Protocol of the Session on November 28, 2013

(Dr. Johannes Müller, NPD: Kann er ja nicht! – Holger Apfel, NPD: Geben Sie uns Redezeit! Dann machen wir das!)

Das kann er nicht. – Das war die Reaktion auf die Kurzintervention.

Bei uns geht es entsprechend der Rednerreihenfolge weiter. Jetzt ergreift die SPD-Fraktion das Wort.

(Holger Apfel, NPD: Was? Noch eine „Oppositionsfraktion“?)

Das Wort hat Herr Homann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns die Frage stellen: Wie begegnen wir Hass und Vorurteilen? Die NPD glaubt anscheinend, dass sie mit der heutigen Aktuellen Debatte einen Sieg erringe. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben bereits klargemacht, dass wir diesem Hass mit kühlen Informationen entgegentreten und zur Aufklärung beitragen.

(Lachen bei der NPD)

Das, was Sie hier erzählt haben, sind Vorurteile und Desinformationen.

(Andreas Storr, NPD: Das ist ja wohl Realsatire! Bisher haben wir noch keine Informationen von Ihnen bekommen!)

Nehmen wir einmal die Fakten: Erstens haben Sie suggeriert, es gebe eine „Asylantenschwemme“, und hinzugefügt, die kämen doch alle nach Deutschland.

(Andreas Storr, NPD: Immer zahlreicher!)

Es gab – Stand 2012 – 45,2 Millionen Menschen auf der Welt, die auf der Flucht waren. Davon waren 28,8 Millionen Binnenflüchtlinge, das heißt, sie flüchteten von einer Stadt in die nächste.

(Andreas Storr, NPD: Es ist wohl schade, dass sie nicht alle herkommen?)

15,4 Millionen Menschen verlassen tatsächlich ihr Heimatland. Davon flüchten aber 80 % nur in das Land daneben. Nur drei Millionen gehen über das Nachbarland hinaus.

(Andreas Storr, NPD: „Nur“?)

Von den 45,2 Millionen Menschen, die auf der Flucht waren, kamen 350 000 nach Europa. Im Jahr 2012 kamen 65 000 von ihnen nach Deutschland.

(Jürgen Gansel, NPD: Anerkennungsquote 1,2 %)

Selbst wenn man die im Jahr 2013 etwas höhere Zahl annimmt, dann bedeutet das, dass in Sachsen 5 000 von insgesamt 45,2 Millionen Flüchtenden ankommen. Das sind 0,01 %.

(Andreas Storr, NPD: Diese Zahl ist Ihnen wohl zu niedrig?)

Auf dieser Basis meinen Sie hier so ein Fass aufmachen zu können? Das glaube ich einfach nicht.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Gestatten Sie mir ganz kurz einen Hinweis, Herr Kollege Homann.

Bitte die Zeit stoppen.

Die Zeit stoppen wir. – Herr Gansel, Herr Storr, wenn Sie Zwischenfragen haben, gehen Sie an das Mikrofon! Das Instrument des Zwischenrufs kann keine permanente Störung des Redners hier vorn beinhalten.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Holger Apfel, NPD: Wer hat denn vorhin ständig dazwischengebrüllt?)

Das war keine unmittelbare Aufforderung.

(Jürgen Gansel, NPD, begibt sich zum Saalmikrofon.)

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu, Herr Homann?

Sie haben schon genug Blödsinn erzählt.

Eine Zwischenfrage wird nicht zugelassen. Ich bitte Sie, sich wieder zu setzen.

Bitte fahren Sie in Ihrer Rede fort, Herr Homann.

Zweitens suggerieren Sie als Fakt, 98 % seien nur scheinbar Asylsuchende. Sie erwecken damit den Eindruck, dass fast 100 % der Leute, die hierherkommen, uns nur ausbeuten wollen. Aber selbst die Zahlen des Bundesamtes widerlegen Sie: Es ist tatsächlich richtig, dass nur 1 bis 2 % wegen politischer Verfolgung als Asylbewerber anerkannt werden. Aber das ist ja nicht der einzige Aufenthaltsgrund. Weitere 15 % sind anerkannte Flüchtlinge. Das ist richtig so, weil sie aus Bürgerkriegsregionen kommen, in die sie zurzeit nicht zurück können. Für weitere 13,5 % ist ein Abschiebestopp verhängt worden, zum Beispiel, weil ihnen die Todesstrafe droht, wenn sie zurückkommen.

Das, was Sie hier erzählen – 98 % seien Betrüger –, ist totaler Blödsinn. Das ist statistisch nicht zu halten.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD, begibt sich zum Saalmikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Homann?

Sie lassen keine Zwischenfrage zu?

Sie haben genug Podium; das ist schon zu viel. – Die dritte Behauptung, die Sie verbreiten, betrifft den Protest in Schneeberg. Auch ich war in Schneeberg und habe mich an den dortigen Protesten als einfacher Teilnehmer beteiligt. Sie von der NPD behaupten, die Proteste gegen die Asylunterkunft seien erstens friedlich, zweitens Bürgerproteste und drittens erfolgreich. Alles drei ist falsch!

Punkt 1: Friedlich sind sie nicht. Fragen Sie einmal die zwei Journalisten, die am Rande Ihrer Demonstrationen angegriffen wurden. Einer von ihnen ist krankenhausreif geschlagen worden. Das ist also Ihre erste Lüge; denn friedlich sind Ihre Proteste nicht.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Punkt 2: Sie behaupten, es seien Bürgerproteste. Ja, wir müssen eingestehen, dass Schneebergerinnen und

Schneeberger an Ihrer Kundgebung teilgenommen haben.

(Holger Apfel, NPD: Das sind wohl ganz üble Rassisten?)

Aber schauen Sie sich doch in Ihren eigenen Internetforen um, wie Sie versuchen, mit Fahrgemeinschaften nun wirklich jedes NPD-Mitglied, das im Umkreis von 200 Kilometern wohnt, nach Schneeberg zu bringen, um genau diesen „Bürgerprotest“ als Erfolg zu suggerieren. Nein, der größte Teil von denen sind Leute, die Sie zusammengekarrt haben.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Andreas Storr, NPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Ich komme zu Punkt 3. Zum „Erfolg“ eine Zahl: 3,3 % für die NPD bei der Bundestagswahl. Das war Ihr Ergebnis. Das halten die Sachsen von Ihnen – 3,3 %!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, den GRÜNEN und der CDU)

Die Redezeit geht zu Ende.

Abschließender Hinweis: Die Mehrheit der Schneebergerinnen und Schneeberger hat nicht an Ihren Protesten teilgenommen. Ich glaube, dass die Antwort auf Ihren Hass, auf Ihre Ablehnung von Menschlichkeit nur noch mehr Menschlichkeit sein kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD: Wir lehnen Asylmissbrauch ab, nicht Menschlichkeit!)