Protocol of the Session on May 22, 2014

Zurück zur rumänischen Staatsbürgerin Elsbetha D. Diese beantragte zunächst Kindergeld – was ihr zugestanden wurde –, dann beantragte sie Hartz IV, was ihr das Jobcenter in Leipzig verweigerte. Damit wollte sie sich aber nicht abfinden und ging vor das Sozialgericht. Die Richter verwiesen auch diesen Fall – wie die ähnlichen aus NRW, die für die Kläger in den Fällen allerdings erfolgreich waren – nun zunächst zum EuGH nach Luxemburg, wo ein Grundsatzurteil gefällt werden soll – wohl noch in diesem Jahr, wie man hört.

In der Zwischenzeit wird fleißig weiter Hartz IV kassiert; denn solche positiv beschiedenen Urteile sprechen sich bei den potenziell Betroffenen ebenso schnell herum wie das Kindergeldurteil bei polnischen Spargelstechern.

Dabei bietet das geltende Recht – also nicht irgendein Vorschlag der NPD –, genauer gesagt das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern, schon jetzt die Möglichkeit, klar erkennbaren Sozialtourismus wie in dem geschilderten Fall der Rumänin zu unterbinden.

Viele Juristen sind daher der Ansicht, dass sich das HartzIV-Problem gar nicht stellen würde, würde man den offenkundigen Sozialbetrügern auf der Grundlage von § 2 Abs. 7 bzw. § 5 Abs. 4 des Freizügigkeitsgesetzes ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland entziehen.

Genau dies fordert die NPD in dem zur Debatte stehenden Antrag – und darüber hinaus ein Engagement der Sächsischen Staatsregierung auf Bundesebene und auf Europaebene für eine Beibehaltung der Regelung des deutschen SGB II, das den Bezug von Hartz IV für EU-Ausländer, die sich hier einzig und allein zwecks angeblicher oder tatsächlicher Arbeitssuche aufhalten, grundsätzlich

ausschließt.

Da Deutschland der Hauptleidtragende des zunehmenden Sozialtourismus innerhalb Europas ist, muss hier, wenn es nicht anders geht, eine Ausnahmeregelung getroffen werden. Oder man ändert gleich die gesamte Vertragsgrundlage – sprich: Man führt für den Bezug von Sozialhilfe entweder das Heimatlandprinzip ein, wie es Prof. Sinn vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung schon länger vorschlägt – was wir hier auch schon öfter im Landtag thematisiert haben –, oder man zahlt nur noch Transferleistungen auf dem Niveau des Heimatlandes.

In solchen Fällen würde der Sozialtourismus nach Deutschland sich nämlich nicht mehr lohnen.

Um Wiederholungstätern keine Chance zu geben, fordern wir außerdem ein Wiedereinreiseverbot für überführte EU-Sozialbetrüger. Das wird offenbar auf Bundesebene jetzt auch geplant. Ich bin sehr gespannt, wie sich das am Ende umsetzen lässt. Auf jeden Fall befinden wir uns mit dieser Forderung offenbar in guter Gesellschaft mit der Bundesregierung oder zumindest mit der Union.

(Jürgen Gansel, NPD: … was so eine gute Gesellschaft ist!)

Daran kann man gelegentlich zweifeln, da gebe ich recht.

Falls Ihnen das alles zu heiß sein sollte, weil Sie den Konflikt mit Ihren sogenannten EU-Partnern scheuen, dann sollten Sie wenigstens Punkt 4 des ersten Teils unseres Antrages zustimmen, in dem wir fordern, nach britischem Vorbild eine Regelung einzuführen, nach der eingereiste EU-Ausländer in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes hier in Deutschland keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen können und die Gewährung des Bezuges von Leistungen gemäß SGB II auf maximal sechs Monate zu beschränken ist, wenn für die betreffen

den Personen nicht zumindest die Aussicht auf einen Arbeitsplatz besteht. Das wäre zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Sozialtourismus aus Ost- und Südosteuropa zu stoppen; es muss eben nur der politische Wille dazu vorhanden sein.

Doch ich weiß schon, was nachher als Gegenargument kommen wird: „Wer betrügt, der fliegt!“ – das hat doch die NPD von der CSU geklaut. Richtig, der Spruch stammt aus einem Papier, das die Christsozialen auf ihrer letzten Klausurtagung ausbaldowert haben. Nur, das war es dann auch schon – außer Spesen nichts gewesen, da bin ich mir sicher. Nach der Europawahl wird dieses Vorhaben sang- und klanglos verschwinden. Leere Worte, die einem Dampfplauderer wie Alexander Dobrindt wahrscheinlich nach der zweiten Maß Bier und dem dritten Obstler in den Sinn gekommen sind. Von der heißen Luft, die in Wildbad Kreuth oft produziert wird, lässt sich nur leider kein einziger EU-Sozialbetrüger vom Balkan an der Einreise hier nach Deutschland hindern.

Deswegen wollen wir heute dafür sorgen, dass solchen großen Worten nun endlich auch Taten folgen und dem zumindest angekündigten Vorhaben der Bundesregierung auch Rückendeckung aus Sachsen, vom Sächsischen Landtag gewährt wird.

Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu und zeigen Sie damit klar und deutlich, dass nicht nur der NPD, sondern auch Ihnen die Sorgen und Ängste der Menschen in unserer sächsischen Heimat am Herzen liegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Für die Fraktion der CDU spricht Herr Abg. Krauß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte bei dem Thema voranstellen, dass ich die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa für gut und richtig halte, und auch wir in Sachsen profitieren davon. Wir haben 2 000 Ärzte aus dem Ausland bei uns in Sachsen, die zum Beispiel die medizinische Versorgung sicherstellen.

(Alexander Delle, NPD: Weil Sie die deutschen Ärzte ins Ausland getrieben haben!)

Ich bin für jeden dankbar, der hier ist und uns in unserem Land unterstützt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir wissen, dass Deutschland sehr attraktiv ist. Die OECD hat eine Studie vorgestellt, wonach Deutschland – nach den USA – das Land ist, in das Zuwanderer besonders gern kommen. Ich kann das verstehen. Sie haben hier gute Jobchancen. Es gibt einen funktionierenden Staat; das ist nicht selbstverständlich, auch nicht in Europa. Wir

haben das beste Gesundheitswesen der Welt und eine tolle Landschaft. Wir sind attraktiv! Das ist gut so, darüber freue ich mich.

Das gilt auch in umgekehrter Richtung: Deutsche gehen ins Ausland. Ihr ehemaliger Parteigenosse hat es vorgemacht. Auch er ist der Ansicht, dass man mal ins Ausland gehen sollte und auch dort arbeiten können müsse.

(Frank Heidan, CDU: Er trinkt jetzt aber Sangria!)

Das sei ihm auch gegönnt.

(Frank Heidan, CDU: Mit brauner Soße! – Holger Szymanski, NPD: Er ist aber kein Sozialbetrüger!)

Noch ein Satz zum Kindergeld: Wenn die Spargelstecher Kindergeld bekommen, dann – dieser Ansicht bin ich – ist das berechtigt.

(Beifall bei der CDU)

Es wird oft so getan, als ob das Kindergeld eine sozialpolitische Leistung sei. Um es klar zu sagen: Das Kindergeld ist keine sozialpolitische Leistung für diejenigen, die arbeiten. Es ist eine Erstattung von zu viel gezahlten Steuern, weil zuvor auch das Existenzminimum des Kindes besteuert worden war. Da ist es egal, ob man Deutscher oder Ausländer ist – das Existenzminimum ist besteuert worden, und ich finde, es sollte steuerfrei sein.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Christine Clauß)

Jetzt kommen wir zur anderen Seite, zum Sozialmissbrauch. Für uns ist klar: Missbrauch der Sozialsysteme werden wir bekämpfen. Dabei ist es übrigens egal, ob es ein Deutscher oder ein Ausländer ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ein Kollege von Ihnen in der vorigen Legislaturperiode in Ihre Fraktion einrückte, der sonst mit seinem Hund „Adolf“ in Zwickau Gassi ging und vorher keinen Handschlag gemacht hatte. Er hat Sozialleistungen bezogen. Auch von dem erwarte ich, dass er sich um Arbeit bemüht. Das will ich ganz deutlich sagen. Das erwarte ich von jedem, ob er Ausländer oder Deutscher ist, wenn er Sozialhilfeleistungen bekommen will. Sie können durchaus in Ihren eigenen Reihen nachschauen, um festzustellen, dass es dort nicht nur fleißige Gesellen gibt, sondern auch einige, die auf Kosten des Sozialstaates leben. Damit habe ich nämlich auch meine Probleme.

(Holger Szymanski, NPD: Da sind wir uns einig, Herr Krauß! Das thematisieren wir auch!)

Wir wissen: Es gibt Sozialleistungsbetrug – auch von Ausländern, die nach Deutschland kommen. Ich finde, dass die Bundesregierung richtig gehandelt hat, als sie eine Arbeitsgruppe zu der Frage eingesetzt hat, wie wir den Sozialhilfemissbrauch bekämpfen können. Es liegen schon erste Ergebnisse vor. So sollen Einreisesperren nach Sozialbetrug möglich sein. Das sind die richtigen Positionen.

Wir haben aktuell einen Fall in Leipzig; auf den ist schon eingegangen worden. Eine rumänische Staatsbürgerin, die eingereist ist und offensichtlich nicht arbeiten wollte, beanspruchte Sozialleistungen vom Jobcenter. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof vertritt die Auffassung: Das Jobcenter hat richtig entschieden, weil man Sozialleistungen nicht beziehen kann, wenn man nicht arbeiten will.

Das Urteil steht noch aus – aber man weiß, dass der Europäische Gerichtshof im Regelfall der Meinung des Generalanwalts folgt.

(Holger Szymanski, NPD: Hoffentlich!)

Insofern kann ich nur sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg, Missbrauch vorzubeugen. Jemand, der hier nicht arbeiten, sondern nur Sozialleistungen beziehen möchte, soll bei uns keine Sozialleistungen bekommen. Das ist die richtige Entscheidung. Ich hoffe, dass das so bleibt.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Bekommt der Apfel auch Sozialleistungen auf Mallorca?)

Das werden wir sehen.

(Holger Szymanski, NPD: Er arbeitet! – Gisela Kallenbach, GRÜNE: Er kann doch Kindergeld beziehen! – Holger Szymanski, NPD: Es ist rührend, dass Sie sich um Herrn Apfel so sorgen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen bei der Thematik Mitte und Maß. Der Antrag, den Sie von der NPD vorgelegt haben, hat nicht Mitte und Maß, sondern er ist ohne Augenmaß. Deswegen werden wir ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP, der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Herr Abg. Gansel, bitte.

(Heiderose Gläß, DIE LINKE, begibt sich zum Rednerpult.)