivollzugsdienst zu beeinträchtigen.“ Ich bezweifele ganz einfach, ob ein Belehrungsschreiben hier ein nachhaltiges Umdenken bewirkt.
Es ist gute Tradition, anlässlich der Behandlung der Datenschutzberichte dem Datenschutzbeauftragten und seinem Team zu danken. Auch wir, die Fraktion DIE LINKE, möchte dies heute tun. Aber Dank ist das eine, wirkliche Anerkennung ist etwas anderes. Anerkennung heißt für uns, die Hinweise der Berichte ernst zu nehmen, Schlussfolgerungen daraus abzuleiten, nicht nur durch die Staatsregierung, sondern auch durch uns als Parlament – und dies sowohl für den öffentlichen als auch nicht öffentlichen Bereich. Natürlich heißt Anerkennung der geleisteten Arbeit auch, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese wichtige Arbeit adäquat fortgesetzt werden kann. Hier stehen wir als Parlament in direkter Verantwortung!
Aus Sicht der LINKEN sind die personellen Ressourcen im Bereich des Datenschutzbeauftragten dringend zu erhöhen. Es ist kein akzeptabler Zustand, dass zum Beispiel im nicht öffentlichen Bereich nur noch Eingaben bearbeitet, aber keine anlasslosen Kontrollen durchgeführt werden können.
Im Ausschuss wurde durch die FDP diesbezüglich die Frage aufgeworfen, ob jedes datenschutzrechtlich relevante Problem durch einen Datenschutzbeauftragten geprüft werden müsse. Oder sollte eher eine risikoorientierte Prüfung erfolgen? Angesichts der vielen Fälle im nicht öffentlichen Bereich, in denen gerade die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verletzt wurden, möchte ich jetzt gar nicht die Diskussion mit der FDP beginnen, wie sie „risikoorientiert“ genauer definiert.
Ich will zum Ende der Legislatur einmal positiv lesen, was die FDP formuliert hat – so steht es auch in der Drucksache 5/14537, dem Bericht des Innenausschusses –: „Im Moment gebe es für die Vollprüfung, die der Datenschutzbeauftragte durchführe, indem er jedem Hinweis nachgehe, sicher zu wenig Personal.“
Da ich davon ausgehe, dass die sächsische FDP die liberalen Wurzeln im Bereich der Bürger- und Freiheitsrechte ihrer Mutterpartei noch kennt, will sie doch sicherlich nicht so verstanden werden, dass der sächsische Datenschutzbeauftragte nicht mehr jedem Hinweis nachgehen soll – und also natürlich mehr Personal braucht.
Vor der NSA-Snowden-Affäre hörte ich oft den Satz: Wer nichts zu befürchten hat, der hat auch nichts zu verbergen. Diese Stimmen sind nicht mehr zu hören.
Ich möchte es hier noch einmal deutlich sagen: Persönliche Daten gehören dem Bürger und nicht dem Staat. Nicht der Staat überlässt dem Bürger eine Nutzung seiner Daten, sondern der Bürger kann dem Staat einen Zugriff auf die Daten gewähren. Diesen Grundsatz kann man nicht oft genug wiederholen.
Die Datensammelwut nimmt inzwischen ungeahnte Ausmaße an und lässt nur Vermutungen zu, was in Zukunft noch auf uns zukommen wird. Es betrifft inzwischen sämtliche Lebensbereiche, insbesondere im Beschäftigtendatenschutz, bei der Videoüberwachung und im Internet.