Protocol of the Session on November 28, 2013

Zur Pflichtversicherung: Die von Experten genannten Pro und Kontra sind bekannt. Hier müssen wirklich dicke Bretter gebohrt werden, aber das sollten wir von der Staatsregierung auch verlangen.

Die mangelnde fachliche und finanzielle Unterstützung der Kommunen für den Hochwasserschutz an Gewässern II. Ordnung ist ein wiederholt debattiertes Thema. Alle Anträge der Opposition – auch von unserer Fraktion – sind bisher abgelehnt worden. Die überörtliche Koordination für den Interessenausgleich zwischen Ober- und Unterliegern sowie die Schaffung wesentlich größerer Retentionsflächen sind dringend geboten. Unsere Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch und gehen weit über die bei Ihnen im Antrag genannten Beispiele hinaus.

Wer schließlich meint, 2005 entschiedene Priorisierungen seien in Stein gemeißelt, der irrt gewaltig. Wir stimmen also den Punkten 2 bis 5 zu, auch wenn wir uns teilweise einen breiteren Ansatz gewünscht hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir gehen jetzt in die zweite Runde. Ich rufe wieder die SPD-Fraktion auf. Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf einen besonderen Punkt unseres Antrags eingehen, und zwar auf den Punkt V, in dem wir fordern, dass aufgrund der Erfahrungen der letzten Hochwasserereignisse eine Evaluation der Prioritätenliste vorgenommen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie sich noch an die Regierungserklärung von Ministerpräsident Tillich zum diesjährigen Junihochwasser erinnern? Sicher sind die Details schon wieder etwas in Vergessenheit geraten. Deshalb möchte ich Ihre Erinnerung etwas auffrischen und einmal kurz daraus zitieren:

„Unbestritten ist, dass wir als Erstes die Hochwasserschutzanlagen reparieren, die aufgetretenen Schäden beseitigen, aber gleichzeitig auch“ – jetzt kommt das, worauf ich hinauswill – „die Priorisierung unserer Hochwasserschutzkonzepte nochmals überprüfen. Wo wiederholt Schäden aufgetreten sind, muss die Prioritätenliste überarbeitet werden.“

Das ist genau das, was wir an der Stelle in unserem Antrag fordern. Bei den wiederholt Betroffenen erweckt das zumindest die Hoffnung, dass nun auch die Betroffenheit bei der Prioritätensetzung in Zukunft stärker berücksichtigt wird und die eine oder andere Maßnahme dadurch doch schneller realisiert wird.

Nehmen wir das Beispiel Glaucha. Momentan steht die Hochwasserschutzmaßnahme auf der Prioritätenliste auf Platz 580. Die Glauchaer sind wiederholt von starken Hochwassern betroffen. Mit einem Platz 580 in der Prioritätenliste sind die Glauchaer chancenlos, vor einem erneuten Hochwasser mit HQ100 geschützt zu werden.

Ich habe dann einmal nachgefragt, wie die Evaluierung der Prioritäten aufgrund der Erkenntnisse des Augusthochwassers 2010 und des Junihochwassers 2013 erfolgt. Aus der Antwort auf meine entsprechende Kleine Anfrage

geht allerdings hervor, dass die Staatsregierung keine Veranlassung sieht, hier entsprechend tätig zu werden. Auch will man an den Priorisierungskriterien, die bei der Aufstellung der Prioritätenliste von 2005 angesetzt wurden, festhalten. Das entspricht nicht dem, was Ministerpräsident Tillich im Juni versprochen hat. Oder hat er sich etwa nur versprochen? Ich hoffe, man hat sich hier und in unserem Antrag nicht an dem Wort „Evaluierung“ gestoßen. Man kann es auch „Überprüfung“ nennen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident – der Sie heute leider nicht anwesend sind –: Die Betroffenen nehmen Sie beim Wort. Wenn Ihren Worten keine Taten folgen, dann machen Sie sich unglaubwürdig. Um zu verhindern, dass sich der Ministerpräsident diesem Vorwurf ausgesetzt sieht, stimmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, wenn nicht schon dem gesamten Antrag, dann wenigstens diesem Punkt 5 zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wünscht die CDU, noch einmal das Wort zu nehmen? Frau Windisch? – Die Fraktion DIE LINKE? – Bevor ich jetzt alle einzeln aufrufe: Möchten Sie überhaupt noch reden?

(Allgemeine Heiterkeit)

Von den Fraktionen möchte niemand mehr reden. – Dann, bitte, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diese Debatte. Es ist schon viel gesagt worden. Ich werde mich jetzt darauf beschränken, nur noch auf einzelne Punkte einzugehen.

Zum Förderverfahren 2010 ist schon viel gesagt worden. Es haben aus meiner Erkenntnis alle Fraktionen den Sachverhalt anders gesehen als die SPD-Fraktion. Man kann das Verfahren von 2010 jetzt nicht einfach noch einmal ändern, weil die Förderverfahren laufen und auch schon Maßnahmen abgeschlossen bzw. jetzt in Umsetzung sind. Dort jetzt heranzugehen würde in der Tat zu Rechtsunsicherheiten führen. Aber, wie schon gesagt, das sehen außer der SPD alle anderen Fraktionen genauso.

Zur Pflichtversicherung gab es eine konkrete Nachfrage. Ich darf Ihnen sagen, dass sich die Justizressorts darauf verständigt haben, dass die drei Länder, die Sie genannt haben, jetzt die Federführung übernehmen. Das heißt nicht, dass Sachsen nicht dabei ist. Das zum Ersten bzw. zu den Justizministern.

Zum Zweiten kann ich Ihnen dazu sagen, dass die Umwelt- und Finanzminister selbstverständlich in diese Diskussion einbezogen werden. Ich werde mich selbstverständlich für Sachsen einmischen, das ist ganz klar.

Der kommunale Hochwasserschutz wurde angesprochen. Der kommunale Hochwasserschutz ist wichtig, auch, ihn weiter voranzubringen. Das ist auch etwas, was ich mir auf die Fahnen geschrieben habe, allerdings nicht als

derjenige, der das ausführt, sondern als derjenige, der die Kommunen ermutigt, dies zu tun. Ich darf Ihnen sagen, dass es die von Ihnen geforderten Maßnahmenpläne bereits seit Ende 2011 gibt. Die Kommunen haben unter strategischer Anleitung meines Hauses – ich mische mich also ein – und gemeinsam mit den Vertretern des SSG und des SLKT für ihre Gewässer II. Ordnung 55 Gebiete mit einem potenziellen signifikanten Hochwasserrisiko

gemeldet. Dafür werden gegenwärtig Gefahren- und Risikokarten erarbeitet. Bis Ende 2015 sind daraus wiederum Maßnahmen für das Hochwasserrisikomanagement zu identifizieren und die Umsetzung abzustimmen.

Übrigens fördert der Freistaat Sachsen sowohl die Planung als auch die Umsetzung dieser Maßnahmen mit 75 %, in Ausnahmefällen sogar mit 90 %.

Meine Damen und Herren, ich verrate Ihnen auch kein Geheimnis, dass ich jedes Jahr wieder mit dem Finanzminister darüber sprechen muss, dass er mir nicht verausgabte Mittel aus diesem Titel in das nächste Jahr überträgt, weil in den Kommunen das Geld nicht abgenommen wird. Das ist auch eine Wahrheit.

(Zuruf)

Also, Entschuldigung: Wenn ich schon 75 % Förderung anbiete, kann ich nicht 110 % fördern und es dann noch selbst machen. Irgendwo ist doch auch Fakt, dass die Prioritätensetzung in den Kommunen – ich will jetzt auch niemanden anklagen – eine andere ist als auf den Hochwasserschutz, sonst würden diese Mittel abfließen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Jürgen Schuster, FDP)

Ich darf Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren, dass das SMUL plant, die Förderrichtlinie Gewässer- und Hochwasserschutz dahin gehend anzupassen, dass auch konzeptionelle Vorarbeiten zur Gewässerunterhaltung gefördert werden.

Noch ein Wort zu den Retentions- und Polderflächen. Auch Retentions- und Polderflächen, meine Damen und Herren, sind nichts Neues. Uns immer wieder zu unterstellen, wir legten darauf kein Augenmerk, ist ganz einfach falsch. Wir haben uns natürlich nach 2002 Prioritäten gesetzt in der Abarbeitung. Stellen Sie sich einmal vor, wir hätten die Priorität auf den Polder Dautzschen gelegt und nicht auf den Hochwasserschutz in Dresden. Da wären die Sachsen-Anhaltiner vielleicht nicht ganz so stark betroffen gewesen, aber Dresden wäre abgesoffen. Deswegen ist es aus meiner Sicht richtig, dort zu investieren, wo Menschen und das Eigentum von Menschen am meisten geschützt werden.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Zu den Gewässerunterhaltungsverbänden. Meine Damen und Herren, wir haben mit dem neuen Wassergesetz wenigstens die Gründung von Gewässerunterhaltungsverbänden auf freiwilliger Basis ins Gesetz formuliert. Ich

hätte mir auch gewünscht, dass wir es verpflichtend machen, aber das war auch aufgrund der Intervention der kommunalen Spitzenverbände nicht machbar. Dass wir diese Angelegenheit in den vergangenen Jahren nicht ernst genommen hätten, ist ebenfalls nicht richtig. Mein Haus hat gemeinsam mit dem SSG eine Mustersatzung für die kommunale Ebene erarbeitet, an der sie sich orientieren können, um auf freiwilliger Basis Gewässerunterhaltungsverbände zu gründen. Es ist nicht passiert. Deswegen jetzt auch meine Intention mit dem Wassergesetz.

Meine Damen und Herren, wir sind insgesamt bei der Aufarbeitung des Hochwasserschutzes und bei der Schadensbeseitigung auf einem guten Weg. Ich bedanke mich noch einmal ausdrücklich beim Bund und bei den anderen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland, die den Fonds mit Geld gefüllt haben, obwohl sie selbst nichts davon haben, damit wir hier eine unbürokratische Schadensbeseitigung vornehmen können.

Meine Damen und Herren, für mich ist der Antrag der SPD mehr als flüssig – er ist überflüssig.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Es folgt eine Kurzintervention von Frau Dr. Pinka.

Ja; das möchte ich hilfsweise für die SPD tun.

Ich habe den Eindruck, dass Minister Kupfer hier die finanzielle und die fachliche Fähigkeit der Kommunen völlig falsch einschätzt.

Ich bin Stadträtin in Freiberg und habe bei der Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes für den Münzbach den ganzen Prozess von Anfang bis Ende verfolgt. In der Stadt Freiberg gibt es keinen einzigen Wasserbauingenieur, der im Tiefbauamt diese Hochwasserschutzkonzepte mit entwickeln könnte; er ist immer auf fremden Sachverstand angewiesen.

In diesem Fall war es ein Freiberger Unternehmen, das die Rahmenbedingungen für die Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes II. Ordnung von der Stadtverwaltung vorgegeben bekommen hat. Als ich bei der Auswertung unserer Großen Anfrage zur Absenkung der Talsperren, die sich im Oberlauf befinden, nachgefragt habe, habe ich festgestellt, dass sie gar nicht ineinander übergehen. Es wird gar nicht gesteuert; welchen Einfluss die Absenkung der bei der Landestalsperrenverwaltung befindlichen Anlagen auf das Hochwasser des Münzbaches hat. Es gibt kein Feedback zwischen den Anlagen der Landestalsperrenverwaltung und des Gewässers II. Ordnung – das ist willkürlich.

Bei großen Talsperren ist es möglicherweise so, aber beim Erzengler und beim Hüttenteich, die sich oberhalb des Münzbaches befinden, ist es nicht so. Das können die Kommunen überhaupt nicht leisten; sie sind dazu nicht in der Lage.

Ich habe angeregt, Gewässerverbände zu gründen, und habe gesagt: Geht doch einmal nach Brand-Erbisdorf und nach Berthelsdorf und versucht mit den Verantwortlichen zu sprechen. Sie sind abgeblitzt, weil natürlich die Betroffenheit in Berthelsdorf und in Brand-Erbisdorf nicht vorhanden ist; sie sehen gar nicht ein, warum sie sich mit uns in einen Gewässerverband begeben sollen, um uns in Freiberg vor dem Hochwasser zu schützen. Es tut mir leid, Sie verkennen die Situation völlig.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Herr Minister, wollen Sie sich dazu äußern? – Bitte.

Frau Kollegin, ich verkenne die Situation in keinster Weise. Deswegen wollte ich ja Pflichtverbände, weil ich genau weiß, wie die Situation ist.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Es steht im Gesetz!)

Sie wissen doch, wie Demokratie funktioniert.