Vielen Dank an meine Fraktion und den Kollegen Lichdi ebenfalls. – Da tut sich der Wirtschaftsminister im Moment hervor und spielt sich bei solchen Regelungen – Stichwort Allgemeinverbindlichkeit von Tariflöhnen – als derjenige auf, der Dumpinglöhne und Dumpingwettbewerb unterstützt. Insofern ist Punkt 2 des Antrags durchaus richtig.
Nur habe ich mir dann die Frage gestellt: Sollten wir den Weg über den Vorschlag, der jetzt im Antrag steht, gehen, oder sollten wir uns nicht besser darüber Gedanken machen, wie wir in Sachsen andere gesetzliche Regelungen gestalten können? Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass wir uns vielleicht stärker Gedanken darüber machen sollten, dass wir im Rahmen von verantwortungsbewusstem Handeln und Auftreten von öffentlichen Einrichtungen eine Art Vorbildcharakter für sie formulieren.
Da bin ich ganz schnell bei dem Thema Vergabe gewesen. Wenn ich mir das Vergabegesetz anschaue, dann stelle ich für Sachsen fest, dass nach meiner Auffassung besonders die Punkte, die ich gerade genannt habe – Sozialstandards, ökologische Standards, Lohn, Geschlechtergerechtigkeit, Familienfreundlichkeit – da hinein müssten, denn all diese Themen spielen beim Vergabegesetz in Sachsen keine Rolle. Insofern hätte die Möglichkeit bestanden, diese Punkte in einem Vergabegesetz zu regeln. Stattdessen hat die Koalition ein Gesetz verabschiedet, das nach meiner Auffassung nach wie vor im Kern die Botschaft trägt, dass das billigste Angebot den Zuschlag erhalten soll.
Diese Einschätzung lasse ich mir auch nicht von Ihnen nehmen, auch wenn Sie immer wieder das Gegenteil behaupten. Dadurch wird es nicht besser.
Schön, dass Sie auch mal wieder wach werden, das freut mich. – Bezüglich der Wirtschaftskompetenz der Koalitionsfraktionen und der Regierung in den letzten Jahren hat
der DGB deutlich gemacht, was er davon hält. Er hat bei der letzten Aktion hier zum Thema dann auch heiße Luft – nämlich Luftballons – aufsteigen lassen. Ich bin davon überzeugt, dass Fairness und Gerechtigkeit nach wie vor Fremdwörter für diese Regierung sind. Mit einem vernünftigen Vergabegesetz hätte man diese sozialen Umweltstandards regeln können.
Da ich feststelle, dass die Kollegen von der CDU das immer wieder aufregt, bin ich der Auffassung, dass ich so falsch nicht liegen kann. Deshalb muss ich das immer wieder wiederholen, denn Wiederholung führt dazu, dass man letztendlich etwas versteht und lernt.
Deshalb lasse ich auch nicht locker. Ich glaube, dass wir hier tatsächlich etwas brauchen, was den Freistaat Sachsen bisher nicht ausgezeichnet hat: Wir brauchen Verantwortung im Umgang mit erneuerbaren Energien, aber auch einen verantwortlichen Umgang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der Wirtschaft. Das muss in einem guten Gleichgewicht sein. Deshalb ist dieser Antrag ein hilfreiches Instrument. Man kann dazu noch viele andere Dinge ausführen, aber er geht in die richtige Richtung. Es ist natürlich nicht der große Wurf, aber wir werden ihm trotzdem zustimmen.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Weitere Wortwechsel zwischen den Fraktionen – Unruhe)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Wir schaffen Werte für Sachsen.“ – Das war der Slogan, mit dem die SachsenFinanzgruppe ihren Geschäftsbericht für das Jahr 2003 überschrieb. Es war das Versprechen von Prof. Milbradt, über die Sachsen-Finanzgruppe, die mehrheitlich ein kommunales Unternehmen war, mit ihrer Cash Cow Sachsen LB Dublin den kommunalen Haushalten durch Zusatzerträge zusätzliche Mittel zu verschaffen und somit die ständig klammen Haushalte auszugleichen. Für Dresden war die Rede von circa 14 Millionen DM Jahr für Jahr.
Ferner sollten hier Werte in Sachsen dadurch geschaffen werden, dass wir einen Bankenstandort Leipzig bekommen – eine klare Kampfansage gegenüber Frankfurt und London.
Was ist geblieben? Geblieben ist eine Höchstbetragsgarantie des Freistaates Sachsen in Höhe von 2,75 Milliarden Euro, die bereits in Höhe von 1 Milliarde Euro gezogen wurde. Geblieben ist eine Finanzholding, die
sich seit 2007 in der Selbstfindungsphase befindet. Geblieben sind ehemals lokal sehr erfolgreiche Sparkassenmanager, die sich bis heute fragen, warum sie nicht mehr erfolgreich waren, als sie überregional tätig waren, und warum ihnen die Sachsen LB um die Ohren geflogen ist.
Meine Damen und Herren, aus Überzeugung bin ich gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit der Kommunen – und zwar immer dann, wenn sie über die kommunale Daseinsvorsorge hinausgeht. „Privat vor Staat“ ist die richtige Entscheidung, wenn es um Wettbewerbsunternehmen geht.
Kommunale Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag, wenn es um die Ver- und Entsorgung der Bürger in einer Gemeinde geht. Jede Kommune soll selbst entscheiden können, ob sie im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung sich selbst versorgt oder ein privatwirtschaftliches Unternehmen beauftragt, dies für sie zu tun. Ich persönlich bevorzuge immer die Beauftragung eines privaten Unternehmens; aber es ist Teil der kommunalen Selbstverantwortung, zu entscheiden: Mache ich es selbst oder hole ich mir einen Beauftragten?
Aber machen wir uns eines nicht vor – und das ist die Lehre aus der Sachsen LB –: Kommunale Unternehmen können es nicht besser als privatwirtschaftlich geführte Unternehmen. Wer glaubt, aus einer unternehmerischen Tätigkeit der Kommune einen Zusatzertrag für die Gemeinde erzielen zu können, der ist auf dem Holzweg. Wer glaubt, ehrenamtlich tätige Stadträte – mit aller Wertschätzung, die ich ihnen entgegenbringe – könnten ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen besser beaufsichtigen als Aufsichtsräte in einem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen und somit Risiken, die mit jeder unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind, vermeiden, der irrt. Wer glaubt, sein gesamtes Gutmenschentum über Corporate- und Governance-Regelungen in kommunalen Unternehmen verwirklichen zu können – was die GRÜNEN in Punkt II ihres Antrages geschrieben haben; das ist ja nur der Anfang –, der wird diese Unternehmen so zugrunde richten, dass wir Insolvenzen für Sachsen schaffen.
Betrachten wir einmal die zahlreichen lehrreichen Beispiele in der Vergangenheit, was passiert ist, wenn Kommunen versucht haben, Unternehmer zu spielen. Nehmen wir Nordrhein-Westfalen, wo Rot-Grün gerade mit dem Gesetz zur Revitalisierung der Kommunalwirtschaft die Grundlage für kommunale Energiekonsortien geschaffen hat. Nehmen wir die Stadtwerke Bochum: Im letzten Jahr mussten sie die Preise für Strom um 10 % erhöhen. Grund war nicht das EEG – diesmal ausnahmsweise nicht; das kommt noch obendrauf –; Grund waren unter anderem Fehlinvestitionen in eine nicht bezahlte Wasseraufbereitungsanlage in Algerien oder ein Windpark bei Borkum, der aber leider keinen Anschluss ans Stromnetz gefunden hat.
Ebenfalls in Nordrhein-Westfalen planten die Stadtwerke Bonn, Gemeinden in Rheinland-Pfalz mit Wasser versorgen zu können. Das Ganze hat entsprechende verrostete Stahlrohre und einen Verlust von 5 Millionen Euro gekostet.
Herr Kollege, der Sächsische Rechnungshof hat ja in seinem Bericht ziemlich hart kritisiert, dass staatliche Unternehmen, die keine öffentlichen Aufgaben erfüllen, vom Freistaat sehr hoch bezuschusst werden und dass seit Amtsantritt von SchwarzGelb, also seit 2009, kein Beteiligungsbericht über die Unternehmen des Freistaates vorgelegt worden ist.
(Lachen und Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE: Es geht um staatliche Unternehmen! – Weitere Zurufe)
Meine Damen und Herren, auch in Sachsen haben wir etliche Beispiele, die zeigen, dass Kommunen untaugliche Akteure am Markt sind. Nehmen wir beispielsweise die Zinswetten, die einige Kommunen eingegangen sind. Erst vor wenigen Tagen haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Stadt Riesa überlegt, die Grundsteuer für Hausbesitzer zu erhöhen. War Riesa nicht die Stadt, die über eine kommunale Tochtergesellschaft eine Erdgasarena errichtet hat, um sich als Sportstadt über SumoringerEvents weltweit bekannt zu machen?
War das diejenige Stadt, die einen meines Erachtens größenwahnsinnigen OB hatte, der dadurch entsprechende Finanztransaktionen für die Stadt verursacht hat,
damit man über Zinsswapgeschäfte wieder einen Zusatzertrag erwirtschaften kann? Man hat versucht, die Verluste, die aus einer kommunalen Betätigung mit der Erdgasarena aufgelaufen sind, wieder hereinzuholen, indem man spekuliert hat – und das ist gründlich danebengegangen; sie haben millionenschwere Verluste.
Die Zeche bezahlen die Eigenheimbesitzer in Riesa, und ich könnte Ihnen weitere Beispiele nennen, wo man versucht hat, durch eine Spekulation Mehrertrag zu bringen – das sind noch einige.
Schauen wir uns doch einmal die Stadtwerke an. Sie sollen aus den Fesseln der kommunalen Wirtschaftsrechte entlassen werden. Dazu muss man sagen – Herr Tischendorf, Sie haben es angesprochen –: Genau das ist das Problem. Die Stadtwerke verdienen nicht ihr Geld damit, dass sie Strom produzieren und entsprechend selbst verkaufen, sondern sie kaufen in der Regel Strom ein, und zwar einen Teil langfristig und einen Teil kurzfristig. Dieser Strom wird dann langfristig an Unternehmen und Private verkauft.
Das funktioniert so lange ganz gut, wie beim kurzfristigen Teil der Strompreis niedrig ist. Dann kann man durch diese Fristentransformation einen Zusatzertrag für den Kommunalhaushalt erwirtschaften. In dem Moment, wenn sich das dreht oder ich zu viele langfristige Verträge abschließe und meine Kunden mir anschließend abspringen oder einfach weniger verbrauchen, weil sie die ganze EEG-Umlage nicht mehr bezahlen können, geht das nach hinten los.
Vergleichen wir das einmal mit der Sachsen LB Dublin. Sie hat nichts anderes gemacht: Sie hat langfristig Geld verliehen und sich kurzfristig am Kapitalmarkt refinanziert. Das ist genau das gleiche Modell, was viele kommunale Stadtwerke machen. Als man sich nicht mehr kurzfristig günstig refinanzieren konnte, war die Bank pleite.