Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute war in der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen: „Drei von vier Deutschen erreichen mit dem Auto in zehn Minuten eine Klinik.“ Gestern war zu lesen: „Die Betten in den deutschen Kliniken sind nur zu 77 % ausgelastet.“ Da ist, denke ich, noch einiges zu tun. Auch angesichts des demografischen Wandels müssen wir uns in den Krankenhäusern besser auf die Zukunft vorbereiten. Beispielsweise ist 2020 damit zu rechnen, dass jeder fünfte Krankenhauspatient an Demenz leidet. Das ist eine große Herausforderung für die Krankenhäuser.
Dass sich DIE LINKE diesem Thema stellt, finde ich löblich. Allerdings ist es nach unserer Auffassung keine Lösung, wenn Sie den Planungszeitraum für die Krankenhausplanung einfach auf 2030 ausdehnen. Nach unserer Auffassung ist dieses Thema zu komplex, als dass man das bis 2030 planen kann. Nach unserer Vorstellung bedarf es vielmehr einer grundlegenden Reform in der Krankenhausplanung. Wir sind davon überzeugt, dass langfristig kein Weg daran vorbeiführt, dass wir die stationäre und ambulante Planung in einem Landesversorgungsplan zusammenführen müssen; denn die bisherige Art der Planung ist eine wesentliche, eine zentrale Ursache für die strikte Trennung zwischen den Versorgungssektoren und den daraus resultierenden und immer wieder von allen Seiten beklagten Brüchen und Doppelstrukturen in der medizinischen Versorgung.
Auch die Qualität der Krankenhäuser muss mehr in das Planungssystem aufgenommen werden, muss eine größere Rolle spielen. Daten zur Prozess- und Ergebnisqualität stationärer Einrichtungen sind schon vorhanden. Zudem muss die Pflegequalität eine Rolle spielen. Wenn wir die Planung zusammenführen wollen, müssen Angaben zur Rehospitalisierungsrate mit aufgenommen werden und auch die Qualitätsdaten aus dem ambulanten Bereich. Das ist selbstverständlich.
Während wir im ersten Punkt der Fraktion DIE LINKE nicht folgen können, sieht es bei den Punkten zwei und drei, den Krankenhausinvestitionen, etwas anders aus. Meine Damen und Herren, die Summe ist kaum vorstellbar, aber der Investitionsstau an den deutschen Kliniken von Flensburg bis Garmisch wird bei vorsichtigen Schätzungen mit 25 Milliarden Euro beziffert.
Ich glaube, man muss manche Investitionsentscheidung sicher auch kritisch hinterfragen. Zum Beispiel ist es durch Investitionsentscheidungen zu Doppelstrukturen gerade bei Großgeräten gekommen. Das ist nicht nachhaltig. Auch die Aufteilung der Finanzierungszuständigkeiten – das wurde schon angesprochen – zwischen den Kassen und der öffentlichen Hand hat zu falschen und kostenträchtigen Steuerungsanreizen geführt. Getätigte, aber genauso auch nicht getätigte Investitionen haben Auswirkungen auf die Betriebskosten eines Hauses. Diese müssen die Krankenhausträger finanzieren, die nur am Rande an den Investitionsentscheidungen beteiligt sind.
Aktuellen Zahlen zufolge stammt mehr als die Hälfte der Investitionsmittel der Krankenhäuser nicht aus der Investitionsförderung der Länder, die eigentlich dafür zuständig sind. Doppelt benachteiligt – was ich sehr bedauerlich finde – sind die öffentlichen Krankenhäuser, da sie sich nicht so wie die Privaten am Kapitalmarkt finanzieren können. Die wirtschaftlich schwierige Lage vieler öffentlicher Krankenhäuser ist daher auch dem Umstand geschuldet, dass sie die notwendigen Mittel für die Investitionsfinanzierung aus der Betriebs- und Personalkostenfinanzierung ziehen. Das geht zulasten der Pflege. Das kann man in den Krankenhäusern sehen.
All diese Punkte verweisen darauf, dass es einer auskömmlichen und verlässlichen Investitionsfinanzierung bei den Krankenhäusern bedarf. Die Finanzierungsprobleme wurden angesprochen, auch dass diese Sonderregelung der Mitfinanzierung durch die Krankenkassen 2015 ausläuft und das Land ab 2015 vorsieht, die eigenen Investitionen von 47 auf 57 Millionen Euro zu steigern.
Wir haben begrüßt, dass im Zukunftsinvestitionsfonds Mittel für den Krankenhausbau eingestellt wurden. Sie wurden auf 52 Millionen Euro aufgestockt. Diese dürfen pro Jahr mit 26 Millionen Euro ausgezahlt werden. Aber das kompensiert noch nicht einmal zur Hälfte das, was bisher von den Krankenkassen gekommen ist und ab 2015 wegfällt.
Bei aller notwendigen Schwerpunktsetzung, denke ich, ist eines klar, da dürfen wir uns nichts vormachen und uns auch nicht von der FDP Sand in die Augen streuen lassen: Angesichts unserer eigenen Finanzkraft in Sachsen werden wir es wohl auf Dauer nicht schaffen – und ich vermute das für einige ostdeutsche Bundesländer –, die Krankenhausinvestitionen als Land allein finanzieren zu können. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir durchaus die Anstrengungen der Staatsregierung – die Ministerin war wohl bei den Koalitionsverhandlungen dabei –, dass sie sich bemüht hat, ein Bund-Länder- bzw. Bund-LänderKassenprogramm für die Krankenhausinvestitionen zu initiieren.
Ich denke, es führt kein Weg daran vorbei. Wir GRÜNEN haben im Bundestag einen ähnlichen Antrag eingebracht und dort eine Mischfinanzierung zwischen Ländern und Krankenkassen bei den Investitionsförderungen gefordert. Dazu muss man natürlich auch sagen: Wer mitfinanziert, muss auch mitplanen. – Ich denke, das ist nur gerecht und
Vor diesem Hintergrund würden wir sagen: Der zweite Punkt verdient unsere außerordentliche Unterstützung. Beim dritten Punkt würden wir uns enthalten. Sie sagen, mindestens 150 Millionen Euro sollen eingestellt werden, die Ministerin hat von 140 Millionen Euro gesprochen. Die Krankenhausgesellschaft sagt, es wären allein 250 Millionen Euro notwendig, um die beantragten Investitionsvorhaben zu finanzieren. Aus diesem Grund würden wir uns zum heutigen Zeitpunkt bei diesem Punkt enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir halten den vorgelegten Antrag für nicht geeignet, um den Problemen bei der Aufrechterhaltung der flächendeckenden und qualitativ hohen medizinischen Versorgung in sächsischen Krankenhäusern gerecht zu werden. Wie Sie wissen, ist eine realistische Krankenhausbedarfsplanung eine höchst komplexe Herausforderung. Hier einen Schnellschuss bis zum Juli 2014 hinzulegen und eine Bedarfsplanung bis ins Jahr 2030 in zwei Monaten mit heißen Nadeln zusammenzuflicken, halten wir für gefährlich und höchst unseriös. Es wundert uns, dass die wichtigen inhaltlichen Punkte, die die LINKE in einer solchen Bedarfsplanung berücksichtigt sehen will, nicht Teil des Antrags sind, sondern nur in der Begründung angeschnitten werden. Der von Ihnen geforderte Krankenhausbedarfsplan bis 2030 verfügt somit nicht verbindlich über den inhaltlichen Rahmen, den Sie eigentlich anstreben.
Auch Ihre berechtigte Forderung gegenüber der Bundesebene für mehr Investitionshilfen für sächsische Krankenhäuser bedarf einer eingehenderen inhaltlichen Unterfütterung als der magere Zweizeiler, den Sie uns hier vorgelegt haben. Einige Fragen bleiben offen: Was erwarten Sie von der Staatsregierung auf Bundesebene, abseits der gestarteten Versuche, die Krankenkassen intensiver einzubinden? Welche finanziellen Verpflichtungen sehen Sie für welchen Zeitraum beim Bund und welche zu erfüllenden Verpflichtungen sehen Sie beim Freistaat?
Zu guter Letzt bleibt auch der dritte Punkt Ihres Antrags eher kryptisch und gibt mehr Fragen auf, anstatt Lösungsansätze zu liefern. Leider ist es für die Abgeordneten, um deren Zustimmung Sie mit diesem Antrag immerhin werben, nicht möglich, nachzuvollziehen, wie sich Ihre Forderung von mindestens 150 Millionen Euro für Krankenhausinvestitionen zusammensetzt und auf welcher Grundlage Sie zu dieser Summe gelangt sind. Es verwundert umso mehr, da Sie in der Begründung zu Ihrem Antrag von einem Investitionsbedarf von 200 Millionen
Euro sprechen. Warum sollen wir uns jetzt auf eine Investitionsdebatte einlassen, die so ungenau ist und keine inhaltliche Grundlage hat? Was ist, wenn wir einen höheren Bedarf feststellen oder in der Haushaltsdebatte erkennen, dass den Krankenhäusern über andere Maßnahmen besser geholfen werden kann?
Alles in allem wirkt der Antrag handwerklich eher oberflächlich und diesem bedeutenden Thema nicht angemessen. Wir unterstützen den an den regionalen Gegebenheiten orientierten 3-Jahres-Rhythmus des Krankenhausplans. Was wir uns wünschen würden, wäre eine intensivere Zusammenarbeit des Sächsischen Krankenhausplanungsausschusses mit dem gesamten Parlament. Ein direkter formeller wie auch informeller Austausch würde uns die heutige Diskussion und einen solch undurchdachten Antrag ersparen und jetzt den notwendigen direkten Gesprächstrakt geben, um die medizinische Versorgung bis 2030 und darüber hinaus sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass nicht ganze Regionen von der ärztlichen Versorgung abgekoppelt werden und die Situation in den Krankenhäusern nicht noch dramatischer wird.
Mit dem Beitrag von Herrn Dr. Müller sind wir am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. – Gibt es jetzt aus den Fraktionen den Bedarf, eine zweite Runde zu eröffnen? – Das ist nicht der Fall. Damit erhält die Staatsregierung das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Clauß.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist, die medizinische Versorgung in Sachsen sicherzustellen. Dazu gehören selbstverständlich unsere Krankenhäuser; sie bilden das Herzstück in der Versorgung. Dabei steht der Patient stets im Mittelpunkt; das ist gleich die Beantwortung Ihrer Frage, sehr geehrte Frau Kollegin Lauterbach.
In einem außerordentlichen Kraftakt ist es uns in den letzten 25 Jahren gelungen, unsere Krankenhäuser neu aufzustellen, von der Lausitz bis zum Erzgebirge modern, leistungsfähig, patientenorientiert und zum Teil auch in hoch spezialisierten Strukturen. Aber ohne die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller am Prozess Beteiligten in der Versorgung wäre dies nicht möglich. Sie orientieren sich jeden Tag, 365 Tage im Jahr an den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten. Dafür an dieser Stelle auch noch einmal herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, auf diese Entwicklung in der Krankenhauslandschaft können wir stolz sein; dies ist alles das Ergebnis eines stetigen Prozesses. Diese Entwicklung zeigt uns, dass wir mit dem Krankenhausplanungsausschuss auf dem richtigen Weg sind. Denn mit jeder neuen Krankenhausplanung reagieren wir auch auf
aktuelle Entwicklungen. Unsere demografische Entwicklung und die damit verbundenen medizinischen und pflegerischen Herausforderungen sowie der medizinischtechnische Fortschritt sind seit jeher Faktoren in unserer Krankenhausplanung und fließen dort mit ein.
Um aber noch gezielter auf diese aktuellen Entwicklungen reagieren zu können, erstellen wir alle zwei Jahre einen Krankenhausplan und nicht alle drei Jahre, wie es im Gesetz steht, auch mit Blick auf die Fachkräftestrategie und die Ausbildungskapazitäten. Im stationären Bereich gibt es sehr wohl gesicherte Daten, aber noch weniger gesicherte Daten im ambulanten Bereich. Wenn wir das dann alles haben, können wir auch sektorübergreifend noch deutlicher planen.
Diese Krankenhausplanung ist auch die Grundlage für die Investitionsförderung. Seit 1991 wurden im Freistaat Sachsen circa 5,1 Milliarden Euro investiert, davon wurden allein vom Freistaat 3 Milliarden Euro geschultert. Hier gibt es sehr wohl eine besondere Herausforderung – das haben wir schon gehört –, denn mit dem Auslaufen des Artikels 14 Ende dieses Jahres fallen die Mittel der Krankenkassen weg. Das heißt konkret: Wir müssen 44 Millionen Euro mehr aufbringen.
Aber bereits im letzten Doppelhaushalt haben wir deshalb Prioritäten bei der Finanzierung unserer Krankenhäuser gesetzt. Ich bin der CDU-Fraktion dankbar, dass sie das Thema Krankenhausinvestitionen bei der vorletzten Klausurtagung auf ihre Tagesordnung gesetzt hat. Das ist eine sehr gute Voraussetzung und auch Grundlage, damit wir auch im nächsten Doppelhaushalt unsere Krankenhäuser wieder ganz vornanstellen und somit maßgeblich und zielgerichtet Investitionsfähigkeit abbilden können.
Aber nicht nur das. Wir müssen auch noch weitere Finanzierungsmöglichkeiten suchen und dranbleiben. Unabhängig davon, dass Krankenhausfinanzierung Ländersache ist, kann ich mir sehr wohl weitere Optionen vorstellen, wie zum Beispiel Bund, Krankenkassen, Land; aber eine Bundesplanung – das sage ich auch deutlich – will keiner. Deshalb war es mir auch sehr wichtig, dass Sachsen Mitglied in der Arbeitsgruppe „Krankenhäuser“ beim Bund ist – das war ja ein Ergebnis der Koalitionsverhandlungen –, und diese Mitgliedschaft in dieser Arbeitsgruppe wird auch auf Ministerebene wahrgenommen. Das wird uns letztendlich die Möglichkeit geben, unsere sächsischen Interessen auch bundesweit einzubringen. Es wird auch hier vordergründig die Qualität eine Rolle spielen: Strukturqualität, Prozessqualität, darüber kann man sich noch trefflich streiten, und es wird auch kein einfacher Prozess sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Staatsregierung kennt die Herausforderungen sowohl in der Krankenhausplanung als auch in der Krankenhausfinanzierung und wird diesen sehr wohl gerecht, so wie auch die Antwort der Staatsregierung auf diesen Antrag lautet, das heißt, mit Kontinuität, Qualität, sektorübergreifend, mit Nachhaltigkeit, damit wir vorn bleiben für eine gute,
Nach Frau Staatsministerin Clauß hat jetzt die Einreicherin, die Fraktion DIE LINKE, die Möglichkeit ihres Schlusswortes. Bitte, Frau Lauterbach.
Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, der Tenor der Debatte zeigte schon ein sehr differenziertes Bild, was Planung eigentlich sein soll und muss. Wir müssen über die Bettenzahl, Standorte und Trägerfestlegungen hinausgehen. Wir brauchen eine moderne Planung, die mehr ist als Bettenzählen. Wir brauchen eine Reform der Krankenhausplanung. Wir brauchen Qualität. Das ist das wichtigste an der Planung. Die Schnittstellen, die ein Krankenhaus bieten kann, vor allem im ländlichen Raum, sind bei Weitem nicht ausgeschöpft. So kann die medizinische Versorgung im ländlichen Raum für die Zukunft funktionieren.
Die Angebote, die es im ländlichen Raum gibt, mit dem Krankenhaus zu vernetzen, das ist das Ziel, was mit einer Planung erreicht werden muss. Wir brauchen natürlich Investitionen für diese Krankenhäuser. Wir brauchen die Krankenhäuser. Wir brauchen sie stationär. Wir brauchen sie ambulant. Wir brauchen sie wohnortnah, regional übergreifend, sektorübergreifend. Ich denke, Sie stehen mit der Krankenhausplanung und mit der Krankenhausfinanzierung vor einer enormen Herausforderung.
Meine Damen und Herren! Nach diesem Schlusswort stelle ich nun Drucksache 5/13523 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Drucksache 5/13523 nicht beschlossen.
Ich hatte Sie vorhin übersehen, Frau Giegengack. Wie kann das überhaupt passieren? Wollen Sie Ihr Abstimmungsverhalten erklären?
Ja, ich möchte gern das Abstimmungsverhalten für mich und Teile meiner Fraktion erklären. Wir wollten gern getrennte Abstimmungen. Ich habe es wahrscheinlich nicht noch einmal explizit hervorgehoben,
sodass es jetzt insgesamt eine Enthaltung geworden ist. Ich wollte nur noch einmal sagen, dass wir eigentlich, so wie ich es in der Rede deutlich gemacht hatte, den ersten Punkt ablehnen, dem zweiten ausdrücklich zustimmen und uns bei dem dritten enthalten wollten.