Protocol of the Session on September 19, 2013

Ein Gesetzentwurf unserer Fraktion dazu liegt vor. Ich hoffe, dass im Sinne der Petenten eine Einigung mit der Koalition in dieser Frage möglich sein wird.

Daran anschließend möchte ich noch einmal ausdrücklich mein Bedauern über das Scheitern der interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Reform des Petitionswesens zum Ausdruck bringen. Vor rund einem Jahr haben wir hier von der Koalition gehört, dass sie diese Arbeitsgruppe offenbar nicht mehr fortführen möchte und gedenkt, eigene Vorschläge vorzulegen. Bis heute liegen keinerlei solcher Vorschläge seitens der Koalition vor. Ich bin sehr gespannt, wann sie damit herausrücken will, denn so lang ist die Legislaturperiode doch nicht mehr.

Allerdings würde ich mir vielmehr eine Rückkehr zur interfraktionellen Arbeitsgruppe wünschen. Wenn es unter den fünf demokratischen Fraktionen möglich ist, sich über eine Schuldenbremse in der Sächsischen Verfassung zu einigen, erschließt sich mir nicht, warum dies bei dem sehr viel weniger politisch aufgeladenen Thema Petitionen nicht auch möglich sein sollte. Dies würde meines Erachtens viel mehr der ansonsten vergleichsweise großen

fraktionsübergreifenden Zusammenarbeit im Ausschuss entsprechen und im Sinne der Petenten sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Jennerjahn. – Für die NPD-Fraktion Frau Abg. Schüßler. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Petitionsbericht 2012 wird, wie seine Vorgänger, am 3. Oktober, zum Tag der offenen Tür, vermutlich wieder viele Abnehmer finden. Jedes Jahr gibt es darin einige kleine Verbesserungen und neue Ideen. Unser Ausschuss kann sich damit interessant und bürgerfreundlich präsentieren. Die Zahlen wurden bereits mehrfach genannt. Wir hatten im Jahr 2012 901 eingegangene Schreiben, von denen letztlich 654 als Petitionen behandelt werden konnten. Wie mit den übrigen Schreiben verfahren wurde, können Sie auf den Seiten 22 und 23 nachlesen.

Im Anhang finden Sie dann ab Seite 114 die Themen der Mehrfach-, Sammel- und Massenpetitionen. Hier möchte ich besonders die 33 379 Unterschriften zur Sammelpetition zur „Novellierung des Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetzes“ erwähnen. Zu einem anderen Petitionsthema ein Zitat von Seite 24: „Den Fachbereich der Sächsischen Staatskanzlei betrafen im Vergleich nur insgesamt 62 Einzelpetitionen. Davon hatten allerdings 55 Petitionen die Gesetzesänderung zur Erhebung des Rundfunkbeitrages ab 2013 zur Grundlage. Ein Zurückgehen des Petitionsaufkommens ist auch nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 01.01.2013 nicht feststellbar.“

Mit anderen Worten: Viele Bürger halten diese Haushaltsabgabe nach wie vor für ungerecht und beschweren sich auch weiterhin. Sie haben sicherlich selbst gesehen, meine Damen und Herren, dass wir als NPD-Fraktion zu diesen Petitionen, die sich mit der sogenannten Haushaltsabgabe befassen, regelmäßig unser abweichendes Stimmverhalten signalisieren.

Zeitungsausschnitte und der Auszug aus dem „Landtagskurier“ „Ein Tag mit Tino Günther“ lockern unseren Bericht angenehm auf, der sonst mit all diesen Zahlen und Statistiken doch ein wenig trocken wäre. Stichwort Tino Günther: Auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich an dieser Stelle für die jahrelange gute Zusammenarbeit im Ausschuss zu bedanken, und sein fröhliches „Glück auf!“ fehlt mir jetzt schon etwas.

Eine weitere Neuerung im Bericht ist der Punkt 5 auf Seite 85 – Aktivitäten des Petitionsausschusses. Jetzt setzt meine Kritik an. Hierbei geht es weniger um den Bericht selbst, sondern mehr um die Tatsache, dass der Petitionsausschuss – ich sage es einmal salopp – einen Ausflug nach Israel unternommen hat. Jeder Ausschuss kann einmal pro Legislaturperiode eine Reise unternehmen.

Die Finanzierung läuft über den Landeshaushalt. Meistens geht es in die Nachbarländer, gern aber auch mal ins Baltikum, aber in der Regel bleibt man eben doch auf europäischem Gebiet. Den praktischen Nutzen dieser Reisen für die sächsischen Bürger, in deren Auftrag wir hier alle sitzen, konnte ich bislang noch nicht erkennen. In der letzten Legislaturperiode ging die Reise des Ausschusses in die Schweiz. Auch diese hatte keine Auswirkungen auf das sächsische Petitionswesen – und jetzt also Israel.

Tino Günther schreibt zwar in seinem Vorwort, dass dieses Land eine lange Tradition des Petitionswesens habe, aber von – ich zitiere – „den Anregungen und Ideen“ für unseren Ausschuss oder für Sachsen konnte ich bislang noch nichts vernehmen. Ehrlich gesagt, halte ich die Reise eines Ausschusses eines Landesparlamentes in ein Land des Nahen Ostens auch für ziemlich überflüssig.

Der Ausschussvorsitzende hat die Wahl des Reisezieles damals unter anderem damit begründet, dass „jeder deutsche Politiker einmal an der Klagemauer gestanden haben sollte“.

(Alexander Delle, NPD: Kann er machen, aber auf eigene Kosten!)

Ich kann nur hoffen, dass diese Begründung bei den Besuchern zum Tag der offenen Tür, die eventuell nach dieser Reise fragen, auf Verständnis stößt.

Die nächste Frage ist: Was kommt jetzt als Nächstes? Jetzt die Klagemauer, in der nächsten Legislatur vielleicht die Chinesische Mauer oder die Mauer zwischen Nord- und Südkorea – man weiß es nicht.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich, wie meine Vorredner, ganz herzlich bei den Mitarbeitern des Referates und des Ministeriums bedanken, die die Abgeordneten kompetent und geduldig unterstützen und ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Das war die erste Runde aus den Reihen der Fraktionen. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, diese Unterrichtung zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Unterrichtung des Petitionsausschusses, Drucksache 5/12179, zustimmend zur

Kenntnis genommen worden.

Meine Damen und Herren! Für die geleistete Arbeit des Petitionsausschusses und seiner Geschäftsstelle darf ich mich auch im Namen aller Abgeordneten des Sächsischen Landtags recht herzlich bedanken. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 4

Freiwilligendienste in Sachsen

Drucksache 5/12204, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE,

und die Antwort der Staatsregierung

Als Einreicherin spricht zuerst die Fraktion DIE LINKE. Die weitere Reihenfolge lautet CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Klepsch; bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Freiwilligendienst kann in der Bundesrepublik auf eine lange Geschichte zurückblicken und er ist im Hinblick auf die Bewerberzahlen, zumindest in Sachsen, und die Einsatzstellenvielfalt eine Erfolgsgeschichte.

Mit dem Gesetz zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahres wurde 1964 – nach einzelnen Vorläufern im Pflegebereich – der gesetzliche Rahmen für pflegerische, erzieherische und hauswirtschaftliche Tätigkeiten von jungen Erwachsenen bis 27 Jahre geschaffen. Im Jahre 1993 wurden die Freiwilligendienste um das ökologische Jahr im Bereich Umwelt und Naturschutz ergänzt. Im letzten Jahrzehnt hat sich das FSJ noch weiter ausdifferenziert und kann in den Bereichen Sport, Kultur und Politik absolviert werden.

In einer biografischen Phase, die von jugendspezifischen Herausforderungen des Übergangs von der Jugendphase in den Erwachsenenstatus geprägt ist, bieten Freiwilligendienste Orientierung und Begleitung. Ein Engagement im Jugendalter ermöglicht Lernerfahrungen und setzt Bildungsprozesse in Gang, die bestenfalls zu späterem Engagement im Erwachsenenalter führen.

Das Deutsche Jugendinstitut wies in einer Stellungnahme bereits vor mehr als zehn Jahren auf die gesellschafts- und sozialpolitische Bedeutung der Freiwilligendienste hin: „Die jungen Freiwilligen entwickeln Sensibilitäten für die Probleme von Menschen, denen es in dieser Gesellschaft weniger gut geht, und machen Erfahrungen mit fremden Kulturen in anderen Ländern. In den Handlungsfeldern in Krankenhäusern, Altenheimen, Behinderteneinrichtungen oder auch in der Jugendarbeit erhalten sie Einblicke in die Lebenswelten von Menschen, die in besonderer Weise Benachteiligungen und Stigmatisierungen ausgesetzt und von gesellschaftlicher Marginalisierung bedroht sind. Im Freiwilligen Ökologischen Jahr werden die Freiwilligen mit Problemen der Umwelt, der Dorf- und Stadtentwicklung und ökologischen Fragen konfrontiert. Mit ihrem Freiwilligendienst übernehmen die Freiwilligen soziale Verantwortung für die Belange des Gemeinwesens.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Dank und der Dank meiner Fraktion DIE LINKE gilt an dieser Stelle

den vielen Trägern, den Kultureinrichtungen, Vereinen und Wohlfahrtsverbänden, die die Freiwilligendienste in Sachsen ermöglichen, sie koordinieren und die Jugendlichen auf dem Weg ein Stück begleiten.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Aus der Großen Anfrage geht auch hervor, dass dies nur mit viel zusätzlichem und ehrenamtlichem Engagement möglich ist. Was hat uns als LINKE-Fraktion veranlasst, die Freiwilligendienste in Sachsen in einer Großen Anfrage näher zu betrachten?

Mit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes und der Aussetzung des Zivildienstes vor zwei Jahren gestaltete sich die Landschaft der Freiwilligendienste nicht nur in Sachsen neu. Vor drei Jahren, im Zuge der großen Kürzungen im Sozialbereich 2010, wurden die durch das Land geförderten FSJ-Stellen von damals 1 100 auf weniger als 700 gekürzt. Seit August 2013 gibt es in Sachsen offiziell ein FSJ Pädagogik und im Sommer 2012 wurde durch das Sozialministerium eine Fachstelle Freiwilligendienste installiert. Das ist Anlass genug, sich dem Thema Freiwilligendienste genauer zu widmen.

Hatte man sich von der Antwort des Sozialministeriums auf die Große Anfrage die entsprechende Erleuchtung erhofft, so wird man mehr als enttäuscht, um nicht zu sagen veräppelt. Es kann weder mangelnder Datenmenge noch fehlender Zeit geschuldet sein; denn immerhin waren zweieinhalb Monate Zeit, die 142 Fragen zu beantworten. Auch müsste unsere Große Anfrage für das Sozialministerium Anlass sein, diesen Bereich bürgerschaftlichen Engagements in all seinen Facetten positiv darzustellen.

Offensichtlich war man im Sozialministerium ungehalten darüber, dass die Opposition einmal genauer hinschaut und Fragen stellt. Stattdessen werden Fragen falsch, ungenau oder gar nicht beantwortet. Die Daten sind auch nicht valide

(Christian Piwarz, CDU: Woher wissen Sie denn, dass sie falsch beantwortet sind?)

und widersprechen früheren Kleinen Anfragen meiner Fraktion. Man könnte es auch als schlampig bezeichnen – das gestatte ich mir an dieser Stelle –, dass ein Referat seine Ministerin damit vor dem Parlament auftreten lässt. Das ist beschämend, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Die Punkte, an welchen Stellen wir Gesprächsbedarf im Sinne der Weiterentwicklung der Freiwilligendienste sehen, hatte ich bereits genannt. Wir haben dazu noch einen Entschließungsantrag, und ich möchte etwas ausführlicher auf einzelne Punkte eingehen.

Unsere Fragen zum Bundesfreiwilligendienst wurden mit Verweis auf die Bundesstatistik nicht beantwortet. Deshalb werden wir diesen Bereich heute ausklammern, obwohl wir uns dessen bewusst sein müssen, dass in Ostdeutschland der Bundesfreiwilligendienst aufgrund der Arbeitsmarktsituation und manifester Langzeitarbeitslosigkeit eine ganz andere Entwicklung genommen und eine Entlastungsfunktion für den Arbeitsmarkt hat, wenn vor allem Menschen über 27 Jahren zum Einsatz kommen. Erst vor wenigen Stunden hatte ich eine Besuchergruppe der AWO aus dem BfD mit Langzeitarbeitslosen.

Betrachtet man die Statistik zu den Schulabschlüssen der Freiwilligen, dann stellt man fest, dass der Anteil der Abiturienten deutlich höher ist als der Anteil der Jugendlichen, die in Sachsen die Hochschulreife erlangen. Das führt zu der Frage: Warum entscheiden sich Jugendliche mit höheren Bildungsabschlüssen eher für einen Freiwilligendienst? Hat das möglicherweise finanzielle Gründe? Wie kann es gelingen, auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss oder ohne Schulabschluss für ein Freiwilligenjahr zu gewinnen?

Mit der Einrichtung einer Fachstelle Freiwilligendienste im Sommer 2012 wurde innerhalb der Landschaft der freien Träger und Wohlfahrtsverbände zunächst Verwirrung gestiftet, was eine solche Fachstelle, die mit immerhin 149 000 Euro pro Jahr finanziert wird, leisten soll. Abgesehen von der intransparenten Vergabe an den damaligen Träger des inzwischen aufgelösten „Instituts inform“ und der zwischenzeitlichen Kritik seitens der FSJ-Träger an die Arbeit der Fachstelle scheint diese bei dem neuen Träger, der Jugendstiftung Sachsen, auf gutem Weg zu sein.

Jedoch ist es aus unserer Sicht Aufgabe der Fachpolitik, zu klären, was eine solche Fachstelle leisten soll, zum Beispiel eine gebündelte und zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit für alle Freiwilligendienste in Sachsen, die es jungen Menschen, ihren Lehrern, Jugendarbeitern und Eltern einfacher macht, sich am breiten Angebot zu orientieren und für einen Freiwilligendienst zu entscheiden.

Beim FSJ Pädagogik wiederum, das die Koalition im letzten Herbst spontan aufgrund mangelnden Lehrernachwuchses während der Haushaltsdebatte aus dem Ärmel geschüttelt hat, fragte man sich: Warum genau 40 Stellen? Der Ansturm von mehr als 400 sächsischen Schulen auf eine der 40 Stellen ist aus meiner Sicht weniger eine Erfolgsmeldung als vielmehr ein Seismograf für die schwierige Personalsituation an den Schulen.