Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem vorliegenden Antrag der NPDFraktion – Einrichtung eines Sächsischen Ministeriums für Heimat und Landesentwicklung – möchte ich zunächst auf den Anlass unseres Vorschlags eingehen, nämlich das in diesen Tagen bekanntermaßen eingeführte Bayerische Heimatministerium. Jeder weiß, dass meine Fraktion hier nicht einfach oberflächlich und opportunistisch eine vielleicht attraktiv erscheinende Idee aufgreift,
etwa nur, weil sie aus dem schönen Bayernland kommt. Das Engagement für den ländlichen Raum – darunter versteht die NPD-Fraktion im Wesentlichen die zehn sächsischen Landkreise – ist vielmehr das Kernthema meiner Fraktion seit dem Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag im Jahr 2004. Die NPD-Fraktion hat sich in diesem Zusammenhang seit Jahren beharrlich eingesetzt für eine Verbesserung der kommunalen Finanzen, für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe und für die Erhaltung der Heimat als Staatsziel in der Sächsischen Verfassung.
Gerade Letzteres ist als Grundlage für das politische Handeln unserer Auffassung nach äußerst wichtig. Heimat
bewahren, Zukunft gestalten – keines dieser Ziele lässt sich ohne das andere erreichen. Deswegen muss man nach Auffassung der NPD beide fest im Auge behalten.
Wenn wir uns aber die Situation hier in Sachsen anschauen, meine Damen und Herren, können wir nur feststellen, dass der ländliche Raum, die Landkreise – also 70 % der Bevölkerung und mindestens 90 % der Fläche Sachsens – Jahr für Jahr Bevölkerung verlieren, und das mit einem geradezu erschreckenden Automatismus. Es mag zwar hier und da – das sei eingeräumt – hübsch renovierte Häuser geben; aber die volkswirtschaftliche und demografische Basis verfällt. Das ist nach Auffassung der NPD entscheidend.
Hier kommt es auf einen klaren Willen zur Erhaltung unseres Landes und auf ein klares Regierungskonzept an. Das vermissen wir bei dieser Staatsregierung. Die NPD bedauert dies zutiefst.
Deswegen kommt uns die Pionierleistung der Bayerischen Staatsregierung, der Aufbau eines Bayerischen Heimatministeriums, so gelegen. Wir wollen diese großartige Initiative nutzen, um für Sachsen etwas Ähnliches vorzuschlagen, zumal wir in Sachsen es viel nötiger als die Bayern haben.
Aber halten wir doch zunächst einmal fest: Nicht nur Sachsen und nicht nur Mitteldeutschland insgesamt haben ein Problem mit Schrumpfungsregionen, sondern zum Beispiel auch das angeblich so reiche Bayern. Dazu schrieb die größte bayerische Zeitung, die „Süddeutsche“, vor Kurzem Folgendes: „Wer von Oberbayern nach Oberfranken fährt, den beschleicht das Gefühl, dass er irgendwo einen Grenzübergang übersehen hat. Das neue
In der Tat: Der Bayerische Ministerpräsident Seehofer hat in diesem Zusammenhang sinngemäß erklärt, er wolle in Bayern den Begriff „ländlicher Raum“ gegen den Begriff „Heimat“ austauschen. Dieser sei der angemessene Gegenpol zur Globalisierung und müsse in der bayerischen Politik verstärkt beachtet werden, auch in der Form eines Ministeriums. Dieser Meinung können wir uns nur voll anschließen, meine Damen und Herren.
Horst Seehofer ist für das Flächenland Bayern verantwortlich, von dem zwar ungefähr die Hälfte Schrumpfungsgebiet ist – hauptsächlich im Norden –; etwa ein Viertel des Landes hat aber eine zunehmende oder stark zunehmende Bevölkerung und das letzte Viertel immerhin eine stabile Bevölkerung. Die in den nächsten 20 Jahren um etwa 7 % schrumpfende Bevölkerung in den nördlichen Regierungsbezirken Oberfranken und Unterfranken sowie in der nördlichen Oberpfalz wird mehr als kompensiert durch die starke Zunahme der Bevölkerung im Großraum München um über 7 % und – in geringerem Maße – durch die Zunahme im übrigen Oberbayern, im westlichen Niederbayern und in der südlichen Oberpfalz.
Unser Ministerpräsident Tillich ist aber für das Flächenland Sachsen zuständig, in dem momentan leider immer noch alle zehn Landkreise schrumpfen. Das sind 96 % der Fläche mit 74 % der Bevölkerung. Allein im Zeitraum 2000 bis 2008 betrug die Schrumpfung zwischen circa 5 % in Chemnitz und circa 12 % in Görlitz. Während für Unterfranken und Oberfranken ein Bevölkerungsrückgang um etwa 7 % zwischen 2011 und 2013 prognostiziert wird, liegt der geschätzte Rückgang der sächsischen Landkreise in ungefähr dem gleichen Zeitraum zwischen 7 % – so etwa in den Landkreisen Leipzig, Sächsische Schweiz und Osterzgebirge – und unfassbaren 21 % im Landkreis Görlitz.
Das ist natürlich nur ein grober Überblick über die Bevölkerungsentwicklung in den beiden Flächenländern Bayern und Sachsen. Dieser Überblick zeigt aber deutlich, dass Bayern zwar ebenfalls Probleme mit der demografischen Schrumpfung großer Regionen hat, dass aber sowohl hinsichtlich der Stärke des Bevölkerungsrückgangs als auch im Hinblick auf den Anteil der von der Schrumpfung betroffenen Gebiets- und Bevölkerungsteile am Gesamtgebiet bzw. an der Gesamtbevölkerung Sachsen leider ungleich schlechter dasteht als Bayern. Auch die wirtschaftliche Situation muss bei einem Vergleich der Zukunftsfähigkeit von Regionen selbstverständlich berücksichtigt werden.
Wir wissen aber alle, dass die sächsischen Regionen auch in dieser Hinsicht leider nicht besser, sondern sehr viel schlechter dastehen als die bayerischen. So können wir beispielsweise die Einkommen in dem mit am stärksten schrumpfenden bayerischen Regierungsbezirk Oberfranken mit jenen im Landkreis Görlitz vergleichen, also mit den Einkommen in dem am stärksten schrumpfenden sächsischen Landkreis. Während Görlitz derzeit das
niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in ganz Deutschland aufweist – etwa 15 600 Euro –, verfügen die Oberfranken immerhin über annähernd 18 000 Euro pro Kopf, also etwa 15 % mehr.
Es geht der NPD-Fraktion natürlich nicht darum, für unsere Heimat Sachsen Schwarzmalerei zu betreiben, sondern darum, die Staatsregierung nun endlich zum Handeln aufzufordern, wie wir diess auch in jeder Haushaltsberatung gemacht haben. Es nützt uns doch nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir sollten vielmehr erkennen, dass wir enormen Handlungsbedarf für unseren ländlichen Raum haben. Oder – wie Horst Seehofer und auch wir Nationaldemokraten es sagen –: für unsere Heimat!
Da unsere Redezeit begrenzt ist, will ich es zunächst mit diesen Strukturvergleichen als Begründung für ein sächsisches Heimatministerium bewenden lassen. Mein Kollege Mario Löffler wird nachher auf die praktischen Aspekte eingehen.
Zum Schluss aber noch der Appell an Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten: Vergessen Sie doch heute Abend einfach einmal die taktischen Vereinbarungen zur Ausgrenzung unserer Fraktion und dergleichen mehr. Beteiligen Sie sich einfach an dieser für unser Land und für den Freistaat so überaus wichtigen Diskussion. Und natürlich, bitte stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Schimmer sprach für die einbringende Fraktion der NPD. Als Nächstes ergreift das Wort – – Die CDU-Fraktion hat keinen Redebedarf; DIE LINKE auch nicht. Für die SPD-Fraktion? – Frau Kollegin Friedel, bitte.
Herr Präsident! Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche kurz zusammenzufassen, was die NPD-Fraktion hier beantragt, weil die Rede doch etwas unübersichtlich war. Also, wir haben einen Antrag vorliegen, dass ein neues Ministerium eingerichtet werden soll, das Sächsische Staatsministerium für Heimat und Landesentwicklung. In diesem Ministerium sollen eigentlich Aufgaben angesiedelt werden, die jetzt schon andere Ministerien erledigen. Das schreibt die NPD-Fraktion auch in ihrer Begründung. Das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit haben jetzt schon die Aufgaben im Programm, die Sie beschreiben. Gut.
Sie wollen jetzt ein neues Ministerium, eine interessante Strategie. Nach dem Kampf um die Straßen, um die Köpfe, um die Parlamente steht nun der Kampf um die Ministerien und die Posten bei der NPD auf der Tagesordnung. Das ist eigentlich überraschend, weil ich dachte, dass sich nach dem Verschwinden des bisherigen Landesvorsitzenden die Strategie ändert. Im Gegenteil.
Was soll dieses Ministerium machen? Da schauen wir mal in die Begründung. Das Ministerium soll die sozioökonomische Schrumpfung im ländlichen Raum bekämpfen. „Die sozioökonomische Schrumpfung im ländlichen Raum hat“ – wie beschrieben – „zum demografischen Rückgang geführt und wird andererseits selbst durch diesen verstärkt. Es handelt sich also um zwei Teilprozesse, die einen selbstverstärkenden Gesamtprozess bilden. Selbstverstärkende Prozesse sind instabile Prozesse, die nicht zu einem stationären Gleichgewicht führen, also nicht selbstregulierend sind, sondern sich unbegrenzt ausweiten und dadurch die Umgebung, in der sie stattfindet, zerstören.“
Jetzt haben wir eine gute Vorstellung, was in diesem Ministerium passieren soll. Ob das in irgendeiner Weise hilfreich ist für den Freistaat Sachsen, wage ich zu bezweifeln. Wir sind uns recht sicher, sozioökonomische Schrumpfung im ländlichen Raum bekämpft man nicht mit neuer Bürokratie, neuen Ministerien oder neuen Posten. Gerade in einer Zeit, wo andere über eine Verkleinerung des Landtages diskutieren, kommen Sie und wollen ein neues Ministerium einführen. Sozioökonomische Schrumpfung im ländlichen Raum bekämpft man mit Handeln, mit Maßnahmen, mit Taten. Auch Sie sollten sich fragen, welchen Beitrag Sie dazu leisten können. Welchen Beitrag kann die NPD-Fraktion dazu leisten? Dazu muss man auf die Ursachen des sozioökonomischen Schrumpfens im ländlichen Raum blicken und vielleicht daran denken, dass wir dort dringende Investitionen durch die Wirtschaft brauchen. Ein guter Teil der Wirtschaft hat uns allen miteinander seit vielen Jahren signalisiert, dass man Investitionen nur dort tätigen kann, wo die Bedingungen sicher sind, wo das Image der jeweiligen Räume gut ist. Da bestehen überall dort Zweifel, wo die NPD sich breit gemacht hat.
(Beifall bei der SPD – Dr. Johannes Müller, NPD: Sie kennen sich ja nicht einmal mit den Zahlen aus, Frau Friedel!)
Hier sind wir wieder beim Thema Image und Sächsische Schweiz. Wir haben alle nach 2004 erleben müssen, welche fatalen Folgen der Einzug der NPD in den Landtag und ihre Politik für den Tourismus und für das Image vieler Regionen in Sachsen hatte.
Oder denken Sie wenigstens daran, dass Sie die Leute in Ruhe lassen, die versuchen, das Image von Sachsen zu verbessern. Stichwort Hoyerswerda.
Wenn Sie Leute bedrängen, die versuchen, etwas für unser Land zu tun, dann tragen Sie nun wirklich nichts für den Freistaat bei. Mittel- und Nordsachsen sind ein ähnliches Thema. Überall dort, wo Sie sind, passiert garantiert kein Beitrag zur Stärkung des Freistaates, sondern im Gegenteil, überall dort tragen Sie dazu bei, dass die von Ihnen beschriebenen Prozesse tatsächlich stattfinden. Insofern bitte ich Sie in sich zu gehen und zu überlegen, was wirklich ein Beitrag zur Stärkung der ländlichen Räume in Sachsen wäre, zur Stärkung der Zukunft im Freistaat. Ich bin mir sicher, da hat Ihr ehemaliger Landesvorsitzender vielleicht sogar den richtigen Schritt getan – aus welchen Gründen auch immer –; wenn Sie ihm nachfolgen würden, hätten Sie tatsächlich mal den Beifall dieses Hauses auf Ihrer Seite.
Das war Frau Friedel für die SPD-Fraktion. Nun sehe ich eine Kurzintervention am Mikrofon 7. Bitte, Herr Müller.
Ja, Herr Präsident, vielen Dank. Ich kann es relativ kurz machen. Frau Friedel, wiederholter Unsinn bleibt trotzdem Unsinn. Die NPD sitzt seit 1999 im Kreistag der Sächsischen Schweiz bzw. der Sächsischen Schweiz/Osterzgebirge. Die Tourismuszahlen sowohl in der Sächsischen Schweiz wie auch im Osterzgebirge sind noch nie so hoch gewesen wie in den letzten Jahren. Sie sind stetig gestiegen, egal ob wir zum ersten Mal in den Kreistag eingezogen sind oder zur zweiten Wahl in Fraktionsstärke. Es hat immer weiter einen Tourismusanstieg gegeben. Darüber freuen wir uns. Das lassen wir uns auch von Ihnen nicht schlechtreden.
Wird auf diese Kurzintervention reagiert? – Das kann ich nicht erkennen. Wir gehen also weiter in der Rednerreihe und das Wort ergreift jetzt für die FDP-Fraktion Herr Kollege Biesok.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag zur Errichtung eines Sächsischen Staatsministeriums für Heimat und Landesentwicklung versucht sich die NPDFraktion mal wieder einen einigermaßen seriösen Anstrich zu geben, nachdem sie in letzter Zeit nur Negativschlagzeilen verbucht hatte.
Ich möchte Sie hier nur daran erinnern, dass nach einem sogenannten Burnout Ihr Fraktionsvorsitzender zurückgetreten ist, der zwischenzeitlich auch sein Mandat niedergelegt hat. War wohl zu anstrengend mit den Kameraden, was?
Hinzu kommen interne Richtungsstreitigkeiten, etwa von Herrn Vogt und Herrn Pastörs. Über der NPD kreist der Pleitegeier, weil die NPD intellektuell nicht in der Lage ist, einen Rechenschaftsbericht zu erstellen. Als Landesschatzmeister weiß ich, was dazugehört. Personell sind Sie inzwischen so ausgezehrt, dass derselbe Abgeordnete den Fraktionsvorsitz und die parlamentarische Geschäftsführung innehat, weil es ein anderer halt nicht kann. Da muss was Positives her.