Protocol of the Session on January 30, 2014

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Die NPD hatte sich nicht zum Reden angemeldet. Dann übergebe ich jetzt an die Ministerin, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist mir ein wichtiges Anliegen. Inklusion steht, wie Sie wissen, schon lange auf meiner Agenda. Wir reden nicht nur über Inklusion. Wir haben mit der Änderung des Landesblindengesetzes auch die materielle Basis geschaffen, um Inklusion in Sachsen umzusetzen.

Seit 2011 haben wir in § 9 die Förderung der Teilhabe gesetzlich festgeschrieben. Jährlich stellen wir je schwerbehindertem Menschen 60 Euro in den Staatshaushalt ein. 2012 waren dies insgesamt 17,8 Millionen Euro. Für die Jahre 2013 und 2014 stehen jeweils 19,5 Millionen Euro als landesgesetzliche Leistung zur Verfügung. Suchen Sie das einmal in einem anderen Bundesland!

Selbstverständlich ist Arbeit für alle Menschen ein grundlegendes Bedürfnis. Sie schafft Voraussetzungen, um nicht nur gesellschaftlich am Leben teilhaben zu können, sondern auch für soziale Teilhabe.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu.

(Stefan Brangs, SPD: Die Antwort steht nicht auf dem Papier!)

Noch wichtiger ist: Sie ist sinnstiftend.

Ein zentraler Aspekt für gelungene Inklusion ist deshalb die Möglichkeit, gleichberechtigt am Arbeitsleben teilzuhaben. Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung ist ein wichtiges Anliegen der Staatsregierung, nicht erst seit dem Koalitionsvertrag von 2009. In diesem haben wir uns aber erstmals auf einen konkreten Weg verständigt. Wir gründen eine Allianz zur Beschäftigungsförde

rung von Menschen mit Behinderung, eine Allianz, die alle relevanten Partner an einen Tisch bringt, die einen positiven Beitrag zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung leisten können.

Das ist uns gelungen: 21 Partner aus Politik, Wirtschaft und Vertretern der Menschen mit Behinderung sitzen seit 2010 an diesem Tisch. Sie sitzen nicht nur. Allen gemeinsam ist das Wissen, dass Beschäftigung von Menschen mit Behinderung nur dann gelingen kann, wenn sie in der Wirtschaft als Fachkräfte wahrgenommen und anerkannt werden.

Nicht ihre Defizite, sondern das, was sie leisten können, muss bei Unternehmerinnen und Unternehmern ankommen. Nur dann werden sie Menschen mit Behinderungen auch einstellen. Dieses positive Bewusstsein kann nicht verordnet werden, aber wir können es fördern und einfordern, und das tun wir.

Eine von vielen Maßnahmen, die die „Allianz Arbeit + Behinderung“ regelmäßig durchführt, ist die Bewerbung auf Stellen mit konkreten Beispielen, die vorbildhaft wirken sollen, auch gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit hier im Freistaat Sachsen. Gemeinsam mit Frau Cordt bin ich dort unterwegs.

Am 3. Dezember 2013 wurden auf unserer Jahresveranstaltung Unternehmen vorgestellt, die mit Menschen mit Behinderungen arbeiten. Die positive Resonanz hat uns gezeigt, dass wir auch hier einen guten Weg eingeschlagen haben. So kommen wir dem Ziel näher, dass Unternehmerinnen und Unternehmer Arbeitsplätze schaffen und Menschen mit Behinderung einstellen. Grundlage unseres Handelns ist dabei, Zusammenarbeit zu organisieren und nicht Pläne aufzustellen; denn wenn Barrieren in den Köpfen abgebaut werden sollen, dann sind kooperative Handlungsformen auf Augenhöhe erforderlich. Damit waren wir erfolgreich, aber selbstverständlich wissen wir, dass dort noch ein langer Weg zu gehen ist.

Viele Themenbereiche, die nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE in einen staatlichen Maßnahmenplan einfließen sollten, sind bereits in der Allianz bearbeitet. Das habe ich in meiner Stellungnahme zum Antrag im Einzelnen aufgezeigt, und auch die Zahlen auf Seite 3 geben diese Einschätzung wieder. Die Staatsregierung allein kann Maßnahmenpläne beschließen; zur Umsetzung der Maßnahmen sind jedoch Kooperationspartner erforderlich, und dieser Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch Vorbild für andere.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Wo sind denn die Pläne?)

Auf Bundesebene hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Herbst letzten Jahres eine Inklusionsinitiative für Ausbildung und Beschäftigung ins Leben gerufen. In dieser arbeiten auch auf Bundesebene nahezu die gleichen Verbände mit wie in unserer sächsischen Allianz. Auch hier das Ziel: gemeinsam in den Unternehmen mehr für die Beschäftigung behinderter Menschen zu werben. Dies deckt sich mit der Zielstellung unserer Allianz. Wir

werden unseren Weg dabei konsequent fortsetzen und gemeinsam mit unseren Partnern einzelne passgenaue und bedarfsgerechte Angebote und Maßnahmen entwickeln.

Mit unserem 5. Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen haben wir das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik beauftragt. Das Institut trägt dabei aber nicht nur Zahlen und Fakten zusammen, es hat speziell den Auftrag erhalten, Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten, und es hat dabei selbstverständlich auch Betroffene einbezogen.

Herr Vizepräsident, nun zu Ihrer Nachfrage, die Sie auch als mündliche Anfrage gestellt hatten und die ich gleich eingearbeitet habe: Nach der ursprünglichen Planung sollte der Bericht Ende 2013 fertiggestellt und dem Landtag übergeben werden. Leider sind jedoch Verzögerungen eingetreten. Der Berichtsentwurf befindet sich derzeit in der Abstimmung mit den Ressorts. Nach der anschließenden Beschlussfassung durch das Kabinett wird er dem Landtag umgehend zugeleitet werden.

Der Zeitplan für den Bericht war von Beginn an sehr ambitioniert. Verzögerungen haben sich zum einen dadurch ergeben, dass erstmals Indikatoren für das Maß der Inklusion in den Bericht aufgenommen wurden. Dies war uns wichtig, damit die Entwicklung des Grades der Inklusion in Sachsen auch über die Zeit nachvollziehbar ist bzw. wird. Hierzu waren umfangreiche Absprachen mit dem beauftragten Institut erforderlich. Dieser Prozess war in diesem Umfang nicht in die ursprüngliche Zeitplanung eingeflossen.

Ein weiterer wichtiger Grund für die Verzögerung ist, dass wir, abweichend von der ursprünglichen Planung, das Beteiligungsverfahren von Menschen mit Behinderungen am Bericht ausgeweitet haben. Im Nachgang zur Fachtagung am 11. März 2013 haben wir der Anregung des beauftragten Institutes für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik zugestimmt und den Verbänden und Betroffenen noch einmal die Möglichkeit eingeräumt, dem Institut im Nachgang per Mail Hinweise und Anregungen zu übersenden.

Selbstverständlich werden wir diese Handlungsempfehlungen aus dem Bericht auch mit der „Allianz Arbeit + Behinderung“ diskutieren, gemeinsam mit allen Partnern konkrete Maßnahmen ableiten und diese auch gemeinsam umsetzen. Was den zitierten Brief betrifft, so werde ich Ihrer Schilderung nachgehen und Sie danach informieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn es keinen Gesprächsbedarf mehr gibt, kommen wir zum Schlusswort. Herr Abg. Wehner, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Frau Staatsministerin, ebenfalls vielen Dank, dass Sie schon jetzt meine mündliche Anfrage beantwortet

haben. Die Antwort, wann der Bericht tatsächlich kommen soll, steht allerdings noch aus.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich bedanke mich für die engagierte Diskussion, insbesondere bei Frau Herrmann und Herrn Brangs, und die Unterstützung zu diesem Antrag. Ich denke, es war wichtig, auf die Probleme hinzuweisen, die sich aus unserem Antrag ergeben, und auch das Zahlenmaterial noch einmal zu nennen. Ich möchte aber darauf hinweisen, lieber Stefan Brangs: Die aktuelle Statistik

(Stefan Brangs, SPD:... sieht noch schlechter aus!)

der Bundesagentur für Januar 2014 spricht von 11 431 arbeitslosen schwerbehinderten Menschen seit November, da waren es 10 800. Wir haben dort also wieder einen Zuwachs, und das ist ja nun gerade keine Positivmeldung.

(Stefan Brangs, SPD: Ich streiche meine Worte aus dem Protokoll!)

Gesagt ist gesagt. Wichtig ist ja, dass es trotzdem schwierig ist. Das bestreitet ja auch niemand, und es bestreitet niemand, dass wir Angebote haben, nur: Es ist doch mal an der Zeit, darüber zu sprechen: Was läuft bei den Angeboten gut, und was läuft nicht gut? Das kann ich nicht besser vortragen als Elke Herrmann. Genau das will aber dieser Antrag.

Herr Krasselt und Frau Schütz: Klar müssen die Barrieren weg. Das ist völlig in Ordnung. Aber Ihre Sicht auf die Dinge ist einfach nicht mehr nachvollziehbar. Sie ist nicht zeitgemäß und stimmt nicht mit den Anforderungen, wie sie sich aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung ergeben, überein. Das müssen Sie doch mal irgendwann begreifen.

(Beifall bei den LINKEN der SPD und der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Wenn Sie, Frau Staatsministerin, sagen, Sie werden den Weg konsequent fortsetzen, den Sie bisher gegangen sind, so heißt das für mich nichts anderes als: Es bleibt so, wie es ist. Das wollen Sie doch nicht wirklich? Ich kann mir das einfach nicht vorstellen, meine Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE, und Sabine Friedel, SPD)

Bitte geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie dem wirklich guten Antrag zu. Es geht dabei überhaupt nicht um Bürokratie, sondern um Engagement und die Beseitigung der Barrieren in den Köpfen, die hier und da bei dem einen oder anderen offenbar auch in diesem Hause noch vorhanden sind.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 5/12796 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. –

Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür und keinen Stimmenthaltungen ist der Antrag dennoch mit

Mehrheit abgelehnt worden. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Stärkung der Tarifbindung im Freistaat Sachsen durch

eine nachhaltige sächsische Wirtschaftsförderung

Drucksache 5/12951, Antrag der Fraktion der SPD,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die SPD, danach folgen CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der SPD-Fraktion das Wort; bitte.