Ich gebe zu, Herr Kollege Biesok, das hätte einen höheren Unterhaltungswert als die Zahlen über den Bologna-Prozess. Aber ich lasse es sein und lasse es damit bewenden. Ich gebe den Rest dieses Teils zu Protokoll und bedanke mich dafür, dass Sie mir bis hierher zugehört haben.
Meine Damen und Herren! Wer hat noch Redebedarf? – Jetzt wäre die Fraktion DIE LINKE an der Reihe. – Sie möchte nicht.
Gut, dann können wir jetzt zum Entschließungsantrag kommen. Es gibt einen Entschließungsantrag von der SPD-Fraktion in der Drucksache 5/13189.
Ach, die Ministerin habe ich vergessen. Entschuldigung! Aber jetzt, bitte, Frau Staatsministerin. Es tut mir leid, das ist mir durchgerutscht. Das war keine Absicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! In der heutigen Debatte zum Stand der Umsetzung des BolognaProzesses an den sächsischen Hochschulen wurde bereits auf eine ganze Reihe von Einzelheiten eingegangen. Ich werde im Folgenden nur noch einige wichtige Einzelfragen aufgreifen.
Darüber hinaus erlaube ich mir, kurz an die grundlegenden Anliegen dieses außerordentlich vielschichtigen Prozesses, die bis zum heutigen Tag unverändert aktuell sind, zu erinnern. Der Bologna-Prozess hat im Wesentlichen vier bildungspolitische Kernziele zum Gegenstand: zum einen die Qualitätssicherung bzw. Qualitätssteigerung aller Studienangebote, „quality improvement“, zum Zweiten die Verbesserung auch der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch Steigerung der Berufsbefähigung, Stichwort „employability“, die Verstärkung der Mobilität von Studierenden, aber auch von Hochschulangehörigen, Stichwort: Mobilität, und schließlich die Ausprägung einer europäischen Dimension in der Hochschulausbildung und die Ausbildung eines europäischen Hochschulraumes.
Zur Erreichung dieser Ziele wurden mehrere Maßnahmenschritte festgelegt. Hierzu gehören insbesondere die Modularisierung, die Einführung eines Leistungspunktesystems, das sogenannte European Credit Transfer System, und das Diploma Supplement, die Ergänzung des Hochschulabschlusszeugnisses.
Daneben ist natürlich die Einführung eines Studiensystems, das sich im Wesentlichen auf zwei Hauptzyklen stützt, nämlich auf einen ersten Zyklus bis zum ersten Abschluss „undergraduate“ und einen zweiten Zyklus nach dem ersten Abschluss „graduate“, von ganz wesentlicher struktureller Bedeutung.
Diese Kernziele und Maßnahmenschritte sind auch in Sachsen Schwerpunkt der Bologna-Reform, zu denen die Staatsregierung nach wie vor uneingeschränkt steht. An der Erreichung dieser Ziele und auch der erfolgreichen Umsetzung der einzelnen Maßnahmen messen wir den Erfolg der Umsetzung der Gesamtreform im Freistaat.
Meine Damen und Herren! Ja, es ist kein Geheimnis – in der Debatte wurde bereits darauf hingewiesen –, dass es im Zuge der Bologna-Reform teilweise auch in Sachsen zu Verwerfungen und Schwierigkeiten gekommen ist. Ich möchte dazu nur einige wesentliche Stichworte nennen: so auch die Studierbarkeit von Bachelor- und Masterstudiengängen, die Hindernisse bei der Implementierung von Qualitätssicherungssystemen. Ja, auch Einschränkungen bei der Mobilität von Lehrenden und Lernenden sind zu nennen, und gelegentlich wird in diesem Zusammenhang auch ein vermuteter Mangel an Masterstudienplätzen genannt – ich komme gleich noch einmal darauf zurück – und natürlich auch die Perspektiven für Absolventinnen und Absolventen auf dem Arbeitsmarkt. Auch das wird teilweise als problematisch angesehen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wen kann es verwundern, dass es bei einem derartigen vielschichtigen, komplexen und breiten Prozess wie der BolognaReform zu Schwierigkeiten und teilweise auch zu Rückschlägen kommt? – Von umso größerer Wichtigkeit ist es natürlich, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen, ihnen energisch entgegenzutreten und sie aus dem Weg zu räumen.
Hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst seit Jahren auf einem konsequenten Kurs. Wiederholt und auch zu verschiedenen Anlässen hat mein Haus, habe ich auch persönlich den bestehenden Handlungsbedarf hervorgehoben, auf Abhilfe gedrängt bzw. auch dafür gesorgt. So haben wir unmittelbar zur Verbesserung der Studierbarkeit des Bachelors die Schaffung von sieben- oder achtsemestrigen Bachelorstudiengängen angeregt und – das wurde heute noch nicht genannt – nachdrücklich auf die Studienkommissionen und deren Bedeutung als zentralen Bestandteil der Bologna-Reform hingewiesen; denn hier arbeiten Professoren und Studierende auch an der Erstellung der Studienangebote zusammen. Aktive Studienkommissionen sind meines Erachtens unentbehrlich für ein realistisches „workload“, für ein funktionierendes ECTS und auch dafür unverzichtbar, dass ein durchschnittlicher Studierender die Anforderungen des betreffenden Studienganges tatsächlich real erfüllen kann.
Folglich müssen diese Studienkommissionen auch einberufen werden. Darauf haben wir gedrängt, denn nicht zuletzt dienen die Studienkommissionen dazu, die studentische Mitwirkung zu sichern.
Für die Integration des Bologna-Bestandteils der Berufsbefähigung „employability“ ist mitunter eine neue curriculare Erarbeitung von Studienangeboten notwendig, bei denen eben nicht nur neue Inhalte additiv hinzukommen, sondern auch zahlreiche alte Inhalte verzichtbar sind.
Zur Ermöglichung der Mobilität zwischen den deutschen und ausländischen Hochschulen sollen sich die Studienberatungen – das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt –, aber auch die Prüfungskommissionen daran orientieren, dass
an anderen Hochschulen erbrachte Leistungen für eine Anerkennung nicht mehr vollständig gleichwertig sein müssen, sondern auch anerkannt werden können, wenn sie gleichartig sind und zum Studienablauf passen. Genau das hat dieses Hohe Haus mit der Verabschiedung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes, insbesondere mit § 17 Abs. 1 und 10, zum Grundsatz gemacht. Das heißt, hier hat das sächsische Parlament einen sinnvollen Schritt zur Steigerung der Mobilität getan, die die Anerkennung der Studienabschlüsse an anderen Hochschulen erleichtert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine der essenziellen Forderungen ist – ich denke, das hat auch die heutige Debatte gezeigt –, dass sich im Zusammenhang mit der Umsetzung des Bologna-Prozesses die Forderung nach der Implementierung effektiver und transparenter Qualitätssicherungssysteme stellt. Hinweisen darf ich vielleicht darauf, dass das ein ganz aktuelles Thema ist, welches auch fortlaufend vom SMWK begleitet wird. So findet etwa im Januar 2014 eine Fachtagung an der TU Dresden zum Thema „Qualitätsmanagementsystem an sächsischen Hochschulen“ statt, an dem wir auch teilnehmen werden.
In der Beantwortung der Großen Anfrage wurde bereits ausführlich dargelegt, was den Hochschulen bei der Einrichtung eines Systems zur Sicherung der Qualität der Arbeit der Hochschulen nach § 9 SächsHSFG abverlangt wird und welche Freiräume sie dabei haben. Klar ist, dass wir uns bei der weiteren Diskussion zur Ausgestaltung der dritten Phase des Hochschulpaktes, die Anfang 2014 beginnt, dafür einsetzen werden, dass Hochschulen für gute Lehre und Angebote, die mehr Studierende qualitätsgesichert zu einem erfolgreichen Abschluss führen, stärker honoriert werden. Das heißt, wir dürfen im Kontext des Hochschulpaktes nicht nach Masse bewerten, sondern müssen auf Klasse achten, und dafür werden wir uns einsetzen.
Gestatten Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, noch kurz auf zwei weitere Stichworte der Debatte einzugehen: Masterstudienplätze und die Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Zweifellos ist es so, dass wir in der gegenwärtigen Phase der Umsetzung des Bologna-Prozesses das Thema Masterstudienplätze sehr aufmerksam im Blick haben müssen, da insbesondere die Daten- und Informationslage zur Schnittstelle zwischen Bachelor- und Masterstudium noch sehr unzureichend ist. Die Kultusministerkonferenz hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Zahl der Masterstudienplätze gegenwärtig ausreichend ist. Ergebnis dieser Einschätzung der KMK ist, dass die Gesamtzahl derzeit ausreicht.
Gleichwohl werden alle Wissenschaftsminister – auch ich persönlich – die weitere Entwicklung genau beobachten – und wenn notwendig, darauf reagieren. Aber: Für Panikmache besteht derzeit kein Anlass. Natürlich darf nicht jeder Bachelorabsolvent erwarten, dass er unverzüglich an seiner Hochschule mit seinem Lieblingsmasterstudiengang beginnen kann. Das war im Übrigen auch nie Ziel
des Bologna-Prozesses – Stichwort Mobilität, die nach Abschluss des Bachelorstudiengangs im Übergang zu Masterstudiengängen stattfindet.
Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass beim Vergleich der Zahl der Masterstudienplätze zwischen den Ländern Vorsicht geboten ist. Soweit es die Situation hier in Sachsen betrifft, müssen wir beachten, dass viele unserer Hochschulen – übrigens ganz und gar Bolognakonform – sehr viele Studiengänge weiterhin mit Diplomabschluss anbieten. Das heißt, wir haben weniger Masterstudienplätze im Freistaat Sachsen vorzuhalten.
Zur Problematik der Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt: Ja, sie wird häufig im Kontext der Vermittelbarkeit von Bachelorabsolventinnen und Bachelorabsolventen thematisiert. Auch hier ist zuweilen zu hören, dass der Bachelor als erster berufsbefähigender Abschluss gescheitert ist. Fakten und Zahlen allerdings, die das belegen bzw. zumindest in aussagefähiger Form bestätigen, fehlen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die von meinem Haus in Auftrag gegebene und auch sehr gründlich recherchierte Erste Sächsische Absolventenstudie von 2010 – die nächste ist unterwegs, sie ist für 2014 geplant – kommt zu anderen, eigentlich beruhigenden Ergebnissen. Danach geht nämlich der Anteil der als arbeitslos gemeldeten Bachelorabsolventen bereits im ersten Jahr nach dem Studienabschluss signifikant von 17 % auf 3 % zurück, und diese 3 % wiederum liegen noch unter der qualitätsspezifischen Arbeitslosenquote aller Personen mit Hochschulabschluss; sie liegt nämlich bei 4 %. Das heißt, Bachelorabsolventen aller Studiengänge haben sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt – zumindest sind sie nicht arbeitslos gemeldet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Januar dieses Jahres hat die Staatsregierung ihre Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion „Lehre und Studium an den sächsischen Hochschulen – Stand und Umsetzung der Bologna-Reform“ vorgelegt und darin ausführlich beschrieben, an welchem Punkt der Entwicklung wir uns damals befanden.
Als wesentlichen weiteren Schritt der Entwicklung – das möchte ich hervorheben – haben wir inzwischen in diesem zu Ende gehenden Jahr mit unseren Hochschulen Zielvereinbarungen mit hochschulindividuellen abrechenbaren Zielen erarbeitet. Das Thema Qualität spielt in diesen Zielvereinbarungen eine zentrale Rolle. Dieses Thema – ich denke, darüber besteht Einigkeit in diesem Hohen Haus – ist der Dreh- und Angelpunkt der BolognaReform, auch in Zukunft.
Lassen Sie mich abschließend betonen, dass vieles von dem, was in Zukunft notwendig ist, Sachsen – wie auch die übrigen Länder – nur mit dauerhafter Unterstützung des Bundes erreichen kann. Genau dieser Dauerhaftigkeit steht derzeit noch das Grundgesetz entgegen. Bisher sind allerdings Vorstöße, in dieser für unser Wissenschaftssystem ganz entscheidenden Frage weiterzukommen und das Grundgesetz zu ändern, an der SPD gescheitert. Daher, ihr lieben Fragesteller von der SPD, appelliere ich jetzt und
an dieser Stelle an Sie: Wenn Sie wirklich etwas für die Hochschulen im Freistaat Sachsen tun wollen, dann wirken Sie doch bitte bei Ihren Parteifreunden in Regierungsverantwortung darauf hin, dass sie bei den zu führenden Gesprächen Fortschritte machen und sich für eine Veränderung des Artikel 91b Grundgesetz einsetzen, damit diese Veränderung kommt – und zwar rasch kommt –,
Vielen Dank, Frau Staatsministerin von Schorlemer. – Meine Damen und Herren, die Aussprache zur Großen Anfrage ist beendet. Wir beraten noch einen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 5/13189. Herr Mann, Sie bringen den Entschließungsantrag jetzt ein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen nun kurz die Konsequenzen und Maßnahmen, die wir aus der Auswertung der Großen Anfrage für wichtig und notwendig halten, erläutern.
Zunächst zur Struktur – es war gerade noch einmal Thema –: Wir haben – schlicht – festgestellt, dass maximal jedem dritten Bachelor ein Masterstudienplatz zur Verfügung steht. Ich will jetzt nicht über die Folgen streiten; das wird die Zukunft zeigen. Wir plädieren jedoch für ein ausgewogeneres Verhältnis bei den Kapazitäten und eine Masterplatzkomponente im Hochschulpakt. Diese würde die finanziellen Fehlanreize, die derzeit nur auf dem ersten Hochschulsemester lagen und liegen, mindern und damit auch den Drang und den Hang der Hochschulen, wieder vor allem Bachelorstudienplätze zu schaffen.
Wir wollen mehr Qualität. Wir wollen gute Lehre sichtbar machen. Ein sächsischer Lehrpreis, eine kontinuierliche Förderung des hochschuldidaktischen Zentrums und ein stärkerer Ausbau der Plattformen zum Erfahrungsaustausch zwischen den Hochschulen würden dazu beitragen. Wir halten eine Anschubfinanzierung für die Einrichtung von Qualitätssicherungssystemen für notwendig und bei der Akkreditierung sogar für geboten.
Ja, Frau Staatsministerin, natürlich ließen sich positive Anreize auch in Zielvereinbarungen zur Qualitätssicherung setzen. Leider wurden diese von der Staatsregierung nur als Sanktionsmechanismus ausgestaltet. Wir fordern die Sächsische Staatsregierung zudem auf, auf die Einhaltung der ländergemeinsamen Strukturvorgaben für Akkreditierungen von Bachelor- und Masterstudiengängen und auch auf die nach § 9 des Hochschulgesetzes vorgesehenen Qualitätssicherungsinstrumente hinzuwirken. Verschaffen Sie also Ihrem Gesetz Geltung, Frau Ministerin!
Wir brauchen eine bessere Expertise. Das wird uns bei dem folgenden Antrag auch noch begegnen. Die Staatsregierung ist in der Pflicht, eine Grundlage zur Verarbeitung personenbezogener Daten zur Erhebung von Studienverläufen zu schaffen. Ebenso halten wir eine Novelle des Hochschulstatistikgesetzes für notwendig, um diese Verläufe bei Übergängen zwischen Bachelor und Master überhaupt abbilden zu können.
Wir müssen Hürden bei Mobilität und Zugängen beseitigen. Um die Internationalisierung zu unterstützen, müssen wir für die Studierenden die Anerkennung erbrachter Leistungen absichern. Auch hier muss die Staatsregierung auf die konsequente Durchführung ihres Hochschulgesetzes § 34 hinwirken.
Wir sollten den Übergang zwischen Bachelor und Master erleichtern und deshalb Rechtssicherheit für die Hochschulen bei vorläufigen Immatrikulationen schaffen.
Wir werden uns als Sozialdemokraten weiter für eine Reform des BAföG einsetzen, um die Förderlücke bei Übergängen zwischen Bachelor und Master zu schließen, und – ja, Gretchenfrage Finanzierung – wir halten bei dem gestiegenen Betreuungsaufwand und der Überlastsituation an sächsischen Hochschulen, insbesondere den Universitäten, ein Programm zur Verbesserung der Lehrsituation in Höhe von 40 Millionen Euro für notwendig.
Last but not least: Bei der Bund-Länder-Finanzierung – ich hatte es schon gesagt –, der Fortsetzung des Hochschulpaktes, halten wir es für notwendig, eine Masterstudienplatzkomponente zu berücksichtigen, das soziale Umfeld entsprechend auszugestalten und zu guter Letzt den Absolventinnenbonus einzuführen. Ich freue mich an dieser Stelle, dass dieser originär sozialdemokratische Punkt eines –