Aus mehreren Gründen halten wir es deshalb für dringend erforderlich, auch im südwestsächsischen Raum eine neue Justizvollzugsanstalt zu errichten.
Eine Sanierung der jetzigen Justizvollzugsanstalt Zwickau ist nicht wirtschaftlich. Das haben alle Fachexperten so bestätigt. Bei einer Schließung gäbe es keine Haftanstalt
in den Landgerichtsbezirken Chemnitz und Zwickau mehr. Dies können wir aus fachlicher Sicht nicht verantworten, und wir müssen deshalb eine Haftanstalt in Südwestsachsen bauen, die nicht zur Folge haben darf, dass Haftanstalten in Torgau oder Görlitz zur Schließung stehen.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Carsten Biesok, FDP, und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)
Bereits jetzt sind Strafgefangene aus den Landgerichtsbezirken Chemnitz und Zwickau nicht nur in der Justizvollzugsanstalt Zwickau, sondern auch in den Justizvollzugsanstalten Dresden und Zeithain untergebracht. Es zeigen sich erhebliche Defizite bei einer rückfallvermeidenden Entlassungsvorbereitung, weil zum Beispiel Bewährungshelfer, Straffälligenhilfeorganisationen oder Familienangehörige durch die weiten Anfahrtswege in vielen Fällen an der unmittelbaren Kontaktaufnahme mit dem betroffenen Gefangenen gehindert sind. Diese Kontakte werden aber gebraucht, um eine erfolgreiche Resozialisierung neben Bildung, Arbeit und sozialen Kontakten, die notwendig sind, durchzuführen.
Diese Probleme würden sich massiv verschärfen, wenn wir die JVA Zwickau schließen und die Haftplätze an andere Haftanstalten im Freistaat verteilen würden. Entscheidend ist für uns hierbei aber, dass die noch offenen Fragen beim Grundstückserwerb nicht zulasten des Freistaates Sachsen gelöst werden. Ein Erwerb des Grundstückes um jeden Preis sollte auf jeden Fall vermieden werden.
Des Weiteren gehen wir davon aus, dass die Verhandlungen mit dem Freistaat Thüringen erfolgreich verlaufen werden, sodass etwaige Differenzen in beiderseitigem Einvernehmen gelöst werden. Wir werden aber keine Risiken – das möchte ich deutlich betonen, auch in Richtung Staatsregierung – des Nachbarlandes Freistaat Thüringen durch unseren Staatshaushalt übernehmen. Das lehnen wir ab.
Anderenfalls muss das Projekt verändert und auf die Anzahl der sächsischen Gefangenen reduziert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir mussten auch zur Kenntnis nehmen, dass der offene Vollzug in Chemnitz aufgrund der letztinstanzlichen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes kurzfristig geschlossen
werden muss. Wir haben von meinen beiden Vorrednern und von Ihnen, Herr Staatsminister, bereits die entsprechenden Meinungen gehört. Im Staatshaushalt 2013/2014 haben wir Haushaltsvorkehrungen getroffen. Diese haben wir auch im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss sehr deutlich kommuniziert.
Dennoch muss man sagen, dass die Schließung natürlich zur Unzeit kommt, weil wir ja noch nicht in der Lage sind, die Baumaßnahmen derzeit laufen zu lassen. Ich gehe davon aus, dass es dem Justizministerium gelingt,
möglichst eine Situation herbeizuführen, dass die im offenen Vollzug befindlichen Gefangenen auch der Frage Bildung, Arbeit und Resozialisierung entsprechend nachgehen können, wenn es Übergangslösungen gibt.
Einen entscheidenden Anteil an einem funktionierenden Justizvollzug haben die Bediensteten und Mitarbeiter in den Haftanstalten. Mir ist bewusst, dass sie einen schweren Dienst vor Ort leisten. Wie Sie wissen, müssen viele Mitarbeiter im Justizvollzug in Schichten arbeiten. Das ist eine große Herausforderung, wenn man auf der einen Seite Sicherheit zu gewährleisten hat, sich auf der anderen Seite Formen der Resozialisierung der Gefangenen stellen muss und dabei noch eine Vielzahl von anderen sozialen Problemen der Gefangenen mit zu lösen hat.
Deshalb haben wir entschieden, die insbesondere in den unteren und mittleren Einkommensgruppen unbefriedigende Beförderungssituation durch Stellenhebungen zu entspannen. Dies ist durch die Entscheidung im Staatshaushalt geschehen. Es ist aus unserer Sicht ein erster Schritt, um hier Bewegung hineinzubekommen und leistungsstärkeren Beamten auch im Strafvollzug eine Perspektive zu geben.
Ungeachtet dessen stehen wir vor dem Problem, dass zahlenmäßig erhebliche Abgänge in den nächsten Jahren bevorstehen.
Wir brauchen dringend ausgebildete junge Beamte im Strafvollzug, damit sie die Pensionäre ersetzen können. Deshalb müssen wir die Attraktivität dieses Berufs steigern, um entsprechenden Nachwuchs zu gewinnen.
Sehr wichtig war für uns, dass es uns gelungen ist, mit dem Strafvollzugsgesetz einen klaren rechtlichen Rahmen in Richtung eines sicheren, modernen und auf Resozialisierung orientierten Strafvollzugs zu geben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Haftzeit muss genutzt werden, um die Gefangenen durch gezielte und individuelle Maßnahmen auf möglichst straffreie Zeit nach der Haftentlassung vorzubereiten. Dies ist für die Gesellschaft viel billiger, als diesen ständigen Kreislauf zwischen Haftanstalt, Freiheit, Straftaten und wieder Haftanstalten zu haben. Wir müssen diesen Kreislauf durchbrechen. Das geht nur durch solide Resozialisierung. Hierzu gehört die Möglichkeit, möglichst allen Gefangenen, die arbeiten können, Arbeit und Ausbildung zu übertragen, da dies von uns als wesentlicher und entscheidender Resozialisierungsaspekt angesehen wird.
Die in den letzten Jahren in den Justizvollzugsanstalten entstandenen Arbeitsplätze haben sich bewährt und sind vom größten Teil der Strafgefangenen angenommen worden. Die Arbeit ist dem normalen Leben in Freiheit angepasst und mit der Aneignung bestimmter Fähigkeiten und Fertigkeiten auch ein wesentlicher Vorteil der schnellen Eingliederung nach der Entlassung. Jeder Unternehmer wird fragen: Haben Sie in Ihrer Haftzeit gearbeitet oder haben Sie drei Jahre nur auf Ihrem Zimmer gesessen und Gespräche geführt? – Wenn jemand nachweisen kann, dass er sich in der Haft lange um Arbeit bemüht und
gearbeitet hat, ist das eine gute Voraussetzung, von Unternehmen in das Unternehmensspektrum integriert zu werden.
Auch wenn wir in den letzten Jahren neue Haftanstalten gebaut haben und noch eine bauen werden: Wir haben in Sachsen keinen Kuschelvollzug. Die Haftanstalt bleibt ein Ort zur Verbüßung der Haft und der Strafe, muss aber auch ein Ort der Vorbereitung auf eine Zeit ohne Straftaten sein.
Ein großes Problem stellt die Sicherheit in den Haftanstalten dar. Wir haben seit Jahren mit dem Einbringen von Drogen zu kämpfen. Ich bitte Sie, Herr Staatsminister, alles daranzusetzen, dass wir diesen Kreislauf unterbrechen. Wir müssen Lösungen finden, damit das Einschmuggeln von Drogen verhindert wird. Ich weiß: Es ist schwierig, wenn sich auch Mitarbeiter daran beteiligen und Drogen einbringen. Aber es ist von uns nicht zu dulden, dass in die Haftanstalten Drogen eingebracht werden. Das müssen wir unterbinden.
Ein weiterer Schwerpunkt war die wesentliche Stärkung des Opferschutzes. So haben wir beispielsweise einen gebundenen Auskunftsanspruch. Ein Opfer von Straftaten hat auf schriftlichen Antrag hin einen Anspruch gegenüber der Anstalt auf Mitteilung, ob und ab wann die Entlassung bevorsteht und wie die Entlassungsadresse des Täters lautet. Entsprechend besteht auch der Anspruch auf Information bezüglich der Unterbringung des Gefangenen im offenen Vollzug und der Gewährung von Lockerungen.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit, den Kontakt zwischen Täter und Opfer während des Vollzugs zu unterbinden. Da unser Ziel ist, Opfer zu schützen und Retraumatisierung möglichst zu vermeiden, haben wir die Arbeit der Opferverbände auch finanziell gestärkt. Auch zukünftig werden wir uns verstärkt der Opferhilfe widmen. Wir werden es nicht zulassen, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass die Opfer bei der Bewältigung der Folgen von Straftaten alleingelassen werden. Für uns gilt weiterhin „Opferschutz vor Täterschutz“.
gebracht. Ich gehe davon aus, dass wir damit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend umsetzen; Herr Staatsminister, Sie haben darauf hingewiesen, dass wir gemeinsam in der übernächsten Woche die Sicherungsverwahrung in Bautzen besuchen werden.
Sicherheit ist aber nicht nur eine Frage des Strafvollzugs oder bei der Sicherungsverwahrung. Leider mussten wir eine Reihe von schweren Vorfällen in Einrichtungen der Justiz mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen. Sie haben, Herr Staatsminister, auf den furchtbaren Mord an Marwa El-Sherbini am 1. Juli 2009 hingewiesen. Es ist bedauerlich und traurig, dass dies in Sachsen geschehen ist. Wir alle stehen auch jetzt, nach mehr als vier Jahren, unter dem Eindruck dieses unfassbaren Geschehens.
Dieser und andere Vorfälle machen aber deutlich, dass wir für die Justizeinrichtungen Sicherheitskonzepte brauchen, die fortlaufend angepasst werden müssen.
Mir ist auch bewusst, dass wir nicht jedes Gericht zu einer Festung machen können. Dies wird der Staat nicht leisten können. Allerdings besteht andererseits auch die Verpflichtung, dass der Justizstandort Sachsen für seine Mitarbeiter im Umfeld von Justizbeschäftigten und Prozessbeteiligten zu sorgen hat. Deshalb unterstützen wir die entsprechenden Maßnahmen des Staatsministeriums für Justiz und für Europa.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu den Gerichtsvollziehern sagen: Diese leisten unter sehr schwierigen Bedingungen eine sehr wichtige Arbeit für den Freistaat.
Diese Tätigkeit ist auch nicht immer ungefährlich, wie der Übergriff auf einen Gerichtsvollzieher im Raum Meißen im letzten Jahr gezeigt hat. Um derartige Vorfälle so weit wie möglich zu vermeiden, halte ich es für sinnvoll, dass eine intensive Zusammenarbeit mit der Polizei weitergeführt wird. Dies bedeutet natürlich nicht, dass bei jeder Maßnahme jetzt Polizeischutz erfolgt. Nein, es geht vielmehr darum, dass ein Informationsaustausch möglich sein muss, um Gefährdungslagen im Vorfeld zu ergründen, wenn Dateneinträge dies möglich machen und dann auch ein gewisser Schutz oder Vorkehrungen für den Gerichtsvollzieher möglich sind.
Die sächsische Justiz, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss sich genau – wie auch die Polizei – auf neue Kriminalitätsformen einstellen. Ich verweise hier nur auf die Internetkriminalität, auf mögliche Angriffe gegen kritische Infrastrukturen, aber auch auf die zunehmende Rauschgiftkriminalität mit der Billigdroge Crystal. Gerichte und Staatsanwaltschaften werden diesbezüglich neue Antworten finden müssen, um eine effektive Strafverfolgung zu ermöglichen. Wir werden auch Antworten darauf finden müssen, in den Justizvollzugsanstalten mit drogenbetroffenen Menschen umzugehen und sie möglichst von dieser Droge auf Lebenszeit abzubringen. Ein zentraler Aspekt wird hierbei die grenzüberschreitende Zusammenarbeit spielen. Die Täter machen nicht vor Landesgrenzen halt. Deshalb muss dies im gleichen Maße auch für die Strafverfolgungsbehörden gelten. Im polizeilichen Bereich sind dort erste und erfolgreiche Maßnahmen getroffen worden. Ich nenne hier nur die gemeinsame Ermittlungsgruppe „Neiße“ und „Elbe“.
Leider wird sich die Justiz auch weiterhin mit extremistischen Straftaten beschäftigen müssen. Der fremdenfeindliche Angriff auf die Hamburger Schüler in der Sächsischen Schweiz in den letzten Tagen hat erneut gezeigt, dass hier trotz aller Bemühungen weiter intensiv gearbeitet werden muss.
Dies betrifft sowohl den Bereich Prävention wie auch Strafverfolgung. Die CDU-Fraktion verurteilt diese Angriffe auf das Schärfste und wünscht den Opfern schnelle Genesung.
Abgesehen von dem Leid wird hierdurch den Interessen des Freistaates Sachsen massiv geschadet. Wir hoffen, dass die Strafverfolgungsbehörden schnell die Täter feststellen und bestrafen. Der Freistaat Sachsen ist kein fremdenfeindliches oder ausländerfeindliches Land. Der Freistaat Sachsen ist weltoffen, weil er viele Hundert Jahre weltoffen war und immer Menschen aus anderen Ländern Heimat geboten hat.
Der Freistaat Sachsen ist ein Land, das Gäste gerne begrüßt und Gäste schätzen gelernt hat. Wir wollen offen bleiben für Menschen, die unser Land besuchen, dass sie hier friedlich ihren Besuch und ihr Erleben unseres Landes gestalten können.
Ich hoffe, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich solche Vorkommnisse nicht mehr wiederholen.
Ich komme zum Schluss. Die sächsische Justiz hat sich in den zurückliegenden Jahren solide entwickelt. Sie muss sich konsequent einer Vielzahl von neuen Aufgaben und Problemen stellen und diese lösen. Die sächsische Justiz ist als dritte Säule der Staatsgewalt auch ein Garant für Demokratie, Sicherheit und Freiheit und bildet wichtige Voraussetzungen für den Wirtschaftsstandort Sachsen. Das ist eine gute Justiz.
Nach Herrn Kollegen Schiemann, der für die CDU-Fraktion sprach, erteile ich nun Frau Kollegin Friedel für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich vor einer guten Woche gehört habe, es gibt eine Fachregierungserklärung zum Thema Justiz in Sachsen, war ich überrascht und gespannt und dachte: Oh, da hat der Staatsminister was zu sagen!