Protocol of the Session on April 10, 2014

ben haben. Aber gut, wir werden es nachlesen. Insofern haben wir noch die Möglichkeit, aber ich halte diese Verfahrensweise an dieser Stelle für eine Unsitte.

Ich möchte auf die Redebeiträge meiner Vorredner, meiner Kollegen gern noch ein wenig eingehen. Herr Seidel, dass der Standort der Nachbarschaftsschule in Leipzig nicht gefährdet ist, darüber sind wir uns doch einig. Die Stadt Leipzig kann es sich gar nicht leisten, irgendeinen Schulstandort in irgendeiner Weise überhaupt zu gefährden. Deshalb ist Ihr Anhang zum Moratorium total sinnlos gewesen; denn das Moratorium hat damit meines Erachtens überhaupt nichts zu tun.

Es geht uns doch genau darum, dass wir das Konzept, was die Schulen erarbeitet haben, an diesem Standort erhalten. Sie haben es an vielen Stellen genauso begründet wie ich. Sie kennen die Schule genauso gut wie ich, weil Sie sehr häufig an dieser Schule sind und sich zumindest informieren. Das ist der erste Punkt. Es geht also um dieses Schulkonzept, was an der Schule existiert, und natürlich auch im Chemnitzer Schulmodell.

Herr Bläsner, selbstverständlich geht es uns auch um das längere gemeinsame Lernen; das habe ich auch in meinem Redebeitrag deutlich gesagt. Aber es geht uns in diesem Antrag vorrangig um diese beiden Schulen, weil wir wissen: Solange Sie regieren – es wird ja nicht mehr so lange sein –, werden wir gar keine Chance haben, das längere gemeinsame Lernen in Sachsen wirklich umzusetzen, und wenn es nur punktuell ist. Wir haben es ja gerade erlebt; deshalb habe ich auch das von der letzten Legislaturperiode dargestellt.

Frau Giegengack, Sie waren leider nicht da. Wir haben den Antrag auf die Tagesordnung gesetzt; wir wollten ihn eigentlich in den Ausschuss nehmen. Er ist ja nicht mehr so neu; er ist schon etwas älter. Wir haben ihn deshalb auf die Tagesordnung genommen, weil Elternvertreter beider Schulen anwesend waren, als der Landeselternrat die Bildungspolitischen Sprecher am 15. März eingeladen hatte. Beide Elternvertreter dieser Schulen haben in der

Runde, als die Fragestellungen an die Ministerin dran waren – also nicht in der Podiumsdiskussion, sondern als sie die Ministerin fragen konnten –, ganz massiv danach gefragt: Wie geht es weiter mit unseren Schulen? Sie haben uns Materialien überreicht, um ihre Schulen noch einmal vorzustellen und zu erläutern. Das war für uns – oder für mich persönlich – der Anlass, meine Fraktion zu überzeugen: Lasst uns das noch einmal ins Plenum holen. Wir müssen es noch einmal bewusst machen, dass hier nur eine befristete Genehmigung gegeben ist. Ich möchte sie auch in den Regelbereich führen, aber mit dem Konzept, das sie haben, und nicht damit, die Mittelschule aufgedrückt zu bekommen.

Deshalb war es uns wichtig, hierzu klare Antworten zu bekommen – auch von der Ministerin, wofür sie sich jetzt verweigert hat.

Ihre Redezeit geht zu Ende. Ihr letzter Satz, bitte.

Das war er schon. – Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich möchte der Vollständigkeit halber noch einmal darauf hinweisen, dass auch das Schlusswort eine Zeitbegrenzung hat, nämlich 3 Minuten.

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/12202 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? –

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Herr Seidel, warum stimmen Sie jetzt nicht zu? Christian Piwarz, CDU: Schlechte Argumente, Frau Falken!)

Danke. Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung. Damit ist diese Drucksache nicht beschlossen und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Die Nachbarschaftsschule Leipzig, die ihre Wurzeln in der Bürgerbewegung von 1989 hat, und das aus der ehemaligen Albrecht-Dürer-Schule hervorgegangene Chemnitzer Schulmodell genießen im Schulversuch „Schule mit besonderem pädagogischen Profil/Gemeinschaftsschule“ einen herausgehobenen Status.

Das zeigt sich nicht zuletzt in der wesentlich längeren Laufzeit des Schulversuchs im Vergleich zu den anderen Schulen. Dessen Durchführung ist bei der Nachbarschaftsschule Leipzig vorerst bis zum 31. Juli 2017 und beim Chemnitzer Schulmodell vorerst bis zum 31. Juli 2018 genehmigt. Beide Schulen werden – wie die anderen Teilnehmer des Schulversuchs auch – kontinuierlich von der TU Dresden wissenschaftlich begleitet.

Die umfangreichen Zwischenergebnisse der einzelnen Schuljahre können auf dem sächsischen Bildungsserver nachgelesen werden. Ich möchte deshalb davon absehen, Ihnen diese hier im Einzelnen vorzutragen.

Mit der Änderung der Schulordnung Mittel- und Abendmittelschulen (SOMIA) zum 1. August 2011 und zum 1. August 2013 haben wir wesentliche Elemente der pädagogischen Konzepte der am Schulversuch teilnehmenden Schulen in das Regelschulsystem übertragen. Dazu zählen beispielsweise, von der äußeren Differenzierung abzuweichen und das flächendeckende Angebot von Leistungsgruppen ab Klassenstufe 5 sowie der zweiten Fremdsprache ab Klassenstufe 6.

Ich habe über dies und die pädagogischen Konzepte der Nachbarschaftsschule Leipzig und des Chemnitzer

Schulmodells bereits in meiner Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Abg. Dr. Külow vom April 2013 berichtet. Seine Frage nach der Fortführung der beiden Einrichtungen über den Schulversuch hinaus spiegelt sich in Punkt 2 des vorliegenden Antrags wider.

Dazu sei erneut gesagt, dass die Schulen des Schulversuchs ihre besonderen pädagogischen Konzepte im Wesentlichen auch nach Ende des Schulversuchs weiterführen können. Die pädagogischen Konzepte der Nachbarschaftsschule Leipzig und des Chemnitzer Schulmodells gehen jedoch aus der Historie gewachsen seit An

fang der Neunzigerjahre über die genannten Elemente hinaus.

So nehmen beide Schulen bereits Schüler in der Grundschule auf. Die gegenüber den anderen Schulen des Schulversuchs wesentlich längere Laufzeit der Genehmigungsbescheide trägt dem Rechnung und ermöglicht eine Anpassung zum gegebenen Zeitpunkt, um die Fortführung beider Schulkonzepte auch über die Jahre 2017 bzw. 2018 hinaus zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Schülerbeförderung neu gestalten – Beitragsfreiheit

für Eltern sichern, landesweites Bildungsticket einführen

Drucksache 5/14148, Antrag der Fraktion der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen – die Reihenfolge in der ersten Runde: SPD, CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Als Einbringerin hat die SPD-Fraktion das Wort; das Wort ergreift Frau Dr. Stange.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich vorab, weil es die Grundlage für diesen Antrag ist, einen Fehlerteufel berichtigen: Der Artikel 102 – und nicht Artikel 120; der aufmerksame Leser hat es mitbekommen – Abs. 4 der Sächsischen Verfassung besagt: „Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind unentgeltlich.“

Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass es an der Zeit ist – so wie wir es schon einmal, als die Verfassung in Kraft gesetzt wurde, hatten –, diesen Verfassungsgrundsatz wieder mit Leben zu erfüllen und auf die Erreichbarkeit des Unterrichts, also der Schulen, auszudehnen. Das ist übrigens in den meisten anderen Bundesländern bereits heute der Fall und deswegen können wir uns an ihnen orientieren.

Zur Chancengleichheit in der Bildung gehört – und ich denke, zuvörderst – die Erreichbarkeit der verpflichtenden Bildungseinrichtung Schule. Die Eltern machen mit Recht seit 2013 verstärkt Druck und sind unzufrieden mit den stetig steigenden finanziellen Belastungen. Hinzu kommen regionale Ungleichheiten, die durch die elf verschiedenen Schülerbeförderungssatzungen bestehen. Während im Vogtland die Gebühren für Eltern null Euro betragen – das liegt sicherlich an den benachbarten Ländern Thüringen und Bayern –, liegen sie in Mittelsachsen bei 145 Euro. Hier wird Chancengleichheit im Land massiv verletzt.

Der Freistaat verabschiedet sich Schritt für Schritt aus der Schülerbeförderung. Seit 2010 stammen die über das ÖPNV-Finanzausgleichsgesetz zugewiesenen Mittel voll

ständig aus den vom Bund finanzierten Regionalisierungsmitteln – also nicht ein Euro mehr aus Landesmitteln. Da diese Mittel lediglich für den Schienenpersonennahverkehr verwendet werden sollten, muss unter anderem der freigestellte Schülerverkehr – sprich: die guten alten Schulbusse – allein von den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den Elternbeiträgen geschultert werden.

Aktuell sind im Haushalt 57 Millionen Euro eingestellt, die an die Gebietskörperschaften zugewiesen werden. Im Jahr 2015 sollen es dann nur noch 54 Millionen Euro sein – wie gesagt: Bundesmittel. 2012 hatten aber nach Angaben des Sächsischen Landkreistages die Landkreise ohne die kreisfreien Städte bereits 59 Millionen Euro für die Schülerbeförderung zur Verfügung stellen müssen. Dazu kommen noch 12 bis 13 Millionen Euro Elternbeiträge ohne kreisfreie Städte.

Die von uns befragten Landkreise und kreisfreien Städte monierten damit zu Recht eine stetig steigende Unterfinanzierung des ÖPNV und des Schülerverkehrs im Besonderen. Die Schulschließungen durch den Freistaat haben einen nicht unerheblichen Beitrag zur Verlängerung der Schulwege und damit zur Ausweitung des Schülerverkehrs geleistet.

Der Sächsische Landkreistag verlangt daher zukünftig vom Freistaat deutlich mehr Mittel für die Schülerbeförderung, insbesondere natürlich im ländlichen Raum. Da der Schülerverkehr das Rückgrat des ÖPNV darstellt – im ländlichen Raum sind es nahezu 90 % des ÖPNV – und Mobilität der Menschen eine Zukunftsfrage für jede Region ist, muss die Landesregierung vor allem dafür Sorge tragen, dass die Unterfinanzierung des Schülerverkehrs beendet wird und die Landkreise und die kreisfreien Städte ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, um eine elternbeitragsfreie Schülerbeförderung zu ermöglichen.

Was in unseren Nachbarländern seit Jahrzehnten Selbstverständlichkeit ist, muss auch für die Kinder und Eltern in Sachsen machbar sein.

(Beifall bei der SPD)

Um diese Finanzierung auf sichere Füße zu stellen, fordern wir von der Landesregierung, ein entsprechendes Gesetz zur Finanzierung des Schülerverkehrs vorzulegen, natürlich auch das Schulgesetz zu ändern – die LINKEN hatten ja heute Morgen den Gesetzentwurf eingebracht –, welches gleichermaßen landesweit einheitliche Standards auch für die Schülerbeförderung definiert, und nicht über elf verschiedene Satzungen. Auch hier hilft ein Blick über die Landesgrenzen hinweg. Was andere Bundesländer schaffen, dürfte in Sachsen kein Zauberwerk sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So weit, so gut, vielleicht auch nichts Neues. Unser Antrag geht aber einen Schritt weiter, weil sich aus der Anhörung herauskristallisiert hat, dass wir ein noch weitergehendes Problem im Land haben. Unser Antrag greift ein Problem auf, das Eltern und deren Kinder sehr bedrückt: Das ist nicht nur die Erreichbarkeit von Schulen, die laut Schülerbeförderungssatzung als nächstgelegene definiert

werden, sondern die tatsächlich – so wie es gesetzlich möglich ist – frei gewählt werden, so zum Beispiel Gymnasien mit vertieftem Profil oder auch freie Schulen. Das sind aber auch die Kosten von und zu den Ganztagsangeboten, die durch den Schülerpersonenverkehr nicht abgedeckt werden. Das sind die Kosten zu Sportstätten, zu den Musikschulen, Kultureinrichtungen, zu Kinder- und Jugendzentren, die nicht über das Schülerverkehrsticket abgedeckt werden können.

Besonders in den ländlichen Regionen werden immer mehr Kinder und Jugendliche abgehängt, da sie kein Schülerticket haben, weil sie entweder innerhalb der Mindestentfernungsgrenze von drei Kilometern Schulweg wohnen oder weil die Reichweite des Schülertickets nicht über den Landkreis hinausgeht. Die Eltern sprechen deshalb auch von einer Doppelfinanzierung: Schülerticket einerseits und Fahrten zum Schülerpraktikum andererseits.

Wir schlagen Ihnen deshalb mit unserem Antrag vor, ein kostengünstiges Bildungsticket mit sachsenweiter Nutzung einzuführen, das nicht nur zu einer besseren Auslastung des ohnehin vorhandenen ÖPNV führt und damit auch zu seiner Sicherung gerade im ländlichen Raum beiträgt, sondern das auch endlich Chancengleichheit für alle Kinder schafft, auch über den engen Bildungsbegriff der Schule hinaus.

Kinder, die das Glück haben, dass Eltern oder Großeltern mit einem Auto und mit flexibler Zeit mobil sind und über ein ausreichendes Einkommen verfügen, haben heute deutlich mehr Chancen im Freistaat, eine umfassende Bildung wahrzunehmen – vor allem im ländlichen Raum –, als Kinder aus Familien, in denen zum Beispiel die alleinerziehende Mutter früh das Haus verlassen muss, um im 30 Kilometer entfernten Betrieb zu arbeiten, und erst

in den Abendstunden wieder zu Hause ist. Dort reicht oft weder die Zeit noch das Geld, um auch noch Elterntaxi zu spielen. Diese Kinder werden unverschuldet abgehängt, da sie selbst nicht mobil sein können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, Mobilität – das hat die gestrige Diskussion bezüglich des ländlichen Raums gezeigt – ist das A und O – nicht nur für Familien und deren Kinder –, wenn wir über die demografische Entwicklung in unserem Land reden. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu, weil er nicht nur die kostenfreie Schülerbeförderung, sondern auch die Mobilität von Kindern und Jugendlichen in einem umfassenden Bildungssinne enthält.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Nach der einbringenden Fraktion, der SPD, vertreten durch Frau Dr. Stange, kommt jetzt die CDU, vertreten durch Herrn Bienst, zu Wort.