Für die einbringende Fraktion DIE LINKE sprach Herr Gebhardt. Jetzt ergreift für die CDU-Fraktion Herr Dr. Meyer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde einmal versuchen, mit ein paar dieser ganzen ideologischen Floskeln, die von den Linken und auch von Herrn Lichdi vorgebracht wurden, aufzuräumen.
Zum einen, Nachhaltigkeit: Wir befinden uns nach wie vor im Jahr der Nachhaltigkeit, aber wenn man sich einmal an den Begriff erinnert, dann werden wir alle feststellen, dass das ein dreidimensionaler Begriff ist. Es gibt nämlich nicht nur die ökologische, sondern auch eine soziale und ökonomische. Wenn man jeweils nur eine Seite betrachtet, dann verspielen wir, denke ich, auch unsere hohe gesellschaftliche Entwicklung. Wir sind ein technologisch führendes Industrieland. Wenn man sich aber jetzt von dieser ganzen Dreiteilung verabschiedet, setzen wir das Ganze aufs Spiel.
Man kann auf der anderen Seite das eine wollen, diesen Einzelgänger – Ausstieg aus der Kernenergie –, und das andere gleichzeitig auch noch wollen: Wir steigen aus der zweiten, sprich, wir steigen aus der zweiten grundsatzfähigen Energie, aus der Braunkohle, aus und trotzdem soll der Strom noch aus der Steckdose kommen.
Herr Lichdi, die sogenannte Alternative, die Sie hier benennen, ist aus meiner Sicht ein Märchen. Wir müssen einfach auch einmal deutlich sagen, wir haben eine
Energiewende. Dazu stehen wir auch. Aber das braucht seine Zeit. Sie braucht auch eine Begleitung durch konventionelle Energien, durch einen sinnvollen Energiemix, und dazu gehört letztlich die Braunkohle.
Worüber wir jetzt schon die ganze Zeit sprechen, ist ja nicht nur die Braunkohleverstromung – Herr Herbst ist schon darauf eingegangen –, wir sehen ein Stück weiter. Wenn man es weltweit betrachtet, haben wir 17 Millionen Tonnen Erdöl, die eingesetzt werden, Ölprodukte und Chemikalien herzustellen. Auch da ist die Braunkohle, mittelfristig betrachtet, eine sinnvolle Alternative, eine Alternative, die auch in Deutschland als heimischer Energieträger zur Verfügung steht. Das muss man bei der Thematik hier, wenn wir über Braunkohle sprechen, immer mit im Blick haben.
Es geht nicht nur um die Verstromung. Verstromung ist aber ein wichtiges Stichwort, was Technologie angeht. Zu DDR-Zeiten hatten wir einen Wirkungsgrad von Kraftwerken, der so um die 33 % lag. Jetzt sind wir bei 45 %. Bei Pilotanlagen gehen wir an die 50 % heran. Man sieht, was hier geleistet wird, wenn ich an die CCS-Technologie denke, die in Deutschland auch wieder ideologisiert wird. Dabei haben wir auch eine Antwort darauf, wie man Braunkohle, wie man Braunkohlenutzung umweltfreundlicher gestalten kann. Ich bin ja selber Oberlausitzer. An dieser Stelle will ich auch einmal mit dem Stichwort „Lausitz“ aufräumen. Ich kann es einfach nicht mehr hören. Es gibt eine Oberlausitz, es gibt eine Niederlausitz. Daher kann man hier auch nicht von der Lausitz sprechen.
Aber die Umsiedlungen jetzt als das einzige Thema zu benennen, das finde ich schon etwas schwierig, weil wir nämlich bei der Energieversorgung nicht nur die Region und die zugegebenermaßen schwierigen Umsiedlungen im Blick haben, sondern wir müssen unsere Bundesrepublik Deutschland betrachten und da gehören bekanntermaßen noch ein paar mehr Leute dazu.
Mitwirkung von Regionen war zu DDR-Zeiten mehr oder weniger ausgeschlossen. Da hat man in Plattenbauten zwangsumgesiedelt. Zittau wäre, wenn die DDR weiter bestanden hätte, jetzt schon gar nicht mehr existent.
Man muss, glaube ich, auch ganz deutlich sagen, dass es vor Ort sehr viele Anhörungen von Experten und Verbänden gegeben hat. Der Planungsverband hat es sich auch nicht leicht gemacht. Von den demokratisch legitimierten Verbandsräten wurden Entscheidungen durch Einzelgespräche herbeigeführt. Man muss diese demokratische Entscheidung jetzt akzeptieren, aber gleichzeitig auch deutlich machen, was der Planungsverband gesagt hat, nämlich, er wolle diesen Bergbau begleiten.
Wir haben Ziele festgelegt, die auch die Menschen und deren Lebenssituation im Blick haben. Das wird begleitet und auch kritisch evaluiert. Es ist nicht so, dass man das jetzt beschlossen hat und sagt, dann ist es so, sondern es gibt da auch entsprechend aus meiner Sicht sehr wichtige Begleitung.
Ich will damit aufräumen, dass es hier um Vattenfall geht. Es geht nicht nur um einen Konzern, sondern es geht um ein Thema, das in Deutschland ganz wichtig ist, nämlich um eine verlässliche, bezahlbare, wirtschaftliche Energieversorgung. Deshalb ist dieser Wink, der immer in Richtung eines Unternehmens geht, völlig fehl am Platz.
Entgegen allen Kritikern, die sagen, CCS ist etwas, das sich verabschiedet, will ich auch sagen, dass die EU im Frühjahr beschlossen hat, dieses Thema beispielsweise noch stärker zu fördern. Ich finde es auch wichtig, dass wir als Sächsischer Landtag uns zu dieser Thematik bekennen und, wenn wir über Kohle sprechen, wir auch immer die Umweltverträglichkeit mit in die Diskussion nehmen. CCS ist für mich nach wie vor kein totes Thema, sondern ein sehr wichtiges, das auch als Technologietransfer in unserer Region mit zu betrachten ist. Das will ich an dieser Stelle erwähnen.
Meine Redezeit ist zu Ende. – Ich denke, wir haben heute unter Tagesordnungspunkt 6 noch genügend Zeit, uns intensiv mit Ihrem Antrag auszutauschen. Die Debatte hat für mich jetzt keine neuen Erkenntnisse gebracht. Aber ich denke, wir sollten aufhören, dieses ganze Thema zu ideologisieren.
Herr Dr. Meyer sprach für die CDU-Fraktion. Redezeit hätte jetzt noch in der Reihenfolge die FDP mit 3 Minuten. Wollen Sie das Wort noch mal ergreifen? – Das kann ich nicht erkennen.
Wir könnten jetzt in eine dritte Runde eintreten. Das wollen wir auch. Die einbringende Fraktion DIE LINKE ergreift erneut das Wort. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Kosel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Debatte über den Braunkohleabbau in der Ober- und Niederlausitz ist schlechterdings nicht solide ohne Einbeziehung elementarer Grundsätze des Minderheitenschutzes und der Schutznormen des sorbischen Siedlungsgebietes führbar. Zumindest für uns LINKE ist das eine zentrale Erkenntnis.
Meine Damen und Herren! Am 16. Mai dieses Jahres führten wir die letzte Debatte zu diesem Thema. Damals ging es darum, ob der Braunkohleausschuss bzw. der Regionale Planungsverband Oberlausitz/Niederschlesien eine Entscheidung fällen soll oder darf, die die Heimat der Einwohner von Rohne-Mulkwitz, Mühlrose und Teilen von Schleife zerstört. Ich habe damals auf die Sächsische Verfassung und das Sächsische Sorbengesetz hingewiesen. Ich hatte die Hoffnung, dass die Verbandsräte diese zentralen Rechtsnormen stärker in ihren Abwägungsprozess einbeziehen. Ich bin von der Mehrheit der Verbandsräte enttäuscht worden.
Meine Damen und Herren, nunmehr steht eine Entscheidung des sächsischen Innenministeriums an. Hierzu erwarte ich eine klarere Verfassungs- und Gesetzesbindung als in den vorangegangenen Debatten. Ich erwarte vom sächsischen Innenministerium, dass die das sorbische Siedlungsgebiet schützenden Verfassungs- und einfachgesetzlichen Normen in den Entscheidungsprozess nachvollziehbarer einbezogen werden. Ich erwarte vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst als für die Sorben zuständigem Ministerium, dass es seiner besonderen Verantwortung gerecht wird, sein Wissens- und Erfahrungspotenzial einsetzt und den Minderheitenschutz in der Debatte in die Waagschale wirft. Ich erwarte vom Ministerpräsidenten, dass er endlich seine besondere sorbische Sensibilität in dieser Frage erkennen lässt.
Meine Damen und Herren! Vergegenwärtigen wir uns bitte Folgendes: Der erste Landtagspräsident unseres Landtages, Erich Iltgen, hat bei der Vorstellung der Sächsischen Verfassung im Jahre 1992 die Verfassungsnorm über die Rechte der Sorben den damaligen Landtagsabgeordneten in besonderer Weise – ich zitiere – „an das Herz legen wollen“. Erich Iltgen hatte damals noch die druckfrischen Artikel 5 und 6 unserer Verfassung vor Augen. Artikel 5 erkennt das Recht auf Heimat an. Artikel 6 fordert, die Lebensbedürfnisse des sorbischen Volkes in der Landes- und Kommunalplanung zu berücksichtigen und den besonderen deutsch-sorbischen Charakter des sorbischen Siedlungsgebietes zu erhalten. Letzter Punkt setzt natürlich den Erhalt des sorbischen Siedlungsgebietes an sich voraus.
§ 2 Abs. 3 des Sächsischen Sorbengesetzes konkretisiert – ich zitiere –: „Das sorbische Volk und jeder Sorbe haben das Recht auf Schutz, Erhaltung und Pflege ihrer angestammten Heimat und Identität.“ Meine Damen und Herren, eigentlich sind dies klare Worte. Was sind diese Worte aber wert, wenn die Region Schleife in die Grube fällt? Meine Damen und Herren, wir haben eine gemeinsame Verantwortung, Minderheitenschutz nicht zur Makulatur werden zu lassen. Wir sollten ganz im Sinne des ersten Landtagspräsidenten, Erich Iltgen, den Minderheitenschutz nah am Herzen tragen.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist es nicht hinnehmbar, wenn die These vertreten wird, dass das sorbische Siedlungsgebiet nicht zentral bedroht sei, weil nur Dörfer „umgesetzt“ würden – und das noch im sorbischen Siedlungsgebiet selbst. Meine Damen und Herren! Ich erwarte, dass die Staatsregierung ernsthaft prüft, wie sich die jetzt immer stärker spürbaren Auswirkungen von über 100 Jahren Kohlebergbau in der Lausitz auswirken. Im vergangenen Jahr gab es dort über 35 000 Hektar gesperrte Fläche. Wem dieses landwirtschaftliche Flächenmaß nicht geläufig ist, erläutere ich dies kurz: Das entspricht 50 000 Fußballfeldern. Wenn sich sorbisches Siedlungsgebiet in erheblichen Teilen als Sperrgebiet mit absolutem Betretungsverbot darstellt, in
dem menschliche Ansiedlung ausgeschlossen ist, erwarte ich, dass die Sächsische Staatsregierung prüft, ob dieser Zustand nicht bereits eine Verletzung der genannten Normen zum Schutz des sorbischen Siedlungsgebietes darstellt.
Meine Damen und Herren! Gleichzeitig erwarte ich, dass sich die Staatsregierung und die demokratischen Fraktionen in diesem Hohen Haus ernsthaft mit den aktuellen Positionen und Forderungen der Sorben zur Erweiterung des Tagebaus Nochten befassen. Die Domowina als anerkannte Interessenvertreterin des sorbischen Volkes hat am 14. September 2013 hierzu klare Beschlüsse gefasst.
Ich komme zum Schluss. Die Domowina hat diese an den Ministerpräsidenten, den Innenminister, den Landtagspräsidenten und an die Vorsitzenden der demokratischen Fraktionen übermittelt. Die Forderungen sind klar: keine Abbaggerung weiterer sorbischer Dörfer und keine Erweiterung des Tagebaus Nochten. Meine Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung ist aufgefordert, darüber zu entscheiden.
Folgendes ist aufgrund der Position der Domowina klar geworden: Eine Entscheidung des sächsischen Innenministeriums für die Erweiterung des Tagebaus Nochten stünde im Gegensatz zu der Position der Domowina. Die Staatsregierung sollte dies ernsthaft bedenken.
Herr Kosel sprach für die einbringende Fraktion DIE LINKE. Die CDU hätte noch Redezeit. Möchte sie diese nutzen? – Das ist nicht der Fall. Die anderen Fraktionen habe ihre Redezeit ausgeschöpft. Die FDP hat keinen Redebedarf mehr. Möchte die einbringende Fraktion noch einmal das Wort ergreifen? Es sind noch zwei Minuten übrig. – Das kann ich nicht erkennen. Wir können nun die Staatsregierung zu Wort kommen lassen. Für die Staatsregierung ergreift das Wort Herr Staatsminister Morlok.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte – dies wird aus dem Debattentitel bereits deutlich – hat zwei Themenkomplexe: nämlich die Frage der Braunkohlepläne im Speziellen und die Energiepolitik im Allgemeinen. Ich möchte zu diesen beiden Bestandteilen der Aktuellen Debatte getrennte Ausführungen machen.
Ich komme zuerst zu den Braunkohleplänen. Der Regionale Planungsverband – das ist in der Debatte bereits angesprochen worden – hat den entsprechenden Sat
zungsbeschluss erlassen. Wir hatten vor circa zwei Monaten die Gelegenheit, über dieses Thema zu diskutieren. Ich bin dem Kollegen Jurk ausdrücklich dankbar, dass er damals darauf hingewiesen hat, wie sachgerecht die Arbeit in dem Regionalen Planungsverband und in den Ausschüssen erfolgt ist.
Es ist jetzt die Aufgabe des Innenministeriums als oberste Raumordnungs- und Planungsbehörde, diesen Satzungsbeschluss zu überprüfen und gegebenenfalls zu genehmigen. Das Innenministerium ist aber in dieser Frage nicht frei. Es ist keine allgemeinpolitische Frage, ob man eine Genehmigung erteilt oder versagt. Das Innenministerium ist als oberste Raumordnungs- und Planungsbehörde an die entsprechenden Gesetzlichkeiten gebunden. Wenn ein entsprechender Antrag auf Genehmigung vorliegt, wird das Innenministerium diesen Antrag entsprechend prüfen, ob er mit den gesetzlichen Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland und des Freistaates Sachsen im Einklang steht.
Ich möchte noch einmal deutlich auf Folgendes hinweisen, weil wir auch in anderen Fällen diese Zwittersituation in der öffentlichen Verwaltung haben: Wir haben im Deutschen Bundestag über den Bundesverkehrswegeplan entschieden. Damit beschließt die Bundesrepublik
Deutschland durch den Bundestag, welche Bundesverkehrswege sie aus- und neubauen möchte. Es ist ein Beschluss des Deutschen Bundestages. Obwohl der Deutsche Bundestag beschließt, irgendwo eine Bundesstraße, eine Bahnlinie oder eine Autobahn zu bauen, bedarf es anschließend eines Planfeststellungsverfahrens für das konkrete Projekt. Es kann passieren, dass, obwohl der Deutsche Bundestag die Straße haben möchte, man im Planfeststellungsverfahren zu dem Ergebnis kommt, dass sie in Abwägung aller Belange nicht sinnvoll ist und deswegen nicht gebaut wird. Genau diese Situation haben wir auch hier. Zum einen besteht das politische Bekenntnis zu einer Straße oder zur Braunkohle. Zum anderen muss die rechtsstaatliche einwandfreie Abwägung dieser Maßnahme erfolgen.
Sehr geehrter Herr Lichdi, manchmal beschleicht einen das Gefühl, wenn Sie zu diesem Thema sprechen, dass Sie ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat und zur Demokratie haben. Genau diese Entscheidungen lassen Sie nämlich für sich nicht gelten. Rechtsstaat und Demokratie ist für Sie nur dann gut, wenn dies zu den Ergebnissen führt, die Sie politisch möchten.
Sehr geehrte Damen und Herren, das ist aber politische Willkür. So hat man Braunkohletagebaue in der DDR betrieben, so tun wir es heute nicht mehr, sehr geehrte Damen und Herren.
Wir nehmen diese Abwägungsentscheidungen ernst. Wir nehmen die Entscheidungen des Regionalen Planungsverbandes ernst. Er ist demokratisch legitimiert.
Im weiteren Verfahren hatten wir Fragen, die die Belange von Menschen, die von Umsiedlung betroffen sind, aber auch Minderheitenschutz abgewogen. Genau das ist das Prinzip einer rechtsstaatlichen Vorgehensweise. Deswegen werde ich zu diesem auch nichts weiter sagen, weil das die unabhängige Prüfungsbehörde, das Innenministerium, nachher zu entscheiden hat.