Protocol of the Session on November 27, 2013

Unser erster Dank geht an die SPD-Fraktion, dass sie diesen Antrag geschrieben, eingereicht und auf die heutige Tagesordnung gesetzt hat.

Unser Dank geht nun auch an die CDU-Fraktion, dass sie dem Hohen Haus einen praktikablen Vorschlag zum Umgang mit diesem Antrag unterbreitet hat.

(Beifall bei den LINKEN)

Aus unserer Sicht ist dieser Antrag eine notwendige Antwort auf das, was derzeit im Land passiert. Eine rassistische Welle rollt durch Deutschland,

(Widerspruch bei der NPD)

flankiert, unterstützt, teils sogar organisiert von der NPD.

(Alexander Delle, NPD: Eine Überfremdungswelle rollt durch Deutschland! Schwätzerin! – Jürgen Gansel, NPD: Sie sollten andere Medikamente nehmen!)

Proteste, Lügen, Verleumdungen, Fackelmärsche vor Flüchtlingsunterkünften, Brandanschläge – das alles wird noch begleitet von absurden und offenkundig verfassungsfeindlichen Formulierungen wie „Bürgerwille bricht Asylrecht“ sowie brutalsten Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten.

(Andreas Storr, NPD: Sie erzählen Schauermärchen!)

All dies war für uns als LINKE Grund genug, uns auf unserem Landesparteitag in Leipzig mit dieser Thematik zu beschäftigen. Ein entsprechender Dringlichkeitsantrag wurde einstimmig angenommen.

Unsere Schwerpunkte, wenn es um die Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen geht, sind klar, logisch und für jeden Humanisten nachvollziehbar: vorrangige Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen bei dezentraler Verteilung in den sächsischen Landkreisen sowie Einrichtung eines kommunalen Umzugsmanagements für Flüchtlinge;

(Andreas Storr, NPD: Unterbringung in Ihrer Wohnung? – Jürgen Gansel, NPD: In Ihr Haus passt bestimmt noch eine Großfamilie hinein!)

rechtzeitige und umfassende Information der Kommunen sowie der Einwohnerinnen und Einwohner über die geplante Unterbringung in künftig ausschließlich dezentralen Einrichtungen; Sicherstellung der Vollfinanzierung der Unterbringung und Sozialversorgung von Flüchtlingen unter Übernahme der tatsächlichen Kosten der Kom

munen durch den Freistaat Sachsen; Begrenzung der maximalen Verweildauer in Gemeinschaftsunterkünften auf drei Monate, bei Familien mit Kindern und besonders schutzbedürftigen Menschen auf sechs Wochen; Gewährung einer durchgängigen und professionellen sozialen Betreuung durch qualifizierte Sozialarbeiterinnen bzw. Sozialarbeiter;

(Andres Storr, NPD: Das ist unbezahlbar! Sie träumen sich etwas zurecht!)

Gewährleistung einer besonderen Betreuung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, alte Menschen, Menschen mit Behinderung und traumatisierte Menschen; Beteiligung der betroffenen Flüchtlinge an der Konzeptionierung von Unterkünften unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse; deutliche Verbesserung der Personal- und Sachkostenerstattung für die soziale und psychologische Betreuung traumatisierter und in sonstiger Weise erkrankter Flüchtlinge; interkulturelle Öffnung der Verwaltungen und Qualifizierung von Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeitern auf allen Ebenen und bei allen Entscheidungsträgern; Beendigung der Benachteiligung von Flüchtlingen beim Zugang zu Bildung, Ausbildung, Arbeit; und – natürlich – freier Zugang für Vertreterinnen und Vertreter von Hilfsorganisationen und örtlichen Initiativen zu den Einrichtungen für Flüchtlinge, insbesondere zur Sicherstellung von Beratungs- und Bildungsangeboten für Flüchtlinge.

All dies sind Forderungen, die sich so oder so ähnlich in dem heutigen Antrag der SPD-Fraktion wiederfinden.

Die Information an die Einwohnerinnen und Einwohner erscheint uns aktuell das vordringlichste Problem zu sein, welches umgehend angegangen werden muss. Wir haben es bereits mehrmals im Innenausschuss thematisiert, allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Der Unmut der Menschen vor Ort ist doch nachvollziehbar, wenn sie jeden Tag eine neue Örtlichkeit für die Unterbringung der Flüchtlinge aus der Zeitung erfahren müssen. So geht man nicht mit Bürgerinnen und Bürgern um.

(Jürgen Gansel, NPD: Es sind keine Bürger! – Widerspruch bei den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD: Asylbewerber sind keine Bürger!)

Herr Gansel, ich ermahne Sie jetzt noch einmal; das nächste Mal bekommen Sie einen Ordnungsruf.

(Holger Apfel, NPD: Wofür denn? Zwischenrufe sind doch wohl erlaubt, oder nicht?)

Sie brauchen mit mir nicht zu diskutieren, Herr Apfel.

(Holger Apfel, NPD: Dann müssen wir wieder klagen!)

Bitte, Frau Köditz.

Meine Damen und Herren! Das Asylrecht darf nicht weiter ausgehöhlt oder

eingeschränkt werden. Es darf kein erneutes Einbrechen gegenüber einem rassistischen Mob beim Asylrecht geben, so wie Anfang der Neunzigerjahre. Nie wieder Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln, Solingen. Das darf sich nicht wiederholen.

Wir als LINKE stimmen dem Antrag der SPD-Fraktion zu und unterstützen den Vorschlag der CDU-Fraktion, diesen Antrag an den Innenausschuss zu überweisen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Eine Kurzintervention; Herr Gansel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich möchte die Gelegenheit zu einer Kurzintervention nutzen. Wir haben mit der üblichen linken Tränenseligkeit wieder einiges über das Schicksal von Flüchtlingen in Sachsen gehört. Ich schlage vor, dass die LINKEN, wenn schon nicht ihre Privatwohnungen, so doch wenigstens ihre Parteibüros hier in Sachsen für arme Flüchtlingsfamilien zur Verfügung stellen. Das wäre gelebte Solidarität mit den ach so armen Flüchtlingen. In Ihr Haus, Frau Köditz, in der Grimmaer Innenstadt, passt vielleicht auch eine tschetschenische Familie rein. Und wenn es doch etwas eng werden sollte, könnten Sie Ihr verstaubtes AntifaArchiv ausmisten. Dann passt auch dort eine tschetschenische Familie rein.

(Beifall bei der NPD)

Ich möchte jetzt jenseits dieses bizarren Geschwätzes noch einmal ein paar Zahlen in Erinnerung rufen. Und zwar hat das Bundesinnenministerium im letzten Jahr die Zahl von 65 000 Asylerstantragstellern genannt. Die Anerkennungsquote lag laut Bundesinnenministerium im letzten Jahr bei 1,2 %. Von knapp 65 000 Antragstellern konnten sich nach BMI-Aussagen gerade einmal 740 als anspruchsberechtigt im Sinne des Artikel 16 a des Grundgesetzes verstehen. Deswegen sprechen wir und auch viele Bürger von einem massiven Asylmissbrauch, der hier geduldet wird. Bei einer Anerkennungsquote von 1,2 % können Sie den mathematischen Umkehrschluss ziehen, den bekommen auch Sie hin, um zu ermitteln, wie hoch die Missbrauchsquote ist.

Das blenden Sie aus, aber viele Bürger in Sachsen wissen ganz genau, dass man es hier mit einem staatlich geduldeten Asylbetrug zu tun hat. Und viele Bürger in Sachsen lassen sich das nicht gefallen.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDPFraktion Herr Abg. Karabinski.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion, der uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, befasst sich mit dem Thema schlechthin,

das uns in Sachsen, aber auch darüber hinaus die Menschen in Deutschland und Europa wie derzeit kein anderes bewegt.

Dabei ist der Personenkreis, um den es hier geht, ein sehr kleiner. Die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge wird im Freistaat dieses Jahr nach neuesten Schätzungen rund 5 800 Menschen umfassen. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung Sachsens von rund vier Millionen Einwohnern ist das ein unheimlich kleiner Teil.

(Andreas Storr, NPD: Wir reden nur über ein Jahr!)

Angesichts dieser verschwindend kleinen Zahl von Menschen, die Sachsen im Rahmen des Königsteiner Schlüssels aufnimmt – das sind etwa 5 % aller Asylbewerber –, überrascht es auf den ersten Blick, dass es zu diesen teils heftigen Reaktionen kommt. Dennoch, Frau Köditz, kann man nicht davon sprechen, dass eine rassistische Welle durch Sachsen schwappt.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Durch Deutschland!)

Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei der FDP)

Auch nicht durch Deutschland, auch nicht durch Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anstieg der Flüchtlingszahlen, vor allem aus Syrien, hat sich bereits seit Längerem angebahnt. Alle hat der Gewaltausbruch in der zentralen Aufnahmeeinrichtung in Chemnitz dennoch überrascht. Die Trennung der rivalisierenden Gruppen war in dieser Situation die einzig richtige Entscheidung. Allerdings war die Überfüllung der Einrichtung in Chemnitz und damit auch das Ansteigen des Konfliktpotenzials angesichts der Zunahme der Zahlen letztlich keine Überraschung, sondern lange vorhersehbar. Deshalb wäre es hier angezeigt gewesen, mit der Bevölkerung in Schneeberg bereits geraume Zeit vor der Eröffnung der Zweigstelle ins Gespräch zu kommen. Damit meine ich mehr als nur eine Pressemitteilung darüber, dass man eine Zweigstelle in der ehemaligen Kaserne errichten möchte. Das allein reicht nicht aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Es ist viel mehr Informationsbedarf vorhanden. Weshalb kommen die Menschen zu uns? Warum bedarf es einer Erstaufnahmeeinrichtung? Wie sieht das Leben der Asylbewerber vor Ort in den Heimen eigentlich aus? Mit der Überrumpelung sorgt man nur dafür, dass sich die Bürger verschließen und mit Ablehnung reagieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Derzeit droht sich Schneeberg in unserem Land beliebig oft zu wiederholen. Leipzig-Schönefeld wäre so ein Beispiel. Die Anwohner erfuhren von den Plänen, dass in unmittelbarer Nachbarschaft einer Grundschule eine Unterkunft für Flüchtlinge eingerichtet werden soll, aus der „Bild“. Mit dieser Art der Kommunikation wird leicht den politischen

Kräften von rechts in die Hand gespielt, und diese Kameraden reiben sich schon die Hände, wie man hier sieht.

Insofern ist Ihr Ansatz richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, hier aktiv zu werden. Ein bisschen stört mich an Ihrem Antrag allerdings, dass er die unterschiedlichen Zeitphasen des Asylverfahrens vermischt. In den ersten sechs Wochen bis zu den ersten drei Monaten sind die Antragsteller in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Daran führt kein Weg vorbei. Der Bund hat das Betreiben einer solchen Einrichtung vorgeschrieben. Allerdings wäre wünschenswert, die Dauer des Aufenthaltes in der Erstaufnahmeeinrichtung auf das absolute Minimum zu beschränken. Bei der anschließenden Verteilung der Menschen auf kreisfreie Städte und Landkreise ist in den vergangenen Wochen ein Stau entstanden. Auch die Kommunen haben sich nicht rechtzeitig auf die extreme Zunahme der Asylbewerber in diesem Jahr eingestellt. Und auch hier müssen wir leider feststellen, dass sich die Verantwortlichen oft sehr lange davor drücken, die Anwohner umfassend zu informieren.