Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das sieht nicht so aus. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte einmal das Thema Qualität voransetzen. Die Qualität der Pädagogik in unseren Kindertageseinrichtungen liegt uns allen am Herzen. Da gibt es sicher keine Diskrepanz in den Auffassungen hier im Saal. Die Qualität ist auch in allererster Linie eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Bildungsbiografie der rund – diese Zahl müssen wir immer wieder einmal nennen – 280 000 Mädchen und Jungen in unseren Krippen, in den Kindergärten und in den Horten.
Die Qualität liegt darüber hinaus im außerordentlichen Interesse unserer Eltern. Sie schließen einen Betreuungsvertrag mit der Einrichtung. Mit dem Abschluss dieses Betreuungsvertrages verlassen sie sich auf eine verlässliche und solide Bildung, Erziehung und Betreuung ihrer Kinder.
Genau das, die Bildung, die Erziehung und die Betreuung auf einem hohen Niveau, sind die Richtschnur und die Motivation unserer sehr gut ausgebildeten Fachkräfte in unseren Kindertageseinrichtungen. Seien Sie versichert, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Qualitätsentwicklung unserer Kitas zu stärken – dieser Prozess wird von meinem Haus und den Fachleuten sehr aktiv begleitet. Wir wollen die Kitas als Bildungs- und Lernort insgesamt weiterentwickeln. Das ist eine führende Maxime der fachlichen Arbeit in meinem Haus.
Frau Kurth, ich teile die Auffassung, dass die Eltern großes Interesse an einer guten Bildung, an Qualität in Kitas haben. Wie würden Sie interpretieren, dass wir es jetzt – und das war auch der Anlass für die Aktuelle Debatte – mit einer Massenpetition mit knapp 78 000 Unterschriften zu tun
haben, wo Eltern sagen, in unserer Kita muss etwas passieren? Wir wollen einen besseren Betreuungsschlüssel, um diese Qualität sicherzustellen. Wie interpretieren Sie das? Geht das zusammen?
Das große Interesse in der Bevölkerung, nicht nur bei den Eltern, sondern in der gesamten Bevölkerung, zeigt mir, welches Herzensanliegen die qualitativ gute Betreuung unserer Kleinsten ist. Dort legen wir das Fundament für die gesamte Bildungsbiografie und den gesamten weiteren Bildungsweg. Herr Schreiber hat es vorhin schon erwähnt. Auch für uns als CDU ist das ein Thema, das im Mittelpunkt steht und zu einem Ergebnis geführt werden wird.
Ich möchte noch einmal kurz auf das Thema Qualität zurückkommen. Die Qualität in der frühkindlichen Bildung hängt nicht allein – sie hängt unter anderem, aber nicht allein – von der Quantität der Personalausstattung ab, wie sie sich im Personalschlüssel widerspiegelt. Es gibt weitere Faktoren. Die wurden zum Teil schon genannt. Ich möchte auf drei weitere Faktoren eingehen: einmal die pädagogische Grundlegung. Durch den Sächsischen Bildungsplan, der sehr anerkannt und für viele Bundesländer beispielgebend ist, ist diese pädagogische Grundlegung in unseren Kindertageseinrichtungen gegeben. Auch die aktuellen Themen wie Inklusion und Sprachförderung – ein für mich sehr wichtiges Thema, das immer mehr an Bedeutung zunimmt – oder Kinderschutz wurden und werden in angemessener Weise in Landesmodellvorhaben und in überregionalen Projekten aufgegriffen. Jetzt ist es an uns, diese Projekte gründlich auszuwerten, um die Ergebnisse und die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, in Konzeptionen von dauerhafter Wirkung umzumünzen.
Ein zweiter Faktor ist die Qualifikation. Auch das wurde bereits angesprochen. Wenn ich von Qualifikation spreche, heißt das, dass die Ausbildung sowie die Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte einschließt. Sachsen, das wurde bereits gesagt, hat im Ländervergleich einen der höchsten Qualifikationsgrade in der frühkindlichen Bildung, und das ist auch richtig so, weil wir von Qualität sprechen und nicht von Aufbewahrung von Kindern. 7,3 % unserer Fachkräfte haben einen Hochschulabschluss. Das klingt nicht viel, 7,3 %, aber wenn wir jetzt einmal vergleichen: Nur Berlin, Bremen und Hessen haben höhere Werte.
Ein dritter Faktor, den ich noch benennen möchte, ein Qualitätsfaktor. Ja, neben der personellen Ausstattung und der Qualifikation des Personals ist auch die bauliche Substanz ein Faktor.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, die Einweihung sanierter Standorte ist in Sachsen fast zum Alltagsgeschäft geworden. Wenn wir jetzt einmal in andere Bundesländer und in unsere Kitas schauen, so haben wir eine hervorragende Ausstattung. Die bauliche Substanz ist in Ordnung. Unsere Erzieherinnen und Erzieher leisten eine hervorragende Arbeit. Hier müssen wir aber weiter thematisieren,
Ich möchte noch einen vierten Punkt erwähnen. Bei uns im Freistaat Sachsen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben. Wir haben überdurchschnittlich lange Betreuungszeiten in unseren Kindertageseinrichtungen. Da ich familiär den Vergleich mit einem anderen Bundesland habe, kann ich das nur unterstreichen.
Aber auch dafür ist eine ausreichende Personalausstattung natürlich die Grundvoraussetzung. Damit sind wir schnell wieder beim Thema Personalschlüssel. – Bitte.
Zum Personalschlüssel möchte ich Sie noch etwas fragen. Sie haben von den zusätzlichen Kräften gesprochen, die zur besseren Sprachförderung in die Kitas gegeben wurden. Macht es Ihnen nicht Angst, wenn sich in den Landkreisen 80 % der Kitas beworben haben, um zusätzliche Stellen aus diesem Projekt zu bekommen, aber nur ganz wenige diese wirklich bekommen konnten?
Ich rede jetzt vom Landkreis, aus dem ich komme. Dort sind 80 % der Kitas der Meinung, dass gerade bei der Sprachförderung Nachholbedarf besteht und es so schwierig ist, wenn Kinder in die Schule kommen und an der Stelle ein Manko haben.
Ich wiederhole noch einmal, was ich vorhin gesagt habe. Das Thema Sprachförderung ist ein Thema, das ganz obenan steht. Ich weiß auch, dass sich viel mehr Kitas beworben haben, als wir einen Zuschlag geben konnten. Insofern wird das Thema Sprachförderung in dem großen Komplex „Wie verbessern wir die Ausstattung unserer Kitas?“ eine Rolle spielen, unter anderem, wenn wir in die Diskussion zum nächsten Doppelhaushalt eintreten.
Ich möchte Nelson Mandela zitieren. Er sagte einmal: „Eine Gesellschaft offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“ Mit genau diesen Worten, meine Damen und Herren, hat die Liga der freien Wohlfahrtsverbände ihr Positionspapier „Weil Kinder Zeit brauchen – Für einen besseren Personalschlüssel in Sachsens Kitas“ geschlossen. Nelson Mandelas Zitat ist dort zu lesen.
Ich habe großes Verständnis für die Initiative der Liga. Kitas werden sehr viel stärker als bisher als Orte der
Bildung wahrgenommen, die sich intensiv mit den veränderten Anforderungen an Betreuung, an Bildung und Erziehung auseinandersetzen müssen. Dabei leisten die Erzieherinnen und Erzieher in unseren mehr als 2 800 Kitas einen ganz großartigen Beitrag, wenn es darum geht, Kindern eine verlässliche Bezugsperson zu sein und dabei – das möchte ich hier nicht vergessen – besonders gefährdeten Kindern einen Schutzraum zu bieten.
Was Kinder brauchen – ich komme noch einmal auf Nelson Mandela zurück – sind starke Bindungen. An der Stelle unterstreiche ich: Zuallererst sind das Mutter und Vater und auch Oma und Opa.
Wir vergessen das immer. Ich selbst bin in der glücklichen Lage, seit kurzer Zeit Oma sein zu dürfen. Deshalb darf ich auch persönlich von mir sprechen, dass Mütter, Väter, Omas und Opas die ersten Bezugspersonen sind, wenn wir von Bindung sprechen. Wir dürfen die Familie bei allen gesellschaftlichen Einrichtungen nicht außen vor lassen.
Natürlich habe ich vorhin von Kindern gesprochen, für die Erzieherinnen und Erzieher Bezugspersonen sind.
Frau Staatsministerin, Sie haben vorhin selbst erwähnt, dass Sie familiär über Ihr Enkelkind die Situation in anderen Bundesländern kennen. Das heißt, Sie sind selbst familiär in der Situation, dass Oma und Opa nicht wohnortnah bei Kindern und Enkelkindern wohnen, sondern räumlich weit getrennt.
Stimmen Sie mir zu, dass in Sachsen, wo wir einen großen Anteil von Alleinerziehenden haben, von Familien, die zugewandert sind, wo die Großeltern eben nicht um die Ecke wohnen, die Kindertagesbetreuung eine Entlastungs- und Unterstützungsfunktion für das System Familie einnehmen muss?
Da stimme ich Ihnen voll zu, dass das ein Entlastungs- und Unterstützungssystem für die Familie ist und sein muss. Bei uns in Sachsen ist das ein hervorragendes Entlastungssystem, weil wir ein sehr gutes Angebot haben. Wir können uns damit deutschlandweit sehen lassen.
Wir haben gerade von den Bindungen gesprochen, von Müttern und Vätern, Omas und Opas. Da sind wir sicher nicht weit in unserer Meinung auseinander. Wir dürfen nicht alles in Einrichtungen schieben.
Bindungen sind wichtig und machen stark. Unsere Gesellschaft lebt von Bindungen. Vor allem geht es dabei darum, wie diese Bindungen gestaltet werden, wie Erzieherinnen und Erzieher genügend Zeit dafür bekommen, diese Bindungen zu gestalten.
Damit sich Erzieherinnen und Erzieher stärker darum kümmern können, wie sie die Zeit mit ihren Kindern verbringen, haben wir – auch das wurde von Frau Schütz erwähnt – im Doppelhaushalt 10 Millionen Euro für die Förderrichtlinie Bildungschancen bereitgestellt. Wir
werden jetzt genau auswerten, welche Wirkung diese zusätzliche Unterstützung bei den beteiligten Kitas gezeigt hat. Da lege ich außerordentlichen Wert darauf, mit den Fachfrauen und Fachmännern in Kontakt zu treten und deren Ergebnisse zu erfahren. Darauf bin ich gespannt. Das ist mir wichtig.
Meine Damen und Herren! Am Ende wird das alles im nächsten Doppelhaushalt zu regeln sein. Letztlich muss dieses Hohe Haus entscheiden, welche Prioritäten gesetzt werden. Ich bin mir ganz sicher, dass Kinder in unserer Gesellschaft, im Freistaat Sachsen, eine sehr hohe Priorität genießen. Dass die Qualität der Ausbildung unserer Kinder ganz oben steht, darüber bin ich mir sehr wohl im klaren. Ich weiß, dass ich dabei die Unterstützung der Regierungsfraktionen habe.