Protocol of the Session on September 18, 2013

und wird auch weiterhin zügig den Menschen helfen, denen, die auch wirklich Hilfe benötigen. Der Antrag indes braucht keine Hilfe, zumindest nicht unsere.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kallenbach für die GRÜNEN.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie alle, habe auch ich mir nicht vorstellen können, dass eine sogenannte Jahrhundertflut innerhalb weniger Jahre mehrfach auftritt und auch in diesem Jahr in Sachsen wieder Schäden von etwa 2 Milliarden Euro verursacht hat. Allerdings lassen Klimaveränderungen und die Wahrscheinlichkeit häufiger Extremwetterereignisse leider den Schluss zu, dass wir auch in Zukunft mit verheerenden Fluten rechnen müssen. Wir müssen daher schlussfolgern, dass die bisherigen Hochwasserschutzmaßnahmen auf den Prüfstand gehören und dass gründliche Analysen von Ursachen und Zusammenhängen nötig sind, um zukünftige Schäden zu minimieren.

Ich gehe davon aus, dass uns eine solche Analyse zeitnah vorgelegt wird und die bisherigen Kabinettsbeschlüsse zur Schadensbeseitigung nur der Anfang von notwendigen Schritten waren. Jetzt muss es aber richtigerweise zuallererst und dringend um die Unterstützung derer gehen, deren Hab und Gut geschädigt oder weggeschwemmt ist und die noch sehr lange in Provisorien werden leben müssen.

Es wundert mich überhaupt nicht, dass es vermehrt Mehrfachbetroffene gibt, die das zugegebenermaßen sensible Thema Umsiedlung offen und öffentlich ansprechen und dafür um Unterstützung bitten. Umsiedlung bedeutet Verlust der bisherigen Heimat, bedeutet aber auch zukünftig Sicherheit vor Hochwasser, die am bisherigen Wohnort niemand hundertprozentig gewähren kann. Ich verstehe, dass nicht wenige Familien weder die physische noch die psychische Kraft haben, an gleicher Stelle wieder aufzubauen, um im Zweifelsfall in wenigen Jahren wieder vor einem sprichwörtlichen Scherbenhaufen zu stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher finde ich es angemessen und unterstützenswert, 50 Millionen Euro für einen Umsiedlungsfonds aufzulegen. Angesichts der bisherigen Schadenssumme und der seit 2002 durch den Freistaat ausgegebenen Mittel von etwa 1,5 Milliarden Euro sind das zwar keine Peanuts, aber angemessen und volkswirtschaftlich sinnvoll.

Es ist zudem ein Signal an jene Betroffenen, die an Sicherheit mit der erteilten Baugenehmigung glaubten und sich nun getäuscht sehen. Gut, das ist oft genug ein Problem der Gemeinden. Aber auch der Freistaat hätte vorsorgend handeln und über den Landesentwicklungsplan oder über das Wassergesetz die Bebauung in Überschwemmungsgebieten strikt untersagen können. Das ist nicht erfolgt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit einer Unterstützung für freiwillige Umsiedlung kann das teilweise geheilt und können Schäden für die Zukunft vermieden werden. Dies kann im Einzelfall deutlich preiswerter sein als sehr teure technische Hochwasserschutzanlagen für derartige Risikogebiete.

Wir sehen es als unsere Pflicht an, den Betroffenen nicht nur in Nünchritz, Zeithain oder Pirna eine sichere, zeitnahe und langfristig wirkende Lösung anzubieten. Daher unser Appell: Ja, wir brauchen einen solchen Fonds.

Ich möchte gern noch folgende Grundsätze mit auf den Weg geben: Durch den Rückbau möglichst geschlossener Siedlungsstrukturen sollen tatsächlich Überschwemmungsflächen entstehen, die im Bedarfsfall problemlos geflutet werden können. Viele der überfluteten Flächen entsprechen den alten Flussauen, also den natürlichen Überschwemmungsgebieten. Diese neu entstehenden Retentionsflächen sind in die bestehenden Hochwasserschutzkonzepte des Freistaates aufzunehmen und eine enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Gemeinden durch den Freistaat zu planen und zu koordinieren.

Wir alle wissen, dass Umsiedlung kein Allheilmittel für Hochwasserschutz ist, aber ein wichtiger Baustein, und daher werden wir zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die NPD-Fraktion als letzter Redner in der ersten Runde Herr Löffler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute zum wiederholten Male – und es wird sicher nicht das letzte Mal sein – mit dem Thema Hochwasser und seinen Folgen. Allein das Zitieren der Kernaussagen bisheriger Anträge, Entschließungsanträge oder Regierungserklärungen würde den Rahmen meiner Redezeit sprengen.

Gemeinsam war bisher leider allen parlamentarischen Aktivitäten, dass Annahme oder Ablehnung nicht vom Inhalt, sondern davon, von welchem Einreicher die Vorschläge kamen, abhängig gemacht wurde. So wird es auch heute diesem Antrag ergehen. Seine Ablehnung war bereits zum Zeitpunkt seiner Einreichung sicher.

Eigentlich schade. Dabei ist das Thema Umsiedlung selbst für die Koalition nicht tabu. Man muss es nur so anpacken, dass die betroffenen Bürger wirklich schuldenfrei aus ihrer misslichen Lage herauskommen.

Außerdem sollten gemachte Versprechungen unbedingt eingehalten werden. Etwa die bis heute noch nicht gehaltene Zusage des Ministerpräsidenten, dass alle Betroffenen auch eine entsprechende Versicherung gegen Hochwasserschäden erhalten könnten, zerstört Vertrauen.

Der Antrag der NPD-Fraktion „Pflichtversicherungen für Elementarschäden einführen“ vom Juni-Plenum dieses Jahres, mit der allen Betroffenen solidarisch geholfen werden könnte, wurde – obwohl von den meisten Abgeordneten für inhaltlich richtig befunden – natürlich abgelehnt. Der Fraktionszwang lässt grüßen.

Wie sieht es nun beim Thema Hilfen zur freiwilligen Umsiedlung aus? Da die Zahl der Betroffenen überschaubar ist, kann es am Geld eigentlich nicht liegen; denn Geld ist ja in diesem Land offensichtlich zumindest für die Schulden ausländischer Staaten und Banken immer genügend vorhanden. Derzeit zeichnet sich ja nun das dritte Hilfspaket für Griechenland ab, dessen Umfang für den deutschen Steuerzahler sicher nach der Bundestagswahl konkrete Ausmaße annehmen wird.

Ich möchte an dieser Stelle einen Aspekt aufgreifen, der heute noch nicht zur Sprache gekommen ist: Es sind nicht nur die sich wiederholenden Schadensereignisse, die die betroffenen Bürger an den Rand der Verzweiflung bringen; eine Ursache für den immer größeren Aufwand der Reparaturen ist natürlich auch die zunehmende Technisierung der Lebensumstände – Beispiele: Elektronik, Dämmung, Trockenbau. Es gibt stetig mehr Dinge, die zerstört werden können, als etwa zur Zeit der Gründung vieler Siedlungen oder landwirtschaftlicher Betriebe.

Die Ursachen für die immer größeren Schäden bei Hochwasserlagen haben wir als NPD-Fraktion oft genug benannt. Die permanent wachsende Zahl versiegelter Flächen, widernatürliche Flussbegradigungen, der Wegfall natürlicher Überschwemmungsflächen und das Bauen in Überschwemmungsgebiete seien hier nur beispielhaft genannt.

Zurück zum Antrag. Es wird darin eine völlige Freiwilligkeit für Umsiedlungen gefordert, und das ist absolut richtig so. Diese Forderung dürfte aber dort an ihre Grenzen stoßen, wo nur eine Minderheit der Bewohner bleiben will. Für diese müsste dann weiter die vollständige Infrastruktur unterhalten werden. Ob das immer sinnvoll sein wird, ist fraglich.

Es sollte deshalb auch über Anreize für eine Umsiedlung nachgedacht werden.

Und noch etwas: Wie kann man den Eigentümern von Mehrfamilienhäusern helfen, denen die Mieter durch Wegzug abhandengekommen sind? Ein sächsischer Entschädigungsfonds, Umsiedlungshilfe für Umsiedlungswillige aufgrund von Hochwasserschadensereignissen wäre bei der Lösung dieser Fragen sicher hilfreich. Deshalb wird die NPD-Fraktion diesem Antrag auch zustimmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Ich eröffne eine zweite Runde. Für die einreichende Fraktion der SPD ergreift wieder Herr Dulig das Wort; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was mich an der Debatte ärgert, ist, dass manche Rednerinnen und Redner nicht zugehört haben. Das ärgert mich deshalb, weil wir uns schon sehr bemüht haben, sehr differenziert sowohl beim Antrag als auch bei der Präsentation auf bestimmte Fragen einzugehen.

Ja, wir brauchen eine rechtliche Grundlage. Ja, es kann sein, dass die 50 Millionen Euro nicht ausreichen oder dass es zu viel ist. Ja, es kann sein, dass wir im Nachhinein auch noch im Sinne des Hochwasserschutzkonzeptes über andere Maßnahmen sprechen müssen. Ja, das stimmt alles – das haben wir auch von vornherein gesagt.

Wir haben uns einen einzigen Baustein herausgenommen, der jetzt entschieden werden muss, weil wir ein Konzept brauchen – ein Konzept als Antwort für die Betroffenen. Und die Betroffenen sind nicht nur einige wenige Einzelfälle, sondern das sind Größenordnungen, die wir nicht wegreden können.

Frau Windisch hat erklärt, dass sich Leute auch wieder umentschieden haben: Warum haben denn einige Betroffene ihren Umsiedlungswunsch verändert? Ich kann Ihnen das am Beispiel eines Ortsteils von Grimma erklären – so hat es uns der Oberbürgermeister selbst geschildert. Er sagte: Dort sind 40 Betroffene, die gesagt haben, wir sind bereit umzuziehen. Sie sind auch bereit, eigene Nachteile in Kauf zu nehmen, weil sie natürlich wissen, dass bestimmte Sachen nicht ersetzt werden. Und sie sind erst dann von ihren Umsiedlungsplänen wieder abgekommen, als ihnen die Staatsregierung versprochen hat: Ihr bekommt hier eine Hochwasserschutzmauer hin.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: In 30 Jahren!)

Da waren sie zufrieden und haben gesagt: Dann ist uns die Entscheidung ja abgenommen worden. Und das finde ich nicht ehrlich. Wenn wir jetzt darüber reden, dass sich Menschen wieder in Sicherheit fühlen, weil ihnen eine Hochwasserschutzmaßnahme versprochen wird, dann müssen wir ihnen auch sagen, an welcher Stelle in der Prioritätenliste sie stehen, wann die Maßnahme kommt und – was keiner weiß – wann die nächste Hochwasserkatastrophe kommt.

Ich finde es fahrlässig in der Debatte, dass Menschen, die bereit sind umzusiedeln, auf eine Art Sicherheitsgleis gesetzt werden. Das halte ich wirklich für fahrlässig.

Ja, wir brauchen eine rechtliche Grundlage. Nur, wir können doch nicht warten; denn die Antwort brauchen die Leute jetzt – das eine tun, ohne das andere zu lassen! –, und sie brauchen auch eine rechtliche Grundlage, wenn sie tatsächlich in einen planerischen Ansatz gehen. Aber das jetzt als Ausrede zu nehmen, gegen den Entschädigungsfonds zu sein – das verstehe ich nun wahrlich nicht.

Außerdem kam das Argument, dass es vielleicht nur wenige sind, die umziehen, bzw. dass es wenige sind, die bleiben. Ja, es stimmt, wir haben hier erst einmal nur auf die Freiwilligkeit gesetzt. Wenn man sich die Erfahrungen von Röderau-Süd anschaut und sich dort zum Beispiel

einmal mit dem Herrn Zeller unterhält, der damals als Staatssekretär in einem sehr teuren Mediationsverfahren die Umsiedlung organisiert hat, dann hat er uns auch geschildert, dass eine gewisse Tendenz vorhanden war, dass selbst Leute, die am Anfang nicht umsiedlungswillig waren, natürlich auch nicht in verödeten Regionen leben wollten und einer Umsiedlung zugestimmt haben.

Das ist jetzt vielleicht auch noch keine Hundert-ProzentAntwort; aber wir wollen diese auch nicht heute mit dem Antrag geben, sondern wir wollen die Lösung geben für diejenigen, die jetzt freiwillig umsiedeln wollen. Für diese ist dieses Konzept geplant und gedacht – nur für diese.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Als Nächstes zu der Frage, was bei den Kommunen hängenbleibt. Ich finde sowieso, über das Thema Kommunen müssen wir noch einmal sprechen. Die Kommunen sollen nicht auf den Kosten hängen bleiben – im Antrag steht, die Kosten werden übernommen. Außerdem liegt es am Geschick des Bürgermeisters, Ausgleichsflächen anzubieten, um eben nicht zuzulassen, dass Leute, die umsiedeln wollen, außerhalb der Ortschaft umsiedeln. Er bekommt auch die Fläche, und diese braucht er dann vielleicht auch für Hochwasserschutzmaßnahmen. Ich bleibe dabei: Es ist schlichtweg vernünftig für diejenigen, die jetzt sagen, sie bauen nicht noch einmal auf, sie haben weder die Kraft noch die Reserven dafür.

Herr Dulig, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dulig, was sagen wir den Leuten, die egal aus welchen Gründen an ihrer Scholle hängen bleiben wollen, wenn sie ein drittes Mal weggeschwemmt werden? Müssen wir denen dann sagen: Du hättest 2013 umsiedeln können, du bist jetzt selbst schuld. Was machen wir mit denen?

Meine zweite Frage: Was machen wir, wenn zum Beispiel zwei Drittel der Bürger, die am Grimmaer Markt oder in Colditz in der Innenstadt Grundeigentum besitzen, sagen: Wir wollen umgesiedelt werden. Was machen wir mit diesen Städten? Denn wir haben nicht nur die Dörfer, die komplett im Überschwemmungsgebiet liegen, sondern wir haben viele davon. Ich bin ein Betroffener, ich rede keinen Blödsinn. Ich habe zwei Mal Schaden in großen sechsstelligen Euro-Beträgen gehabt. Ich weiß, wovon ich rede, und ich habe einen Wahlkreis, der hart betroffen ist. Deshalb bitte diese Fragen.

Also zum einen: Wir reden über die Freiwilligen. Alles andere, was jetzt an Planungen notwendig wäre, um vielleicht sogar Zwangsumsiedlungen zu machen, hat mit diesem Antrag nichts zu tun. Das sage ich gerne zum dritten Mal. Wir reden nur über die Gruppe, die freiwillig umziehen will, und ich drehe die Frage um. Wollen Sie denn denselben Leuten beim dritten Mal erzählen, weil die Hochwasserschutzmauer nicht steht,

dass Sie leider zu wenig Geld hatten, die Mauer zu bauen oder den Deich zu verlegen usw.? Was sagen Sie denn den Leuten, die dann das dritte oder vierte Mal betroffen sind? Anstatt die Leute zu unterstützen, die aus vernünftigen Gründen sagen, sie wollen umziehen. Das müssen Sie denen erklären.

Ihre zweite Frage war auf die großen Städte bezogen. Deshalb wollen wir eine Regelung, der die Kommune zustimmen muss. Sie können das nicht nur als einen reinen freiwilligen Akt darstellen, sondern sie brauchen objektive Kriterien. Deshalb ist hier explizit die kommunale Verantwortung mit drin. Sprechen Sie ehrlich mit Ihren Kolleginnen und Kollegen. Es ist nicht so, dass das in der CDU kein interessantes Thema wäre. Der Landrat von Meißen ist selbst jemand, der das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Viele Kommunalpolitiker – auch mit CDU-Parteibruch – sagen, es ist vernünftig, über das Thema zu reden. Was ich nicht verstehen will, ist, warum man diese Option der Umsiedlungen ausschließt. Das ist die Frage, die Sie heute beantworten müssen.